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Die Bader und die Badstube in Zarten


Badstuben vor 400 Jahren im Schwarzwald - Geschichte der Scherhäusle in Zarten
von Karl Motsch

Die gesundheitlichen Zustände in mittelalterlichen Städten und Dörfern boten ein wesentlich anderes Bild als die heutige Stadtanlage mit ihren bis ins einzelne ausgeklügelten sanitären Maßnahmen. Es wäre jedoch die Ansicht verfehlt, das Mittelalter habe gar keine derartigen Einrichtungen gekannt oder sie sogar verhindert. Im Maßstabe jener Zeit gesehen, gab es deren sogar sehr viele, und gerade das Mittelalter hatte Sinn und Aufgeschlossenheit für solche Maßnahmen, wenn die Erkenntnis für ihre Notwendigkeit vorhanden war. Wenn man bedenkt, daß bis noch vor wenigen Jahren im Kirchzartener Tal keine einzige Badeanstalt vorhanden war, daß es dagegen im Jahre 1550 dort drei öffentliche Badstuben gegeben hatte - in Zarten, Burg und Kirchzarten --, so zeigt diese Tatsache, daß man wohl darauf achtete, für die Gesundheit des Körpers zu sorgen. Meistens war mit diesen Badstuben die Tätigkeit des Scherers oder Baders verbunden, der schröpfte, zu Ader ließ oder sonstige kleinere ärztliche Handlungen vornahm. Die Badstuben standen an einem Bache, der das Wasser lieferte, in einem kleinen Häuschen konnten auch die damals sehr beliebten Schwitzbäder genommen werden. Besonders nach den Erntezeiten kamen die Bauern der Ortschaften im Kirchzartener Tale nach den Badstuben, nahmen dort ein stärkendes Bad, reinigten ihren Körper und zogen dann erfrischt und neugestärkt wieder ihren Höfen zu.

Die Badstube in Zarten schon 1500 erwähnt.
Auf der Badstube in Zarten - heute ein kleines Haus am Mühlebach mit dem im Garten stehenden eigentlichen alte Badhäuschen - saß ums Jahr 1500 ein Conrad Keßler, er war der Eigentümer der Badstube und wirkte wahrscheinlich auch als Bader- oder Scherer und behandelte die Zartener Bauern bei Krankheiten und allerlei Gebresten. Im 16. Jahrhundert finden wir die Besitzer Hans Berr, Hans Rumel, Martin Steinhart und Peter Bader auf dem Hause und ums Jahr 1600 einen Hans Hiltin. Nach dem Dreißigjährigen Kriege besitzt die Badstube ein Oswald Steinhart, der im Jahre 1662 stirbt und im Totenbuche in Kirchzarten als „Chirurqus in Zarten“ eingetragen ist. Bei der Verlassenschaftsteilung des Oswald Steinhart erhält der Sohn Bartle die Badstube in Burg und der Tochtermann Lorenz Böhringer das Besitztum in Zarten, das vorher Bläsi Schindler sieben Jahre lang pachtweise  versehen hatte. Die Witwe des Oswald Steinhart, Anna Mayer, erhält „den Bad Kessel samt den Kübeln, zwey Scherbänkh samt dem Scherzeug, eine Bettladen“ und verschiedenen anderen Hausrat, sie verkauft aber alles im Jahre 1668 an den  Bläsi Steinhart, dessen Geschlecht dann zwei Generationen lang auf der Badstube sitzt. Im Jahre 1702 erhält sein Sohn Oswald Steiert, Bürger und Balbierer in Zarten dieses: „Haus, Hofstatt und Gärtlein, vornen an der gemeinen Landstraße an Marte Steiert - Wirt zum Bären - und an Mühlebach anstoßend, dazu eine Juchert Acker im Wißgalgen“ um 100 Gulden. Oswald Steiert stirbt aber schon im Jahre 1715, und seine Witwe Anna Holzinger heiratet den Hans Georg Zimmermann, „seiner Profession ein Bader von Breulingen“ – Bräunlingen.
 
Badebenutzung als - Altersrente
Anna Holzinger überlebt aber auch den zweiten Mann, und nach seinem Tode im Jahre 1730 übergibt die alternde Witwe ihrem Sohn Josef Steiert „das bad und Haus, die baadstube mit Einschluß des badkessels und aller dazugehörigen barbierers Instrumente“, dazu ein Gärtlein und einen Acker, jedoch mit Vorbehalt des Leibgedinges in der großen Stube gegen den Mühlebach zu und einer Kammer samt einem Plätzlein Krautgarten, auch der Gebrauch des Bades war in dieser Leibgedingsaufstellung eingeschlossen. Kurz nach dieser Erbteilung stirbt aber Josef Steiert an einer schweren Krankheit, und seine Witwe Magdalene Busset heiratet den Johann Brunner, „Sohn des kunsterfahrenen Anton Brunners, Wundarzt und Bürgers in Neustadt begründet nun in Zarten ein Arztgeschlecht, dessen Nachkommen heute noch in Kirchzarten und Freiburg leben, und die in den zwei Jahrhunderten fast immer den Beruf eines Arztes ausübten. Er stirbt erst im Jahre 1768, nachdem er nach dem Tode seiner ersten Frau sich die Magdalene Burkert aus dem Rechtenbache geholt hatte; sein Sohn Josef Brunner erhält das Häuslein und übt weiterhin den Beruf seines Vaters als Bader aus. Als er stirbt. heiratet seine Witwe Katharina Eckmann im Jahre 1777, den Hans Jörq Fresle aus dem oberen Glottertal, wo er schon vorher bei den Glottertäler Bauern den Beruf als Balbierer versehen hatte. Im Jahre 1786 finden wir ihn aber als „Chrirurg in Zarten“ verzeichnet.
Am 25. Juli 1789 stirbt der Bader Fresle, und sein Stiefsohn Josef Brunner folgt ihm im Hausbesitz und Gewerbe nach, er wohnt teilweise in Kirchzarten, wo den Brunnern noch ein Häuschen in der Nähe des Rathauses gehörte, teilweise auf dem Meierhofe in Zarten. Er heiratet eine Ottilie Schirk und nennt sich Oberwundarzt. Im Jahre 1848 verkauft er das Häuschen Nummer 34 in Zarten an seinen Sohn, den praktischen Arzt Josef Brunner in Kirchzarten, um 2400 Gulden. Dieser heiratet die Tochter Theresia des Johann Hensler in der Posthalde im Höllental. Eine Tochter dieses Josef Brunner wird dann die Frau des Schullehrers Krieg in Kirchzarten, die auch das Kirchzartener Häuschen erhält, während das Zartener Häuschen an die Gemeinde verkauft wird·

200 jährige Arztgeneration in Kirchzarten
Sowohl der Sohn dieses Lehrers Krieg, der praktische Arzt Dr. Krieg in Kirchzarten, wie auch dessen Sohn, Dr. Krieg in Freiburg sind dem Berufe ihrer Ahnen treu geblieben und hoben die Reihe der Brunner-Aerzte im Kirchzartener Tale würdig fortgesetzt. Noch zeigt Dr. Krieg, dessen 40jähriges Doktorjubiläum vor kurzem gefeiert wurde, medizinische Bücher seiner Arztvorfahren mit den Namen Josef Brunner und Johann Georg Fresle, viele Instrumente sind noch in seinem Besitze, und ein reizendes Biedermeierzimmer des Josef Brunnen kann noch von der gemütvollen Wohnkunst seiner Verfahren vor hundert Jahren erzählen. Ein ehrfürchtig aufbewahrtes Tagebuch seines Großvaters gibt genaue Rechenschaft über die Tätigkeit dieses Arztes in Kirchzarten, alle Ausgaben und Einnahmen sind peinlich genau eingetragen, alle Verkäufe und Ankäufe von Grundstücken sind verzeichnet, und aus allem geht hervor, daß dieser Arzt Josef Brunner, dessen Ölgemälde das eine Zimmer im Hause des Dr. Krieg schmückt, nicht nur ein guter Rechner und Buchhalter war, sondern, wie aus mancherlei Bemerkungen hervorgeht, auch ein witziger und humorvoller Mensch, der die Talbauern außer mit guten Kenntnissen der Medizin auch mit guter Menschenkenntnis und freundlichem Entgegenkommen zu behandeln verstand.