DIE CHRONIK DES LANDKREISES BREISGAU-HOCHSCHWARZWALD
1982
STEGEN
Geographie:
Stegen, ca. 10 km östlich von Freiburg im Schwarzwald am Nordostrand
des sogenannten Zartener Beckens, in einer Höhe von 357-692 m ü. d. M.
gelegen, umfaßt eine Gemarkung von 548 ha. Über das Zartener Becken
hinaus mündet die Stegener Gemarkung in das Rechtenbachtal hinein und
reicht in die Berglandschaft des Mittleren Schwarzwaldes hinauf.
Wittental ist seit dem 1. 7. 1974, Eschbach seit dem 1. 1. 1975 nach
Stegen eingemeindet.
Ortsbild: Zum eigentlichen Ort Stegen gehört nicht nur der
Ortsteil Stegen mit Weiler, sondern auch Ober- und Unterbirken, sowie
Rechtenbach.
Rechtenbach hat im Gegensatz zum Ortsteil Stegen in überraschend hohem
Maße seinen großbäuerlichen Charakter erhalten. Die meisten großen
Bauernhöfe sind im unteren Hangbereich des Sommerberges gelegen; viele
weisen noch die alten Backhäuser und Nebengebäude auf, während die
Wohngebäude, zwar dem Typ des jüngeren Heidenhauses ähne1nd‚ bereits in
Steinbauweise neu errichtet wurden.
Ober- und Unterbirken, erst um 1700 durch Rodungen entstanden,
vermitteln kleinbäuerliche, weilerartige Siedlungsbilder. Während in
Unterbirken nur wenige Neubauten zu sehen sind, ist das schon immer
größere Oberbirken seit Ende der 50er Jahre durch eine stattliche
Anzahl neuer Wohnhäuser stark verändert worden.
Das älteste Gebäude von Stegen ist die gotische Kapelle im Park des
Schlosses Weiler. Das Schloß selbst wurde 1663 erbaut. Östlich davon
stehen in unregelmäßigen Abständen die Gehöfte von Stegen, die jedoch
weitgehend neuzeitlich umgebaut wurden. Einzig die wuchtigen Walmdächer
erinnern an die typischen Schwarzwaldhöfe.
Vor allem der Westteil Stegens hat durch die ungemein rege
Neubautätigkeit seinen ehemaligen bäuerlich-dörflichen Charakter
verloren. Die Einwohnerzahlen sprechen für sich: Während Stegen mit
Ober-, Unterbirken und Rechtenbach 1961 661 Einwohner zählte, waren es
1971 bereits 1543, 1974 2213. Heute wohnen in der Großgemeinde Stegen
4252 Einwohner (31. 12. 1980)
Ortsname. Der Ortsname hat sich durch die Jahrhunderte konstant
gehalten. So lesen wir 1510 in einem Dingrodel über die Rechte von
„Stegen“, ebenso 1525 von „Under Yben und Stegen“. Ortswappen: Das Stegener Wappen zeigt „in Gold eine entwurzelte
Esche mit schwarzem Stamm und grüner Krone, worin drei goldene Äste in
Form von Eschenblättern, vor dem Stamm ein durchgehender roter Bohlweg
(Steg)“.
Geschichte: Grundlage der späteren Gemeinde Stegen war die
Herrschaft Weiler, die Güter des Meierhofes (später: Schloß Weiler),
die Lehengüter in Stegen mit dem Nadelhof, das Gut Reckenberg und den
Bläsihof im unteren Rechtenbachtal umfaßte. Die Herren von Weiler,
ritterliche Ministerialen, sind in einer Urkunde des Herzogs Bertold
III. von Zähringen um 1112 erstmals aufgeführt. Es handelte sich dabei
um die Übertragung eines Stiflungsgebietes im Schwarzwald an die Abtei
St. Peter.
Die Herrschaft Weiler war ein Lehen der Herrschaft Freiburg und wurde
mit dieser Ende des 14. Jahrh. an Österreich übertragen. Nach den
Herren von Weiler hören wir im 13. Jahrh. von einer Familie Niesse(n),
als Meier von Weiler. In verschiedenen Urkunden erscheinen sie unter
den Namen „Meiger-Niessen“ und "Meiger-Niessen von Weiler“. Der letzte
des Geschlechts hieß Hans Ulrich Meyer von Wyler‚ der 1464
Bürgermeister von Freiburg wurde.
Junker Hans von Reischach erhielt 1486 (1480 Tod Hans Ulrichs) das
Lehen Weiler durch Erzherzog Sigmund. Der Meierhof, der angeblich durch
ein Unwetter zerstört worden sein soll, wurde von den Herren von
Reischach Anfang des 16. Jahrh. durch den Neubau eines befestigten
Schlosses ersetzt. Als der letzte Herr von Reischach, Eucharius, 1596
starb, fiel das Lehen zunächst an Österreich heim und wurde kurz darauf
durch Kaiser Rudolf II. an den erzherzoglichen Sekretär Doktor
Justinian Moser zu Lehen gegeben. Rund 100 Jahre blieb das Lehen Weiler
in den Händen der Familie Moser. Im Jahre 1663 wird vom Neubau des
Schlosses berichtet, das im Dreißigjährigen Krieg den Flammen zum Opfer
gefallen war. 1702 ging das Lehen an den Freiherrn Johann Friedrich von
Kageneck über. Graf Heinrich Hyazint war der letzte Kagenecker Herr,
der mit Weiler durch Erzherzog Ferdinand belehnt wurde. Dies war im
Jahre 1805, kurze Zeit vor der Übergabe an die Landesherrschaft Baden.
Auch Stegen, wie viele Ortschaften der Umgebung, wurde durch die
Koalitionskriege in arge Mitleidenschaft gezogen. Wir hören aus dem
Jahre 1796 von einer Einquartierung französischer Truppen und
Plünderungen.
Stegen wurde im Jahre 1810 durch die badische Bezirkseinteilung dem
Stabsamt St. Peter zugeteilt, 1819 dann dem neugeschaffenen Landamt
Freiburg.
Rechtenbach, das im Jahre 1890 mit der Gemeinde Stegen vereinigt wurde,
war bis dahin zum größten Teil im Besitz des Klosters St. Peter. Nur
der Hansmüllerhof, am Taleingang gelegen, stand unter Sickingischer
Herrschaft. Nach der badischen Bezirkseinteilung 1819/20 gehörte mit
Ausnahme des Hansmüllerhofes, der der Gemeinde Wiesneck unterstellt
wurde, Rechtenbach zu Eschbach.
Der sanktpetersche Teil von Rechtenbach wurde im 13. Jahrh. von den
Grafen von Hohenberg, Herren zu Wiesneck, als Vögte verwaltet. Die
Herren von Falkenstein folgten ihnen im 14. Jahrh. Deren Nachfolger,
die Schnewlin von Landeck, verkauften 1417 wichtige Herrschaftsrechte,
so auch die Vogtei über Rechtenbach an Martin von Blumeneck. Doch
bereits 1420 erwarb das Kloster St. Peter die Vogteirechte zurück und
konnte bis zum 16. Jahrh. sämtliche Hoheitsrechte über das Rechtental
bei sich vereinigen.
Die weilerartigen Ortsteile Ober- und Unterbirken sind erst Ende des
17. Jahrh. durch Rodung des Herrschaftslandes der Kagenecker angelegt
worden.
Kirche: Die Kapelle des Schlosses Weiler wird erstmals 1493 als
Filialkirche von Kirchzarten aufgeführt. Wann sie errichtet wurde,
konnte bislang nicht genau ausgemacht werden. Es wird jedoch vermutet,
daß sie zumindest aus der Zeit des Meiertums Weiler (13. Jahrh.)
stammt. Als anstelle des Meierhofes von den Herren von Reischach das
Schloß Weiler erbaut wurde, wurde auch die Kapelle 1504 neu errichtet.
Der Gottesdienst in der Schloßkapelle wurde von Priestern des Klosters
St. Peter, auch von Kirchzarten und der Kartause bei Freiburg gehalten.
Als 1787 Eschbach seine erste Pfarrkirche erhielt, wurde die Stegener
Kapelle ihr als Filiale untergeordnet. Die Einwohner von Rechtenbach,
Unter- und Oberbirken, blieben im Verband der Kirchzartener Pfarrei.
Die Schloßkapelle wurde 1841/43 renoviert, 1895 wurde an den Chor eine
Sakristei angebaut. Sehenswert ist das St. Sebastians-Altarbild von
Anfang des 16. Jahrh., dessen Hintergrund ein Gemälde des Schlosses
Wiesneck bildet. Die Pfarrei Stegen gehört zum Dekanat Kirchzarten und
umfaßt zudem Zarten und Wittental.
Die evangelischen Einwohner sind nach Kirchzarten eingepfarrt.
Schule: Wir lesen in einer Regierungsverordnung von 1788, daß
Stegen angehalten wird, ein Schulhaus auch für Rechtenbach und
Wittenbach bereitzustellen. 1834 kaufte die Gemeinde Stegen ein
Bauernhaus und richtete es als Schulhaus ein. 1853 wurde es renoviert,
1878 erweitert. 1966 erhielt Stegen ein neues Schulgebäude, in dem
(zudem in zwei Räumen des alten Schulhauses) die Klassen 1, 3 und 4 aus
Stegen und Wittental und die 7. und 9. Klasse der Hauptschule aus
Stegen, Ebnet, Eschbach, Wittental und Zarten unterrichtet werden. Die
Klassen 2, 5 und 6 besuchen die Schule in Eschbach.
Seit 1965 besteht im Schloß das sogenannte "Collegium St. Sebastian“,
ein privates Gymnasium, das von der Herz-Jesu-Kongregation gegründet
wurde und unterhalten wird.
1970 wurde eine staatliche Gehörlosen- und Schwerhörigenschule in Stegen eröffnet, eine der modernsten in der Bundesrepublik.
Vereine: Die Freiwillige Feuerwehr von Stegen wurde 1929
gegründet. Ein reges Vereinsleben herrscht im DJK-Sportverein, im
Judo-Club und im Radfahrverein.
Ilona Jerger