Aus: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins
Band 36, 1883, Seite 282-285
1. Item es ist zu wissen, daz der ban und das gerit || von beden
gruinden ze Widendal als ferre || got, als hie noch gesruiben stot: des
ersten || von der eichen, die do stot zwischunt dem muli akker und dem
holtz akker gelich abhin und über hin an den Eßpach (der im Osten des
Wittenthals entspringende Espach fliesst südlich an demselben vorbei,
nachdem er in die Ebene eingetreten ist) und den Eßpach ab untz an
Attendaler stros (Das Attenthal, parallel mit dem Wittenthal laufend,
liegt westlich von diesem) nud die stros uf untz an den Schornberg und
Schornberger ekke gelich uf dem grot (grat, Bergrücken) untz zu
Schornberger dannen und von Schornberger dannen gelich uf der ekke us
untz an Stürendaler ekke und von Stürendaler ekke gelich us hin untz an
meiger niesen und Wier ekke und selbe ekke gelich us hin untz ze der
vor genanten eichen zwischunt dem muli akker und dem holtz akker etc.
2. So sind dis die reht, die die von Widendal hant in beden grunden:
das ist also, wen das fih us got ze angendem sumer, so sol und mag
iederman uf den andern farn uf akker und maten, die den in dem ban
seshaft sind, und sol enhein holtz gebannen (verboten) sin mit der
weid, und wen sant Gergendag (st. Jörgentag = 23. April) kunt, so sol
man ab akkem und maten varen und sol den ieder man sin weid nuzen und
niesen, die er den von im selben heit (hat), es sig von akkern ald
maten, us genomen die holtzer soe11unt ungebannen sin mitter der weid,
und wen sant Gallen dag (16. Oktober) kunt, so sol die weid vrben (Eine
spätere Abschrift liest: vrban) sin; het aber ieman enkein gras uf den
maten ston, daz er meinet fuirer ze weidunt, der mag daz ze behuieden,
als er getruwet rehdunt; det er des nut und fuir im ieman dor uiber in
daz gras, der het im dor um nuit ze antierten (antwürten, antwerten,
Rechenschaft geben, Rede stehen) ven ouch der hoewuet (Heuet) und die
ern (Ernte) kumet, und daz man dem blümen (Das Gepflanzte, die Pflanzen
auf dem angebauten Feld. Vergl. „angeblümt“ für angebaut, bepflanzt) ab
dem veld sol helffen, so mag ein iedlicher vol farren uiber akker und
maten den nehsten ze sinem hus, doch also daz nieman den andenren
schedegen sol durch sin kurern al sine greser noch schadberriheger uf
houwen etc.
3. Wen ouch ze winter zit wirt und daz die strosen und weg verfrierent
und daz man die nuit gefaren mag, so mag en iedlicher, der in disem
geriht und ban sitzetz (sic), wol faren uiber akker und maten, untz er
kunt us disem ban, as (as, jetzt noch im Dialekt für als – bis) in
solich is und gefruist (Ein von vrost, frust, Kälte abgeleitetes Wort,
das durch Frost Entstandene) nümi (nicht mehr) irret, doch also daz man
nieman uiber sin sot (Saat) faren sol.
4. Weler ouch in disem ban sitzet, der sol sinem herren einen dag
fronen zem jor, het er ohsen ald ander ziehunt fih, so sol er mit dem
wagen ald mit dem pflüg fronen, ald het er nuit fihes, so sol er mit
sinem lib fronen, es sig mit megen (Mähen) ald mit anderem, do an er
den gewiset wirt.
5. Wer ouch, daz es iemas fuog nuit en wer (nicht gefiel) hie in disem
ban ze sind vnd der enweg ziehen wolt, der sol sinem herrem (sic) sin
fel (Fälle, die schuldigen Abgaben) und sini reh (Verschrieben für
„recht“, Abgabe, Entschädigung, welche das Recht verlangte) geben und
mag den vül (Wohl) ziehen, vo er hin wil, und sol in der herre doran
nuit sumen noch irren.
6. Wer ouch, daz der herre uit (iht, etwas) ze schafunt het, daz er
siner armen luit bedoerfti mit im ze ziehunt ein dag weid, daz sol er
al so bestellen, daz iederman wider do heim sig bi dem selben dag und
ze sinem komen moeg.
7. Het ouch ei man wt mit dem andern ze schaffunt von güeter wegen, es
sig akker ald maten ald garten ald holtz ald wie die guieter genant
sind, und daz man under geng (underganc, Begehung, um die Grenze
festzusetzen oder einen Augenschein zu nehmen) bedarf ald meßuntz, dem
sol man daz dün und sölunt drig ald fier der eltestunt vor gon und die
andern, sie sigen iung ald alt, do noch, um des willen, daz si als
wissen moegen, wie solich messen ald under geng bescheh, und söllunt
ouch also gon nieman ze lieb noch ze leid, weder durch fruintschaft
noch figenschaft (Feindschaft) noch liep noch leid, den als fere si ir
eid und er wiset, so si ierem herren gesworen hand, und weler den do
wider det, es wer mit worten ald mit werken, wie sich daz gefuogti,
kemi daz dem herren ald einnem fogt ze klag, der beßret dem herren ein
helbling und drü pfund.
8. Wen dem herren ein gut luidig wirt, es sig, daz einner von dodes
wegen abgang on erben ald im uf gegeben wirt (Das Gut aufsagen oder
aufgeben = den Pachtvertrag aufkünden), so mag er es ze koufunt geben
ald lihen, wem er wil on mengliches sumen und ierren, und welum
(Welchem) er es den lihet ald ze koufunt git, der sol im hulden und
swern als die andern.
9. Es ist ze wissunt, daz alle die guieter, die in dem hindren und
vorderen Widendal sind, und so die armen luit von ierem herren ze
lehunt hant, daz die alle ligunt ze doedun und ze koeifun und ze einem
uf gebun, ob einer ziehen woelt, ze fal, und wen ein fal dem herren
gefellet, so söllunt sin hindersesen im daz beste houpt us slohun und
ze fal gebun, daz eigen sig; het er aber nuit eigen fih und het numun
halb fih, so sol man im daz beste houpt halb fih schaetzen, daz er den
het, und daz sol der herre ze fal nemen.
10. Es ist ouch zu wissen, wer der wer, der von einem herren, der den
ze mol herre ze Widendal ist, belehnet wer, es sig um wening ald wil
(Viel), und der in dem selben geriht nuit seshaft wer, der sol ze
gelicher wis und in aller mos gehorsam sin als ander, die in dem geriht
seshaft sind.
11. Es ist ouch wissen, weli frowu die andren beschilt ald fluochet mit
ungewonlichen worten ald unzimlichen worten, wie daz ze klag kunt einem
heren ald einem fogt, die besret dem herren ein pfunt, den hant die
frouwen uit en ander ze schaffunt, daz söllunt si mit reht us tragen.
12. Item weler ouch einen ungewonlichen swor duot an dem geriht, der besret der gebursami und dem geriht drig sh.
13. Item man sol ouch daz geriht bannen an drig sh und weler dor wiber
(Schreibfehler für wider) redet unerlöpt ald on sinen fiersprechen, der
besret der gebursami und dem geriht drig sh.
14. Item es ist euch ze wissen, wen der herre geriht haben wil ald ein
fokt an eis (eines) herren stat und einen herren ald einen vokt an eis
herren stat bedunhti, daz gebrst an wirsprechen (Wie das folgende
„viersprech“ Fürsprecher, Vertheidiger) wer ald an dem geriht, so mag
ein herre ald ein vokt an eis herren stat wol froemd luit dar biten us
andren gerihtten, wening ald fil, die soellent den viersprech und
worteil sprecher (Urtheilsprecher, Richter) sin als ander min armen
luit und nieman anders.
15. Item der vokt und die gemeind ze Widendal in dem vordem und hindern
grunt söllunt swern ierem herren getruiw und holt ze sind und sinen
nutz und er ze vierdrunt (Fördern) und sinen schaden wenden getruiwlich
und ungeforlich und do mit swern im sin zins ze gebunt, so die
gefallunt uf sant Martis tag, es sig haber zins ald pfennig zins ald
huiern zins (vermutlich hünerzins, Hühnergeld) und do mit swern ierem
herren ald ierem vokt an eis herren stat gehorsam ze sind ze allen
sinen gebotten.
16. (Von hier an andere Hand und andere Tinte) Item es ouch zue
wissent, das nieman den andern ueber houen sol in dem holtz noch
buhölser, den wer das det und dor an ergriffen wird und dem herren
geklagt ald eim fogt an eins herren stat, der selben bessert dem herren
l Pfund rappen von eim eichin stock und von eim dennin holtz ouch ein
Pfund und von eim fueder (vouder, fuder, = Fuhre, Wagenlast) Stangen
iii sh. .....
Perg. Orig. in Rodelform in Ver. Breisg. Arch. Am Schlusse ist von
anderer Hand und mit anderer Tinte ein Urteilsspruch hinzugefügt,
welcher „an dem nesten mentag nach dem sontag Invocavit der alten
vasnacht (12. Februar)1459 zue Valkenbihel (Falkenbühel, eine ehemalige
Burg am Ausgang des Wittenthals, nahe beim Baldenwegerhof) under
linden" erkannt wurde.