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VII. Nachwort
VIII. Personenliste

IX. Fußnoten

VII. Nachwort

Warum eigentlich forscht man 50 Jahre nach den damaligen, schon zur Vergangenheit gewordenen Ereignissen in den Lebenschicksalen von Menschen aus einer anderen Zeit? Nach einem Wort von Baal Schem Tov ist die Erinnerung das Geheimnis der Erlösung ist (45), vor allem die Erinnerung an gefährdete Menschen und schwere Zeiten. Eine persönliche Erinnerung des Verfassers dieser Schrift mag mit dazu beigetragen haben: Es war um das Jahr 1941. Als etwa fünfjähriger Junge lebte er bei seinen Großeltern in Barßel, einem Dorf des Oldenburger Münsterlandes im Norden Deutschlands. Eines Tages stand er bei seiner Großmutter und seiner Tante neben dem Haus. Sie schauten auf die Straße. Dort wurden auf Wagen Judenmöbel vorbeigefahren. Wer wollte, konnte sich davon nehmen. Seine Großmutter sagte zur Tante (auf Plattdeutsch): "Dorvan nähme wie nix; de bringet se ale ümme" (Davon nehmen wir nichts; die bringen sie alle um). Ob seine Großmutter es wußte oder ahnte? Aber auf den Jungen machten diese Worte einen unauslöschlichen Eindruck und er spürte, daß sich hinter diesem Geschehen Schreckliches verbarg. Er wußte nicht, was Juden waren; aber er ahnte, daß es Menschen in großer Not waren.

Menschen in Not, - das war auch der entscheidende Beweggrund Pater Middendorfs. Er half jedem, der in Not war, auch jenen Nazis unter den ausgebombten Freiburgern, die in Stegen Zuflucht suchten,  Italienern und Franzosen ebenso wie Deutschen und Juden. So versteckte er Juden nicht nur, weil sie Juden, sondern Menschen in ständiger Lebensgefahr waren. Das Motiv für seine Menschlichkeit war auf ihn gekommen aus eben jenem Humanitätsgedanken, der zum erstenmal in Israel als dem Volk Gottes, niedergelegt in den Heiligen Schriften, ersonnen bzw. geoffenbart wurde und durch die Vermittlung des Christentums zur ethischen Grundlage der Menschheit geworden ist. Man kann ihn aufschlüsseln nach den Stichworten: Lebensheiligkeit oder Recht auf Leben, Lebensschutz für alle Menschen, auch für Kinder und Alte, Kranke und Behinderte, Liebes- und Gerechtigkeitsgebot, Erbarmen, Mitleid, Nachsicht, Gewissen, Gleichheit aller Menschen, Abkehr von allem Rassismus, Versöhnung und Frieden. "Ihr Kerngedanke verdichtet sich in einem einzigen prophetischen Satz: Ich habe Lust an der Liebe und nicht am Opfer (Hosea 6,6)" (46). Dieser Humanitätsgedanke findet schon im AT seinen Ausdruck in dem Gebot: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin der Herr (Lev 19,18), den Jesus von Nazareth nochmals verdeutlicht in dem Gebot: Liebt eure Feinde (Mt 5,44).

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Deutschland nicht mehr viele Orte und Stätten, an denen man als Deutscher hätte in Würde stehen können. An Pater Middendorf erinnern in Deutschland drei Stätten, mit denen seine Person verbunden war und bleibt: Stegen, wo er die jüdische und christliche Humanität vorlebte, Handrup, wo auf seinem Grab sein neuer Name "Gerechter unter den Völkern" steht, und seine Heimat Aschendorf, wo seine frühere Schule den Namen "Heinrich-Middendorf-Realschule Aschendorf" erhielt. An diesen Orten sowie vor der Gedenkwand der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vaschem, wo er als erster katholischer deutscher Priester geehrt wurde und eine Ehrentafel seinen Namen verewigt, - dort möge es auch einem Deutschen erlaubt sein, in Würde zu stehen (47).

VIII. Personenliste

A. Patres: 8

1. P. Middendorf, Heinrich, Rektor 2. P. Deeken, Alfred 3. P. Größchen, Georg
4. P. Herz, Karl 5. P. Männersdörfer, Robert 6. P. Notermans, Piet  
7. P. Rüss, Leonhard   8. P. Stork, Josef    

B. Brüder: 12

1. Br. Agathon Wilhelm Prinz 5. Br. Gebhard Hugo Marschall 9. Br. Markus Karl Ständer
2. Br. Alfons Hermann Schöter 6. Br. Innozenz Michael Minarik 10. Br. Martin Anton Wolters
3. Br. Bartholomäus August Surmann 7. Br. Jakobus Leonhard Laumen 11. Br. Modestus Otto Kröger
4. Br. Erich Johannes Janssen 8. Br. Lazarus Adam Schreiber 12. Br. Willibald Aloys Kurpiers

C. Dominikanerinnen: 3

1. Sr. Petra, Oberin 2. Sr. Gerharda 3. Sr. Tarzisia

D. Kinderheim:

a) Erzieher, Betreuer und Sonstige: 7

1. Abel, Friedrich, Lehrer 4. Heckenkämper, Paula 7. Schiwon, Hilde
2. Brück, Maria, Lehrerin 5. Herweg, Agnes  
3. Haarmann, Maria 6. Ofschonka, Rita  

b) Vinzentinerinnen: 8

1. Sr. Agathika 4. Sr. Dietharda 7. Sr. Engeltrudis
2. Sr. Brunoldis 5. Sr. Dominata 8. Sr. Marolis
3. Sr. Dionysia 6. Sr. Emma  

c) Kinder

Vorbemerkung: die folgende Liste ist nicht unbedingt vollständig, sondern das Ergebnis des augenblicklichen Forschungsstandes. Die mit Sternchen versehenen Namen nennen Kinder, die nicht zum Hagener Schutzengelkinderheim gehörten, sondern aus Eilper Familien stammten. Ihre Eltern wollten einer Erziehung in einem KLV-Lager zuvorkommen und schickten sie mit Hilfe des Pfarrers der Eilper Herz-Jesu-Gemeinde, Wilhelm Hansknecht, ins Stegener Kloster, wo sie mit den Kindern des Waisenhauses gemeinsam aufwuchsen. Sie kamen später als die Waisenkinder nach Stegen, nämlich etwa von Spätsommer 1943 bis November 1943, und verließen Stegen nach Kriegsende. Die Personen, deren Namen mit einem Kreuz versehen sind, sind verstorben. Von den zu Beginn Genannten kann man sich nur noch an die Vornamen erinnern.

1. ... Hansi 2. ... Ötteken 3. ... Arthur 4. ... kleine Gisela 5. ... und ihre Schwester
6. ... Gerd 7. Bach, Gerd * 8. Bach, Gerda * 9. Bach, Renate * 10. Bachenheimer, Dieter
11. Bachenheimer, Eva 12. Brocksieper, Ursula * 13. Bücker, Annemarie 14. Buß, Wilfried 15. Casparie, Eugen  
16. Casparie, Marianne  17. Dertmeyer, Erika 18. Dertmeyer, Ingrid 19. Ernst, Gertrud * 20. Fiege, Karl
21. Flusche, Dieter 22. Fuhrmann, Gerda 23. Fuhrmann, Ursula 24. Gehrke, Günther 25. Gosebrink, Hanni
26. Gräwe, Hans-Georg 27. Greif, Hubert 28. Haarmann, Heinz Dieter 29. Hano, Christel * 30. Hano, Wolfgang *
31. Hecker, Annemarie 32. Hecker, Fritz 33. Hüser, Ilse 34. Hüser, Lore 35. Karmiol, Heinz-Kasimir
36. Karmiol, Helga 37. Kleine, Helga 38. Kolan, Albert 39. Koschenk, Gustav 40. Köser, Ernst-Ludwig +
41. Köser, Klaus 42. Köser, Rudi 43. Kötter, Agnes 44. Krischler, Marianne 45. Kugler, Marianne *
46. Kugler, Willi * + 47. Lehmann, Anni 48. Loose, Herta 49. Löwe, Betti 50. Löwe, Hermann  
51. Löwe, Karl 52. Lütteke, Hermann 53. Matuschewski, Manfred 54. Meier, Willi 55. Meixner, Hans
56  Molitor, Manfred 57. Müller, Erna 58. Müller, Fritz 59. Müller, Anni 60. Münze, Dieter
61. Münze, Erika 62. Müsgen, Matthias 63. Niehaus, Norbert 64. Nierhaus, Maria * 65. Nierhaus, Resi *
66. Nierhaus, Willi * 67. Nüffel van, Karl-Heinz 68. Nüffel van, Rudolf 69. Nüffel van, Werner 70. Oleiko, Franz-Josef
71. Plätzer, Dieter 72. Riemann, Jürgen 73. Röhr, Hildegard 74. Salowski, Lena 75. Sattler, Ruth *
76. Sauer, Elisabeth 77. Schiwon, Hedwig 78. Schmidtkunz, Ingrid 79. Schröter, Siegfried 80. Sieg, Otto
81. Siegmund, Gerda * 82. Siegmund, Ruth * 83. Siepmann, Renate * 84. Stadtler, Ingrid 85. Strunk, Adalbert
86. Strunk, Gisbert 87. Tasche, Hildegard * 88. Thiel, Hörst 89. Tugend, Christel 90. Tugend,  Wolfgang
91. Vögler, Emil * 92. Wischnewski, Else 93. Wüst,  Heino + 94. Zerska, Elli  

94  darunter 75 Kinder aus dem Schutzengelkinderheim und

    19 Kinder aus Hagener Familien

E. Sonstige Personen

a) Menschen jüdischer Herkunft: 9 (- 4 oben erwähnt) = 5

1. (Bachenheimer, Dieter) 2. (Bachenheimer, Eva) 3. Giessler, Irmgard
4. Giessler, Ursula 5. Paepcke, Lotte   6. Paepcke, Peter  
7. Zacharias, Gerhard 8. (Karmiol, Heinz-Kasimir) + 9. (Karmiol, Helga)

b) Familien und Einzelpersonen:

- Familie Coenenberg (Vater Adolf blieb in Düsseldorf): 9

 1. Grete, Mutter 2. Resi 3. Bernhard
4. Hans 5. Maria 6. Liesel
7. Adolf 8. Ursula 9. Margret

- Familie Rettig (Vater Eberhard fiel im Krieg):

1. Treschen 2. Ursula 3. Christel

- Weitere Personen:

1. Herr Kolan, Vater von Albert Kolan 2. Frau Kolan, Mutter von Albert Kolan 3. Frau Matuschewski, Mutter von Manfred Matuschewski

Damit ergibt sich folgende Gesamtzahl:

  8   Patres

 12  Brüder

  3   Dominikanerinnen

  8   Vinzentinerinnen

  7   Erzieher, Betreuer, Sonstige

 75  Kinder des Waisenhauses

 19  Kinder der Herz-Jesu-Gemeinde

  5   weitere Menschen jüdischer Herkunft (Heimkinder abgezogen)

  9   Coenenbergs

  3   Rettigs

  1   Vater von Albert Kolan
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150  Personen insgesamt

 

Fußnoten
In den Fußnoten werden angeführte Schriften nur mit Autor und Titel angegeben. Weitere bibliographische Angaben stehen im Bücherverzeichnis I.

1  G. Trampe: Menschlichkeit in unmenschlicher Zeit, S. 21.

2  G. Haselier: Kirchzarten, Geographie, Geschichte, Gegenwart, I, S. 3-4 und 18 im Zusammenhang der S. 1-23.

3  Vgl. F. Kern: Das Dreisamtal mit seinen Kapellen und Wallfahrten.

4  M. Müller: Die Schloßkapelle in Stegen-Weiler, S. 16.

5  Vgl. P. Notermans: Schloß Weyler zu Stegen, unveröffentlichte Chronik.

6  Zur Geschichte der Ordensgemeinschaft vgl. G. Manzoni: Leo Dehon, ein Mensch mit einem großen Herzen. "SCJ" ist die Abkürzung des lateinischen Namens "Sacerdotes (S) Cordis (C) Jesu (J)" und bedeutet zu deutsch "Herz-Jesu-Priester".

7  E. Breckel: Schloß Weiler, in: 50 Jahre Herz-Jesu-Priester in Stegen 1929-1979, S. 12-13 im Zusammenhang der S. 6-13.

8. L. Paepcke: Unter einem fremden Stern, S. 99.

9  C. Schreiner: Frauenorden in Deutschland, Dominikanerinnen: S. 108. Vinzentinerinnen: S. 56-59.

10  Stegen gehörte damals zur katholischen Pfarrgemeinde St. Jakobus, Eschbach. Nach dem Eschbacher Taufregister wurden 1944 folgende Kinder von P. Stork in der Schloßkapelle in Stegen bedingungsweise getauft: Dieter Flusche, Wilfried Buß, Dieter Münze, Günter Gehrke, Karl-Heinz van Nüffel, Helene Lalowski, Maria Krylar (vgl. Eschbach, Taufbuch der katholischen Pfarrei Eschbach, 1906-1964, S. 248-249).

11  Vgl. 75 Jahre Schutzengelkinderheim Hagen-Eilpe, 1987. 1978 wird der Name "Hagener Katholisches Waisenhaus GmbH" geändert in "Schutzengelkinderheim GmbH" (vgl. ebd. S. 1). Über den Namen des Heimes besteht Unklarheit. 1908 wird das Heim als "Katholisches Waisenhaus Hagen" ins Grundbuch eingetragen. In einem Nachruf auf den "Vater der Waisenkinder, Adolf Voss sen." vom 2.5.1926 ist vom "Schutzengelwaisenhaus" die Rede. Schon 1938 ist es den Waisenkindern nur als "Schutzengelkinderheim" bekannt, von den Kindern auch liebevoll "Schutzengelburg" genannt. Auch der Stempel des Heimes während der Zeit der Evakuierung nach Stegen druckt: "Schutzengel-Kinderheim, Hagen-Eilpe, Stegen b. Freiburg i. Br." (vgl. P. Notermans: Schloß Weyler zu Stegen, Teil 2: S. 7, Stempel zwischen den Bildern der linken Seite). In einem Brief als Antwort auf eine entsprechende Anfrage an die derzeitige Heimleitung wurde mitgeteilt: "daß die Angaben in der Festschrift zum 75-jährigen Jubiläum des Schutzengelkinderheims 1986 zutreffen. Vermutlich war es so, daß die Bezeichnung 'Hagener Katholisches Waisenhaus' aus Gründen der Diplomatie zu Zeiten des Nationalsozialismus in 'Schutzengelkinderheim' geändert wurde. Darüber gibt es aber keine Dokumente ö.ä. Es handelt sich - wie gesagt - um eine Vermutung" (Brief vom 29.3.1996). Vgl. auch: 50 Jahre Schutzengel-Kinderheim Hagen-Eilpe, 1961.

12  Friedrich Abel, Volksschulrektor, geb. 1887 in Hagen, gest. 1970 in Koblenz. In den letzten Kriegstagen versuchte er gemeinsam mit dem jungen Grafen Heinrich von Kageneck, der aus Berlin gekommen war, in Stegen einen Volkssturm aufzustellen, was aber kläglich mißlang, da niemand dafür zu gewinnen war (vgl. Brief von Bernhard Coenenberg vom 7.7.1994). Ehemalige Waisenkinder berichten, daß Abel großen Wert darauf legte, von den Kindern mit "Heil Hitler" bei gleichzeitigem "Erheben und Strecken des rechten Armes bis zu den Fingerspitzen" begrüßt zu werden. Das taten die Kinder zum Ärger des Lehrers auch dann noch, als die alliierte Front heranrückte, und solches Grüßen gefährlich wurde.

13. B. Coenenberg: Stegener Jahre, S. 168-169.

14  Ebd. S. 176.

15  L. Paepcke: Unter einem fremden Stern, S. 94-95.

16  Vgl. ebd. S. 95-98.

17  Vgl. im Bücherverzeichnis weitere bibliographische Hinweise.

18  Nach dem Brief, der sich im Besitz des Verfassers befindet, wurde Dr. Karl Borgmann durch seinen Bruder Theodor Borgmann (1887-1925) mit 13 Jahren Schüler des Gymnasiums der Herz-Jesu-Priester "Missionshaus Sittard" in den Niederlanden. Während sein Bruder Theodor Herz-Jesu-Priester wurde und als Missionar nach Südbrasilien ging, wo er schon 1925 mit 38 Jahren starb, verließ Karl Borgmannn vor der Priesterweihe den Orden und heiratete die gebürtig aus Koblenz stammende Grete Sieber. Aber die alten Beziehungen zu den Herz-Jesu-Priestern, auch zu P. Middendorf, blieben bestehen und sollten sich in der Kriegszeit im Guten bewähren.

19  Vgl. A. D. Röhm: Lotte Paepcke - Die Entdeckung einer badischen Autorin für die Schule.

20  Das Lebensschicksal ihrer Eltern, das hier ausgespart bleiben muß, wird ausführlich beschrieben in Lotte Paepckes Buch "Ein kleiner Händler, der mein Vater war" und in der Schrift "Das Schicksal der Freiburger Juden am Beispiel des Kaufmanns Max Mayer" (siehe Bücherverzeichnis I).

21  Vgl. G. Borgmann: "...daß das Menschen waren, nicht Steine", S. 32: vgl. S. 30-32.

22  L. Paepcke, Unter einem fremden Stern, S. 92.

23  Lotte Paepcke hat auch in Fernsehsendungen über ihr Schicksal bzw. über die Judenverfolgungen berichtet. Genannt seien: (1) "Wie ein Schicksal... wie ein Verhängnis", Kirche im Dritten Reich, Fragen von Michael Albus und Franz Stephan; (2) Lotte Paepcke - eine Jüdin in Freiburg, ein Film von Klaus Figge; (3) Zeugen des Jahrhunderts, Lotte Paepcke im Gespräch mit Michael Albus. Die Filme befinden sich im Besitz des Verfassers.

24  Die Angaben über Familie Giessler wurden einem Briefwechsel entnommen, den der Verfasser von 1990-94 mit Ursula Giessler  führte.

25  Vgl. G. Borgmann, ebd. S. 29-30.

26  Ebd. S. 30.

27  Brief vom 15.8.1993, S. 2-3.

28  Die folgenden Angaben wurden zunächst dem Briefwechsel mit Ursula Giessler entnommen und dann im Gespräch mit Gerhard Zacharias, das am Freitag, dem 8.4.1994, in dessen Wohnung stattfand und auf Kassetten aufgenommen wurde, erweitert und vertieft.

29  Gerhard Zacharias beschloß, nach dem Krieg bei Martin Heidegger zu studieren und eventuell zu promovieren. Da es damals noch keine Telephonverbindungen gab, ging er im Frühsommer oder Sommer 1946 zu Heideggers Wohnung am Rötebuckweg, um mit ihm zu sprechen. Er klingelte; die Türe öffnete sich und es erschien unverkennbar Frau Elfriede Heidegger. Zacharias sagte: "Guten Tag." Frau Heidegger schwieg zunächst und sagte dann, ohne den Gruß zu erwidern: "Wir haben von den KZs nichts gewußt." Zacharias antwortete. "Darum geht es gar nicht." Und er erläuterte sein Anliegen. Frau Heidegger gab ihm die Adresse ihres Mannes, den er auf der Bühler Höhe besuchte. Heidegger teilte ihm mit, daß er bei ihm nicht promovieren könne, da er seinen Lehrstuhl verloren habe. So ging er zu Max Müller, bei dem er dann promovierte. Frau Heideggers Antwort - so Dr. Zacharias - habe ihn noch lange beschäftigt.

30  B. Coenenberg, ebd. S. 176.

31  Das schriftliche Dokument des Zeugen befindet sich im Besitz des Verfassers.

32  Das schriftliche Dokument der Zeugin befindet sich im Besitz des Verfassers.

33  L. Paepcke: Unter einem fremden Stern, S. 119-120.

34  B. Coenenberg, ebd. S. 177-178.

35  Aus den Tagebüchern von Wilfried Buß.

36  G. Haselier: Kirchzarten, Geographie, Geschichte, Gegenwart, vgl. I/535 u. 529.

37  Vgl. zur Familiengeschichte P. Thoben: Pater Dr. Heinrich Middendorf SCJ; zur politischen Rolle des Vaters G. Steinwascher: Die politische Entwicklung vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zum Ende der Weimarer Republik, S. 145-172; vgl. besonders S. 151-153, 155-159, 164-166. - Heinrich Middendorfs Eltern wohnten in Aschendorf. Seine Mutter starb schon am 16.6.1922 und sein Vater am 12.2.1933. Beide wurden in Aschendorf beigesetzt. Die sieben Kinder hießen: Angela Maria, Bernhard, Heinrich, Wilhelm, Hermann, Klara und August. Angela Maria, eine künstlerisch begabte Frau, eine Malerin, trat bei den Franziskanerinnen vom hl. Georg, den volkstümlich genannten Thuiner Schwestern, im unweit gelegenen Thuine ein, wo sie Schwester Immakulata hieß; sie starb aber schon mit 26 Jahren an Schwindsucht. Bernhard lebte in Krefeld und ist dort verstorben. Wilhelm, der bei der Eisenbahn tätig war, zog nach Münster. Seine erste Frau kam im Zweiten Weltkrieg mit zwei Kindern bei einem Bombenangriff auf die Stadt ums Leben. Sein Sohn Heinrich überlebte, weil er im Rahmen der Kinderlandverschickung in Bayern war. Sein Vater Wilhelm, der ein zweites Mal heiratete, hatte zwei weitere Kinder, Ferdinand und Margret. Alle drei leben heute in Westfalen. Hermann fiel im Zweiten Weltkrieg. Klara heiratete einen Mann mit sechs Kindern und lebt noch als einzige Schwester P. Middendorfs mit über 80 Jahren als Klara Gröger im Rheinland. August fiel im Zweiten Weltkrieg. So sind die Schwester Klara Gröger und die Neffen Heinrich und Ferdinand und die Nichte Margret, die den Namen Middendorf tragen, die Nachkommen der Familie Pater Middendorfs.

38  "Ursache war eine ausgesprochene Schwäche des Herzmuskels." Die Einzelheiten ergeben sich aus einem Brief des Marienhospitals Osnabrück vom 8.3.1996 und aus der Hauschronik des Klosters der Herz-Jesu-Priester in Osnabrück und wurden von P. Theodor Schulte SCJ erforscht und mitgeteilt.

39  L. Paepcke: Unter einem fremden Stern, S. 92-93.

40  Vgl. Baedekers Allianz Reiseführer Israel, S. 274-277; E. Gorys, Heiliges Land, S. 144-145.

41  Badische Neueste Nachrichten vom 28.6.1995.

42  Nach einer Anmerkung von Paul Thoben in einem Brief vom 03.03.1997 wurde Jakob Sax (genannt Julius) am 09.12.-1899 in Aschendorf als Sohn des Viehhändlers und Schlachters Simon Sax und seiner Frau Jenni geb. Rosenthal geboren. Er besuchte nach der Rektoratschule das Gymnasium, heiratete 1931 in Bornheim, wurde deportiert, überlebte und ging nach Baltimore. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Sechs Mitglieder der Familie Sax kamen in den Vernichtungslagern ums Leben, unter ihnen auch der Vater Simon, der nach Sobibor deportiert wurde.

43  Badische Zeitung vom 19.06.1997.

44  Der Dreisamtäler vom 26.06.1997.

45  Vgl. Freiburger Rundbrief, 3/1995, S. 168, dazu den Kommentar ebd. S. 166-167. Israel Ben Elieser (1700-1760), Baal Schem Tov genannt, was "Herr des (göttlichen) Namens" bedeutet, verstand Erinnerung im historischen und theologischen Sinne. Religionen wie das Judentum und Christentum leben aus der Erinnerung an Gottes Heilstaten in der Geschichte und schöpfen daraus die Kraft zur Bewältigung der jeweiligen Zeitgeschichte. Darin liegt auch der Sinn aller großen Feste der beiden Religionen. Wie aber läßt sich dieses Wort auf Auschwitz anwenden? Nur die Erinnerung an Auschwitz vermag ein zukünftiges Auschwitz zu verhindern. Denn "man kann Greuel und Verführungen nur wirksam bekämpfen, wenn ihre Erinnerung tief ins religiöse Bewußtsein der Menschen aller Religionen eindringt", sagt der israelische Staatspräsident Ezer Weizmann (vgl. ebd. S. 166).

46  G. Heinsohn: Warum Auschwitz? S. 137. Vgl. zur Herkunft des Humanitätsgedankens ebd. besonders S. 13-20; 134-142. Heinsohn beantwortet die Frage des Buchtitels: "Ich vertrete die Auffassung, daß der Mord an den Juden aus Fleisch und Blut der Versuch gewesen ist, die Ethik des Judentums zu beseitigen, die ihren überwältigenden Kerngedanken in dem aus der Opferverwerfung resultierenden Recht auf Leben hat" (S. 18). Und: "Mit der Ausschaltung der jüdischen Ethik wollte Hitler die 'nordischen' Völker vom Gewissens- und Gesetzeskonflikt fürs Töten beim Erobern und Ausmorden von Lebensraum befreien" (ebd.). Dagegen: "Im Jahre 1948... sind die 'Tafeln vom Berge Sinai' (Hitler) nicht nur in Deutschland von neuem zur Geltung gebracht, sondern zum Gesetz der gesamten Menschheit geworden. Jede Nation, die der UNO beitreten will, muß die 'Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes' vom 9. Dezember 1948 annehmen und darüber hinaus auch den Artikel 3 der am 10. Dezember 1948 angenommenen 'Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte' unterzeichnen, in dem es heißt: 'Jedermann hat das Recht auf Leben, Freiheit und persönliche Sicherheit'" (ebd. S. 177).

47  Um Irrtümer zu vermeiden, soll abschließend über Pater Middendorf folgendes klargestellt werden. Er ist der erste "katholische deutsche Priester", dem der Staat Israel für die Rettung von Menschen jüdischer Abstammung von 1942-45 postum (also nach seinem Tod) den Titel "Gerechter unter den Völkern" verlieh und eine Gedenktafel mit seinem Namen in die Gedenkwand der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vaschem in Jerusalem einmauern ließ. Manchmal wird verkürzt gesagt: "der erste katholische Priester" oder "der erste deutsche Priester". Beides ist irreführend. Wenn man das "deutsche" wegläßt, ist das so nicht richtig. Denn es gibt eine Reihe ausländischer katholischer Priester, die Juden gerettet haben und in Yad Vaschem geehrt wurden, wie etwa Père Joseph André aus Namur oder Padre Rufino Nicacci aus Assisi oder der Kardinal Jules Saliège, Erzbischof von Toulouse, nur um ein paar konkrete Namen zu nennen. Auch Ordensschwestern finden sich unter ihnen wie die Oberin des Dominikanerinnenklosters in Kolonia Wilenska bei Wilna, Mutter Anna Borkowska (vgl. E. Silver: Sie waren stille Helden, S. 134-148), oder die deutsche Schwester Cläre Barwitzky von den "Gefährtinnen des Hl. Franziskus" (vgl. H. Straeten: Andere Deutsche unter Hitler, S. 133-136; vgl. die aktuelle Liste der "Gerechten unter den Völkern" aus Deutschland S. 181-187). Es ist aber auch wichtig festzuhalten, daß er der erste "katholische" deutsche Priester ist (vgl. U. Krause.-Schmitt: Heimatlicher Wegweise durch Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945, Bd. 5/2: Baden-Württemberg II, S. 20, vgl. S. 19-20).). Denn es gibt auch Pastoren aus dem Bereich der Evangelischen Kirchen wie Heinrich Grüber und Hermann Maas, die beide für Ihren Einsatz für die Juden verhaftet wurden, im KZ Bitteres durchgemacht haben und später geehrt wurden (vgl. G. Trampe: Menschlichkeit in unmenschlicher Zeit, S. 46 u.57). Deshalb ist der Zusatz "katholisch" ebenfalls wichtig, so daß es heißen muß: Pater Middendorf ist der erste "katholische deutsche" Priester, dem 50 Jahre nach seiner rettenden Tat die Ehrung in Yad Vaschem zuteil wurde. Zur Ergänzung sei darauf aufmerksam gemacht, daß zur Zeit die Rettungsaktionen zweier weiterer Priester, P. Aurelius Arkenau OP und P. Alfred Delp SJ, im Hinblick auf eine mögliche Ehrung in Yad Vaschem erforscht werden.