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Die Geschichte des Wilhelmitenklosters Oberried bei Freiburg im Breisgau.
Dem Volke erzählt
von
Ferdinand Gießler, Pfarrer in Oberried von 1895 - 1907 seither in Riegel a.K.


Vorwort

Nachdem ich im September 1895 die Pfarrei Oppenau mit der zwar ebenfalls sehr ausgedehnten, aber weniger anstrengenden Pfarrei Oberried vertauscht hatte, wo ich für meine erschöpften Nerven die nötige Erfrischung und Kräftigung zu finden hoffte, waren neben den pastoralen Aufgaben meine ersten Sorgen auf die wohnliche Herrichtung des Pfarrhauses sowie auf die teilweise neue Anlage dies 6 Morgen großen Pfarrgartens gerichtet, dessen Wert und Erträgnis durch eine reichhaltige Neupflanzung von Edelobstbäumen erhöht wurde.
 
Nicht minder aber interessierte mich von Anfang an die Geschichte des ehemaligen Wilhelmitenklosters.
 
Im Refektorium sowie auch in anderen Räumen des alten Klosters schauten die Bilder der gelehrten Aebte von St.Blasien sinnend auf mich herab und in der Kirche stand ich bewundernd vor dem Wallfahrtskreuze, von welchem mir nur die Sagen, wie ich sie aus dem Volksmunde hörte, bekannt waren.
 
Ende Juni 1896 durfte die Gemeinde Oberried den verstorbenen Großherzog Friedrich I. und dessen erlauchte Gemahlin Luise auf der Durchreise nach St.Blasien begrüßen. Das hohe Fürstenpaar besichtigte unter Leitung des Landeskommissärs, des derzeitigen Wirklichen Herrn Geheimrats Reinhardt, die Kirche und das Pfarrhaus, das einen Teil des alten Wilhelmitenklosters bildet. Das rege Interesse, welches die Königlichen Hoheiten dem Wallfahrtskreuze und den sonstigen Kunstdenkmälern entgegenbrachten, steigerten auch mein Interesse, sodaß ich den Entschluß faßte, mich umfassenden Geschichtsstudien über meinen Pfarrort und insbesondere über den Wilhelmitenorden und das hiesige Klosteranwesen zu widmen.
 
Zunächst sandte mir Herr Dr. Rieder, jetzt Stadtpfarrer in Bonndorf, der damals im Landesarchiv zu Karlsruhe arbeitete, eine Abschrift des »Zettels« über das Wallfahrtskreuz, und dann überließ mir Herr Geh. Rat Dr. v. Weech sämtliche Akten über Oberried aus dem Landesarchiv zur Benutzung auf die Dauer von 2 Jahren. Meine Vikare Hegner und Martz, sowie Herr Pfarrer Rudmann in Hinterzarten unterstützten mich durch Abschreiben und Lesen der Urkunden.

Zum besonderen Danke bin ich auch Herrn Archivar Professor. Dr. Albert verbunden, der mir bei meinen Arbeiten treffliche Winke gab.

Im Jahre1904 suchte ich gelegentlich einer größeren Reise über München, Salzburg, Gastein, Selztal, St.Michael, das Lavanttal in Kärnten (Oesterreich) auf, wo im Stifte St.Paul die von St.Blasien und Oberried im Jahre 1807 dahin ausgewanderten Mönche, unter diesen auch Ambrosius Eichhorn, der letzte Prior von Oberried, sich niedergelassen hatten. Leider war der hochw. Abt Augustin Duda, der im Jahre 1873 St.Blasien besuchte und in seinem Tagebuche den rührenden Empfang welcher ihm von Seiten des damaligen Pfarrverwesers Max Bader, später Pfarrer an der Männerstrafanstalt Bruchsal, des Herrn Amtsrichters Birkenmeyer, jetzt Direktor am Landgericht Waldshut, sowie des Herrn Bürgermeisters Wasmer und Fabrikbesitzers Kraft zu teil wurde, bereits vor 7 Jahren gestorben und der gegenwärtige Abt Gregor Ehrlich war verreist, aber der Herr Hofmeister und Klosterbibliothekar P. Anselm Achatz stellte mir das ganze Archiv zur Verfügung.

Meine ursprüngliche Absicht war, die fertige Quellensammlung in einer gelehrten Zeitschrift niederzulegen; ich zog es aber vor, die Geschichte des Wilhelmitenklosters, welche mit der Geschichte der Stadt Freiburg und des ganzen Oberrieder Tales auf das innigste verknüpft ist, in populärer Darstellung aber auf historisch-wissenschaftlicher Grundlage, dem Volke vorzutragen.

Möge das nachstehende Büchlein, dem Herr Professor Dr. Jos. Sauer in Freiburg noch ein Nachwort über den modernen Feldberg zu geben die Güte hatte, eine wohlwollende Aufnahme finden.
Riegel im Dezember 1911.
Ferdinand Gießler, Pfarrer

Inhaltsverzeichnis

Kap. I. Land und Leute 1-11
Kap. II. Der erste Versuch 11-15
Kap. III. Der hl. Wilhelm von Malewal und der Wihelmitenorden 15-25
Kap. IV. Die Wilhelmiten im Walde 25-41
Kap. V, Die Wilhelmiten in der Stadt Freiburg 41-55
Kap. VI. Die wiedervereingten Wilhelmiten in Freiburg 55-81
Kap. VII. Die Wilhelmiten in Oberried 81-97
Kap. VIII. Die Inkorporation mit dem Kloster St.Blasien 97-102.
Kap. IX. Das Benediktinerpriorat Oberried unter Leitung der Abtei St.Blasien 102-152
 
1. Handschriftliche Quellen.
A) Aus dem badischen Landesarchiv in Karlsruhe:
2 Kopialbücher Nr. 751, S. und Nr.  752 T
Die Akten in 7 Convoluten mit 115 Faszikeln
1-7 enthalten Bausachen
7-15 Bergwerke
15-21 DienSt.21-27 Erblehen
28-30 Fischerei.
31-35 Floßwesen
36-44 Forstwesen
45-48 Frohndwesen
49-65 Gefälle
66-68 Gerichtsbarkeit.
69-72 Grenzen.
73 Gülten
74-79 Kammergut.
80-83 Kirchenbaulichkeit.

Die übrigen handeln von Kirchendiensten, Kirchengut, Kirchenordnung, Kirchenverwaltung, Kirchenvisitation und Kirchspielssachen.

B) Aus dem Archive des Klosters St.Paul in Kärnten.
Ein Manuskript v. P. Pelagius Vorster, "Analecta ex Archivo monasterii in Oberried collecta" a.1728, 114 fol.
Ferner: P. Petrus Silvius, Prior in Alostano: ,,Vita S. Guilielmi Eremitae". ...M.S. 1626, 137 Blatt in kl. 8.

C)  Aus dem Archive des Klosters in Einsiedeln:
P. Stanislaus Wülberz, ,,Nova inerementa Congr. s. Blasianae, seu tria monasteria in Oberried, Sion et Mengen".  M.S. 1725
Ferner: Lucas Meyer, "Geschichte des Tales St.Wilhelm" M. S. 1808; ist dem »Nova incrementa« v. P. Wülberz beigeheftet.
 
D) Aus dem Pfarrarchiv in Oberried:
P. Ludwig Eggs "Historia Monasterii Coronae Mariae in Oberried". M.S. 1748 Pars I. 1235-1435 Abschrift v. P. Philipp Glückler (+ 1763), Eggs war von 1726-1739 Pfarrer in Todtnau und lebte von 1739-1750 im Kloster zu Oberried, wo er, wie er schrieb, "nicht müßig war, sondern betrachtete und schrieb".
Ferner: Ambros Eichhorn, kurzgefaßte Geschichte der Propstei Oberried und des Tales St.Wilhelm M.S. 1805. Abgedruckt in Badenia 1844. S.137.
Ferner: "Stellen in einer Chronik" für Oberried, 24 lose Blätter in gr. 8. Unter dem Jahre 1688 heißt es: "Selbst dies Buch, woraus ich dies zog, wurde entfernt. 12.Okt.1688.
Ferner: St.Michels-Kirchen zu Oberried im Dorf, deren erste Stifter und Gutthäter". M.S. 1856.
Ferner: "Die Bruderschaft des hl. Kreuzes, welche in Oberried im Jahre 1635 aufgerichtet worden ist". M.S. 1635-1669.
Ferner: "Ordnung gemeiner Müllerknecht und der Bruderschaft zu den Oberriedern zu Freiburger Betr." M.S. 1606

II. Literatur.
Bader J. Das ehemalige Kloster St.Blasien und sein Gelehrtenakademie, im Freiburger Diözesanarchiv 8.
- Fürstabt Martin Gerbert, Freiburg 1075.
- Geschichte der Stadt Freiburg i. Br. 2 Bde. 1882 und 1883.
Braun, St. Memoiren des letzten Abtes von St.Peter. Freiburg 1870.
Franz Dr. Studien zur kirchlichen Reform Josefs II., Freiburg -1908.
Geier F., die Durchführung der kirchlichen Reformen Josefs II. im vorderösterreichischen Breisgau, in "Kirchenrechtliche Abhandlungen" 16. und 17. Heft, Stuttgart 1905.
Gerbert M. "De dierum festorum numero minuendo, St.Blasien 1765.
- Historia Nigrae Silvae, 3 Bde., St.Blasien 1783
Gothein, Wirtschaftliche Geschichte des Schwarzwaldes; Straßburg 1892. Heimbucher, die Orden und Kongregationen der kath. Kirche, Paderborn 1897.
Kunstdenkmäler des Großh. Baden Bd. VI. S. 319
Kolb, historisches Lexikon. III. 15 und 158
Mone, Badische Quellensammlung I. S. 195, II. 528, III 438.
Moser M., der Lehrerstand des 18. Jahrhunderts im vorderösterreichischen Breisgau 1908.
Oberrheinisches Pastoralblatt, 1905, 12 ff.
Rölli, S.J., »Leben und Schriften der gottseligen Euphemia von Baden, Luzern 1880.
San ctorum Acta, Bollandisten, Tom. II. Feb. pag. 433-491.
Schauinsland I. Jahrgang 1875.
Trenkle, Hofsgrund im Breisgau, kurze Geschichte des Tales und des Bergwerkes Badenia III. 1865
Urkunden St.Galler, IV. Anhang  S. 973-984 Nr. 44 Prozeßakten eines Rechtsstreites des Klosters St.Gallen mit den Nonnen von Oberried über ein Lehengut von Norsingen.
Württembergische Vierteljahrsschrift, IV. Jahrgang. Schilling, Geschichte des Wilhelmitenklosters Mengen.

I. Land und Leute.

Wer von Freiburg her nach Oberried gelangen will, den führt die Eisenbahn an der früheren Römerstätte Zarten (Tarodunum) vorüber zum Eingange des Oberrieder Tales nach Kirchzarten.
 
In einer sonnigen, fruchtbaren Ebene gelegen ist dieser malerisch gelegene Ort an den Vorhügeln des Schauinslandes, des Feldberges und den Ausläufern des Roßkopfes amphiteatralisch umschlossen.

Hier münden von Norden das Ibental und die Wagensteig, von Osten das Höllental und von Süden das Oberrieder Tal.

Ein schönes Panorama bietet sich unsern Augen, da ringsherum der Blick auf die höchsten Berge des Schwarzwaldes fällt. Eine halbe Stunde von Kirchzarten entfernt öffnet sich zuerst das Weilersbacher Tal, welches sich eine Stunde weit bis zur Sonneck und Holzeck gegen Osten ausdehnt. Von hier aus kann man entweder dem Bergrücken entlang nach dem Giersberg absteigen, oder südöstlich an der Höfener Hütte vorbei auf den hintern Waldkopf (1200 Meter hoch) bis auf den Feldberg bequem aufsteigen. Weilersbach, kirchlich zur Pfarrei Oberried gehörend, ist eine der kleinsten Gemeinden des Großherzogtums Baden. Sie zählt nur 114 Seelen mit 7 Höfen und 8 kleinern Gütchen. Der sog. Freßlehof beherrscht mit seiner neuen Kapelle das Tal.

Ehemals waren die Herren von Falkenstein hier die Grundherren.

Christoph v. Falkenstein verkaufte dasselbe im Jahre 1505 an Bartholomaeus v. Stürzel und erst mit dem Abgange dieses Geschlechtes im Jahre 1786 kam dieser Ort als österreichisches Leben an die Freiherren v. Schachmin, und da auch diese Linie ausstarb, so erhielt nach 1792 ein Schwestersohn des Generals Heinrich v. Schachmin, nämlich Nicolaus Anton de Joli de Morey von Nancy die Herrschaft bis zum Anfall an das Großherzogtum Baden.

In südösticher Richtung, direkt gegen den Feldberg, öffnet sich sodann bei Oberried das wildromantische enge Zastler Tal, in einer Länge von 3 Stunden. Das Gasthaus beim Feldbergturm (1494 Meter hoch) steht noch auf der Gemarkung Zastler.
 
Diese kleine und einst reiche Gemeinde gehört, ebenfalls zur Pfarrei Oberried, zählt 193 Seelen und besitzt eine eigene Schule, während die Kinder von Weilersbach die Schule in Oberried besuchen.

In früheren Zeiten hieß der vordere Teil des Tales "Müswendi". Nur der hintere Teil, und zwar die Höfe, welche hinter einer großen am Wege liegenden Felsnase lagen, hieß man Zastler. Ueber den Rücken des Kastelecks ging vor Zeiten eine Straße aus dem Breisgau nach dem Schwabenlande, wie auch damals bevor die Felsen am Höllenpasse gesprengt wurden, ein Weg vom Himmelreiche nach Breitnau führte.

Im Jahre 1645 gehörte Zastler dem Junker v. Sickingen. Im Jahre 1684 finden wir Zastler und Müswendi unter der Herrschaft derer v. Pfirt, und im Jahre 1697 im Besitze des Barons v. Neven. Von den 9 großen geschlossenen Hofgütern mit reichen Waldungen sind bis heute alle mit Ausnahme des Gassenbauernhofes und des kleinen Stephanshäusles (Sayers) in den Besitz des Großh. Domänenärars übergegangen.

Zuerst wurde im Jahre 1842 - der Burkhardshof, früher Bischofsberg genannt, mit 280 Morgen Flächeninhalt um den Preis von 65140 Mark verkauft. Ihm folgen:
Im Jahre 1858 der Adamshof (466 Morgen) zu 142250 Mark.  Im Jahre 1862 der Schweizerhof (547 Morgen) zu 106285 Mark. Im Jahre 1867 der Mederlehof (536 Morgen) zu 171425 Mark. Im Jahre 1869 der Kleislehof (128 Morgen) zu 37715 Mark. Im Jahre 1876 der Glaserhansenhof (127 Morgen) zu 50 000 M. Im Jahre 1889 der Jockelehlof (147 Morgen) zu 50000 Mark. Im Jahre 1899 der Winterhalterhof (261 Morgen) zu 115000 Mark.

In Folge dieser Verkäufe sind die alten Familien fast alle mit samt dem Gelde verzogen. Auf den ehemaligen Hofgütern wohnen jetzt Pächter, welche sich mit Waldarbeiten beschäftigen.

Der Osterbach, welcher durch das Zastler Tal rinnt, und früher oberhalb Geroldstal in die Brugga sich ergoß, dann aber im 17. Jahrhundert, als man für die Holzflößerei einen künstlichen Kanal gegen Birkenreute baute, dahin geleitet wurde, bildete die Grenze zwischen Zastler und Oberried.

Diese zerstreute Gemeinde zählt 565 Einwohner. Das Klima ist hier noch mild, die Luft rein und ozonreich, Höhenlage bei der Kirche 450 Meter). Zum Breisgau gehörend, teilt Oberried von frühesten Zeiten auch die Schicksale desselben.

Seit ältester Zeit (926) sind die "Zähringer" die Grafen im Breisgau, welche später den Titel "Herzog von Zähringen" annahmen. Als im Jahre 1386 durch Kauf die Stadt Freiburg an Oesterreich kam, bildete der niedere Breisgau bis 1803 einen Teil der österreichischen Vorlande (Vorderösterreich). Die Grundherrschaften von Oberried vor dem Jahre 1252 waren die Herren v. Falkenstein, von Snewlin und v. Munzingen, soweit sie uns bekannt sind. Die Falkensteiner hatten ihren großen Dinghof im Witolfesbach, später Wittelsbach, heute Obertal genannt, zu welchem 8 Lehensgüter gehörten.

Die Snewlin hatten ihre Burg auf dem Snewesberg, heute Schneeberg genannt und besaßen Verlinsbach und Hofsgrund.

Durch Schenkung oder Kauf bekam das Kloster Oberried in kurzer Zeit alle Rechte derselben, so daß das ganze Tal bis zum Feldberg nebst Hofsgrund und Kandel, welches vorher die Snewlin v. Landegg, den Junker Conrad v. Kippenheim und die Junker Hans und Berthold von Staufen zu Grundherren hatte, unter der Herrschaft des Klosters stand. Von einer Gemeinde zu Oberried, welche aus 22 Häusern bestand, ist schon im Jahre 1252 die Rede. Den Kern des Dorfes bildet auch heute noch ein größeres Gebäude in Form eines Vierecks - nämlich das alte Kloster, an dessen südlicher Seite die Kirche und der Gottesacker liegen. Der östliche Flügel dient jetzt als Pfarrwohnung, und der westliche Teil wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts nach der Säkularisation zur Wohnung für eine Großh. Forstinspektion bestimmt. Nachdem diese im Jahre 1829 nach Freiburg und später nach Kirchzarten verlegt wurde, verkaufte man das Gebäude an den Weinhändler M. Ortlieb von Stockach um 2500 Gulden. Heute ist dieser Teil im Besitze der Gemeinde, welche das Gebäude im Jahre 1842 von Ortlieb um 8300 Gulden erwarb.

Die ehemalige Klosterscheuer hatte Adlerwirt Rees gekauft. Diese wurde später durch Kleisle zu Wohnungen ausgebaut.

Die übrigen Häuser liegen teils zerstreut auf den umliegenden Hügeln, an den Abhängen des Goldbergs und Hochfahrns, oder sie ziehen sich talaufwärts gegen St.Wilhelm. Jahrhunderte lang unterschied man zwischen Bauern und Taglöhnern, welche früher "Hintersäßer" oder auch "Gelübder" hießen.

Die Bauernhöfe trugen ihren Namen von Geschlecht zu Geschlecht nach den uralten Besitzern. Wir wollen die einzelnen Höfe aufzählen.
In Geroldstal liegen: Der Steiertbartlishof (seit 1859 im Besitze des Grafen v. Kageneck in Stegen), und der "Schirkenhof", mit Aussicht in das alpinenartig schöne Zastler Tal und einer Rundsicht vom Kandel bis zum Freiburger Schloßberg. Dieser Hof wurde vor 30 Jahren von dem Herrn Professor Geheimrat v. Hegar in Freiburg gekauft. Nicht weit davon entfernt liegt wie ein Schwalbennest auf dem sagenumwobenen Goldberg das sog. Bergschlößle, ehemals vom Kloster erbaut, und mit einem sehenswürdigen Deckengemälde, die 2 Jünger von Emmaus darstellend, geschmückt. Nach dem Jahre 1807 blieb es im Besitze des Klostergärtners And. Dufner. Unten am Bruggabach liegt der "Schmelzacker", so genannt, weil hier früher die Erzschmelze stand. Da diese eingegangen war, so erbaute man 1661 eine Säge mit einer Gerberei - darum wird heute dieses Haus die "Gerbe" genannt. Am Eingang des Dorfes liegt der große  "Gäsenhof", noch ein altes, echtes Schwarzwälder Bauernhaus auf welchem bis 1782 die "Gäsensöhne" wohnten; von dieser Zeit an regieren die Zipfel das Anwesen.

Die ältesten Bauerngeschlechter waren: die Gäß, Hercher, Dufner, Wirbser und Steiert. Man unterschied den obern und untern Steiert. Der "untere Steierthof" stand auf dem Platze, auf welchem das Kloster erbaut wurde. Der Besitzer desselben, Hans Steiert, vertauschte denselben im Jahre 1683 mit einem Lehenshofe des Klosters im Obertale - darum heißt letzterer heute noch der "Steierthansenhof". Der obere Steierthof wurde 1632 von den Schweden abgebrannt und dann von Franz Steiert um 750 Gulden gekauft.

Zum Unterschied vom "Hercherhof" am Eingang des Zastler Tales, welcher 1632 ebenfalls von den Soldaten verbrannt wurde, - nannte man den andern Hercher der "alten Vogt" im Verlinsbach weil aus diesem
Geschlechte mehrere Besitzer zum Vogt gewählt wurden. Wir lesen in den alten Akten: »Nachdem Martin Hercher, dem das Lob gegeben wurde, daß er in jeder Hinsicht ein braver Vogt gewesen sei, wenn ihm nur die Bürger besser gefolgt hätten, im Jahr 1769 gestorben war, so wurde dessen Sohn, Johann Hercher, mit 40 Stimmen von 53 stimmfähigen Bürgern zum Vogt gewählt. Ihm folgten dann Johann und Andreas Hercher

Im Verlinsbach liegen ferner: der "Schwörerhof", der 1764 ebenfalls an die Hercher kam; dann zu dieser Zeit wird ein Andreas Hercher erwähnt, der "Lehrer, dann Accisor und Gemeindebot" war. Jetzt wohnt daselbst Bürgermeister Steinhart.

Dann der "Kirnermartis-Hof", der 1827 abbrannte wobei zugleich die Frau, 2 Kinder und eine Magd den Tod fanden. Der "Weberbauernhof", jetzt Banholzer, wurde im Jahre 1890 durch Blitzschlag eingeäschert und wieder neu aufgebaut.

Der "Maierhof" kam in Besitz des Grafen v. Kageneck, wurde 1905 neu aufgebaut und schaut majestätisch in das Kirchzartner Tal hinab.

Mit dem Hammerbauern-, Wehrlebauern- u. Küchlehof haben wir alle Höfe in diesem Zinken aufgezählt. Von der Kirche aufwärts liegt der "Albrechten"- und der "Rombacherhof", der am 27. März 1781 nachts verbrannte, wobei die Frau und 6 Kinder und eine Magd den Tod in den Flammen fanden, weil sie dem brennenden Strohdache nicht mehr entfliehen konnten. Dann folgt der Schuhbauer- und der Schneebauer-" und im Obertal zuerst der alte Dinghof, der sich bis zum Häusleberg ausdehnt, viele 100 Jahre im Besitze der Dufner war; der jetzige Eigentümer heißt Conrad Riesterer. Die Wirbser waren auf dem Adam Webershof seßhaft, und Über dem "Strohberger" thront auf der Höhe der Bergbauer Riesterer, ein neueres Geschlecht, neben den aufblühenden Geschlechtern der Schweizer, Albrecht, Zipfel, Winterhalder und Laubi. Bis 1773 gab es in Oberried nur ein Wirtshaus, nämlich den Adler, mit einer Mühle und Bäckerei verbunden, ein heute sehr besuchtes Gasthsaus mit vielen Räumlichkeiten. Hier wohnten früher die "Rees" - heute wirtschaften da die Jautz, welche von Kirchzarten eingewandert sind. Das Gasthaus zum "Hirschen" verdankt seine Entstehung dem Kloster. Im Jahre 1729 gab derselbe seinem Jäger Josef Erte, der aus Bayern stammte, dieses Haus zum Lehen. Erst sein Sohn Andreas erhielt im Jahre 1773 das Wirtschaftsrecht.

In Vorahnung der kommenden Ereignisse, verkaufte im Jahre 1806 das Kloster diese Gastwirtschaft, welche 1802 noch das Backrecht erhalten hatte, als Eigentum an Joh. Bapt. Ertel, den letzten Klosterjäger, der neben dem Eingang der Kirche begraben liegt. Das älteste Denkmal der vergangenen Jahrhunderte ist die alte, große Linde neben dem Hirschen, wo die Dinggerichte abgehalten wurden.

Das dritte Gasthaus "zum Sternen" wurde erst vor 30 Jahren eröffnet. Dasselbe ist wegen seiner komfortablen Einrichtung weithin bekannt und besucht. Der Besitzer A. Kreutz, dessen Großvater Mathäus Kreutz im Jahre 1822 von St.Peter aus die danebenstehende Mühle und Bäckerei (jetzt für elektrischen Betrieb eingerichtet), einwanderte, ist zugleich Posthalter und führt die Post täglich zweimal nach Todtnau und Kirchzarten.

Wandern wir das Tal hinauf, so gelangen wir in 20 Minuten zur ehemaligen "Dir. Hieberschen Holzstofffabrik, welche als eine der ersten in Deutschland, von Fabrikant Hugo Ficke in Freiburg errichtet und bis vor 6 Jahren mit etwa 20 einheimischen Arbeitskräften betrieben wurde. Nunmehr hat die Bergwerksgesellschaft das Anwesen käuflich erworben und ein elektrisches Werk eingestellt, um die notwendige elektrische Kraft für den Betrieb des Bergwerks am Schauinsland zu gewinnen. Von hier an verengert sich das Tal zwischen den Bergabhängen voll Steingeröll, Granitblöcken und Gneisfelsen immer mehr.

Nach einer weitern halben Stunde gelangen wir am Schneeberg vorbei an den Eingang des St.Wilhelmer Tales. Eine steile, hohe Bergwand, auf deren Höhe der Schwarzwaldverein die sog. Behagelshütte errichtet hat, ruft uns ein "Halt" zu. Rechts biegt die Straße, in Windungen steil aufsteigend, dem Steinwasen zu und erreicht in 2 Stunden mitten durch dichten, dunklen Hochwald die Höhe auf den Notschrei, 1121 Meter, um dann nach Todtnau abzufallen.

Das St.Wilhelms-Tal dagegen zieht sich sanft emporsteigend gegen den Feldberg, dessen Kappe offen vor unsern Augen liegt, hin bis zum "Napf", 820 Meter hoch, welcher seinen Namen von einer muldenförmigen Bergwiese, die sich alsbald in die Tiefe senkt, sehr bezeichnend erhalten hat. Nur einen kurzen Teil des Tages bescheint die Sonne den engen Horizont und nur wenige Monate dauert die Sommerszeit: aber tiefgrüne Berg- und Talwiesen, herrliche Quellen des frischesten, süßesten Wassers und die reinste, kräftigste Luft entschädigt den Bewohner während der schönen Jahreszeit für den Schnee und die Kälte des rauhen und kalten Winters.

Vor mehr als 150 Jahren hat ein Klosterpater, P. Eggs, die Gegend also geschildert:
"Am Fuße des Feldbergs, eine Stunde oberhalb des Dorfes Oberried, ist ein Tälchen, das zu einer nicht gar großen Ebene sich erweitert; es hat vom hl. Wilhelm den Namen St.Wilhelmer Thal. Wegen der hier sonst undurchdringlichen Wälder war dasselbe ursprünglich von einigen Hirten und Holzhauern bekannt und zugänglich. Heute entbehrt die Landschaft nicht der Anmut. Die Ebene ist erweitert worden, der Wald zurückgedrängt; die Kultivierung hat der Gegend viel von ihrer Rauheit benommen.

In dieser Ebene erhebt sich ein kleiner Hügel, der von der Natur so kreisförmig geschaffen ist, daß man meinen könnte, ein Geometer habe ihn ausgemessen. Ein Bächlein fließt vorbei. Dieser Hügel trägt noch eine kleine Kapelle wo von uns alljährlich einigemale das hl. Meßopfer dargebracht wird. Die Kapelle ist dem hl. Wilhelm geweiht. Der alte Gottesacker ist heute noch im Gebrauch. In der Nähe sah ich viele Grabdenkmäler mit Inschriften. Es sind auch die Ueberreste eines alten Turmes vorhanden, erbaut aus viereckigen Quadern von einem Sumpfe eingeschlossen, der jetzt dem Kloster als Fischteich dient. Ich vermute, der Turm war von den Herren der Gegend errichtet für die verbrecherischen Unterthanen als Kerker. Hier stand die Wiege des Oberrieder Klosters."
 
Mit dieser Schilderung der Oertlichkeit beginnt der genannte P. Eggs seine Chronik der ersten Wilhelmiten-Niederlassung im Tale zu St.Wilhelm. Das 19. Jahrhundert hat auch die letzten Reste, die an das ehemalige Kloster erinnerten, hinweggefegt. Keine Kapelle ziert mehr den Hügel. Die Grabdenkmäler sind verschwunden, die letzten Teile des Turmes niedergerissen. Man nennt heute das Anwesen, welches an Stelle des alten Klosters steht, den vordern Maierhof. Zu den ältern Höfen gehören wohl noch der hintere Maierhof und dann der sog. kleine Maierhof (Zängerle). Nachher entstanden die kleinen Höfe auf der Katzensteig. In Wittenbach stand im Jahre 1646 noch kein Haus. Es war nur eine Viehweide, welche von den Todtnaubergern von 1646-1656 um 5 Gulden entlehnt war. Später überließ das Kloster alle Güter mit Ausnahme der 2 Maierhöfe den Lehensleuten durch Kauf als Eigentum. Der kleine Maierhof wurde von Christian Zängerle im Jahre 1652 um 350 Gulden gekauft, ebenso im Jahre 1653 der Bühlhof um 100 Gulden und der Weihlermattenhof um 125 Gulden, der Napf um 190 Gulden gekauft. Nach Aufhebung der Klöster wurde der vordere Maierhof von Freiherr v. Neveu und der hintere Maierhof vom Klosterkutscher Schweizer gekauft.

Bis 1824 gehört St.Wilhelm politisch zur Gemeinde Oberried und bildete erst von da an eine eigene Gemeinde welche heute 164 Seelen zählt. Jeder Bürger hat bei seinem kleinen, geschlossenen Hofgute einige Morgen Wald und Wiesen und ein Kartoffelfeld, so daß er durch Viehzucht und Arbeit, welche er außerdem reichlich in dem staatlichen Domänenwald findet, genügendes Auskommen hat. An der St.Wilhelmer Waldgenossenschaft auf dem Feldberge sind 10 Bauern berechtigt; zur Katzensteiger Waid- und Waldgenossenschaft zählen 5, und zur Oberwittenbacher Waidgenossenschaft zählen ebenso 5 Berechtigte. Von jeher haben auch die Bauern des Oberrieder, Zastler und Weilersbacher Tales die große Viehzucht nur mit Benutzung der verschiedenen Waiden auf dem Erlenbach (1300 Meter), Stollenbach (1100 Meter), Hinterwaldkopf (1200 Meter), Ochsenlager (900 Meter), Rappeneck (1000 Meter), Zastler Viehhütte, unmittelbar unter dem Feldbergturm gelegen, betreiben können. Anfangs, spätestens Mitte Juni, wird das Jung- und Stiervieh auf die Höhen getrieben und bleibt dort bis Mitte September. Darum war bis heute die Aufzucht lohnender, als Milchwirtschaft. Ob in Zukunft dieser Betrieb ungeändert fortgesetzt wird, ist ungewiß. Infolge des Dienstbotenmangels wurden in neuerer Zeit viele Flächen, welche seither der Waide dienten, mit Wald angepflanzt. Jedoch werden nur gewisse Höfe zur Milchwirtschaft übergehen können; der größte Teil wird sich immer mit der gut lohnenden Aufzucht beschäftigen.

Von jeher lieferten die Wälder bis zum Feldberg und Schauinsland ungezählte Festmeter Bau- und Brennholz, mit dessen Abfuhr die Leute das ganze Jahr beschäftigt sind. Auch die Abfuhr von Sand und Bausteinen gibt allerlei Verdienst. Ebenso erscheinen die alten Bergknappen wieder, da seit 6 Jahren ein Stollen beim Hörnigrund gegen den Schauinsland getrieben wird. In Folge dessen wird der Mangel an Arbeitern für die Bauern immer empfindlicher. Bis in die neueste Zeit blieb aber das Volk seßhaft und die Wanderung nach der Stadt war nur spärlich. Durch falsche Kultur nicht verdorben, in allem durch einerlei Gesinnung verbunden, lebt man genügsam und zufrieden aus der heimatlichen Scholle, deren wechselvolle Vergangenheit aufs innigste mit der Geschichte des Klosters verbunden ist, die nunmehr an unseren Augen vorüberziehen soll.

II. Der erste Versuch.

Sobald das Dunkel der Geschichte sich lichtet, finden wir das Kloster St.Gallen im Besitze jener Gegend, in der sich die Schicksale des späteren Oberried abspielen.

Die Herren von Tengen trugen sie zu Beginn des 13. Jahrhunderts vom Kloster St.Gallen zu Lehen. Unter ihnen stunden die Bewohner des einsamen Waldtales. Diese fällten das Holz und bebauten kümmerlich den Boden. Mit Vorliebe stifteten die herrschaftlichen Familien jener Zeit ihre eigenen Familienklöster, in den sie ihre Anverwandten versorgt wußten und sich selbst ihre Grabstätte wählten. Diesem Streben verdankt auch das Kloster Günterstal seine Entstehung. Um das Jahr 1221 hatten die ersten Bewohnerinnen daselbst ihren Einzug gehalten und sofort Kirche, Klösterlein und Friedhof eingerichtet.

Am 15. September 1224 erhielt das Kloster vom Bischof in Konstanz die kirchliche Weihe. Gleichzeitig nahmen die Schwestern die Regeln des Zisterzienser-Ordens an und wurden dem Abt von Tennenbach unterstellt.

Ein besonderer Gönner dieser Klosterfrauen war Rudolf von Tengen, Dompropst von Straßburg. Auch sein Streben war, auf dem Grund und Boden, den sein Vater vom Kloster St.Gallen zu Lehen trug, eine Niederlassung zu errichten. Als Insassen hatte er einige Schwestern von Günterstal ausersehen.

Die Sage erzählt, es habe sich zugetragen, daß die Bauern von Oberried, wenn sie nach dem Walde gingen, um Holz zu fällen, auf dem Waldhügel zu St.Wilhelm öfters hellglänzende Lichter erblickten und ein liebliches Geläute vernahmen. Diese glänzenden Lichter waren die Nonnen in Günterstal, die um das Jahr 1238 das Kloster verließen, um hier eine neue Heimat zu gründen.

Nicht lange dauerte es, da ertönte auch von dem Klösterlein ein liebliches Geläute durch die Waldeinsamkeit.

Rudolf von Tengen hatte nämlich seinen Vater und seine beiden Brüder Nikolaus und Konrad bewogen, in die Hände des damaligen Abtes von St.Gallen, Konrad von Bußnang, auf das Lehensgut zu Oberried zu Gunsten der Nonnen zu verzichten. Der Abt von St.Gallen nahm die Nonnen als Lehensleute an, unter der Bedingung, daß sie auf dem von ihm bezeichneten Platze ein Kloster errichteten, daselbst Gott zu Ehren ein klösterliches Leben führten und einen jährlichen Zins von 2 dreipfündigen Wachskerzen entrichteten.

So machten sich denn Aebtissin und Konvent daran, am bezeichneten Orte eine Zelle zu errichten, um im einsamen Bruggatale zwischen Felsen und Waldeshöhen ungestört Gott dienen zu können.

Doch sollten sie nur während sechs Jahren in der neuen Heimat verweilen dürfen. Es ist wohl wahr, daß diese neue Heimat nicht allein eine stille, abgelegene Gegend, sondern auch eine schauerliche, kaum zugängliche, in rauher Luft und steinigem Erdreich gelegene, von hohen, dichtbewaldeten Bergen und schroffen Felsen umschlossene Wildnis war; es ist wahr, daß beinahe Nichts in der harten Einöde gedieh, und es höchst beschwerlich war, während der langen Winterszeit von außenher die nötigen Nahrungsmittel dahin zu führen. Die zarte Natur der eingewanderten Nonnen mußte alle diese Härten der Wildnis und manche Entbehrungen bitter fühlen - doch, daß die Normen allein deswegen die Niederlassung sobald verließen, ist sehr zu bezweifeln.
 
Vielmehr mochte sich gezeigt haben, daß beide Neugründungen, jene zu Günterstal, wie diese in St.Wilhelm, wegen ihrer Nähe auf die Dauer nicht lebensfähig genug waren; es mochte vor allem die Gefahr bestehen, daß das Kloster in St.Wilhelm, welches ja von St.Gallen abhängig war, sich dem Mutterkloster mit der Zeit entfremde.

Dazu kam ein langwieriger Rechtsstreit der Schwestern mit dem Kloster St.Gallen wegen einiger Güter zu Norsingen, so daß wir es begreiflich finden, wenn die Ordensobern kurz und bündig den Nonnen zu St.Wilhelm befahlen, wieder nach Günterstal zurückzukehren. Diese gehorchten und fanden sich im Jahre 1244 in ihrem Mutterkloster wieder ein. Acht Jahre hindurch war nun St.Wilhelm verwaist. Laut Vertrag, den die Herren von Tengen und das Kloster Günterstal mit dem Kloster St.Gallen abgeschlossen hatten, fiel das ganze Besitztum des Klosters an die Familie von Tengen bezw. deren Nachfolger zurück. Diese waren die Ritter Schnewlin und von Munzingen, welche wir im Jahre 1252 im Besitze des St.Gallen´schen Lehens finden. Diese führten dem verlassenen Kloster neue Bewohner zu, nämlich Wilhelmiten. Dieser Orden, vom hl. Wilhelm gegründet, hatte bereits eine Niederlassung im Elsass bei Hagenau, Marienpforte genannt.

Von dort begaben sich, wie der Geschichtsschreiber von Oberried erzählt, wenige Jahre nach dem Abzuge der Günterstäler Nonnen einige Mönche, die von der verlassenen Klosterniederlassung im Schwarzwald hörten, nach dem Tale von Oberried, um nachzusehen ob die Lage des verlassenen Klosters zur Neugründung einer Wilhelmitenniederlassung geeignet wäre.

Der Ort erfüllte ihre Erwartungen. Sie unterhandelten mit den Inhabern des Lehens, den Rittern Konrad von Schnewlin und Ludwig von Munzingen, die ihnen um Pfingsten 1252, nicht nur die ehemaligen Besitzungen des Frauenklosters sondern auch mit Zustimmung der Bauern von Oberried und Verlinsbach einen Distrikt zwischen der Brugga und dem Haselbach mit allen Wald- und Waidrechten überließen. Darnach zogen vier Mönche aus dem Kloster "Marienpforte" in den Schwarzwald nach Oberried, unter denen der Eine die Stelle eines Priors einnahm. Sie vergrößerten und verschönerten das von den Klosterfrauen ärmlich erbaute Kirchlein, gaben der neuen Niederlassung den Namen "Marienkron" (corona sanctae Mariae) und hatten bald die Genugtuung, vornehme Leute in ihren Reihen aufnehmen zu können und das Kloster wachsen und gedeihen zu sehen.

Allein nicht lange dauerte dieses Wachstum. Die große Kälte, heftige Stürme, vor Allem aber der immer mehr zunehmende Mangel an Lebensmittel, die zu beschaffen sehr schwierig war, riefen in den Herzen der Mönche den Entschluß wach, die Klosterniederlassung aufzugeben und nach Freiburg zu ziehen.

Dort gründeten sie im Jahre 1262 in der Nähe des Breisacher Tores eine neue Heimstätte.

St.Wilhelm stand nun zum zweitenmale verwaist da, aber nur 4 Jahre lang. Unterdessen hatte sich in das Kloster zu Freiburg Johann von Urberg, der Sohn einer vermögenden Familie aufnehmen lassen. Er stand in naher Beziehung zu den Schnewlin und von Munzingen, welche das verlassene Kloster von St.Wilhelm keineswegs dem Untergange preisgeben wollten.

Johann von Urberg erbat sich deswegen von seinen Obern die Erlaubnis, die alte Stätte wieder beziehen zu dürfen. In Wirklichkeit wollte er jedoch ein von Freiburg unabhängiges Kloster, ein eigenes Priorat gründen, so daß in der Folgezeit von den "Wilhelmiten im Walde" und von den "Wilhelmiten in der Stadt" die Rede sein wird.

III Der hl. Wilhelm von Maleval und der Wilhelmitenorden.

Bevor wir die weitere Geschichte der Oberrieder Wilhelmiten verfolgen, müssen wir zuvor das Leben des hl. Wilhelm von Maleval und dessen Orden näher kennen lernen. Das Leben und die Herkunft der großen Ordensstifter ist uns genau bekannt. Nur über die Abstammung des hl. Wilhelm schwebt ein gewisses Dunkel.

Die im Laufe der Zeiten entstandenen großen Orden sind:
Die Augustiner, welche aus den Werken des hl. Augustinus eine besondere Regel zusammengestellt haben.
Als ihren Vater verehren
die Benediktiner den hl. Benediktus (543),
die Franziskaner den hl. Franziskus (1226),
die Dominikaner den hl. Dominikus (1221),
die Cisterzienser den hl. Norbert und nach ihm den hl. Bernhard (1153),
die Karmeliter den hl. Simon Stock (1265), und später den hl. Johannes vom Kreuz,
die Jesuiten den hl. Ignatius· (1556),
die Redemptoristen den hl. Alphons von Liguori (1787).

Aus diesen Stämmen wuchsen später noch verschiedene Zweige anderer Orden.

Ein solcher ist jener des hl. Wilhelm v. Maleval so genannt zum Unterschied vom hl. Wilhelm von Vercelli, der in Unteritalien lebte, auch Wilhelmitenklöster stiftete und 1142 starb. Unser hl. Wilhelm von Maleval ist auch nicht zu verwechseln mit jenem hl. Wilhelm von Gellone, Herzog von Aquitanien und Graf von Toulouse, der am Hofe Kaisers Karls des Großen ein vertrauter Ratgeber großer Staatsmann und Feldherr war, im Jahre 806 in das von ihm selbst gegründete Kloster von Gellone eintrat und im 28. Mai 812 starb.

Jahrhunderte lang glaubte man in Wilhelm von Maleval den letzten Herzog von Aquitanien und Grafen von Poitiers Wilhelm IX. zu verehren, bis der gelehrte Jesuit  Gottfried Henschen diese Legende gründlich zerstört hat. (Siehe Bollandisten, Heilige des Monats Februar S. 433-491). Da der ganze Wilhelmitenorden bis in das 18. Jahrhundert in diesem Irrtum befangen war, so soll auf diese Darlegungen kurz eingegangen werden.

Herzog Wilhelm IX. hatte verschiedene Gewalttätigkeiten gegen die Kirche verübt und sich auf die Seite des Gegenpapstes Anaclet gestellt. Als der rechtmäßige Papst Innocenz lII. im Jahre 1131 in Frankreich weilte, so veranlaßte derselbe den hl. Bernhard, den Herzog von Aquitanien zu bekehren. Nach wiederholten Versuchen gelang es im Jahr 1135, als der hl. Bernhard durch Vorhaltung der hl. Hostie und Ankündigung des göttlichen Strafgerichts ihn zur Nachgiebigkeit bewog. Diese Szene ist dargestellt auf einem Glasfenster des Chores der Pfarrkirche in Oberried, das zum Andenken an das goldene Priesterjubiläum des + Herrn Pfarrer R. Nenning im Jahre 1892 gestiftet wurde. Der vor dem hl. Bernhard knieende Ritter ist aber nicht der hl. Wilhelm v. Maleval, sondern der letzte Herzog von Aquitanien, Wilhelm IX., der am Ende seines Lebens noch eine Bußfahrt nach Compostella machte und am Grabe des hl. Jacobus im Jahre 1137 starb. Der hl. Wilhelm von Maleval starb aber am 10. Februar 1157. Woher diese Verwechslung? Hat Niemand das Leben des hl. Wilhelm von Maleval aufgezeichnet? Eine Lebensbeschreibung desselben verfaßte bereits dessen Schüler Albert, die dann ein gewisser Theobald Wilhelmit aus einem belgischen Kloster, zu seiner Biographie des hl. Wilhelm im 13. Jahrhundert benutzte. Aus Grund dieser Biographie schilderte dann wieder im 17. Jahrhundert der Wilhelmitenprior P. Petrus Silvius von Alostum in Flandern ausführlich das Leben des hl. Ordensstifters. Ein Manuskript aus der Bibliothek des Klosters St.Paul in Kärnthen stand mir zur Verfügung. Allein beide Schriftsteller begehen den Irrtum, daß sie in dem hl. Wilhelm von Maleval den letzten Herzog von Aquitanien sehen. Wer ist der hl. Wilhelm von Maleval? woher stammt er? Das hat uns sein Schüler Albert nicht berichtet. Darum müssen wir mit P. Henschen und dem ebenso gelehrten Abt Gerbert von St.Blasien (Geschichte des Schwarzwaldes, 2.Teil S.79) sagen:
Der hl. Wilhelm von Maleval ist von unbekannter Herkunft, vielleicht, ja wahrscheinlich aus einem gräflichen Geschlechte, dessen Vorleben uns aber unbekannt ist. Nun hören wir die Legende von dem hl. Wilhelm, welche sein Schüler Albert geschrieben hat:
Wilhelm will ein Büßerleben führen und früher begangenes Unrecht sühnen. Er eilt zuerst zu den Füßen des Stellvertreters Christi, auf dessen Rat und Befehl er eine Pilgerfahrt nach Jerusalem unternimmt. Unter größten Antötungen erreicht er die hl. Stadt und verrichtet daselbst strenge Büßübungen. Da ermahnt ihn Gott, sich in die Gegend von Castellione (Jtalien) zurückzuziehen. In der Nähe von Pisa, im Tale Livallia fand er eine schreckliche Höhle, welche er sich zu seiner Wohnstätte erwählt. Bald sammeln sich um ihn eine Anzahl Einsiedler. Sie bauen sein Spital. Da die Brüder gleichgültig werden und sich den Anordnungen des Heiligen nicht fügen wollten, übergab er das Spital dem treuen Mönche Petrus, verließ dasselbe und begab sich hierauf zu einem Berge, de Pruno geheißen. Er baute eine Zelle, pflanzte ein kleines Gebiet an, bebaute auch einen Weinberg und diente Gott. Der Ruf seiner Heiligkeit drang in die Ferne; eine große Menge Einsiedler kamen und lebte mit ihm. Nach mehreren Versuchungen des bösen Feindes, der schließlich auch seine Brüder wider ihn aufstachelt, verläßt er dieselben und kehrt nach Livallia zurück. Aber auch hier war ihm Verfolgung zuteil, weil sein Leben so sehr verschieden war von dem der Brüder daselbst. In dieser Not - er war noch dazu krank und schwach - ertönte eine Stimme vom Himmel, welche ihn aufforderte, nach dem Berge Petritius zu gehen in der Nähe des Kastells Buriano. Er machte sich dahin auf. Jedoch, als er einige Tage da war, kamen sehr viele Hirten, die an festgesetzten Tagen hier aus der Nachbarschaft sich versammleten. Dies gefiel ihm nicht.

Wilhelm ging weiter bis zu einem Kastell, wo er von einer Familie aufgenommen wurde. Hier verweilte er krank, schwach, viele Tage, und heilte durch ein Wunder seine Gastgeberin. Mit der Zeit glaubte er, er könne lästig fallen; deshalb ging er heimlich fort und zog im Jahre 1155 in ein Tal Malevale (früher "Stabulum Rhodis") genannt. Dieses Tal liegt bei Grosseto, in der Gegend von Siena, Provinz Toscana (Italien). Hier wurde ihm vom Priester Guido und adeligen Männern aus Buriano eine Hütte gebaut, worin er 1 1/2 Jahre in größter Armut lebte. Hier war sein letzter Aufenthaltsort, hier starb er. Am Dreikönigsfeste 1156 nahm er einen gewissen Albert, seinen ersten Biographen als Schüler auf. In heiligmäßigen Lehren und Reden, in frommen Bußübungen, welche Gott selbst durch einige Wunder bei Lebzeiten verherrlichte, brachte der hl. Wilhelm die letzten Lebensjahre zu. Das letzte Wunder vor seinem Tode war eine Weissagung an Albert: "Ehe noch meine Seele den Leib verläßt, wird ein Besserer kommen und dein Genosse sein". Und es kam der berühmte Arzt Raynald, ein ehemaliger Mitschüler Alberts, der sein Gefährte blieb und im Verein mit Albert den Grund zum Wilhelmiten-Orden legte. Als Wilhelm sah, daß sein Tod nahe, schickte er seinen Schüler nach einem Priester, der ihm die hl. Sakramente spendete. Bald darauf 10. Februar 1157 stirbt er. Als er tot lag, da schwand die Blässe aus seinem Antlitz und ein froher Ausdruck und eine lebensvolle Farbe legte sich über seine Züge. "Lebend schien er tot, und tot schien er lebend zu sein". Raynald, der unterdessen all seine Habe unter die Armen verteilt hatte, kommt zurück und tröstet Albert. Im Verein mit dem Priester beerdigen sie den Heiligen in einem Gärtchen, das er selbst zu seinen Lebzeiten hergerichtet hatte. Gott verherrlichte sein Grab durch viele Wunder.
 
Daß schon gleich in den nächsten Jahren nach seinem Tode die Gläubigen eine große Verehrung zum hl. Wilhelm faßten, das bewirkten die zahlreichen Wunder, die durch Gebet um seine Fürbitte, an seinem Grabe geschahen. So hielt auch der apostolische Stuhl mit der Genehmigung der öffentlichen Verehrung nicht lange zurück. Am 20. Mai 1202 hat Papst Innocenz III. den hl. Wilhelm in die Zahl der Heiligen eingereiht. Ein besonderer Verehrer des Heiligen war Papst Gregor IX., der als Kardinal Hugolinus selbst die Grabstätte des hl. Wilhelm besuchte und hernach als Papst 1227 ein herrliches Gotteshaus über dem Grabe des Heiligen erbauen ließ und das Kloster Stabulum Rhodis erweiterte und reich beschenkte. Seine Nachfolger, Innocenz IV., Alexander lV., Urbanus IV. und Clemens IV. bezeichnen in den verschiedenen Bullen, die sie zugunsten des Wilhelmitenordens erließen, den hl. Wilhelm als einen großen Heiligen. Bei dem Orden der Augustiner, Benediktiner und Zisterzienser, besonders aber bei den Wilhelmiten ward feine Verehrung eine überall verbreitete.

Anfangs wurde das Hauptfest des Heiligen an seinem Todestage den 10. Februar gefeiert und später auf den 1. Mai verlegt.

Die Verehrung des Heiligen übertrug sich auch auf seine Reliquien.

Zurzeit des Todes des hl. Wilhelm war Siena eine mächtige Republik, welche sich auch bald (1224.) Grosseto, dem Stabulum Rhodis unterstellt war, unterwarf. Im Kriege zwischen Siena und Florenz wurde später Stabulum Rhodis ganz zerstört. Aber die Bewohner bauten die Kirche wieder auf und beschenkten sie reichlich. Diese Kirche wurde unter Papst Pius IV. (1564) unter dem Titel "Abtei des hl. Wilhelm" dem Abte Bartholomaeus übergeben. Letztere blieb das Mutterkloster der Wilhelmiten. Die Gebeine des hl. Wilhelm, mit Ausnahme des Hauptes, waren der Pfarrkirche der Stadt Castellione übergeben worden. Zweimal jährlich wurden sie ausgesetzt. Am 1. Mai wurden sie später jedes Jahr nach Stabulum Rhodis gebracht und dort 3 Tage verehrt. Das Haupt des Heiligen kam nach Deutschland. Im Jahre 1499 hatten es die Wilhelmiten des Klosters "Paradies" in Düren im Rheinland in Verwahrsam. Als dieses Kloster aufgehoben wurde, kam es im Jahre 1586 in den Besitz der Jesuiten in Antwerpen. Von dieser Zeit an wurde das Haupt des Heiligen öffentlich in Antwerpen verehrt.

Andere Reliquien des hl. Wilhelm sind an verschiedenen Orten zerstreut.

Auch das Oberrieder Kloster besaß deren zwei, die in zwei Reliquienschreinen mit andern Reliquien dem Volke zur Verehrung ausgesetzt wurden. Beide Reliquien tragen die Inschrift: Reliquie des hl. Bekenners Wilhelm, Herzog von Aquitanien, Graf von Poitiers, des Einsiedlers. (Daß der Titel: Herzog von Aquitanien ein geschichtlicher Irrtum ist, habe ich anfangs dieses Kapitels bewiesen.)

Ueber die Herkunft der Reliquien in Oberried findet sich kein Bericht. Die Schrift des Zettelstreifens der über den kleinen Gebeinen sich hinzieht, deutet auf das ausgehende 17. Jahrhundert. Auf Kirchenbildern wird der hl. Wilhelm abgebildet als Ritter mit dem Schwert und trägt als Abzeichen zehn Kettchen kreuzweise über der Brust; zu seiner Seite hat er einen Helm und einen Schuppenpanzer. Das schöne Bild von A. Müller ist nach einem Stiche Dingers durch den Düsseldorfer Verein verbreitet worden. Wegen seiner bildlichen Darstellung wurde der hl. Wilhelm nach dem Berichte der Zunftchroniken von den Klempnern und von den Harnischmachern als Patron verehrt. Sie führten im Wappen einen silbernen Helm oder Harnisch im grünen Felde.

In der Altertumssammlung der Stadt Freiburg sind aus der ehemaligen Kapelle St.Wilhelm bei Oberried zwei Holzreliefs vorhanden, von welchen das eine St.Wilhelm im Panzerhemde in 3/4 Lebensgröße mit einem Schild mit Lilien in blauem Feld und Halbmonden darstellt. Im Nimbus ist die Inschrift: sanctus Wilhelmus (15. Jahrhundert). Das andere zeigt die Gestalt eines hl. Abtes ohne Mitra mit der Inschrift: sanctus Bernardus. Beides sind gute Arbeiten aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts.
 
Im Kloster St.Paul in Kärnthen befindet sich das Prachtwerk: "Die Heiligen des deutschen Kaiserhauses". Darunter ist auch der hl. Wilhelm dargestellt als Eremit mit dem Rosenkranz. Unter die Heiligen des deutschen Kaiserhauses kam der hl. Wilhelm deswegen, weil man ihn als Herzog von Aquitanien (IX.) ansah, der ein Großneffe der deutschen Kaiserin Agnes, Gemahlin des Kaisers Heinrich III. war.

Der hl. Wilhelm hat selbst keinen Orden gestiftet, sondern seine Schüler. Zunächst setzten nach dem Tode des hl. Wilhelm seine Schüler die strenge Lebensweise fort. Albert und Raynald gründeten später, als noch einige andere Brüder sich ihnen anschlossen die Ordensgenossenschaft der Eremiten von St.Wilhelm, den Wilhelmitenorden.

Anfänglich war die Ordensregel sehr strenge. Die Eremiten fasteten Sommer und Winter zu jeder Zeit, mit Ausnahme der Sonntage, zufrieden mit der ärmlichsten Speise. Zu Hause gingen sie barfuß umher, während sie außerhalb des Hauses Sandalen trugen. Papst Gregor IX. milderte diese Strenge im Jahre 1230, indem er ihnen nicht nur den Gebrauch der Schuhe und Strümpfe gestattete, sondern auch die Beobachtung der Benediktinerregel vorschrieb. Eine Menge günstiger Vorrechte und großer Privilegien gewährte ihnen Innocenz IV. durch eine Bulle vom Jahre 1248, welche die Wilhelmiten hoch in Ehren hielten und wegen ihres reichen Inhalts das "Große Meer" (Mare magnum) nannten.

Um das Jahr 1256 drohte dem Orden eine große Gefahr. Zu jener Zeit verbreiteten sich neben den Eremiten des hl. Wilhelm noch drei andere Kongregationen die sich Augustiner-Eremiten nannten. Papst Alexander IV. trug sich mit dem Gedanken, alle Eremitenkongregationen unter der Augustinerregel zu vereinigen.

Aber die Mehrzahl der Wilhelmiten widerstrebte, so daß sie ihre Selbständigkeit unter Beibehaltung der Benediktinerregel für die Zukunft behielten. Der Orden erhielt auf dem Konzil von Basel im Jahre 1435 nochmals eine Bestätigung seiner Privilegien. Außer dem strengen klösterlichen Leben, das sie führten, durften sie predigen, Beicht hören, den Pfarrgottesdienst besorgen, insofern man sie darum bat.
Der hl. Wilhelm von Maleval.
Holzreliefbild, ursprünglich im Kloster St.Wilhelm
Später durften sie auch Pfarreien mit Seelsorge übernehmen. Ihr Fleiß und ihre Tätigkeit wurden sehr gerühmt. Schreiber (Geschichte der Stadt Freiburg, II. 26) teilt folgende Inschrift mit, welche sich über dem Eingang zu dem Kirchhof der Wilhelmiten in Straßburg befand: "Durch Erhard Steinbach. Prior und Provincial Ward vollbracht dieser Baue überall und war XV hundert und II die Jorzal Allso bliebt das Sprichwort bei dem Orden: Wollt ich arbeiten, ich wär Wilhelmiter worden." Und in einem Gedichte, in welchem alle Orden aufgezählt sind, welche die Regel des hl. Benedikt angenommen haben, heißt es:
Jetzt folgen, die heilig leben in den Hütten,
Die man nennt die Wilhelmiten."

Der Orden hat sich im Laufe der Zeit rasch über Italien, Deutschland, Frankreich und Belgien verbreitet.

Petrus Silvius zählt im Jahre 1626 die Klöster in den Ordensprovinzen alle auf.
In Italien waren es 16 Klöster mit 13 Exposituren.
In Frankreich mit Flandern bestanden 14 Häuser, wovon Grevenbroich in der Grafschaft Jülich die wichtigste Stelle einnahm.
In Deutschland gab es folgende Klöster:
1. in der Stadt Freiburg (cella Mariae) Marienzelle, gegründet 1262.
2. in St.Wilhelm bei Oberried (corona Mariae) Marienkrone gegründet 1266.
3. Oberhalb Hagenau im Elsaß (porta Mariae) Marienpforte. Mutterkloster zu St.Wilhelm.
4. Mariental bei Hagenau, vallis Mariae, gegründet 1245
5. Marienbronn (fons Mariae) in der Stadt Hagenau, gegründet 1311.
6. in Mengen, Württemberg (porta Mariae), gegründet 1282.
7. Sion bei Klingnau (Schweiz).
8. in Mainz (porta Mariae).
9. in Grafenthal, Lothringen.
10. in Worms im Judenviertel.
11. in Prinzental bei Bacharach a. Rh.
12. in Spira in Hessen.
13. in Limburg, genannt Mariental, das einzige Frauenkloster.
14. in Schöntal bei Regensburg.
15. in Myhlenbach (Mühlbach bei Eppingen).
16. in Metenborne.
Dann war in der Stadt Straßburg ein Wilhelmitenkloster bis zum Jahre 1533. Prior Dittmar trat zum Protestantismus über; darauf verließen die Mönche das Kloster. Der letzte Abt Joh. Rixinger blieb der Ordensregel getreu bis zu seinem Tode 1543. Im Jahre 1544 wurde das protestantische Seminar in St.Wilhelm eingeweiht.

Die größere Anzahl der Wilhelmiten-Klöster gingen teils zurzeit der Reformation, teils im 30jährigen Kriege unter. So verschwanden alle Klöster am Oberrhein bis aus 3, nämlich Oberried, Sion und Mengen.

Bei einem im Jahre 1630 zu Freiburg abgehaltenen Kapitel der drei genannten Klöster erscheint als Leiter der Provinzial von Frankreich und Belgien, Johannes Gilteavus.

Mit Vorliebe tragen fast alle Wilhelmiten-Klöster den Namen Mariae - ein Zeichen der großen Marienverehrung sowohl des hl. Ordensstifters als auch aller Ordensmitglieder. Der Segen konnte nicht ausbleiben. Einen genauen Einblick in die Ordenstätigkeit und das Ordensleben wird die eingehende Schilderung unserer beiden Wilhelmitenklöster in St.Wilhelm und zu Freiburg geben.


IV. Die Wilhelmiten im Walde.
1266—1507.

Johann von Urberg, aus einer reich begüterten Familie im Breisgau stammend, zog im Jahre 1266 mit Conrad Sturn, dem Bruder Burkhard von Geroldstal und Andern, deren Namen uns nicht überliefert sind, aus dem Mutterkloster in Freiburg nach dem St.Wilhelmstale, um die erste Niederlassung wieder zu übernehmen. Die mutigen Mönche hatten Anfangs mit der größten Not zu kämpfen. Wir begreifen, daß sie von ihren Brüdern in der Stadt ihren Anteil am Klostervermögen verlangten. Die Bitte um Geld, Kleider, Bücher, um einen Kelch und einige Stücke Vieh war sehr bescheiden. Die Freiburger Mönche litten aber selbst bittere Not und wollten diesem Verlangen nicht entsprechen. Da legte im Jahre 1270 der Visitator des Ordens, Pater Egidius, Prior zu Grafenthal in Lothringen, in gütlichem Vergleiche den Streit bei, indem er entschied. Die Freiburger geben den Mönchen im Wald zwei Mark Silber, dazu einen Kelch, einen Tisch und einige Leinwandstücke.

Ferner haben die Brüder im Walde das Recht, so oft sie aus irgend welchen Gründen nach Freiburg kommen, bei den Brüdern in der Stadt Einkehr zu halten, wo sie dann unentgeltliche Pflege finden sollen ebenso die Dienerschaft, die mit Familie zur Stadt kommt. Im Jahre 1273 beklagen sich aber die Wilhelmiten in der Stadt beim Nachfolger des P. Egidius, bei Simon Eig, daß die Brüder aus dem Wald die Gastfreundschaft zu viel in Anspruch nehmen. Hierauf lautete der Entscheid des Visitators: die Brüder im Walde haben die Berechtigung, jede Woche zwei Mal je einen Tag und eine Nacht Kost und Wohnung im Freiburger Kloster zu beanspruchen. Wenn ein Knecht mit Familie kommt, so ist er ehrenvoll aufzunehmen und zu beköstigen.

Diese Not wurde aber bald gemildert, da im Jahre 1271 der Bruder des Johann von Urberg, P. Volkard, dem Orden beitrat und die Mutter dieser beiden Brüder im Jahre 1281 dem Kloster einen Hof und Gut in Thiengen schenkte. Auch die Herren von Munzingen, von Falkenstein und vor allem das einflußreiche Geschlecht der Schnewelin von Freiburg griffen ihnen unter die Arme. Ritter Heinrich von Munzingen besaß in Oberried einige Güter, welche er gegen den Klosterhof in Thiengen vertauschte. Die Güter des Ritters waren viel mehr wert, als der Hof in Thiengen. Darum zahlten die Brüder noch 35 Mark reines Silber auf. Sturn, der erste Chronist, schreibt: Dieser Heinrich sei der Sohn jenes Ludwig von Muntzingen gewesen, der für die Wilhelmiten die erste Stiftung machte. Als Zeugen des Tausches waren beigezogen: Hugo von Muntzingen, Johannes, der Sohn Heinrichs, und Johannes, der Bruder Heinrichs, Hugo von Krotzingen, Johannes von Morser, Rudolf Rintköff,  Conrad Kotz. Später, im Jahre 1306, schenkte Johann von Muntzingen, ein Sohn des Ritters Hugo, den Brüdern einen Weinberg bei Freiburg.

Die reichsten Schenkungen kamen aber von den Rittern Konrad und Johann Schnewelin.
 
Unter den ältesten Freiburger Geschlechtern ist das der Schnewlin das ausgebreitetste, reichste und langlebigste. Sie stammen aus dem Kaufmannsstande, aus den Kaufleuten, die im Jahre 1120 Konrad von Zähringen in seiner neugegründeten Stadt Freiburg unter besonderen Begünstigungen ansiedeln: Sie gelangten rasch zu Reichtum und gesellten sich durch Erwerbung der Ritterwürde zum landsäßigen Adel.

Zum erstenmale traten sie auf mit Konrad Schnewlin der 1220 bereits Schultheiß von Freiburg ist. Von nun an wächst das Geschlecht der Schnewlin in den Urkunden fast ins Ungemessene. Sie nannten sich nicht nur nach verschiedenen Besitzungen (Snewelin im Hof, Wisneck, zum Weiler, Bollschweil, Landeck, zum Weiher, Weißweil, Kranznau, zur Tanne, Forchheim, Merdingen, Grüninger), sondern auch - mit weiteren Beinamen: Küneg (König), Kotz, Büfel und Bernlap. Wir fanden in unsern Urkunden (Kopialb. S. 49) einen Johannes Snewli von Blumenberg, einen Heinrich in dem Hofe (S.10), Johannes von Kürnegge, Snewli Bernlappe, Snewli von Wißneck, Heinrich Snewli der Küneg (König). Erst in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts sind die Snewelin mit Franz Xaver Schnewlin Freiherrn von und zu Bollschweil aus der Linie der Bernlap ausgestorben.

Wir mußten diese Darlegungen vorausschicken, weil von den Schnewlin nicht blos bei Käufen und Schenkungen an die Wilhelmitem sondern auch noch nachher bei Erwähnung der "wilden Schneeburg", die Rede sein wird.

Im Jahre 1289 schenkten die Brüder Konrad und Johann Schnewelin dem Kloster den Platz "Rütti", auch "Reuthe" genannt, ohne jeden Vorbehalt und ohne jedes Entgelt, einzig aus Liebe zu Gott. Dieser Flecken Rütti ist das heutige Hofsgrund. Schon vor dem Jahre 1289 wohnten dort Bauersleute zerstreut, die mit vielem Schweiß und durch Verbrennen von Gebüsch den Boden fruchtbar machten. Dieses Reuteland war den Bauern von Oberried und im Verlinsbach gegen Entrichtung eines jährlichen Zinses zum Erbgut verliehen worden. Darum konnte die Uebergabe desselben an das Kloster nicht ohne deren Einwilligung geschehen. Die Urkunde über diese Schenkung gehört zu den ältesten in deutscher Sprache und ist darum sehr bemerkenswert. In derselben heißt es wörtlich:
"Die selbe Rüti vahet an der grosen Flueh zende der brüedere matten, unde gat uff von dem wasser, daz da heisset Brugga, unz an den wald, und für sich abe unz in den Grund".
Geben zu Friburg, da man zalte von Gottes geburte 1280 und niun Jahre in den Pfingsten; da ze Oberriet geding waz in dem Dorfe."

Zeugen der Schenkung waren: Johannes der Schmidt, Berthold der Wagener, der alte Berthold, seine Frau, Steiner der alte, der alte Majer von Oberriet. Damals zählte das Dorf Oberried 22 Lehensgüter, später 24.

Nachdem das Kloster Eigentümer der Rütte, d. i. Hofsgrund, geworden war, baute es daselbst einen besonderen Hof in der Tiefe des Tales, am Haselbach. Da man solche Taltiefen gewohnlich Grund zu nennen pflegte, so mag auf diese Weise der Name Hofsgrund entstanden sein. Außer diesem Maierhof im Grunde gab es noch den Haldenhof, auch Dießelmuthof genannt, weil er am Bergwerk Dießelmut lag. Erst im Jahre 1607 erstand eine Wirtschaft im Hofe. Denn bei der Erneuerung des Dingrodels im Jahre 1607 wurde bestimmt (wörtlich.): Es soll ein offener Wirt im Hofsgrund sein und einem Jeglichen daselbst Fleisch, Käse, Wein und Brod für sein Geld verabreichen. Wollte derselbe sich weigern, so mag der Gast sein Geld auf das Faß legen und selber nehmen, so viel es beträgt."
 
"Die edlen Brüder, Johannes Schnewelin, Schultheiß zu Freiburg und Johannes sein jüngster Bruder, besaßen in Kappel, Winzenbach, Richenbach, Littenweiler, Oberried, Verlinsbach, Wünswendi, Geroldsthal, Guzenbach und Berlachen Felder Grundstücke, Zins, Wälder, Wiesen, Waiden und Leibeigene. Der Schwiegersohn des Johannes Schnewelin, Ritter Konrad Kollmann, verkaufte im Jahre 1212 das Recht des Wiederkaufes dieser Güter an die Wilhelmiten zugleich mit seinen Rechten über den Wald "Erlibach". Es heißt Kopialb. S. 86 wörtlich:
"Und was ich rechtes hatte an dem Walde holzes und bodenmeß, der da lit ob des Klosters obrun matten, den man sprichet den Erlibach, den die Geburen von Verlinsbach minem Schweher (Schwager) Johannes Schnewlin selig gaben."

Diesen Wald, Erlibach (unter dem Feldberg gelegen) hatten also zuerst die Bauern von Verlinsbach besessen und dann an Johann Schnewlin verkauft. Im Jahre 1653 verkaufte dann Johann Jacob Mayer, Administrator des Klosters, den Wald in Erlibach wieder an 13 Bauern von Oberried um einen Ehrschatz von 170 Gulden und unter der weitern Bedingung, daß dieser Wald dreiteilig und ehrschätzig sei, so oft einer von den 13 Bauern stirbt. Der Ehrschatz soll in diesem Falle drei Batzen sein. Ferner hat das Kloster das Recht zu jagen, für sich für immer Holz zu hauen, die Waid für den Maier von St.Wilhelm zu gebrauchen. Da die Bauern später den Wald verwüsteten und ausrotteten, so klagte Prior Häfelin 1675 bei der österreichischen Regierung und wollte die Giltigkeit dieses Kaufes bestreiten, weil der Administrator ohne Zustimmung des Konvents den Wald verkauft habe. Das Gericht hatte aber gegen das Kloster entschieden und der Erlenbacher Wald ist heute noch im Besitze der 13 Bauern, und der Besitzer vom hinteren Maierhof in St.Wilhelm hat heute noch das Waidrecht.

Um das Jahr 1327 verkaufte der Sohn des Schultheißen Schnewlin von Freiburg, der auch Johannes heißt, alle Güter und Rechte zu Verlinsbach, Oberried und Geroldstal den Wilhelmiten um 70 Mark Silber. Auch die Güter der Schnewlin in Kappel gelangten in die Hände der Wilhelmiten.

In den Kaufbriefen von 1311, 1317 und 1327 heißt es aber immer:
"Die Familie Schnewlin behält sich nichts vor, als die Burg, der man spricht die wilde Snewesburg, und die hölzer und die matten, die zu derselben burg usbenempt sind."
 
Im Kaufbriefe von 1311 wird die Burg ausdrücklich die "nüwe" und "wilde" Snevsburg - die neue und wilde Schneeburg - genannt. Daraus ist zu schließen, daß die Schneeburg bei Ebringen am Schönberg, welche zum Unterschied die milde genannt wird, die ältere Burg der Schnewelin ist. Die Ansicht, daß eine dieser Burgen die Stammburg der Schnewelin war, ist nach meiner Ansicht unhaltbar. In keinem Falle war es die wilde Schneeburg. Unterhalb der Gefällmatte finden sich noch die geringen, nur aus Mauerbrocken und Steingeröll, untermischt mit Mörtelstücken bestehenden, doch unverkennbare Reste der. "wilden Srhneeburg", welche der Wegelagerer Ritter Kollmann, ein Schwager der Schnewelins besaß. Nach heftigem Kampfe wurde dieselbe am 29. September 1314 von der Freiburger Bürgerschaft unter Führung ihres Grafen Konrad erobert, ausgebrannt und dem Erdboden gleich gemacht. In Oberried geht heute noch die Sage, daß eine Magd die Verräterin gespielt habe, indem sie den Freiburgern mit einem weißen Tuche winkte, als die Burgherren mittags zu Tische saßen. Die Freiburger hätten dann dieselben plötzlich überfallen und alle erschlagen. Diese Raubritter seien auch die Bedränger der Wilhelmiten gewesen, welch letztere immer auf Umwegen nach der Stadt reiten und gehen mußten. Daher trage heute noch jener Weg den Namen "Pfaffenweg".

Bis zur Aufhebung des Klosters war die wilde Schneeburg im Besitze der Stadt Freiburg, welche in den Jahren 1561 und 1607 die Grenzen derselben neu aufsteinte. Heute sieht man noch die Grenzsteine mit dem Freiburger Wappen.

Im 19.Jahrhundert besaß die Familie Riesterer den "vorderen Schneeberg", welche denselben an Herrn Weiß von Freiburg verkauften. Derselbe erbaute ein neues Landhaus, legte neue Wege an und genoß hier die Sommerfrische. Nach dessen Tod 1903 kaufte das Großh. Domänenarear das ganze Anwesen von den Erben.

Auch die Ritter von Falkenstein zeigten sich gegen die Wilhelmiten großherzig. Schon im Jahre 1299 schenkte Jakob von Falkenstein 2 Anteile an dem Zehnten, welche die Familie von dem Dinghof mit 8 Lebensgütern zu beziehen hatte, mit der Bedingung, daß das Kloster jährlich ein Malter Hafer an die Falkensteinischen in Kirchzarten abgebe. Walther von Falkenstein verkaufte im Jahre 1802 dem Kloster im Wald einen Hof zu Buochen (Buchheim), den man nennt den Frohnhof. Ein Georg von Falkenstein und Elbrecht von Falkenstein machten Schenkungen in Geld und einer Wiese, genannt die "Bimolde", gelegen am Bruggabach.
 
Auch von anderer Seite kamen noch viele Zuwendungen. Zwei Brüder in Herdern schenken zwei Häuser mit einem Garten, des Ritters Gutmann Witwe Katharina ein reiches Anwesen in Opfingen.

Im 14. und 15. Jahrhundert erwarb das Kloster noch andere Güter in Opfingen, Schlatt, Krotzingen und Eschbach.
 
Da Heinrich von Bärenlap Prior und Jost von Falkenstein Oekonom des Klosters war, kauften sie im Jahre 1405 eine Mühle in Bötzingen am Kaiserstuhl vom Edelknecht Paul Morser. Diese Bötzinger Mühle wurde im Jahre 1425 an Konrad Seger als erbliches Lehen übergeben.

In dieser Weise hatte das Wilhelmitenkloster im Walde im Laufe von 200 Jahren in verschiedenen Gegenden sich Besitz erworben und hatte schon vor dem Jahre 1300 in Oberried, Kappel und Hofsgrund eine abgerundete Herrschaft. Darum mußten auch die Rechte und Pflichten des Gotteshauses zu Oberried St.Wilhelms Brüder, da unsere Frau Maria gnädig ist" (wie es in den alten Urkunden heißt) und ebenso die Rechte und Pflichten der Untertanen festgelegt werden. Dieses geschah in einem sogenannten Dingrodel oder Weistum vom Jahre 1296, besiegelt vorn Abte von St.Märgen, von Prior Johann von Urberg, Albrecht von Falkenstein und Johannes Schnewelin.

Der Oberrieder Dingrodel von welchem eine Abschrift im Freiburger Stadtarchiv liegt, ist einer der ältesten. Jakob Grimm hat viele solcher Urkunden von der Schweiz und ganz Deutschland im Drucke erscheinen lassen. Z. B. von Günterstal 1344, Rechte des Gotteshauses Günterstal zu Neuhäusern; von Kirchzarten 1395 (Herrschaft Wißneck); von Zarten 1397 (Gotteshaus St.Märgen); von St.Peter 1453-1484; von Wyler, d. i. Littenweiler. Für Kappel enthält das Kopialbuch S. 202 die Rechte in 51 Paragraphen, aufgestellt im Jahre 1484.

Der Dingrodel für Oberried vom Jahre 1296, erneuert 1395 und später ergänzt im Jahre 1504 und 1510, enthält folgende Hauptbestimmungen, welche die Lehensleute und Lehensgüter, wie deren Abgaben, die Vogtsteuer und Frohndienste, den Dinghof und den Grundherrn betreffen:
1. Aller Grundbesitz zu Oberried an Feld und Wald ist ein unteilbares Eigentum des Gotteshauses daselbst, und alle von den verliehenen Gütern fallende Zinsen, Ehrschätze und Fastnachthühner gehören demselben allein zu.
2. Dieser Grund und Boden darf an keine Leibeigene sondern nur an freie Leut verliehen werden, welche beim Empfange ihrer Lehen dem Gotteshause als dem Herrn und Vogte von Oberried zu huldigen haben und zu schwören, den beiderseitigen Rechten getreulich nachzuleben.
3. Die Oberrieder Lehensleute gehören sämtlich in den Dinghof zu Witolfsbach (Wittelsbach); sie haben niemandem als dem Gotteshaus zu fronen, und zu ihrem besseren Gedeihen ist ihnen die Vogtsteuer für die Ablösungssumme von 100 Pfd. Pfennigen völlig erlassen worden.
4. Jeder Lehensmann soll sein Lehengut "mit Feuer und Rauch" besehen d. h. haushäblich darauf wohnen. Läßt er dasselbe nach geschehener Mahnung 14 Tage lang unbesetzt, so fällt es wieder an das Gotteshaus zurück.
5. Die Lehenszinse müssen auf S. Remigitag (1. Oktober) entrichtet werden. Welcher Lehenmann seinen Zins versitzt, der hat es mit drei Schillingen zu büßen, und versitzt er ihn zum dritten Male, so ist das Lehengut dem Gotteshause ebenfalls heimfällig geworden.
6. Kein Lehenmann darf sein Lehengut versetzen ohne Wissen und Willen des Gotteshauses; will aber einer das seinige verkaufen, so hat er dasselbe zunächst einem gotteshäuslichen Genossen, und will es kein solcher, dem Gotteshause anzubieten und erst, wenn auch dieses auf den Ankauf verzichtet, mag er es einem Dritten überlassen.

Wie wir sehen, befand sich also das dem Wilhelmitenkloster im Walde von den Stiftern vermachte Widemgut im Lehnbesitze freier Bauern, wie solche in Zartener Tale damals häufig vorkamen, während im benachbarten Höllen-und Ibentale lauter leibeigenes Volk saß. Diese Freileute entrichteten daher von den ihnen verliehenen Erbgütern keinen Leib-, sondern nur den Güterfall, und kein Leib-, sondern nur das Rauchhuhn als Anerkennung, daß Haus und Hof das Eigentum des Gotteshauses sei.

Zu den Lehensgütern, welche zu Witolfsbach gehörten, zählten damals auch der Haldenhof am Dießelmut und der Maierhof im Grunde. Die Lehenzinse wurden meistens durch Abgabe von Erzeugnissen der Landwirtschaft, durch Naturalien, entrichtet.

So oft ein Lehensherr das Gut durch Erbschaft oder Kauf übernahm, zahlte er an das Kloster eine kleine Abgabe, Ehrschatz genannt; Kauf- oder Erbakzis ist heute seine ähnliche Steuer. Die drückendste Abgabe im Mittelalter war der sog. Dritteil, d. h. so oft ein Sterbfall vorkam, fiel von dem Lehensgut der dritte Teil des Gutswerts an den Lehensherrn. Das war eine Art Erbschaftssteuer für Kinder und Ehegatten, die man bei uns wieder einführen wollte, die bis jetzt aber abgelehnt wurde. Die Oberrieder Wilhelmiten waren im Einzug dieser Steuer sehr nachsichtig, wie wir später hören werden. Das Sprichwort, "daß unter dem Krummstabe gut zu weiden sei", bewährte sich auch hier.

Die Prioren gewährten der Gemeinde Oberried von Anfang an viele Vergünstigungen. Schon der erste, Johannes von Urberg, gab im Jahre 1293 derselben auf 26 Jahre das Recht, auf einem genau bezeichneten Grundstücke zu bolzen, um 100 Pfund Pfennige, welche innerhalb 2 Jahren zu zahlen waren. Die heute am Genossenschaftswald Oberried Berechtigten haben ihr erstes Recht hiermit vom Kloster erhalten.

Die betreffenden Bürger, welche auf diesem Grundstück die gleichen Holzrechte wie das Kloster haben sollten, ohne jedoch daselbst die Herden weiden, säen oder andere Früchte ziehen zu dürfen. hießen:
Petrus von Giernest (Geiersnest), Heinrich genannt Diedemut, Kuno genannt Eron Heilwige, Wernher gen. nogger, Konrad gen. fideler, B. genannt Kötsch, Petrus der Sohn Heinrichs gen. reasser, Konrad von Wildenowe, Konrad gen. lindower, Berthold gen. Wagener, Johann genannt: Wagener, Johann Meier, Berthold Meier, Eberlin und Berthold gen. Wölfeli gen. Jocke. - Unter den Zeugen, welche diesen Kauf Unterzeichneten, findet sich auch Eberhard, plebanus d.h. Leutpriester von Kirchzarten.

So blühte und wuchs das Kloster in Eintracht mit der Gemeinde, geschützt von der kräftigen Hand der Schirmvögte, der Schnewelin in Freiburg bis 1507, in welchem Jahre das Kloster in St.Wilhelm mit jenem in Freiburg wieder verbunden und die Stadt Freiburg (im Jahre 1368 von Oesterreich gekauft), die Schirmvogtei übernahm.

Pater Stanislaus Mülberg v. St.Blasien hat im Jahre 1725 ein Verzeichnis der Prioren aufgestellt, welches aber unvollständig ist. Ich habe es so viel als möglich ergänzt.

Die Prioren der Oberrieder Wilhelmiten im Walde von 1265 bis 1507 sind folgende:
1. Johannes von Urberg von 1265 - 1305.
2. Voliardus von 1305 - 1308.
3. Johannes von 1308 - 1328·
4. Rudolfus von 1328 - 1352.
5. Nicolaus Kotz, ein Edler, von 1352 - 1380.
6. Heinrich Bernlapp, Edler, von 1380 - 1385.
7. Johannes Dinckler von 1385 - 1395.
8. Heinrich von Klingnau von 1395 - 1420.
9. Nicolaus Löw v. Hagnau von 1420 - 1429.
10. Caspar Hütter von 1429 - 1433.
11. Bartholomaeus Tierle von 1433 - 1454.
12. Symon von 1454 - 1498.
Die Stelle eines Priors von 1498 - 1507 scheint nicht mehr besetzt worden zu sein. Der erste Prior, Johannes von Urberg, hatte 40 Jahre lang das Kloster klug geleitet und starb im Jahre 1306, "voll an Tugenden und Verdiensten", wie der Chronist schreibt. Ihm folgte sein Bruder Volkard, der ganz "in seine Fußstapfen trat, so daß man nicht mit Unrecht diese beiden Brüder, die Wiederhersteller des Klosters nennen kann.

Jedoch haben das Kloster auch manche Schicksalsschläge in der Zeit von 1308 - 1507 getroffen. Der Chronist hat alle sorgfältig verzeichnet Wir lesen da von vielen Heimsuchungen durch Mißjahre, Krankheiten, Brandfällen ec. So schreibt er z.B.:
Im Jahre 1338 lagerte sich eine ungeheuere Heuschreckenmenge über die Erde. Mit unglaublicher Gefrässigkeit weideten die Heuschrecken die Felder ab, das Elend war groß. Von Gräsern und Früchten war keine Spur mehr zu finden. Die Leute beteten um Abhilfe, machten Wallfahrten und legten sich Bußwerke auf. Da kam Hilfe von zwei Seiten: Große Scharen von Raben, Störche und andere Vögel fraßen die Heuschrecken auf; den Rest aber vernichtete ein gewaltiger Schneefall zu ungewöhnlicher Zeit, nämlich am 19. Oktober. Das Jahr 1343 erzählt von großen Ueberschwemmungen in ganz Deutschland. Der Rhein zerstört bei Konstanz die "Fischbrugg"; die Dreisam reißt in Freiburg die Brücke weg, setzt die Stadtmauern unter Wasser und schwemmt die Reben in der Ebene fort. Ueberall herrschte großer Jammer. Bald folgte Teuerung und Hungersnot in ganz Deutschland. Auch das Jahr 1345 war von einer großen Hungersnot heimgesucht. "So groß war die Eßgier der leeren Magen, daß das Volk Baumrinde mit Gras und Wurzeln vermischte und zu Brod buck". Die zahllosen Menschen, die vor Hunger starben, lagen haufenweise auf der Straße. Zu alledem kam nun im Jahre 1348 eine seit Christi Geburt noch nie so fürchterlich aufgetretene Pest. So scharf war der Giftstoff derselben, daß der Atem eines von weitem herkommenden Pestkranken zur Ansteckung genügte. Die Chronisten berichten, sie sei im Tartarenlande (heute in China und Indien) entstanden. Die Annalen aller Chronisten von Europa sind angefüllt mit Schilderungen der gräßlichen Seuche. Man schob die Schuld an diesem grauenvollen Zustand auf die Juden; sie wären Ursache an dem Ausbruche der Pest, weil sie die Quellen und Brunnen vergiftet hätten. Im Jahre 1349 bricht infolgedessen eine heftige Judenverfolgung aus, doch werden Frauen, Kinder und Greise der Juden geschont; auch die sich zur Taufe Bekehrenden bleiben am Leben. Längere Zeit ist hierauf Ruhe in dieser Hinsicht, bis im Jahre 1401 wiederum eine pestartige ansteckende Krankheit ausbrach, deren Wesen den Aerzten unbekannt war. Doch als die Juden aufs neue verdächtigt wurden und an vielen Orten zahlreiche Morde vorkamen, nahmen die Einsichtigen, besonders die Aerzte, die Juden in Schutz.(Unter dem Jahre 1407 schreibt P. Eggs: Eine noch nie dagewesene Seuche bricht aus, nämlich in der Nase entstand ein Nießen, mit solcher Heftigkeit, daß sehr viele daran erstickten. Seit dieser Zeit kam die Sitte auf, zu den Nießenden "Gesundheit" zu sagen.) Nun aber folgen ruhigere Jahre, noch einmal im Jahre 1421 verzeichnet unser Gewährsmann eine große Ueberschwemmung im Rheintal; die ungeheuer angeschwollenen Schwarzwaldflüsse stürzten mit großen Wassermassen zu Tal. Die Breisacher Brücke wurde weggerissen; auch im Jahre 1430 erfroren durch einen heftigen Reif die Saaten, Blumen und Reben im Breisgau, Elsaß und in der Schweiz, was eine grosse Teuerung zur Folge hatte. Um so segensvoller waren die meisten Jahre im Jahrzehnt vorher, 1420 - 1430. Das Jahr 1420 war ein ungemein fruchtbares Jahr; Wein und Getreide gab es im Ueberflusse. Die Fässer konnten die Weine nicht mehr fassen. Schon um Bartholomäus gab es reife Trauben. 80 Maß des besten Weines kosteten 4 Batzen. Auch das Jahr 1422 war ein fruchtbares Jahr, besonders aber das Jahr 1431, von dem unser Chronist der leider seine interessanten Darstellungen mit dem Jahre 1435 schließt, sagt, daß selbst den Armen Wein verabreicht wurde, ja daß man Wein sogar zum Mörtel verwandte.

Und unsere Brüder im Walde? Sie haben gewiß in ihrer rauhen Einöde die Naturereignisse jener Zeiten noch schärfer empfunden, sie haben sicher mitgelitten jene allgemeinen Leiden der Menschheit, sonst hätten sie dieselben nicht so sorgfältig niedergeschrieben; aber ihnen waren noch besondere Heimsuchungen vorbehalten.

Ein schwerer Schicksalsschlag ereilte das Kloster in den Jahren 1396, wo eine gewaltige Feuersbrunst das Kloster mit den andern Gebäulichkeiten in Asche legte. Kaum war es wieder aufgebaut, als im Jahre 1412 nach Weihnachten die Kirche vollständig niederbrannte die Glocken zusammenschmolzen, alles kirchliche und profane Hausgerät mitsamt den Büchern vernichtet wurde. Der Stall mit dem Vieh, die Scheune mit dem Getreide, alle Gebäude brannten bis auf den Grund nieder. Die Brüder sahen sich genötigt, an die Mildtätigkeit der Leute zu appellieren. Der Magistrat von Freiburg stellte deshalb den Brüdern ein Zeugnis aus über den entstandenen Schaden und forderte die öffentliche Barmherzigkeit zur Hilfe auf. Nicht zum mindesten infolge des tatkräftigen Eingreifens des österreichischen Herrscherhauses konnte auch bald wieder das Kloster aufgebaut werden.

Das Kloster hatte sich überhaupt des mächtigen Schutzes der Habsburger zu erfreuen, seitdem Oesterreich die Herrschaft über die Stadt Freiburg hatte. Albrecht, Erzherzog von Oesterreich, nahm 1457 den Prior im Walde unter die Reihe seiner Hofkapläne auf und gewährte dem Kloster und den Insassen seinen besonderen Schutz. Auch Kaiser Maximilian bestätigte am 27. April 1498 auf Wunsch des Priors Bartholomäus alle Privilegien dem "Kloster Mariä Cron", unter Strafe von 26 Mark lötigen Silbers. Auf Verletzung derselben war eine Strafe von 26 Mark lötigen Silbers gesetzt, wovon die Hälfte der kaiserlichen Kammer, die andere Hälfte dem Kloster zufiel.

Mit der Zeit, wohl durch den zweimaligen Brand des Klosters, litt das Kloster in wirtschaftlicher Hinsicht; andererseits zog gegen Ende des 15. Jahrhunderts ein laxer Geist in die Klostermauern. Zugleich waren die Mönche im Walde zu weit von der Hochschule in Freiburg weg, sodaß die wissenschaftliche Ausbildung der jungen Mitglieder Not litt. Die Aufsicht konnte in Freiburg besser gehandhabt werden. Anderseits mochte die Eifersucht eine Rolle zwischen den beiden Klöstern gespielt haben; das zu Ende des 13. Jahrhunderts geschlossene Friedens-Verhältnis mochte immerhin manche Reibereien nicht ausgeschlossen haben. Kurz, als im Jahre 1507 der Provinzial der " alemannischen Ordensprovinz", Pater Steinbacher, Prior in Straßburg, Generalkapitel hielt, brachte der Prior Nicolaus  Dächtlin von Freiburg alle diese Mißstände vor; den allmählichen Niedergang des Klosters, das laxe Leben, die mangelhafte wissenschaftliche Ausbildung der jungen Leute. Der Provinzial entschied nun: das Kloster Corona Mariä im Walde sei nur als eine Abzweigung von Freiburg gegründet worden; es habe mit Unrecht den Namen eines Priorates angenommen, den es in Zukunft nicht mehr beanspruchen dürfe.



Alle Güter seien dem Kloster zu Freiburg zu inkorporieren, jedoch sei im Walde durch einen vom Kloster zu Freiburg zu unterhaltenden Mönchen Gottesdienst zu halten. Dieser Entscheid wurde dem versammelten Konvent in Freiburg eröffnet. Gegenwärtig waren der P. Provinzial und der P. Prior, die Kapitularen P. Petrus Linkenmeyer, P. Theobald Pistorius, P. Gaspar Gugg, P. Engelhart Tächler, P. Valentin Külpy, P. Oswald Wüstly, welch letzterer zum Prokurator des Klosters ernannt wurde.

Sofort wurde ein Bruder beauftragt, nach Rom zu reisen, um die Bedingungen der Vereinigung beider Klöster bestätigen zu lassen. Durchs eine Bulle vom August 1507 bestätigte der Papst Julius II. die Vereinigung und bestimmte, daß in St.Wilhelm, damit das Kloster nicht leer stehe, einige der Freiburger Brüder blieben, um den Gottesdienst zu besorgen; doch ständen die Brüder beider Klöster unter dem Gehorsam des einen Priors zu Freiburg.

Im selben Jahre 1507, am Freitag nach dem Allerheiligenfeste, nahm das Kloster im Walde die Stadt Freiburg als Schirmvogt, unter Zustimmung des P. Provinzials, unter folgenden Bestimmungen:
1. Nicht der ganze Rat, sondern ein besonderer Verwalter der Kastenvogtei hört und urteilt über die Streitigkeiten, so von den armen Leuten zu Oberried im Walde oder Kappel bestehen möchten.
2. Der Verweser und ein Ratsfreund gehen jährlich mit der Fronleichnamsprozession; ist der Verweser durch Aemter zur Anteilnahme an der Prozession in der Stadt verpflichtet, so schickt er einen Vertreter.
3. Die Steuer, welche auf dem Haus der Wilhelmiten am Lehentor lag, fällt weg.
4. Wenn der Prior und Konvent in ihren "geschäfften und haendeln" eine Ratsbotschaft brauchen, soll sie ihnen werden.

Die Stadt resp. die Schirmvogtei versprach, das Kloster mit den Untertanen in ihren Besitzen, Rechten, Privilegien und Gewohnheiten zu schützen. Sollten sie jedoch versuchen, das Kloster zu hintergehen, zu bedrängen oder zu belasten, so sei es dem Kloster gestattet, einen andern Vogt zu wählen.
Abt Blasius IlI. von St.Blasien 1720 - 1727.
Doch nicht lange war dieser Schutz von Nöten. Bald traf das nunmehr so ziemlich, einsame St.Wilhelm neues Unglück. Im Jahre 1523 am fünften Tage nach Pfingsten früh um 3 bis 4 Uhr, als Ulrich Fürnwein Prior war, verbrannte die Scheune. 120 verschiedene Stück Vieh, darunter 20 Milchkühe, kamen im Feuer um, und hätte Gott nicht einen günstigen Wind gesandt, so wäre auch die Kirche ein Raub der Flammen geworden. Was aber jetzt die Feuersbrunst verschonte, fiel bald hernach im dreißigjährigen Krieg den Räuberbanden zum Opfer.


Abt Blasius IlI. von St.Blasien 1720 - 1727.


V. Die Wilhelmiten in der Stadt Freiburg.
1262—1507.


Als die Wilhelmiten im Jahre 1263 nach Freiburg zogen, stand die Stadt in der Blüte ihrer Entwicklung. Im Jahre 1100 war Freiburg noch ein Dorf. Der Zähringer Herzog Berthold III. gründete 1118 die Stadt. Mit dem Bau der Häuser begann man alsbald auch den Mittelbau des jetzigen Münsters; denn schon im Jahre 1147 predigte in demselben der hl. Bernhard. Im13. Jahrhundert förderten die tatkräftigen Grafen von Freiburg, welche die Herrschaft von 1220 - 1308 inne hatten (besonders Graf Konrad), die Errichtung des herrlichen Münsterturms, der 1280 vollendet wurde. Neben dem Münsterwerke kam es aber damals innerhalb und außerhalb der Stadtmauern zu noch anderen kirchlichen Bauten, da der religiöse Geist das gräfliche Haus und die gemeine Bürgerschaft so innig beseelte, daß sie in der Gründung und Förderung von Kirchen und Klöstern ein hohes Verdienst erblickten. Bis dahin kannte man in näherer und weiterer Entfernung nur die folgenden alten Benediktinerklöster:
Schuttern, St.Trudpert, Säckingen, gegründet schon im 7. Jahrhundert;
Reichenau, Ettenheimmünster, Gengenbach, gegründet im 8. Jahrhundert;
Rheinau (858), St.Blasien (947),
St.Peter (1077 - 1090), St.Georgen (1083) gegründet. Das Zisterzienserkloster Tennenbachs bestand seit 1160 und jenes von Günterstal seit 1221.
Um die Wende des 12. Jahrhunderts entstanden die neuen Orden der Dominikaner, Franziskaner und Johanniter.

Zuerst ließen sich die Johanniter im Jahre 1240 beim Zähringer Tore in der Stadt Freiburg nieder. Im selben Jahre berief man zu einer Niederlassung innerhalb der Ringmauer die Dominikaner, welche als Prediger und Seelsorger die päpstliche Bestätigung erhalten hatten. Sie erbauten sich in der nordwestlichen Ecke der Stadt ein schönes Gotteshaus, nach welchem das benachbarte Tor - Predigertor - genannt wurde. Das Predigerkloster spielte unter den Gotteshäusern zu Freiburg die bedeutendste Rolle. Der berühmte hl. Albertus Magnus soll auch eine Zeit lang in demselben gewohnt und als Lektor gewirkt haben.

Dann folgten 1242 die Franziskaner oder "Barfüßer" mit ihrem Gotteshaus im "Herzen der Stadt" (jetzt St.Martin). Später (1278) kamen die Augustinen, die Mönche der strengen Regelzucht und großer Gelehrsamkeit; sie ließen sich im obern Teile der Stadt, in der Nähe von Oberlindem an der Ringmauer gegen die Gerberau nieder (altes Stadttheater).

Auch zwei Frauenkloster bestanden schon zu dieser Zeit, nämlich St.Agnes (1264) und St.Klara (1272). Das Kloster der Karthäuser wurde erst später im Jahre 1346 von Ritter Schnewlin, Bürgermeister in Freiburg, gegründet. Vor diesen aber verlegten im Jahre 1262 die Wilhelmiten von Oberried ihr Kloster nach Freiburg, und zwar außerhalb der Ringmauer, in die sogen. Schneckenvorstadt, welche aus der Insel, der Gerberau und Fischerau bestand. Hier übten sie ihre Tätigkeit hauptsächlich durch Seelsorge, Beichthören und Predigen aus. Hier bauten sie, wohl in der Nähe des jetzigen St.Anna-Stifts, ihr Kloster und nannten es Cella Mariae - Marienzelle. Im Volke nannte man die Wilhelmiten die "Oberrieder". Stadt und Bevölkerung war "den Oberriedern" wohl gewogen. Denn die Klöster hatten zu jener Zeit soziale und volkswirtschaftliche Bedeutung. Durch das ehelose, gemeinsame Leben der Ordensleute wurde die Stadt vor Ueberbevölkerung und Massenarmut bewahrt, so daß das städtische Proletariat vermindert wurde. Abgesehen von dem geistigen und moralischen Einflusse, welchen die Klöster durch ihre Schulen ausübten, hatte die Stadt auch eine materielle Hilfe an denselben. Sie speisten die Armen und standen der Stadt öfters in bedrängten Zeiten mit ihrem Vermögen bei. Unter solchen Gesichtspunkten müssen wir das Klosterwesen im Mittelalter beurteilen.

So glänzend die Entwicklung der Stadt um die Mitte des 13. Jahrhunderts war, so traurig waren im Gegensatze die politischen Verhältnisse im Reiche.

Vom Jahre 1254 - 1273 war in Deutschland das Interregnum, die kaiserlose Zeit. Fürsten und Städte bekriegten einander in unaufhörlichen Fehden, und der niedere Adel ergab sich offenem Straßenraub. Die Raubritter bedrängten die Kaufleute, äscherten die Kloster und die Höfe des Landsmannes ein. Im Jahre 1273 wurde Rudolf von Habsburg, dessen Schwert gefürchtet war, zum Kaiser erwählt. Rudolf hat das zerfallene Reich neu befestigt, Ordnung und Frieden hergestellt und den deutschen Namen wieder zu Ehren gebracht. Unser Chronist schreibt deswegen zum Jahre 1273 voll Begeisterung: "Mit goldener Feder sollte dieses Jahr beschrieben werden, da es als Glücksjahr für Deutschland bezeichnet werden darf. Rudolf von Habsburg wurde zum König gewählt, ein Mann wunderbarer Frömmigkeit, Tapferkeit und Hochherzigkeit. Von ihm kann ich nicht schweigen, da kein Tropfen Blut in mir ist, der nicht durch Liebe und Ergebenheit zu unserem Fürsten aufs höchste belebt ist. Dann schildert er Rudolfs Frömmigkeit und tiefe Verehrung des allerheiligsten Altarsakraments.
In der Präpositur Klingnau hing ein altes Gemälde mit der Inschrift:
Anno 1263:
"Ein Priester trug ’s heilig Sakrament,
Graf Rudolf z´ Habsburg Gott erkennt,
steigt von seinem Pferd, setzt uff den Herrn,
Verehrt ihm das, thats Gott zur Ehrn.
Ihm wird wysgesagt uf neun Jahr,
wird römischer König. Das ist wahr".

In dieser Zeit legten die Wilhelmiten die Fundamente zu ihrem Hause, mit der einen Hand bauend, mit der andern Hand kämpfend.

Den Grundstock zum neuen Besitze legte die adelige Dame Adelheid von Attental, welche dem Kloster zwei Drittel ihres Besitzes an Grund und Boden schenkte, dazu zehn Pfund Pfennige zum Hausbau und jährlich 5 Schilling. Ihr Sohn Gerang trat dem Orden bei. Zum Danke stifteten die Brüder im Jahre 1283 für ihre Wohltäterin ein Anniversar.

Neben dem Hause entstand auch bald ein kleines Kirchlein mit Friedhof; denn schon im Jahre 1266 gewährte der Bischof von Basel auf Kirchweih 40 Tage Ablaß allen denen, welche das Gotteshaus besuchen. Die feierliche Chor- und Altarweihe wurde im Jahre 1288 von Weihbischof Johannes von Konstanz zur Ehre der Muttergottes, des hl. Benedikt und des hl. Wilhelm vorgenommen.

Obwohl nun, wie der erste Chronist Sturm erzählt, die Söhne besserer Bürger aus Freiburg dem Orden beitreten, so hatte das Kloster anfänglich doch unter Not und Armut zu leiden. Darum gab der Bischof von Basel die Erlaubnis, daß für 2 Jahre in der Diözese Basel Almosen von Haus zu Haus gesammelt werden durften. Auch blieben Schenkungen nicht aus.

Im Jahre 1294 schenkte Ruprecht von Rinkhöffe seine Güter in Heltersheim.

1311 schenkte Frau Lingin, eine Edle, ihre ganze Habe zu Freiburg: Rebberg, Feld, Obstgarten und Grundstücke, ebenso 1322 Johann Eberlin, der einen Bruder im Kloster hatte, zwei Rebberge in der Nähe der Stadt.

Andere Rebberge, Wiesen und Gärten, dazu ein Haus mit Garten, teils in Uffhausem teils in Wendlingen gelegen, erhielt das Kloster im Jahre 1325 von Nikolaus Steipf von Uffhausen.
 
Im Jahre 1352 schenkte Frau Demut von Falkenstein fünf Muth Weizen, welche der Ritterorden von ihrem Hof in Thermatingen jährlich zu liefern hatte.

Die gestifteten Anniversarien will ich nicht anführen. Für diese Stifter und Wohltäter des Klosters hat heute noch der Pfarrer von Oberried 23 hl. Messen, welche auf der Pfarrei ruhen, zu lesen! Mit der Zeit traten reichbegüterte Jünglinge in das Kloster der Wilhelmiten und darum konnten sie auch im Laufe der Zeiten verschiedene Güter käuflich erwerben.

Im Jahre 1294 kaufte der Konvent von einem Freiburger Bürger, Jakob Seiler, um 9 Mark Silber eine Matten zu den Hunen by Zarten".

Wenn wir den Kaufwert der Güter schätzen wollen, so müssen wir das Münzwesen der alten Zeit und des Mittelalters verstehen.

Adelheid von Attental schenkt 10 Pfund Pfennige und jährlich 5 Schilling.

Bei der erwähnten Wiese in Zarten war der Kaufpreis 9 Mark Silber.

Welchen Wert hatten diese Münzsorten? Seit den Zeiten des Kaisers Karls des Großen - also vom 8.Jahrhundert bis zum 13.Jahrhundert - war der Silberpfennig die Geldeinheit.
 
Es wurden nämlich aus dem Karolingischen Pfunde zu 367,2 Gramm im Ganzen 240 Stück Pfennige geprägt; der Pfennig von Silber hatte also ein Gewicht von 1,52 Gramm. Da unser jetziges Einmarkstück 5 Gramm Silber hat, so hatte ein alter Silberpfennig einen Wert von 30 - 33 Pfennig, also ein Pfund Pfennige d.i. 240 Stück Pfennige einen solchen von ungefähr 75 Mark.

Vom 13.Jahrhundert an führte man für das Geld das altgermanische Gewicht, die Mark, zu 233,8 Gramm ein und prägte daraus 240 Pfennige mit 1 Gr. Silber. Der Silberpfennig sank darum auf den Wert von 20 Pfennig.

Eine Mark Silber oder 240 mal 20 Pfennig hatten also einen Wert von 48 Mark nach heutigem Geld.

Jetzt verstehen wir, warum im Jahre 1262 von 10 Pfd. Pfennigen (gleich 750 M.) und 1294 von 9 Mark Silber (gleich 480 M.) die Rede ist; denn in dieser Zeit war der Uebergang zu einem anderen Münzsystem. Verfolgen wir nun die Käufe des Klosters weiter, so finden wir einen Kauf im Jahre 1303. Von einem Freiburger Bürger, Hesso von Bonndorf, erstehen die Brüder um 8 Mark Silber 2 Weinberge im Distrikt Wendlingen nebst einigen dazu gehörigen Grundstücken. Im Jahre 1310 kaufen sie von Albert Steinbrichel von Töttinkofen 8 Morgen Ackerfeld in Schlatt um 11 1/2 Mark Silber, und von dessen Bruder Burkhard 17 Morgen in Krozingen um 24 Mark Silber.

Unter Prior Peter von Husen kauft im Jahre 1319 das Kloster vom Freiburger Bürger Heinrich Bezinger den jährlichen Zins von 5 Muth Weizen aus Gütern in Uffhausen um 6 1/2 Mark Silber. Vom hl. Geist-Spital ersteht das Kloster im Jahre 1324 den jährlichen Zins von 8 Scheffel Weizen und 14 Scheffel Hafer von Gütern, welche in Munzingen und Hausen liegen. Schon im Jahre 1320 hatte Berthold von Whyler, Freiburger Bürger, dem Kloster andere Güter in Krozingen verkauft. Ebenso verkaufte Reinhard von Biengen dem Kloster seine Güter daselbst. In Kirchzarten und Eschbach wird das Kloster in den Jahren 1343, 44, und 45 ansässig. Von Johann Linsenacker, einem Edlen, erwirbt das Kloster dessen Güter in Eschbach um 29 Mark Silber; von Wernher von Eschbach 2 Jauchert Ackerland um den Preis einer jährlichen Abgabe von 4 Muth Getreide. Margaretha von Kirchzarten verkauft dem Prior Nikolaus von Mengen verschiedene Güter in Freiburg und Kirchzarten. Von Ritter Johann Kufe von Weisweil kauft es im Jahre 1350 dessen sämtliche Güter in Schlatt um 72 Mark Silber.

Die käuflichen Erwerbungen in Kappel haben wir schon früher angeführt.

(Interessant für die heutigen Leser ist die Entdeckung warmer Quellen auf den Klostergütern in Kappel 1466). Doch beanspruchte der Ritter Thomas von Bollschweil dieselben; er appellierte an das Gericht in Rothweil, indem er behauptete, die Quellen seien in seinem Walde gelegen. Doch wurde ihm gerichtlich  nachgewiesen, daß dieselbe auf dem Eigentum des Klosters der "Oberrieder" liegen und somit keinen Anspruch haben kann. So entstand das Kybbad in Kappel.

Mit den Nachbarn in Littenweiler gab es manchen Streit. So hatte im Jahre 1472 der Prior Jakob Bosse in den Felsen am Stein ein Kreuz errichten lassen. Johannes von Roth, damals Herr von Littenweiler, wollte dieses nicht dulden, da er behauptete, das Kreuz stehe auf seinem Grund und Boden im Banne Littenweiler. Der Prior erklärte, daß nach dem Rodel das Kreuz aus dem Territorium des Klosters von Kappel stehe. Das Gericht entschied zugunsten des Priors.
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Im Jahre 1504 mußte des Prior Klage führen, dass die Littenweiler ihr Vieh auf die Weide trieben, welche dem Kloster gehörte. Das Urteil sprach den Littenweilern jedes Recht ab.

(Den hintern Wald oder Strittwald in Kappel haben die Wilhelmiten nie besessen. Im Jahre 1303 verkauften die Gebrüder Schnewlin denselben an das Kloster in Günterstal um 40 Mark Silber. Im Jahre 1552 kaufte dann die Gemeinde Kappel von demselben den Wald um 430 fl., das Kloster behielt sich aber das Rückkaufsrecht auf 50 Jahre vor. Da später das Kloster diesen Wald wieder kaufen wollte, erging 1738 von der vorderösterreichischen Regierung das Urteil, daß die Sache verjährt sei und die Gemeinde im Besitze verbleibe.)

Durch den Gütererwerb vom Jahre 1300 - 1500 waren die "Oberrieder" zu ansehnlichem Vermögen gelangt, sonst hätte das Kloster dem badischen Markgraf Christoph I. im Jahre 1479 nicht 700 fl. gegen ein Unterpfand des Dorfes Uhringen leihen können. (Dieser Markgraf brauchte damals viel Geld, da er seinem Bruder ein Jahreseinkommen von 1000 fl. bezahlen mußte, nachdem dieser auf alle seine Besitzungen verzichtet hatte. Auch kaufte Christoph I. (1453 - 1527) den halben Teil von Lahr und Mahlberg um 44 000 fl. und erwarb die oberen badischen Lande (Hocherg-Rötteln) von Philipp von Hochberg-Sausenberg.

Auch das anfänglich kleine Kirchlein konnten sie erweitern und ausschmücken; denn zu dem Hauptaltar (Muttergottesaltare) kam im Jahre 1481 ein Kreuzaltar, und ein Altar zu Ehren den hl. Wilhelm, sowie noch ein  Altar in der Sakristei. Von dem Kreuzaltar und der schon im Jahre 1481 bestehenden Kreuzbruderschaft wird später in der Abhandlung über die Geschichte des Wallfahrtskreuzes in Oberried die Rede sein.

Alle diese Güter und Besitzungen, welche die Wilhelmiten durch die Freigebigkeit der Fürsten, durch Schenkung er Gläubigen oder auf sonstige rechtsmäßige Weise erhielten, wurden ihm durch eine Bulle des Papstes Innocenz IV. geschützt. Es heißt darin: "Die Oertlichkeiten, in welchen ihre Häuser gelegen sind, mit den Kirchen, Zehnten, Gärten, Weinbergen, Wiesen, Landgütern, Waldungen, Waiden und Nutznießungen im Gebirg und in der Ebene, Bäche und Mühlen, Wege und Pfade und allen sonstigen Freiheiten und Rechten, solle ihnen fest verbleiben. Zehntgüter und andere Besitzungen die zur Gerechtsame ihrer Kirchen gehören dürfen sie, sofern dieselben von Laien unrechtweiser behalten werden, zurücknehmen, aus deren Hände befreien und der Kirche, zu welcher sie gehören, wieder übergeben. Innerhalb der Klausur darf niemand einen Raub ausführen, kein Feuer anlegen, Gewalt brauchen oder Jemand töten. Sollte Jemand diese Bestimmungen verletzen, so soll er, wenn er nach dreimaliger Mahnung nicht genügende Sühne geleistet, vom Empfange des allerheiligsten Sakraments ausgeschlossen sein und der rächenden Hand Gottes überlassen werden. Allen Gönnern des Ordens aber soll ein reicher Segen werden."

Den Bischöfen gegenüber waren die Wilhelmitenklöster exempt, d.h. ihrer Gerichtsbarkeit nicht unterworfen, da sie unter ihren Provinzialen und Generalsuperioren standen. Die Bischöfe mußten aber sowohl die Kirch- und Altar-Weihe als die Spendung der andern hl. Sakramente ohne Entgelt vornehmen.

Dem Pfarrklerus gegenüber bestimmten die Päpste, daß die Wilhelmiten in Deutschland die Erlaubnis zu predigen und Beicht zu hören haben, sobald sie von den Rektoren der Kirche darum angehalten werden.

Papst Bonifaz VIII. bestimmte 1295, daß die Wilhelmiten auch selbständig Pfarreien verwalten könnten, wenn ihnen solche übertragen werden, daß sie die Kirchen und andere kirchlichen Benefizien mit oder ohne Seelsorge, welche sie im Besitze haben, oder welche ihnen übergeben werben, durch Brüder des Ordens verwalten und den Pfarrkindern die hl. Sakramente spenden dürfen.

Bischof Gerhard von Konstanz bestätigt den Wilhelmiten in Freiburg im Jahre 1318 alle Privilegien, welche sie von seinen Vorgängern oder andern Bischöfen erhalten haben. Demgemäß übten die Wilhelmiten die Seelsorge in der Schneckenvorstadt im Auftrage des Rektors der Münsterpfarrei aus.
 
Da sie der Zeit nach vor den Augustinern sich in Freiburg niederließen, so hatten sie bei Prozessionen und Leichenbegräbnissen den Vorrang vor letzteren. Bei den Fronleichnamsprozessionen zogen durch die reichsgeschmückten Gassen die Zünfte mit fliegenden Fahnen und schallender Musik. Die Bürgerschaft benutzte diese Gelegenheit, ihren Reichtum und Prunk sehen zu lassen. Auch die Ordensleute beteiligten sich an derselben in ihrem schönsten Ornate. Immer beanspruchten die Augustiner den Vorrang vor den Wilhelmiten. Um dieses Aergernis zu beseitigen, entschied eine Kommission, daß beide Konvente vermischt oder mit einander gehen sollen, die Novizen mit den Novizen, die Priester mit den Priestern. Beide Teile sollen sich Ehre erweisen. Die Prioren sollen zuletzt miteinander gehen. Dieser Vorrangsstreit mußte nochmal im Jahre 1651 zugunsten der Wilhelmiten entschieden werden.

In die pastorelle Tätigkeit fiel auch die Pflege der Bruderschaften und Zünfte. In diesen gipfelte das Vereinswesen des Mittelalters.

Am Uebergange des 13. Jahrhunderts ins folgende hatte sich während eines Menschenalters in allen Städten die Einführung der Zünfte vollzogen. Diese Vereinigungen waren vornehmlich eine gewerbliche, zugleich aber auch politische und militärische Einrichtung von den bedeutsamsten Folgen für das Gedeihen des Städtewesens. Sie waren ein Bindeglied zwischen Adel, Geistlichkeit und dem gemeinen Mann.

Der demokratische Geist der Zünfte drängte die aristokratische Herrschaft mit ihren Privilegien zurück und schuf Verfassungen von freiheitlichem Gehalte.

Von den 18 Zünften in Freiburg besaß jegliche eine eigene Stube, wo die Zunftgehörigen ihre Interessen verhandelten oder sich bei Scherz und Würfelspiel eines bescheidenen Trunkes erfreuten. Die Polizei dieser Vereine handhabten besondere Zunftmeister, über welche später noch ein Obermeister gesetzt wurde, der neben Schuldheiß und Bürgermeister im Stadtregimente saß.

Die Anzahl der zünftigen Handwerker (ungerechnet die Gesellen und Lehrbuben) belief sich am Schlusse des 14. Jahrhunderts auf die Summe von 1561. Darunter gab es: 271 Rebleute, 130 Schuster, 115 Maurer und Zimmerleute, 112 Grempler (die "Gerümpler" durften die ganze Woche hindurch auf dem Münsterplatze Obst, Eier, Butter, Geflügel usw. feil haben - ausgenommen Sonn- und Feiertage), 109 Schmiede, 103 Tucher (Tuchmacher), 95 Schneider, 90 Krämer (Kaufleute),. 84 Metzger, 78 Gerber, 73 Küfer, 72 Bäcker, 61 Karrer, 45 Wirte, 44 Maler und 19 Fischer.

Dazu kamen die Palierer und Bohrer, die unter dem Schutze der hl. Katharina in einer Bruderschaft vereinigt waren, ferner die Müllerknechte, deren Bruderschaft unter dem Schutze der Gottesmutter ebenfalls die Wilhelmiten leiteten. Die Statuten wurden im Jahre 1606 zeitgemäß erneuert. Aus den 35 Artikeln heben wir die in sozialer und kulturgeschichtlicher Hinsicht wichtigsten hervor:
1. Jedes halbe Jahr soll ein sog. Büchsenknecht bestellt werden. Lehnt er dieses Amt ohne triftigen Grund ab, so zahlt er 5 Schilling Pfennig = 60 Pfg.
2. Jeder Müllerknecht zahlt als Vereinsbeitrag jede Woche einen guten Heller, die der Büchsenknecht monatlich einzuziehen hat. Bleibt er rückständig, so zahlt er 1 Schilling Pfennig.
3. Sollte ein Müllermeister gegen die Bruderschaft feindselig austreten, so soll kein Knecht bei demselben arbeiten und umgekehrt, wenn ein Knecht nicht gehorsam sein sollte, so soll auch kein Meister denselben behalten (Also damals schon Streik und Aussperrung.)
4. Die Müllerknechte sollen jährlich an den 4 hohen Festtagen, Ostern, Pfingsten, Allerheiligen und Weihnachten bei den "Oberriedern" mit 1 Pfennig zu Opfer gehen, die Stangen halten und die Kerzen anzünden.
5. Alle, Meister, Knechte, Manns- und Weibspersonen, sollen zu Quatember oder bei Sterbfällen mit 1. Pfennig zu Opfer gehen.
6. Das Hauptfest der Bruderschaft ist Maria Himmelfahrt.
7. An dem Fronleichnamsfeste sollen die Müllerknechte bei den "Oberriedern" die Stangen halten und die Kerzen anzünden, ebenso an Kirchsweih und Primizen. Die Knechte bekommen vom Kloster an Fronleichnam ein Stück Fleisch und 4 Maß Wein, an Kirchweih nur 4 Maß Wein, bei einer Primiz nur 2 Maß.
8. Die Müller statten den Müttergottesaltar aus mit jeglichem Ornate, Kelch, Missale und Zubehör.
9. Kündet ein Knecht einem Meister ohne alle Ursache auf, so soll kein Meister in Freiburg ihn vor einem halben Jahre dingen, sonst zahlt er 4 Pfund Wachs.
10. Alle 4 Wochen soll der Büchsenknecht eine Versammlung anberaumen. Bleibt Einer aus, so zahlt er fünf Schilling Pfennig = 60 Pfg.
11. Zwischen Predigt und Amt darf keine Versammlung abgehalten werden, sondern im Sommer um 11, im Winter um 12 Uhr.
12. Spielt ein Büchsenknecht höher als einen Heller, so zahlt er fünf Schilling Rappen-Pfennig = 60 Rappen.
13. Wenn Jemand aus dem Bruderschaftsfond etwas geliehen hat, so soll er nicht spielen, bis er bezahlt hat.
14. Läßt ein Müller bei einer Versammlung mit Fleiß oder aus Faulheit seinen Mantel über die Achsel herabhängen, zahlt er den Knechten einen Schilling.
15. Wenn ein Knecht ohne Müllertuch über die Gasse geht, so zahlt er 1 Schilling.
16. Schmähungen zahlen Strafe: an der Ehre 5 Schilling Pfennig = 60 Pfg.; wer einen Andern einen Hundsfutt schilt, zahlt 3 1/2 Schilling Pfennig = 42 Pf.
Redet Einer in der Versammlung unzüchtig zahlt er 1 Schilling, deßgleichen, wenn Einer redet, ohne gefragt zu sein.
17. Jeder Knecht soll alle Fronfasten 6 Pfennig zu dem Stubenzins zahlen.
18. Knechte und Meister sind streng an die Ordnung zu halten und Jeder, der Grund zur Klage hat, soll zu unserem Meister des Müllerhandwerks kommen; er wird Recht finden.

Daß die WiIhelmiten-Brüder auch eine offene Hand für Arme u. Notleidende hatten, ist selbstverständlich. Teils gaben sie von ihren eigenen Einkünften, teils wurden ihnen selbst eigene Spenden gegeben zum Zwecke der Austeilung an die Armen und Bedürftigen. So hatten die Brüder im Walde die sogenannte "Schlettstadtspende". Im Jahre 1387 verfügten Anna Blägebau und ihr Sohn Heinrich, daß nach ihrem Tode die ehrw. Herren der Oberrieder im Walde das Geld, das zu dieser Spende gehört, unter folgenden Bedingungen erhalten:

"Zwischen der alten Fastnacht und Mittelfasten sollen die Brüder nehmen "für ihre Arbeit, das Gelt einzutreiben, 1 Pfd. Pf. Freib. W. für ihre Küche und über Tisch, wofür sie sollen Gott loben; und was über 1 Pfd. vorgestät, das sollen sie jährlich um dieselb Zeit armen leuten zu Freiburg "vor derselben Herren hus teilen und geben"; täten sie es nicht zum obigen Ziel, so sollen die Spitalpfleger das Gelt haben unter derselben Bedingung wie die von Oberriet. Sollten die Oberrieder zwei Jahr überseffen, so soll diese Spende ewig an das Spital fallen, die von dem Gelde geben sollen 1 Pfd. Pf. den "siechen des Spitals umb über tisch gott ze lob" und was übrig, sollen sie "umb bröt geben und das armen litten vor dem obgenannten spital teilen."

So wetteiferten die "Oberrieder" in Freiburg mit ihren Brüdern im Walde in der Arbeit und im Gebet, im Lobe Gottes, in eifriger Seelsorge u. Werken der Wohltätigkeit. Hatte als Anerkennung für die gesegnete Wirksamkeit der Prior im Walde im Jahre 1457 vom Erzherzog Albert den Titel "Hofkaplan" erhalten, so wurden auch die Prioren in Freiburg in den Jahren 1587 und 1626 in dieser Würde von neuem bestätigt. Das Haus Oesterreich nahm sie von dieser Zeit an in seinen besonderen Schutz.
 
Kaiser Maximilian bestätigte 1498 alle Rechte und Freiheiten des Klosters, was später auch die Erzherzöge Ferdinand, Max und Rudolf getan haben.

Die Prioren des Wilhelmitenklosters in Freiburg waren:
1. Eberhard von 1262 bis 1283.
2. Nicolaus um das Jahr 1319.
3. Petrus von Hufen 1319.
4. Nikolaus Von Mengen. 1349.
5. Konrad von Falkenstein 1363.
6. Konrad Martz 1384.
7. Gilg Rüttstock 1388.
8. Martinus von Riehen, Edler 1406.
9. Aegidius Rustok 1424.
10. Jakobus Bosse 1439.
11. Petrus Däppeler 1485.
12. Nikolaus Dächtlin 1504.



VI. Die wiedervereinigten Wilhelmiten in Freiburg.
1507 - 1682.

Die Prioren dieser Zeit heißen:
1. Nikolaus Dächtlin von 1507 - 1517.
2. Ulrich Fürwein von 1517 - 1553.
3. Balthasar Hermann von 1553 - 1564.
4. Johannes Pforer von 1564 - 1573.
5. Johannes Scherer von 1573 - 1581.
6. Konrad Schmidlin von 1581 - 1587.
7. Andreas Motz von 1587 - 1597.
8. Johann Ulrich Roth von 1597 - 1634.
9. Mathäus Deck, Prior von Sion von 1634 - 1656.
10. Johann Jakob Meyer von 1656 - 1670.
11. Laurentius Schechtelin von 1670 - 1677.
12. Benedikt Hefelin von 1677 - 1704.

Die wichtigsten Ereignisse spielten sich unter den tatkräftigen Prioren Nikolaus Dächtlin, Joh. Ulrich Roth,
Mathäus Deck, Jakob Meyer und Benedikt Hefelin ab.

a) Die Wiedervereinigung.

Im Jahre 1507 hielt der Provinzial des Ordens, P. Eberhard Steinbacher, Prior in Straßburg, Generalkapitel ab. Dazu begab sich der Prior N. Dächtlin von Freiburg und trug sein Anliegen bezüglich des Bruderklosters in St.Wilhelm bei Oberried vor und beklagte den Niedergang desselben. Der Provinzial entschied: Das Kloster "Mariakron" sei nur als eine "Gemeinsschaft" gegründet worden. Es habe mit Unrecht den Namen eines Priorates angenommen und dürfe in Zukunft nicht mehr den Namen eines Priorates führen. Alle Güter seien dem Kloster in Freiburg einzuverleiben Jedoch sei durch einen Pater in St.Wilhelm Gottesdienst zu halten, und was dieser bedürfte, sei ihm vom Kloster in Freiburg zu leisten.

Dieser Entscheid wurde dem versammelten Konvente in Freiburg eröffnet.

Gegenwärtig waren auf dem Generalkapitel außer dem Provinzial und dem Prior die Kapitularen: P. Petrus Linkenmeyer, Theobald Pistorius, Kaspar Gugg, Engelhart Tächler, Valentin Küply, Oswald Wüstly, welch letzteren sie zum Prokuratoren des Klosters ernannten.

Papst Julius II. hat diese Union (Vereinigung) durch eine Bulle bestätigt, worin betont ist, "weil jeder Bruder im Kloster sich als Prior angesehen habe, so sei die Regel lax geworden." Demnach hatte die Disziplin große Not gelitten.

Jedoch nicht widerwillig oder gezwungen gingen die Brüder im Walde zu jenen nach Freiburg. Schon längst fühlten sie das Bedürfnis, ihre Novizen an der Universität Freiburg, welche im Jahre 1457 durch Erzherzog Albrecht gegründet worden war, ausbilden zu lassen. Auf den Lehrstühlen der Universität saßen zu jener Zeit der berühmte Prediger Geiler von Kaisersberg, der große Gelehrte und Dialektiker Eck und der tiefsinnige und tiefgläubige Barfüßermönchs Murner. Auch bestand in der Stadt schon lange eine lateinische Stadtschule neben den Stifts- und Klosterschulen. Für geistige Ausbildung war reichlich gesorgt. Das wird wohl der Hauptgrund gewesen sein, daß man die Brüder im Walde nach der Stadt versetzte.

Doch nicht lange konnten sich die Brüder des ungestörten, einträchtigen Zusammenlebens erfreuen. Denn es entstand im Jahre 1525


b) Der Bauernkrieg.


Schon seit Jahren herrschte unter dem gemeinen Volke wegen der sich immer mehrenden Lasten, welche ganz besonders die leibeigenen Bauern tragen mußten, große Unzufriedenheit. Der Druck der landesherrlichen Frohnden, der Steuern wie Leibfall und Güterfalh die Entziehung der Rechtspflege und Beschränkung des Erbrechts, verursachten eine unheimliche Gährung. Was das Volk verlangte, drückten die Bauern des Schwarzwaldes in folgenden Forderungen aus:
Jagd und Fischfang soll frei sein; Büchs und Armbrust sollen die Bauern tragen, Jäger und Forstmeister sollen nicht strafen dürfen.

Die Frohnden werden abgelehnt mit den Worte: Der Bauer ist nicht mehr verbunden, seinem Herrn Dung zu führen, zu mähen, zu heuen, Garben und Holz heimzuführen, Baukorn zu geben und zu ackern.

Den freien Gewerbebetrieb fordern sie mit den Worten: Der Bauer ist wegen Märkte und Handwerker zu Nichts mehr verbunden.

Eine geordnete Rechtspflege wird verlangt mit den Worten: Der Bauer darf nicht mehr eingesperrt und geblockt werden (in den Block gespannt) wenn er das Recht verbürgen kann. Ferner: Der Bauer ist weder Steuer noch Satzung noch Umgeld schuldig, es wäre denn mit Recht erkannt. Es darf niemand gestraft werden, wenn er ohne vorhergegangene Erlaubnis wibet oder mannet, d. i. heiratet. Wenn er Verwandte hat, so darf ihn der Herr nicht beerben; ebensowenig darf der Herr das Gut wegnehmen, wenn sich Einer erhängt oder sonst entleibt. Niemand ist mehr schuldig, Abzug oder Vogtrecht zu bezahlen. Wer Wein in seinem Hause hat, darf denselben ungestraft auschänken.

Das Verlangen, von manchen Lasten befreit zu werden, war begreiflich, aber manche Forderungen waren gegen alles Recht. In diesen Forderungen steht jedoch keine, welche sich auf die Religion bezieht.

Der Aufruhr entstand auch nicht zunächst aus Unzufriedeiiheit mit den kirchlichen Verhältnissen und Lasten. Dies beweist die erste äußere Veranlassung zu demselben.
Nämlich die Gemahlin des Grafen von Lupfen im Wutachtale hatte während der Haferernte von einigen Unterthanen verlangt, leere Schneckenhäuslein zum Aufwinden des Garnes zu sammeln. Die Leute lachten anfänglich; da man aber die Ausführung des unsinnigen Befehls erzwingen wollte, so ergriffen die vier Gemeinden Stühlingen, Bonndorf, Bettmaringen und Ewattingen die Waffen und stellten sich unter die
Fürstabt Franz II. von St.Blasien 1727 - 1747.
Führung des Hans Müller von Bulgenbasch. Wie ein Großfeuer wälzte sich der Aufruhr in den Hegsau, Breisgau, die Ortenau und das hauensteinische Gebiet. Im Mai 1525 war Hans Müller mit seinem Heere von Hüfingen aufgebrochen und über Furtwangen, Triberg und den Kilben nach St.Märgen und St.Peter gelangt. Die geistlichen Herren hatten durch Entgegenkommen und Spendung von reichlichem Essen und Trinken einer Plünderung vorgebeugt. Der Bauernhaufen drang in das Kirichzartener Tal, äscherte die Burg Wieseneck ein und bezog dann ein Lager, um Freiburg anzugreifen. Unterdessen hatten die Bauern des Breisgaues sich der Burgen Röteln, Sausenberg. Badenweiler, Zähringen, Kastelberg Keppenbasch und Landeck, der Schlösser zu Biengen, Kirchhofen und Bollschweil, zu Munzingen und des festen Johanniterhauses zu Heitersheim bemächtigt; sie hatten auch die Propsteien Bürgeln, Krotzingen, Sölden und St.Ulrich verwüstet, die Klöster Tennenbach und Wonnenthal geplündert und in Brand gesteckt und die Städte Staufen, Neuenburg, Waldkirich, Burkheim, Endingen und Kenzingen besetzt. Nur die Festen Hochberg und Lichteneck und die beiden Städte Breisach und Freiburg hatten sich nicht ergeben.

Vom 15. bis 20. Mai rückten die vereinigten Bauernhaufen zusammen 12 000 Mann stark, vor Freiburg und bezogen Stellung. Nun gelang es denselben, von der Karthaus aus den schwach besetzten Schloßberg zu erreichen und daselbst schwere Geschütze gegen die Stadt aufzustellen, worauf die Freiburger sich in Unterhandlungen einließen und einen Vertrag abschlossen. Tags zuvor hatte der Herzog von Lothringen 14 000 Bauern bei Bergzabern geschlagen. Luther hatte schon vorher die Fürsten aufgefordert, gegen die aufrührerischen Bauern unbarmhrerzlg vorzugehen. So verloren am 21. und 22. Mai 100 000 Bauern ihr Leben bei Weinsberg (Württemberg) und bei Frankenhausen in Thüringen. Besser erging es den süddeutschen Bauern, denen Markgraf Philipp von Baden beim Kaiser Amnestie erwirkte.

Die Klöster in Freiburg hatten es also nur einem großen Glücke zu verdanken, daß sie durch den Bauernkrieg keinen größeren Schaden litten. Die Wilhelmiten waren beim Herannahen der Bauernrotten wohl in die befestigte Stadt geflogen und kehrte nach gelegtem Sturm wieder in ihr Haus vor den Ringmauern zurück.

c) Die Reformation

Ueber die Reformationszeit können wir mit wenigen Worten berichten, da die Stadt Freiburg und die Universität dem alten Glauben treu blieben.

Wohl werden als Freunde und Förderer der Reformation aufgezählt: Der Junker von Schönau, Pater Christoph vom Karmeliterorden, die beiden Kapläne Kempf und Oeler, sowie der Dichter Engelbrecht. Aber die Regierung führte scharfe Aufsicht. Sie verwies den Pater Christoph aus dem Stadtgebiet, Oeler floh nach Straßburg, Kempf und Engelbrecht gelobten kirchlichen Gehorsam.

Um jene Zeit wohnte bei den Wilhelmiten der berühmte Humanist Wimpfeling aus Schlettstadt. In ungestörter Einsamkeit lebte er daselbst seinen Studien, nennt sich später einen "Einsiedler aus dem Schwarzwald" und datierte die Briefe an seine vielen Freunde in den rheinischen Städten öfters mit einem "aus der Einsiedelei des St.Wilhelm". Wimpfeling hat sich später in Schlettstadt um die Erhaltung des katholischen Glaubens in dieser Stadt große Verdienst erworben. Von den österreichischen Städten am Oberrhein blieben nach dem Vorbilde Freiburgs der katholischen Sache auch Breisach, Waldkirch und Endingen standhaft getreu, während Kenzingen, Neuenburg, Rheinfelden und Waldshut abgefallen sind.

In Kenzingen hatte der Prediger Other, ein Anhänger Luthers, den größten Teil der Gemeinde auf seine Seite gebracht. Eine entschiedene Erklärung der Stadt Freiburg, welcher sich Breisach, Endingen und Waldkirch anschloßen, versetzte aber den Rat Kenzingens in solche Furcht und Verlegenheit, daß er den "lieben Meister Other" dahin bestimmte, um des Friedens willen die Stadt zu verlassen.

d) Die wahre Reformation in der Kirche.

Wenn der Blick auf die Ereignisse vor dem Ausbruch der Reformation auf die folgenden Religionstreitigkeiten, auf die Greuel des Bauernkrieges und auf die nach der Reformation kommenden Kriege mit ihren Leiden und Verheerungen außerordentlich betrübend ist, so ist um so erfreulicher, was die Kirche gerade in dieser Zeit getan hat, um eine wahre Reformation (Verbesserung) einzuführen.

Diese Reformation ging vom Konzil von Trient aus, bei dessen Eröffnung am 13. Dezember 1545 in allen Pfarreien um einen glücklichen Erfolg gebetet wurde.

Sie erstreckte sich auch auf die kirchlichen Orden. Leider war auch das Klosterwesen im 15. Jahrhundert in traurigen Verfall geraten. Viele Ordensleute selber haben solches offen bekannt und beklagt; zugleich aber geschahen durch dieselbe alle möglichen Versuche, um das Uebel zu heben. Eine wesentliche Ursache des Sinkens der klösterlichen Regelzucht und Gelehrsamkeit erblickte man darin, daß die vorgeschriebenen Visitationen seit langem nicht mehr gehörig eingehalten oder ganz vernachläßigt worden. Das Konzil von Trient drang deshalb auf strengste Handhabung derselben sowohl beim Ordens- als beim Weltklerus. Wir haben schon öfters von Visitationen des Wilhelmitenklosters in Freiburg berichtet. Wieder hatte der Bischof von Konstanz im Jahre 1611 dasselbe durch Prior Keller aus Sion visitieren lassen, und im Jahre 1630 waren in Freiburg die Wilhelmiten unter dem Provinzial Johann Gilteavus versammelt, um neue Statuten aufzustellen, die sodann vom Bischof von Konstanz für die drei Klöster Freiburg, Sion und Mengen bestätigt wurden. Aus denselben sprichst ein reiner, strenger Geist und ernstes Streben nach einem vollkommenen Ordensleben. Das Original dieser Statuten wurde 1634 durch die Schweden geraubt, ein befreundeter Soldat gab es zurück. Eine Abschrift befindet sich im Pfarrarchiv zu Oberried. Die Welt soll es heute erfahren, wie diese Mönche lebten. Darum wollen wir diese Statuten im Wortlaut veröffentlichen.
1. Alle Wilhelmiten halten die Regel des hl. Benedikt und beobachten streng die Gelübde des Gehorsams, der Armut und der Keuschheit.
2. Der Gottesdienst soll in allen 3 Klöstern der Einheit wegen mit denselben Zeremonien abgehalten werden.
3. Jeden Morgen früh 4 Uhr wird die Matutin gebetet. dann folgt eine 3/4 stündige Betrachtung und 3/4 Stunde geistige Lesung. Die übrige Zeit bis zur Prim wird durch Studium ausgefüllt.
4. Täglich soll das Kapitel stattfinden; vom Prior oder dessen Stellvertreter alle Fehler gerügt werden, jedoch im Geiste der Güte und der Milde.
5. Alle Freitage geben sich die Mönche zu Ehren des Leidens Christi, während die 7 Bußpsalmen gebetet werden, die Disziplin (Geißelung); wer sich derselben entzieht, fastet an jenem Tage bei Wasser und Brod.
6. Aemter und Messen sollen gehalten werden:
im 1. Vierteljahr für die Stifter,
im 2. Vierteljahr für alle Wohltäter,
im 3. Vierteljahr für Verstorbene kirchliche Obere und Brüder und
im 4. Vierteljahr für Eltern und Verwandte.
7. Zum Beichthören der Mönche sind 1 oder 2 der besten Brüder zu wählen. Der Prior soll keinen Bruder zur Beichte zwingen. Sollte ein Bruder einen außerordentlichen Beichtvater von den Jesuiten (welche seit 1620 an der Universität in Freiburg waren) oder von den reformierten Franziskanern wünschen, so soll ihm dies nicht verwehrt werden.
8. Die Novizen und die Laien sollen an den Adventssonntagen den Fastensonntagen und allen Festtagen beichten, (sonst falle 14 Tage und zur hl. Kommunion gehen. Alle Priester sollen zwei Mal in der Woche beichten.
9. Die Laienbrüder wohnen täglich der hl. Messe bei, an Stelle der Matutin beten sie einen Rosenkranz, für die anderen Horen 3 Pater und Ave.
10. Nach der Beendigung des Komplets erforscht Jeder sein Gewissen und begibt sich unter Stillschweigen zur Ruhe.
11. Die Prioren sollen väterliche Führer und Leiter sein; sie sollen besonders befähigte Brüder zur Verwaltung der weltlichen Dinge heranziehen, Inventare und autentische Register für alles anfertigen.
12. Die Administratoren und Prioren haben jährlich vor den Aeltesten des Konvents Rechenschaft abzulegen. Auch dem Bischof ist Rechenschaft abzulegen; derselbe kann sich über die Oekonomieverhältnisse jederzeit verlässigen.
13. Frauen dürfen unter keinem Vorwande in das Innere des Klosters treten; zu Dienstleistungen dürfen blos Männer verwendet werden; ist eine Besprechung mit einer Frau absolut nötig, so geschehe sie in der Kirche vor aller Welt, oder vor der Klosterpforte, wenn der Türschließer in der Nähe ist. 14. Kein unehelicher, kein ungebildeter und kein irregulärer Mensch darf zum Orden zugelassen werden.
15. Das Studium aller Brüder wird zu Freiburg absolviert. Daselbst befindet sich auch das gemeinsame Noviziat der drei Klöster.
16. Zu den Weihen wird Niemand zugelassen, der nicht wenigstens die höhere Syntax absolviert hat, so daß er geläufig lateinisch sprechen kann. Zum Priestertum wird nur derjenige zugelassen, der wenigstens ein oder zwei Jahre Moral und Scholastik studiert hat.
17. Das Laster der Habsucht soll ferne sein. Deshalb sollen die Religiösen alles Geld, welches sie besitzen oder später erhalten, sofort zu den Händen des Oberen geben.
18. Am Palmsonntag wird die Zeremonie der Entäußerung alles Gutes in die Hand des Priors vorgenommen. Die Prioren haben jederzeit das Recht, die Schlafgemächer zu untersuchen und sollen auch oft die Zellen revidieren.
19. Weder Mönche noch Prior dürfen einem Hochzeitsschmaus beiwohnen, außer wenn sie Pfarreien verwalten, und dann nicht häufig und nicht ohne zwingenden Grund.
20. Sie sollen in althergebrachter Kleidung mit einfacher Beschuhung gehen und alles Auffällige meiden.
21. Niemand soll ohne besondere Erlaubnis aus dem Kloster gehen. Muß ein Mönch in die Stadt, so soll er in Begleitung eines anderen mit der Kapuze gehen, draußen weder frühstücken noch zu Mittag essen, noch trinken, wenn er an demselben Tage zurückkehrt.
22. Kein Mönch, mit Ausnahme des Priors, darf Jemand zum Essen in das Klosterrefektorium einladen.
23. Zur Essenszeit muß strenges Stillschweigen herrschen. Dieselbe darf nur 3/4 Stunden, höchstens eine Stunde dauern. An den Mittwochen (selbstverständlich auch an den Freitagen) muß Abstinenz eingehalten werden.
24. Wer seine Zuflucht zum weltlichen Gerichte nimmt, was in Sion oft geschehen ist, wird mit Karzer bestraft.
25. Nach gemeinsamer Beratung soll dem Bischof ein tüchtiger Pater bezeichnet werden, der die Klöster zu revidiren hat.


e) Die Erneuerung des Dingrodels
(Rechtsprotokolls oder Zusammenstellung der Rechte)
von Oberried-Hofsgrund im Jahre 1607.

In Folge des Bergbaues, der seit Jahrhunderten in Hofsgrund betrieben wurde, entzogen sich die Bergleute dem Gerichte des Gotteshauses d. i. des Oberrieder Klosters, und kamen unter ein besonderes Gericht, das sog. Berggericht.

Seit dem Verfall des Bergbaues gegen Ende des 16. Jahrhunderts beschäftigten sich viele dieser Leute mit Ackerbau und Viehzucht oder mit Holzschnitzerei. Sie verfertigten Rebstecken, Schindeln, Kübel, Teller und dergleichen Holzwaren.

Darum verlangte das Kloster, daß diese Leute wieder unter den Gerichtsstab des Gotteshauses gestellt würden. Das Kloster beeilte sich demgemäß, diesen Ansiedlern in Hofsgrund im Jahre 1607 einen Dingrodel zu verleihen, der zwar zu den erträglicheren dieser Gattung gehört, aber doch mit allen den Lasten, die er auferlegt, ein richtiges Bauernrecht jener Tage darstellt. Strengstens wird den Hofsgrunder Untertanen bei 10 fl. Buße untersagt, ein anderes Gericht als das des Grundherrn zu suchen. Dem Kloster allein sind sie mit Eiden verbunden.

In Hofsgrund sollten wie seither die Lehengüter im Besitze von freien Bauern verbleiben. Die Freibauern waren auf ihr Geburts- und Besitzrecht um so eifersüchtiger als sich neben ihnen das meist leibeigene Volk der Taglöhner sehr vermehrte.

Es erscheint daher im erneuten Rodel die Bestimmung, daß von den Freileuten weder Mann noch Weib eine leibeigene Person zur Ehe nehmen dürfe. Die Uebertretung dieser Verordnung wurde schwer gestraft.

Eine Erleichterung der Lasten trat insofern ein, als der alte Abzug und das alte Drittel in eine Abgabe von fünf Prozenten des Vermögens verwandelt und die jährlichen drei Frontage auf einen beschränkt wurden.

Die Bestimmungen über Fastnachtshennen und Sterbfälle blieben unverändert. Damit aber Jeder diese Abgaben und Dienste leisten könne, bestimmte der Rodel, daß "Jeglicher wenigstens einen Hahn und eine Henne halten, und ein Gürtelbeil und eine Hacke besitzen müsse."

Dem Kastenvogt war für seinen Schutz und Schirm jährlich ein Scheffel Hafer zu entrichten. Aber auch die starke Betonung des Hausfriedens (=Schutzrechts) überrascht in dem Hofrecht, das im Jahre 1607 erstmals gegeben wurde, und führt sich wohl auf das besondere Asylrecht zurück, welches der Königsschutz dem Bergmanne gab.

Denn hier wird wörtlich bestimmt: "Wer in Hofsgrund unter dem Gotteshause Oberried wohnt, der soll guten Frieden in seinem Hause haben, er sei eine kleine oder große Person - bis auf 7 Schuhe vor der Dachtraufe. Wer diesen Frieden überschreitet und Jemanden vom Hausgesinde schädigt, der ist dem Gotteshause mit Leib und Gut verfallen; schlüge ihn der Hauswirt zu Tode oder züchtigte er ihn sonst, so ist derselbe keine Buße schuldig." Das waren strenge Strafen wegen "Hausfriedensbruches."

Aehnliche Rechte hatte der Wirt; denn es heißt: "es soll ein offener Wirt in Hofsgrund sein. Wenn man im Wirtshause sich geschlagen, das Messer oder den Degen gezogen, oder böse Schwure ausgestoßen hat, so soll der Wirt es rügen. Auch darf ein fremder Geselle nicht länger als eine Nacht, und ein unehrliches Volk gar nicht beherbergt werden."

f) Johann Ulrich Roth,
Prior von 1597 - 1634.

So groß die Verdienste dieses Mannes um die Hebung des inneren Ordenslebens und einer Neuregelung der äußeren Verhältnisse gegenüber seiner Untertanen waren, so bitter waren die Leiden, welche er in Folge einer ungerechten Ehrenkränkung schuldlos erdulden mußte. Wir können davon nicht schweigen, weil  Dr. Heinrich Schreiber in dem "Taschenbuch für Geschichte und Altertum in Süddeutschland", (5. Jahrgang 1846) aus dem  Archiv der Stadt Freiburg ein Untersuchungsprotokoll mitteilt, das aus der Zeit vom 1. - 27. Mai 1615 auf 136 Seiten 12 Verhöre von Untertanen des Deutschordens in Littenweiler enthält.

Darin wird Prior Roth beschuldigt:
1. er habe durch seinen Prokurator in einem Prozeß, den er mit dem Ordenskomthur Konrad von Laubenberg in Freiburg wegen Jagd-, Fischerei- und sonstigen Rechten zu Kappel führte, die Zeugen bestechen und zu falschen Aussagen verleiten wollen;
2. er habe auch den Kanzler des Gerichts zu Ensisheim mit 1000 fl. bestechen wollen;
3. er habe die Bauern von Kappel zu Gewalttätigkeiten gegen Konrad von Laubenberg aufstiften wollen;
4. er habe wertvolle Aktenstück, welche der Kirche zu Kappel gehörten, durch simonistischen Kauf sich angeeignet;
5. er habe in Littenweiler durch sein Betragen am Kirchweihmontag im Jahre 1610 Aergernis gegeben.

Schreiber bemerkt hiezu, daß der Rat der Stadt, obwohl der Prior gegen die Anklagen protestiert habe, es wahrscheinlich im Interesse des Priors selbst nicht für geeignet hielt, die Sache weiter zu verfolgen, da sich im städtischen Archive keine dahin bezüglichen Aktenstücke vorfinden.

Allein das ist nicht richtig. Der Rat der Stadt Freiburg hat die Sache weiter verfolgt. Prior Roth appellierte an den Erzherzog, und von diesem an die Regierung in Innsbruck.

In allen Instanzen wurde die Unschuld des Priors J. U. Roth festgestellt, und zuletzt durch ein Dekret des Konstanzer Bischofs öffentlich verkündigt.

Dies ist zu lesen bei Pelagius Vorster, der die Aktenstücke aus dem Kloster Oberried gesammelt und im Jahre 1728 niedergeschrieben hat. In diesem Manuskripte welches sich im Kloster in St.Paul in Kärnthen befindet, ist auf Seite 92ff. die Verteidigungsschrift zu lesen, welche ein Rechtsanwalt mit größter Gelehrsamkeit, Klarheit und Wahrheitsliebe an das Ordinariat zu Konstanz eingereicht hat.

Der Deutsch-Ordensritter und Komthur Konrad von Laubenberg zu Freiburg erscheint in diesem Prozesse in keinem günstigen Lichte. Derselbe lag schon längere Zeit in Streitigkeiten mit dem Prior U. Roth wegen Jagd- und Fischerei-Rechte im Kappler Tale und hatte es gewagt, Zehnten zu fordern von den Freien, von den Eigentümern des Klosters wie von den Grundstücken der Bauern, welche von altersher nur eine Abgabe in Geld entrichteten.

Die angeführten ehrenrührigen Verdächtigungen, welche über Prior U. Roth verbreitet wurden, stammten offenbar von den Untertanen des Komthurs in Littenweilen da auch diese in beständigem Streite mit dem Kloster lagen.

Als nun von dem städtischen Senate in Freiburg andere Zeugen, die unter Sickingenscher Herrschaft in Ebnet und Littenweiler standen, verhört wurden, und dieselben sowie auch die Bauern von Kappel, an ihrer Spitze der Ortsvorsteher Sebastian Butz, die Unschuld des Priors bezeugten, so widerriefen auch die 12 Denunzianten von Littenweiler die verleumderischen Aussagen.

Ferner hat der Prokurator des Klosters, Michael Sommer, welcher 23 Wochen unschuldig im Gefängnisse schmachten mußte und dem Tode nahe war, beim Empfange der hl. Sakramente auf das Vatikum geschworen und vor Zeugen beteuert, daß der Prior unschuldig sei.

Durch dieses Zeugenverhör kam der Stadt-Senat in Freiburg zur Ueberzeugung, daß Prior U. Roth böswillig verleumdet wurde. Diesem Urteil trat das Gericht in Innsbruck bei und der "edle Komthur" wurde zu einer Strafe von 4000 fl. verurteilt. Dadurch ist wiederum eine Geschichtslüge widerlegt und einem verdienten Manne die Ehre wiedergegeben.

g) Aus dem 30jåhrigen Kriege.

Nachdem die Bevölkerung zur Zeit des Bauernkrieges und der Reformation den bisherigen kirchlichen Boden verlassen hatte, kam als politische Folge der religiösen Trennung, wie eine Geisel Gottes, der dreißigjährige Krieg, welcher unsere Städte verheerte, die Schlösser zu Ruinen machte, unsere zahlreichen Dörfer verwüstete, und die ganze Gegend mit Trümmern, Blut und Leichen überschüttete.

Schon seit dem Jahre 1608 hatten die protestantischen Fürsten einen Waffenbund unter dem Namen Union, und die katholischen Fürsten im Jahre 1609 einen solchen unter dem Namen Liga gegründet. Jede Partei rüstete sich auf den Krieg.

Der protestantische Markgraf Georg Friedrich von Baden-Durlach zählte in seinem Heere 15 000 Bewaffnete, und im Jahre 1620 erteilte Erzherzog Leopold in Freiburg den Befehl, alle über 16 Jahre alten ledigen Männer sollten sich mit langen Spießen, die Hackenschützen aber mit einer Muskete und zwei Pfund Pulver versehen, um bei jedem Aufgebote sofort ausrücken zu können. Im Unglücksjahre 1618 war nämlich in Böhmen der Krieg ausgebrochen, als der Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz zum Könige von Böhmen gewählt wurde, und derselbe die Wahl des Kaisers Ferdinand II. verhindern wollte. Allein schon im Jahre 1620 wurde der Kurfürst der sog. "Winterkönig" in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag geschlagen.

Auch Peter von Mansfeld, der raubsüchtige General dieses Königs, wurde mit dem ihm verbündeten Markgrafen Georg Friedrich von Baden vollständig besiegt.

So blieb Süddeutschland anfänglich von den Greueln des Krieges verschont. Von 1625 bis 1629 tobte der Krieg hauptsächlich in Norddeutschland, wo die kaiserlichen unter Tilly und Wallenstein Sieg um Sieg erfochten.
 
Indessen betrat der Schwedenkönig Gustav Adolf den deutschen Boden und errang 1631 bei Breitenfeld einen entscheidenden Sieg über die Kaiserlichen. Wenn auch ein Jahr nachher Gustav Adolf in der Schlacht bei Lützen fiel, so konnte sein Tod das weitere Vordringen der Schweden nach dem Oberrhein nicht aufhalten.

Bernhard von Weimar hatte die oberste Führung des schwedischen Heeres übernommen. Unter ihm wurde sofort Feldmarschall Horn befehligt, aus dem Elsaß über den Rhein zu gehen. Horn begann am 28. Dezember 1632 Freiburg zu beschießen. Die Stadt war in dieser Zeit gänzlich von Militär entblößt. Deshalb hatten etwa 1500 Bürger, 500 Studenten und 300 Bauern die Verteidigung derselben übernommen. Als nun aber die Stadt gestürmt werden sollte, mußte man des andern Tages schon dem Feinde die Tore öffnen.

Bis zum Jahre 1634 verübten nun auch in unserer Gegend die Schweden ihre Gewalttätigkeiten. Wie der Schwedenkönig Gustav Adolf von vornherein nach dem Grundsatze handelte: "Der Krieg muß den Krieg ernähren", so wurden jetzt auch die Leute im Breisgau bis auf das Blut ausgesogen und ausgeplündert.

Diese Raubzüge der Schweden brachten die Bauern des Breisgaus zu dem verzweifelten Entschluß, sich bei Kirchhofen zu verschanzen. Obwohl durch 1800 Mann kaiserlicher Truppen verstärkt, mußten sie aber der Uebermacht weichen. An 700 Bauern wurden mit Spitzthämmern und Gewehrkolben totgeschlagen, und ihre Hütten sämtliche niedergebrannt. Auch die Weiber und Kinder, die sich noch in dem Dorfe Kirchhofen befanden, wurden niedergemacht, und dieses nebst Schloß und Kirche in Brand gesteckt.

Im Breisgau wurden vier Pfarrer gefangen, der eine erschossen und die drei andern gegen Hinterlegung von je 60 Reichstalern freigelassen. Sobald sie aber das Geld erlegt hatten, wurde von den Schweden der Pfarrer von Umkirch auf ein Roß gebunden und nach Kenzingen geführt, wo man ihn drei Tage lang im Hexenturm gefangen hielt, bis er 100 Reichstaler zu zahlen versprochen hatte. Bei der Einnahme von Freiburg ist ein Mönch im dortigen Kloster Allerheiligen lebendig geschunden worden.

Angesichts solcher Greuel brachte sich Prior Ulrich Roth rechtzeitig in Sicherheit; er floh nach Sion bei Klingnau und verzichtete gegen eine lebenslängliche Sustentation von 300 fl. ganz auf das Priorat. Sein Nachfolger wurde Mathäus Deck.

Im Frühlinge 1634 mußten die Schweden von Freiburg abziehen und die Kaiserlichen rückten wieder in die Stadt ein.

Erst im Frühling 1638 (20. März) erschien der Herzog Bernhard von Weimar, Oberfeldherr eines schwedisch-französischen Heeres und belagerte die Stadt drei Wochen lang. Besatzung und Bürgerschaft hielten sich tapfer; doch endlich mußten sie sich ergeben, da ihnen durch Erstürmung der Vorstädte das Wasser entzogen war. Die Zusicherung des freien Abzuges hielt aber der Herzog schlecht; denn er ließ alle bewaffnet angetroffenen Bürger, Studenten und Bauern niedermachen, während sein Kriegsvolk überall plünderte und raubte, viele Geistliche massakrierte und die Nonnen schändlich mißhandelte. Eine Inschrift an der Wilhelmitenkirche besagte: "1638 ist dieser Ort zu einer Mördergrube geworden, indem die Schweden alle Katholiken, welche zum Gottesdienste in diese Kirche kamen, töteten."

Schon beim Herannahen des Herzogs von Weimar, im Herbste 1637 war Prior Mäthäus Dreck nach Laufenburg entflohen, wo er die Stelle eines Kaplanes bekleidete. Von dort zog er nach Oesterreich, um erst im Jahre 1652 zurückzukehren.

Die Bewohner der Umgegend von Freiburg hatten von den gegen die Schweden anstürmenden kaiserlichen Truppen ebenso sehr zu leiden.

Am 19. Oktober 1637 erschlugen deswegen die Oberrieder und Hofsgrunder, ergrimmt ob der vielen Plünderungen, 33 Kürassiere der Pikkolominischen Reiter. Der Obrist Wachtmeister verlangte zur Sühne eine schwere Kontribution von der Herrschaft Oberried. Durch Vermittlung des Grafen Kageneck kam es aber zu Unterhandlungen mit dem Erfolge, daß an den Befehlshaber 25 Pferde und die Waffen abgeliefert und überdies eine Entschädigungssumme von 1040 Taler bezahlt werden mußten.

Weil man aber diese Summe auf den bestimmten Termin nicht entrichten konnte, so bezahlten vorschüßlich das Kloster St.Peter 200 fl. und der Verwalter der Sickingenschen Herrschaft 500 fl. Die übrigen Herren des Kirchzartener Tales übernahmen die noch vorhandenen Reiter für die Winterquartiere. Die Oberrieder Untertanen konnten nur 400 fl. erlegen.

Im Jahre 1638 erließ der kaiserliche Oberst Melcher den Befehl, die Wege und die Pässe des Schwarzwaldes zu besetzen und dieselben energisch gegen die Schweden zu verteidigen.

Unterdessen übten die Schweden in Freiburg ein Schreckensregiment. Der entflohene Prior Deck hatte als Stellvertreter den Subprior Johann Jakob Maier aufgestellt, einen Mann, der sich in dieser schweren Zeit selbstlos und mutig um das Kloster angenommen hat. Doch auch er mußte anfangs fliehen. Er fristete sein Leben zuerst als Lehrer zu Roll auf dem Schlosse Bödstein; später übernahm er eine Lehrerstelle an dem Gymnasium zu Baden im Aargau und zu Frauenfeld im Thurgau. Die anderen Wilhelmiten flohen nach Sion bei Klingnau. Der Prior daselbst bat zwar den Stadtkommandanten in Freiburg, Kanofsky, die Mönche wieder in Freiburg aufzunehmen; dieser weigerte sich jedoch.

Sechs Jahre und drei Monate lang hatte der Feind unter dem Kommando des strengen Kriegsmannes und entschiedenen Protestanten, des Obersten Kanofsky die Stadt inne gehabt. Da näherte sich im Frühjahre 1644 die bayerisch-kaiserliche Armee unter Mercy dem Breisgau und der Stadt selbst. Auf Befehl Kanofslys wurden die Klöster der Vorstädte, darunter auch das Wilhelmitenkloster, in die Luft gesprengt. Kanofsky mußte sich am 28. Juli ergeben.

Nun eilte der französische General Turenne von Breisach, das schon längere Zeit im Besitze der Franzosen war, herbei, um die Stadt Freiburg wieder einzunehmen. In der zweitägigen blutigen Schlacht (am 3. und 5. August) am Schönberge gelang es aber Mercy, die Franzosen zu besiegen und zum Abzuge zu zwingen.

 
Nachdem die Schweden und Franzosen aus Freiburg vertrieben waren, kehrte auch im Jahre 1645 Subprior Maier aus der siebenjährigen Verbannung zurück und zwar ganz allein. Er fand das Kloster völlig zerstört und entschloß sich  darum, zunächst eine Stelle als Militärgeistlicher bei dem Regiment, welches unter dem Befehle Karls von Neveu stand, zu übernehmen. Der Gräflich Fürstenbergische Obervogt Christof Sandhaas von Neustadt schrieb über den Subprior Maier an den Kommandanten von Freiburg: "daß derselbe mit anderen Soldaten und Offizieren in Lenzkirch und Neustadt war, mit Lesung von hl. Messen, Predigen und gutem exemplarischen Leben dem Regiment zur größten Zufriedenheit gedient habe."

Mit dem als Feldkaplan verdienten Gelde begann Subprior Maier noch im Jahre 1648 das zerstörte Kloster in seinen früheren Stand zu bringen. Am 17. Juli 1651 bezog er mit P. Wilhelm Muderer wieder das Kloster. Schon vorher am 4. Juni 1651 hatte Laurentius Schechtelin, nach Vollendung seines Noviziates in Sion, am Dreifaltigkeitssonntage vor dem Subprior Profeß abgelegt. Das Kloster fand auch bald wieder Wohltäter.

Unter diesen treffen wir besonders den damaligen Gouverneur von Freiburg, Karl von Neven und seine Gemahlin Susanna Maria geb. Keppenbach.

Dieselben schenkten einen silbernen Kelch, zwei silberne Leuchter, ein seidenes Meßgewand und 73 Gulden.

Ein anderer Wohltäter war Michael Schmaus, Hofrat des Erzherzogs Ferdinand Karl, und zugleich Kammerpräsident von Vorderösterreich. Nach dessen Tode schenkte seine Frau, eine geborene Suter, dem Kloster verschiedene Kirchengeräte. Dieser Michael Schmaus hatte in seiner Jugendzeit die mildtätige Hand des Klosters erfahren; nun zeigte er und seine Familie sich dankbar.

Bald mehrten sich auch die Insassen des Klosters. Prior Mathäus Deck kehrte zurück; an seiner Seite waltete P. Maier als eifriger Administrator. Außer diesen kamen nach und nach noch sieben Patres in das Kloster.

So konnte am 24. September 1656 der Weihbischof von Konstanz, Sigismund Georg, die Kirche mit den Altären und den Friedhof weihen.

Fürstabt Cölestin Vogler von St.Blasien
1747 - 1749.

Wir finden in den neu geweihten Altären auch Reliquien vom hl. Märthyrer Alexander. Das erinnert uns an ein freudiges Ereignis für die Stadt Freiburg, besonders für die Klöster der Kapuziner und Wilhelmiten. Im Jahre 1650 war nämlich der Kapuziner-Guardian P. Raphael Schechtelin zum Generalkapitel nach Rom gereist und hatte von dort 1651 den unversehrten Leib des hl. Märtyrers Alexander mitgebracht. Am 21. Sept wurde der hl. Leib in feierlicher Prozession aus der Kapuzinerkirche in das Münster gebracht. Bei der Feierlichkeit waren zugegen: Abt Franziskus von St.Blasien, Abt Georg von St.Trudpert und Abt Mathäus von St.Peter. Letzterer hielt das Pontifikalamt, da es gerade sein Namenstag war. Auch Abt Hugo von Tennenbach, viele edle Herren, Barone begleiteten die Prozession. Da die Kapuziner und Wilhelmiten in sehr freundlichen Beziehungen zu einander standen, so erhielten die Wilhelmiten auch einen Teil von der Hirnschale des hl. Märthyrers.
 
Blühte so der Orden wieder auf, so zeigten sich doch noch lange die Nachwehen des 30jährigen Krieges.

Nach dem Prior Jakob Maier, der dem Mathäus nachgefolgt war, erhielt im Jahre 1670 P. Laurentius Schechtelin dieses Amt. Unter seiner Leitung, die keine glückliche gewesen zu sein scheint, geriet das Kloster in einen starken finanziellen Rückgang. Ein dortiger Pater, Albert Thoma, schreibt an Prior Benedikt Hefelin in Sion unterm 31. Januar 1677: "Unser Kloster hat Schulden im Ueberfluß; es ist kein Getreide vorhanden; denn es wurde nichts gesät; deshalb ist auch nichts zu erwarten. Unsere Untergebenen sind durch die Kriege beraubt, zugrunde gerichtet, vertrieben; wer wird uns helfen? Wenn der Herr das Kloster nicht rettet, so ist es um dasselbe geschehen. Ach, wenn Herr Prior Hefelin helfen könnte!" Und letzterer hat das Kloster wieder in die Höhe gebracht.

Im Februar 1677 starb Prior Schechtelin nach langer Krankheit, die wohl auch Mitursache war, daß das Kloster in Zerrüttung geriet. Am 8. Mai 1677 wurde Benedikt Hefelin von Sion zum Prior gewählt. Am 18. Mai huldigte ihm die Gemeinde Oberried. Gottes Vorsehung schickte diesen starken Mann, der das Kloster durch die folgenden schweren Zeiten leitete.

h) Freiburg unter französischer Herrschaft.
1677 - 1697.
Abzug der Wilhelmiten von Freiburg nach Oberried 1682.

Die Zeiten waren schon seit dem Jahre 1675 unruhig und kriegerisch, da der ländergierige König Ludwig XIV von Frankreich seine Armee an den Rhein führte, um sein Reich durch deutsches Land zu vergrößern. Nachdem der Krieg unterhalb und oberhalb Offenburg schon seit 2 Jahren mit allen Greueln gewütet hatte, zog sich die Kriegsflamme allmählich in die obere Rheingegend. Es näherte sich am 8. Nov. 1677 der französische Marschall von Crequi der breisgauischen Hauptstadt. Soldaten, Bürger und Studenten verteidigten sie anfänglich tapfer. Aber in der Stadt kommandierte der 78 jährige feige und schwache General Schütz, auf dem befestigten Schloßberg der Hauptmann Biswurm. Letzterer war mit den Worten: "Lebendig sollen mich die Franzosen nicht bekommen", bereit, die Festung bis auf den letzten Tropfen Blutes zu verteidigen. Als aber die Franzosen eine Bresche in die Mauer geschossen hatten und ohne Widerstand zu finden, am 16. November in die Stadt eingedrungen waren, übergab Schütz ohne weitere Gegenwehr die Stadt. Man hat den traurigen Mann nachher in Untersuchung genommen, und da zu viele Beweise für einen Verrat vorlagen, kriegsrechtlich erschossen. Er hatte schon in den ersten Tagen der Belagerung zu den Stadtherren gesagt: "Ich habe großes Mitleiden mit Euch; denn Eure Stadt wird in französische Hände kommen. Der König von Frankreich ist aber ein barmherziger Herr und wird sie vielleicht nicht verbrennen". Er hat die Stadt allerdings nicht verbrannt wie Offenburg und unzählige Dörfer in der Ortenau und im Breisgau, weil es in seinem Interesse lag, sie zu schonen; denn Freiburg und Breisach sollten die zwei Stützpunkte für die zukünftige französische Macht sein.

Ludwig XIV. hat damals schon den Grundsatz von Machiavelli befolgt: "Man muß die Besiegten entweder niederwerfen und ganz vernichten, oder mit Wohltaten überhäufen und versöhnen." Die Umgegend von Freiburg wurde verwüstet, der Schwarzwald ausgeplündert, die Einwohner von Oberried verjagt, der vordere Maierhof in St.Wilhelm wie jener auf der Halde im Hofsgrund abgebrannt, aber die Stadt wollte er erhalten. Er versuchte sogar, die Liebe der Freiburger zu gewinnen und bedachte sie mit mancherlei Gnaden und Begünstigungen. Am 17. Oktober 1681 kam der König mit Gemahlin und Sohn selbst nach Freiburg. Die Königin ließ sich auf einem Tragsessel in das Münster geleiten, und der König besichtigte die Befestigungen, welche Vauban angelegt hatte. Der Bürgerschaft trug die andauernde Bautätigkeit viel Geld ein. Infolgedessen bildete sich in der Stadt bald eine französische Partei, zum Aerger des ganzen Breisgaues. Trotzdem aber mußte die Stadt Freiburg an der vom Könige auferlegten Kontribution von 200.000 Franken allein die Summe von 29.731 Franken zahlen. Die übrigen Städte der Provinz Freiburg (nämlich Kenzingen, Endingen, Waldkirch, Burkheim, Bräunlingen, Triberg, Schönau, Todtnau, St.Blasien, Waldshut, Laufenburg, Säckingen, Rheinfelden und die Grafschaft Hauenstein) mußten zusammen 76269 Franken des Kontribution entrichten Den 52 Herrschaften und Besitzungen des Ritterstandes im Breisgau und auf dem Schwarzwald legte man 44.000 Franken auf. Der Rest mit 50.000 Franken verteilte sich auf die geistlichen Stände, nämlich die Abteien St.Blasien, Schuttern, St.Trudbert, St.Peter, Tennenbach, Ettenheimmünster, St.Georgen, Säckingen und Wonnental; ferner auf die Propsteien: Kiechlinsbergen, sowie die Komthureien in Heitersheim und Freiburg.

Die Franzosen hatten es ganz besonders auf das Gebiet und das Eigentum des Wilhelmitenklosters abgesehen. Oberried, Kappel und Hofsgrund sollten isch unter die Schutzherrschaft des französischen Königs begeben, damit so die Franzosen die Eingänge zum Schwarzwald in Händen hätten. Da zeigte sich aber die Treue des P. Prior Hefelin zu dem angestammten Herrscherhause, dessen Gunst das Kloster so viel zu verdanken hatte, im schönsten Lichte. Der Prior weigerte sich entschieden, sich mit seinem Gebiet unter Frankreichs Schutz zu begeben; er blieb dem Hause Oesterreich treu und rettete ihm so einen Teil seines Gebietes; denn nun konnten die Franzosen nicht so leicht ihre Vorposten bis zum Feldberg ausdehnen und dadurch den Schwarzwald beherrschen.

Die Franzosen suchten als Antwort auf das Verhalten des Priors, dem Kloster und seinen Untertanen auf alle mögliche Weise zu schaden. Zunächst stellten sie im Jahre 1678 eigenmächtig und gewaltsam einen französischen Prior aus Grafenthal in Lothringen, namens de la Serre, für das Wilhelmitenkloster in Freiburg auf. Derselbe drohte, den P. Prokurator mit Militärgewalt einsperren zu lassen, wenn er ihm nicht die Einkünfte überlasse und die nötigen Mitteilungen über die Klosterverhältnisse machen würde. "Als ich davon erfuhr", schreibt Prior Hefelin, " ich war in Klingnau und eilte sofort nach Waldshut, wo ich jedoch von der Regierung nur den Befehl erlangen konnte, daß die Klosteruntergebenen einstweilen keinem andern Eid leisten sollten.

Am 7. März begab ich mich nach Freiburg; ich konnte aber weder bei dem Pfarrer von Kirchzarten noch bei der Stadt Hilfe finden. Am 12. November ging ich nach Breisach wo ich durch den Guardian der Kapuziner, welcher französisch sprechen konnte, die Sache dem Intendanten vortragen ließ. Dieser versprach nach 2 Tagen selbst nach Freiburg zu kommen und den Streit schlichten zu wollen. Als ich am 13. November nach Freiburg zurückkehrte, berichtet Hefelin weiter, habe ich mit eigenen Schlüsseln die Türen des Klosters geöffnet; denn der Prior de Ia Serre war tags zuvor mit zwei Soldaten und unserem Diener fortgegangen, um in Kappel und Oberried die ausstehenden Gefälle und Bodenzinse persönlich einzutreiben. Daselbst ließ er sich wahre Schandtaten zu schulden kommen. Auf die Nachricht hin, daß der rechtmäßige Prior im Kloster sei, eilte er nach demselben zurück. Er fand es verschlossen; aber er drang voll Zorn durch die aufgebrochene Mauer des Erdgeschosses zur Prioratswohnung wo die Brüder mit mir versammelt waren, drückte seine beiden Arme auf meine Brust und bedrohte mich. Dann legte er einen bewaffneten Soldaten in unser Haus und rief den Statthalter um Hilfe, auf dessen Befehl ich ihm die Schlüssel übergab, welche er behalten sollte, bis der Intendant in Breisach seine Entschließungen getroffen hätte." Einen ähnlich lautenden Bericht sandte Hefelin an den Bischof von Konstanz, der das Kloster in seinen Schutz nahm. Schließlich fand diese Angelegenheit auf diplomatischem Wege in Paris durch die kaiserliche Gesandtschaft ihre Erledigung. Prior de la Serre mußte weichen.

Die Feindseligkeit der Franzosen dauerte fort. Die Treue des Priors Hefelin war den Franzosen ein Dorn im Auge. Im November 1679 hatte die Stadt Freiburg dem französischen Könige gehuldigt. Der Prior erhob nun seine Bedenken über die Ausübung der Vogteirechte durch den nunmehr französischen Stadtmagistrat; denn es wurden auch die Gemeinden Oberried, Kappe! und Hofsgrund zu den städtischen Kontributionen herbeizuziehen versucht. Auf die Seite der Franzosen stellte sich nun der Freiburger Stadtsenat und wetteiferte mit denselben in der Bedrängung des Klosters.

Man drohte mit der Austreibung, wenn das Kloster irgendwie mit Oesterreich in Verbindung trete; besonders verboten die Franzosen strengstens, nach Waldshut zu gehen, wo damals der Sitz der vorderösterreichischen Regierung war. Nachdem alle Unterhandlungen mit der französischen Regierung gescheitert waren, stellte Kaiser Leopold I. dem Prior Hefeli, in Anerkennung seiner Untertanentreue, am 3. Oktober 1681 einen Schirm- und Gnadenbrief aus, worin er das Kloster der städtischen Klostervogtei entledigte.

Dieser vielen Drangsalien müde, hatten die Wilhelmiten beschlossen, aus Freiburg fortzuziehen.  Der Prior berichtete an den Generalvikar in Konstanz, daß er und seine Brüder keine Heimstätte hätten und sich gezwungen sähen nach St.Wilhelm zu gehen. Als nun der Generalvikar eine genaue Angabe der Gründe für eine Auswanderung verlangte, verfasste Prior Hefelin am 12. Januar 1682 eine größere Denkschrift, aus welcher wir einen schrecklichen Einblick in die Wut der französischen Regierung gegen das kaisertreue Kloster gewinnen.

Pater Hefelin berichtete: Die Franzosen haben unseren Obstgarten und den Frledhof zur Befestigung der Stadt verwendet. Die Schlafzellen wurden bis auf drei niedergerissen; dadurch wurde der Raum, welcher dem Kloster verblieb, zu eng und unwohnlich. Der Schaden betrug nach oberflächlicher Schätzung 10.000 fl. Zugleich besetzten die Soldaten das Kloster, vertrieben die Väter aus dem Speisesaal. Die Küchengeräte wurden den Mönchen genommen, so daß sie aus den Kochhäfen essen und lange Zeit sogar auf Stroh übernachten mußten.

Der Stadt machte Prior Hefelin den Vorwurf, daß sie das Kloster mehr belastet habe als ihre eigenen Untertanen. Der Vogt habe keine Ehrfurcht vor dem Prior und Konvent und lasse die Mönche sogar einsperren. Die Wilhelmiten würden mit Einquartierung bedacht, während die andern Klöster davon befreit wären. Die Lasten des Klosters seien größer als die der andern, obwohl dasselbe in der Stadtgemarkung nur Güter im Werte von kaum 400 Gulden besäße. Bezüglich der Aufnahme der Alumnen sei der Wille des Vogtes maßgebend, so daß das Haus mehr einem Spitale als einem Kloster gleiche, weil nur Krüppel und Sieche, also Leute, die untauglich seien, aufgenommen wurden.

Der Generalvikar riet, das Kloster zu verkaufen. Doch wo einen Käufer finden? Die Lage wurde immer bedrängter. Nur der Gedanke, in Oberried keine Wohnung zu finden, verzögerte noch den Abzug der Mönche. Als nun aber Kaiser Leopold I., wie bereits erwähnt, sie seines besondern Schutzes versicherte, sie von der Kastenvogtei der Stadt Freiburg befreite, als er ihnen zur Erbauung eines neuen Klosters die Abgaben von Wein und Salz in den drei Gemeinden Oberried, Kappel und Hofsgrund für 30 Friedensjahre bewilligte, und ihnen noch andere Begünstigungen wie z. B. die Verwaltung der Pfarrei Schonach bei Triberg und das Besetzungsrecht mehrerer Pfarreien in Aussicht stellte, so ließen sie sich nicht mehr lange in Freiburg zurückhalten.

Nachdem die vorderösterreichische Regierung dem kaiserlichen Bescheide beigetreten war, wurde der Auszug vollzogen. Prior Hefelin dankt in einem Briefe an die Regierung für das Wohlwollen und berichtet zugleich, daß er Freiburg am Donnerstag in der Karwoche des Jahres 1682 verlassen habe, um den Willen des Kaisers zu erfüllen. Auch dem Stadtsenat in Freiburg sagt er in einem Schreiben "Lebewohl", behielt sich aber das Bürgerrecht und die Wiederbesetzung des Klosters vor.


VII. Die Wilhelmiten in Oberried
1682 - 1725.

Wir haben nun eine schwere, traurige Zeit zu schildern, die Zeit des Abzuges von Freiburg und der Wiederansiedelung in Oberried.

Um die Osterzeit 1682 zogen die von den Franzosen wie nicht minder von der Stadt Freiburg verfolgten armen Brüder zunächst an die Wiege ihres Klosters nach St.Wilhelm. Fragen wir zuerst nach den Ursachen dieses Hasses, so ist es klar, daß bei den Franzosen politische und bei den Freiburgern wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend waren.

Gegen andere Klöster war der König von Frankreich wohlwollend. z.B. gegen die Kapuziner und Clarissinnen. Das Kloster der Kapuziner, in der Lehener Vorstadt gelegen, war auch zerstört und fiel in die Befestigungslinie wie das Wilhelmitenkloster, aber man schenkte ihnen innerhalb der Stadt einen neuen Bauplatz und schon  1682 bezogen die Kapuziner ihr neues Kloster, welches teils auf Kosten der Bürgerschaft, teils auf Kosten des Königs von Frankreich erbaut worden war. Ebenso steuerte Ludwig XIV. zur neuen Errichtung des Clarissinnenklosters vieles bei. Diese "Schwestern zum Lämmlein" scheinen in besonderer Gunst des Königs gestanden zu sein.

Nicht so die Wilhelmiten. Der König hätte ihnen vielleicht noch mehr als 6000 Gulden zum Neubau des Klosters angeboten, wenn sie in der Stadt, somit unter französischer Herrschaft, geblieben wären. Da außer der Stadt auch Lehen, Betzenhausen und Zarten unter derselben standen, so hätte man es gerne gesehen, wenn auch Oberried, Kappel und Hofsgrund dazu gekommen wären; denn mit diesem Besitze hätten die Franzosen ihre Vorposten bis auf den Feldberg vorschieben können und die Stellungen der Oesterreicher aus dem Schwarzwald bedroht. Allein Prior Hefelin hatte soviel Patriotismus und Liebe zum Kaiserhause Oesterreich, daß er dieses Ansinnen zurückwies. Kaiser Leopold war dafür so dankbar, daß er den Brüdern noch 1000 Gulden zum Neubau schenkte.

Der Stadtsenat in Freiburg ließ die Wilhelmiten nicht gerne fortziehen, da sie seither getreulich mitgeholfen hatten, alle Lasten zu tragen. Ja man hat ihnen oft mehr aufgeladen, als billig war. Z. B. als im Jahre 1677 die Stadt 29.730 Franken als Kontribution an die Franzosen zahlen mußte, legte sie dem Kloster 2575 Franken auf. Als 1679 nach dem Nimweger Frieden Freiburg und Provinz nebst den einzelnen Ständen wieder 100.000 Franken an Frankreich bezahlen mußten, verlangte man von den Wilhelmiten 3000 Franken. Zur Befestigung der Stadt mußten 1000 Stämme Holz geliefert werden, wovon die "Oberrieder" wieder allein 300 entrichten sollten. Als sie die Abgabe verweigerten, kamen Soldaten und fällten das Holz im Klosterwald

Darum wollte Freiburg das Recht der Kastenvogtei nicht aufgeben, obwohl der Kaiser in seinem Gnadenbrief von 1681 es aufgehoben hatte. Nochmals im Jahre 1699 setzte man für das Kloster einen neuen Kastenvogt ein. Die Wilhelmiten wiesen aber diese Schutzherrschaft entschieden zurück und wandten sich an den Kaiser Leopold, der im Jahre 1700 jenen Gnadenbrief erneuerte, die Schutzherrschaft der Stadt endgiltig aufhob und alles, was die Stadt noch an das Kloster forderte, selbst entrichtete.

So lange aber Freiburg unter französischer Herrschaft stand, konnte der Kaiser den Wilhelmiten nicht helfen. Wie Verbannte und Geächtete suchten sie zunächst Schutz hinter den verfallenen Mauern des alten Klosters in St.Wilhelm, die sie zur Not eindeckten. Aber auch hier wurden sie von den Franzosen, denen die Freiburger den Weg zeigten, aufgespürt. Sie verbrannten den armen Mönchen die Gebäulichkeiten und raubten ihnen die dorthin geflüchteten Habseligkeiten und Wertsachen.

Nun dachten die Wilhelmiten an einen Neubau, und es gelang ihnen, den unteren Steierthof von Hans Steiert in Oberried zu erwerben, den Platz, auf welchem heute noch die Kirche und die daran stoßenden Gebäulichkeiten stehen.

Kaum hatten sie 1683 dieses Haus bezogen und angefangen, ein Kirchlein zu bauen, so kamen wieder die Franzosen, verwüsteten alles, »so daß nicht einmal mehr Eisenstoff im Werte von drei Kreuzer vorhanden war«, schreibt Prior Hefelin. Sie zerstörten das Landhaus, worin die Mönche ihr besseres Hausgerät untergebracht hatten, schlugen alles ,,kurz und klein«, und brannten auch noch einige Bauernhäuser nieder.

Doch der Prior verlor den Mut nicht. Als im Juli 1684 ein 20jähriger Waffenstillstand zwischen dem Kaiser, dem römisch-deutschen Reiche und dem Könige der Franzosen vereinbart wurde, nahm man den Klosterbau energisch in Angriff.

Den Bauplan entwarf ein Franziskaner, Namens Bitt, "ein trefflicher Baumeister". Der Maurer und Werkmeister Jakob, Martin von Freiburg übernahm die Maurerarbeiten, die Zimmerarbeiten Lorenz Zipfel von Kirchzarten um 220 Gulden. Die Fenstersteine liess man von Tennenbach herbeischaffen. im Jahre 1685 bewilligte der Bischof von Konstanz auch den Bau der Kirche, und am 7. April 1687 legte im Namen der kaiserlichen Majestät der Lizenziat Johann Mangold, Pfarrer von Kirchzarten, den ersten Stein zur Kirche, welchen Prior Hefelin benedicierte.

Schon Mitte Mai 1687 konnte das neue Kloster bezogen werden, und am 18. Juli 1688 wurde am Skapulierfeste der erste Gottesdienst in der Kirche gehalten. Viele Menschen von nah und fern wohnten der Feier bei und 700 empfingen die hl. Sakramente. Die eigentliche Konsekration der Kirche fand erst am 6. Mai 1699 durch Suffragonbischof Konrad Ferdinand von Konstanz statt. Indessen waren die Jahre bis 1699 für das Kloster keineswegs Jahre des Friedens.

Im Jahre 1688 nämlich brach König Ludwig XIV. den abgeschlossenen 20jährigen Waffenstillstand, fiel in die Pfalz ein, brannte durch den berüchtigten General Melac Städte und Dörfer nieder. Dieser zog verwüstend landauf und schon gegen Mitte Oktober waren alle befestigten Plätze bis Offenburg zerstört; diese Stadt wurde samt der schönen gothischen Kirche gänzlich verbrannt. Jetzt entstand auch im Breisgau überall Schrecken und alles floh in die Ferne.

Da verlangte die Stadt Freiburg vom Kloster wieder die schriftliche Anerkennung, daß es sich unter die Obhut der Stadt, also unter die französische Herrschaft stelle. Als man den Prior, der nicht darauf einging, verhaften wollte, entfloh er nach Schwaben. Der Kommissär Cramyson wollte nun den Prokurator des Klosters bestechen gab ihm 5 Dublonen, damit er den Prior aufsuche und zurückbringe, und versprach ihm noch 500 Franken, wenn er die Stellung der Oesterreicher auskundschafte. Der Prokurator gab ihn das Judasgeld zurück.

Einige Herren von Freiburg kamen auch in das Tal und sagten zu den Untertanen: "wenn ihr es nicht mit den Franzosen haltet, so müsset ihr 1200 Gulden bezahlen". Auf ihre Weigerung hin wurden sie zur Zahlung dieser Summe gezwungen.  Auch der Prokurator wurde unter dem Vorgehen, er habe seinen rechtmäßigen Herrn die Abgaben verweigert, zur Entrichtung von einigen hundert Gulden verpflichtet.  Man überredete ferner die Klosteruntertanen dem Kloster keine Abgaben mehr zu leisten, fuhr mit den Verwüstungen fort und belegte alle Lebensmittel, welche die Wilhelmiten mit sehr großen Unkosten vor auswärts beziehen mußten, mit doppeltem Zolle.

Endlich, nachdem der tapfere Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, der "Türkenlouis", die Franzosen auf das Haupt schlagen hatte, kam 1697 der Friede von Ryswyk zu Stande, nach welchem das ganze Elsaß mit Straßburg bei Frankreich verblieb, dagegen Breisach, Freiburg, Kehl und Philippsburg in deutschen Besitz zurückfielen.  Infolgedessen wurde1698 die vorderösterreichische Regierung von Waldshut wieder nach Freiburg verlegt.

Trotz der seltenen Treue gegen das österreichische Haus wurde Prior Hefelin bei der Regierung angeschwärzt, als ob er französisch gesinnt wäre.  Diese Verleumdung konnte der Prior zwar leicht widerlegen, aber sie tat ihm doch sehr wehe.  Ebenso betrübte es ihn, daß er von der Regierung seine Besitzungen in Freiburg nicht zurückerhalten konnte. Das Militär nahm sie mit Gewalt weg und benützte sie zu einem Zeughaus und Arsenal.  In allen Briefen des Priors kehrten die Sätze wieder: "Dieses alles leidet mein Kloster wegen seiner Treue zu Oesterreich". "Nie habe ich selbst noch einer meiner Untertanen im Geringsten sich gegen den Kaiser vergangen". Ferner: "Wenn der Prior von der Stadt ein unausstehlicher Mann geschimpft wird, so besteht seine Unverträglichkeit darin, daß er die Rechte des Klosters wahrt und verteidigt."

Diese Rechte mußte Hefelin in folgenden Fällen wahren:

a) Das Karthäuserkloster (gegründet von Ritter Johann Schnevelin im Jahre 1346), verlangte von Prior Hefelin 600 fl.  wegen einer Wiese in Wittelsbach, welche aber den Wilhelmiten gerichtlich zugesprochen wurde. In diesem Rechtsstreite appellierten die Karthäuser an die Stadt Freiburg, die ihnen gut gesinnt war.  Die Stadt verkaufte sodann die den Wilhelmiten noch gehörigen Gebäude in Freiburg und sprach den Erlös, sowie einen Zehntel der von den Franzosen bewilligten Entschädigungsgeldern den Karthäusern zu.  Erst im Jahre 1705 wurde zwischen Prior Füßlin in Oberried und Prior Henggis von der Karthause ein Vergleich geschlossen, wonach Oberried für alle Ansprüche 130 fl. an die Karthause zu zahlen hatte.  Auch wegen des Fischrechtes gab es Zwistigkeiten. Die Karthause beanspruchte das Fischrecht von der Mühle in Geroldstal bis in die Dreisam. Der Bischof von Konstanz setzte eine Kommission ein, welche entschied: "Oberried hat das Fischrecht vom Schauinsland bis in den Bruggabach und von da bis zum Wehr unterhalb der Mühle und von da ab erst hat die Karthaus das Fischrecht bis in die Dreisam".

b) Wie früher der deutsche Ordens-Komthur gegen den Prior Ulrich Roth feindselig auftrat, so bereitete auch jetzt der Komthur Reinard, Baron von Lampoldingen, dem Prior Hefelin erneute Unannehmlichkeiten: Er beanspruchte nämlich das Recht, in Kappel den Mesner anzustellen (das Patronatsrecht auf die Pfarrei besaß er bereits.) Wahrscheinlich war der große Güterbesitz, welcher zur Mesnerei gehörte, der Grund dieses neuen Anspruches. Im Jahre 1680 hatte Hefelin den Mesner Hans Steiert an der Kirche in Kappel angestellt. Der Komthur dagegen ernannte einen Ferdinand Winter zum Mesner. Das führte zu skandalösen Auftritten in der Kirche und sogar zu Schlägereien auf dem Kirchhof. Erst im Jahre 1715 entschied der Päpstliche Nuntius in Luzern, nachdem er alle Schriftstücke gründlich geprüft hatte, zugunsten des Klosters in Oberried.  Also befand sich Hefelin wieder im vollen Rechte.

c) Auch wegen Besetzung der Pfarrei Schonach bei Triberg kam Hefelin in Konflikt und zwar mit dem Bischof in Konstanz.  Der Kaiser hatte nämlich in seinem Gnadenbriefe von 1681 dem Kloster Oberried das Besetzungsrecht der Pfarrei Schonach verliehen. Im Jahre 1700 mußte Hefelin nach Wien berichten, daß der Bischof ihm das Besetzungssrecht entzogen habe. Pater Angelus, der im Namen des Klosters die Pfarrei verwaltete, bekam nämlich Zwistigkeiten mit dem Präfekten Noblat in Triberg. Ganz ohne Schuld war Pater Angelus nicht. Das Schlußresultat der Verhandlungen zwischen Wien und Konstanz war: Pater Angelus wird als Prior nach Mengen versetzt und die Regierung besetzt die Pfarrei mit dem Weltpriester Veltin.

d) In den Jahren 1698 - 1710 hatte das Kloster mit seinen Untertanen in Oberried, Kappel und Hofsgrund Schwierigkeiten wegen des "Drittels" und anderer Rechte.  Die Bauern hatten in den Kriegszeiten sich nach und nach Fisch- Holz- und Weidrechte angeeignet und wollten nun einen ständigen Rechtsanspruch geltend machen, zugleich wollten sie statt des Drittels nur ein Viertel zahlen. Das weltliche Gericht, welches durch das Kloster angerufen wurde, entschied zuletzt im Jahre 1707 zugunsten des Klosters. Eine Appellation der Bauern von Kappel nach Innsbruck wurde abgewiesen.  Auch in diesem Falle mußte Hefelin pflichtgemäß für die Reichte des Klosters eintreten.

Wie ein strenger und doch wieder gütiger Vater hielt Prior Hefelin unter seinen Untertanen auch Zucht und Ordnung. Dieses beweisen uns die Protokolle und Dinggerichte, welche er abhielt. Alsbald nach der Wiederansiedelung in St.Wilhelm hielt er am 18. Oktober 1682 in Oberried ein solches Dinggericht. Das Protokoll beginnt gewöhnlich mit Folgendem: "Gegenwärtig sind: der Prior oder der Subprior als Stellvertreter und der Kastenvogt, ferner die Richter, meistens sieben an der Zahl und von der Gemeinde gewählt, sämtliche Gemeindebedienstete, als die
Gevietrsleute (Bannwarte und Marker), die Weinsiedler (welche das Umgeld einzogen), Feuerschauer und Kirchenpfleger, und endlich die Taglöhner und Hintersaßen." Wenn der Vogt, die Gerichtsleute und die Gemeindediener für den neuen Jahrgang gewählt waren,

wurde das Gericht für "verbaut"  oder eröffnet erklärt, sofort der Dingrodel verlesen und von den anwesenden Dinggehörigen das eidliche Gelöbnis erhoben, denselben einzuhalten und sich den Entscheidungen des Gerichtes fügen zu wollen.  Die Hintersaßen legten dagegen ein bloßes Gelübde ab, weshalb sie "Gelübder" hießen.

Hierauf begann das Rügen, d. h. jeder der Anwesenden wurde bei seinem Eide zu der Angabe aufgefordert, ob er einen Fall kenne, worin gegen den Wortlaut des Dingrodels gehandelt worden. Diese Fälle bestunden in Wald- und Feldfreveln, Schlägereien, Diebstählen, Beleidigungen u. dergl. Gemäß der Aufforderung des Kastenvogtes gab jeder der Anwesenden seine Erklärung ab. Ueber die vorgebrachten Schuldfälle wurde sogleich erkannt, d.h. das Urteil gesprochen und das Bußgeld bestimmt. Nachdem dieses geschehen, wurden die bürgerlichen Sachen, welche der gerichtlichen Gewährung bedurften vorgenommen und erledigt, namentlich Käufe und Tausche, Erbschafts-, Heirats-, Schuld- und Gantsachen.  Endlich erließ das Gericht zuweilen auch polizeiliche Anordnungen, Warnungen verschiedener Art, bestimmte die Höhe des Umgeldes und traf endlich Maßnahmen in Forst- und Jagdsachen.
Der Jäger z.B. erhielt an Schußgeld:
von einem Hirsch oder Wildschwein 1 fl. ,
von einem Reh oder Auerhahn 12 Batzen,
von einer Wolfshaut 1 fl.,
von einem Hasen oder Fuchs 3 Batzen,
von einem Hasel- oder Rebhuhn sowie für Schnepfe 6 Kreuzer.

Im Kirchzartener Tale fanden sich nach einer Urkunde von 1544 außer Wölfen auch noch Bären und Luchse vor.

Alle Haupthandlungen des Dinggerichts trug ein Klosterbeamter in das Gerichtsprotokoll ein. Diejenigen Fälle die vor das peinliche Gericht gehörten, wurden in Freiburg abgeurteilt und dort die Exekution vollzogen.
Fürstabt Meinrad Troger von St.Blasien
1749 - 1764.

Soweit noch einige Protokolle im Pfarrarchive in Oberried sich vorfinden, will ich hier einige Beschlüsse, die uns einen Einblick in die Zeitverhältnisse bieten, veröffentlichen:

Fürstabt Meinrad Troger von St.Blasien
1749 - 1764.

Soweit noch einige Protokolle im Pfarrarchive in Oberried sich vorfinden, will ich hier einige Beschlüsse, die uns einen Einblick in die Zeitverhältnisse bieten, veröffentlichen:

a) Vom 15.  November 1660.
1.  Das Tabaktrinken beim Dinggericht ist bei Strafe von 10 Batzen verboten. Der Genuß dieses Krautes hatte sich um diese Zeit auf dem Schwarzwalde vom Hofbauern bis zum Taglöhner herab, sehr verbreitet.  Weil die Leute in früheren Zeiten, wie mancherorts auch heute noch, den Tabakrauch zuerst schluckten und dann erst durch Mund und Nase ausstießen so ist damals der Ausdruck "Tabaktrinken" aufgekommen.
2.  Als Kurpfuscherei wurde verboten, daß die Untertanen sich bei Simon Meyer in Zastler segnen lassen, oder seine Arzneien gebrauchen.
3.  Andreas Reeß soll zu Hause arbeiten, Weib und Kind ernähren Sauf und Spiel meiden, oder er soll des Tales verwiesen werden.
4.  Alle Winkelkäufe sind ungiltig.

b) Vom 16. November 1682.  Es wurden verboten:
1. Die Morgensuppen bei Hochzeiten.
2. Die Schmausereien bei Kindstaufen.
3. Das Würfelspiel bei jungen Leuten.
4. Das Ahornhauen.

Da zu jener Zeit überall unmäßige Trinkgelage in Schwung waren hatte auch die Stadt Freiburg ähnliche Beschlüsse gefaßt.

c)  In einem Protokoll von 1684 wurde den Bauern aller Holzhieb untersagt, da sie den Wald schändlich zugerichtet hatten.  Es wurde jedoch das nötige Holz zum Bauen bewilligt, sowie Jenen das Brennholz, die das Waldrecht hatten.

d) Noch Einiges aus andern Protokollen: Am 4. August 1686 wurden zu St.Wilhelm während des Amtes und in der Predigt die drei Söhne des B. Hercher mit brennenden Kerzen und Ruten in den Händen vor die Kirche gestellt, nachdem sie vorher bei Wasser und Brot acht Tage im Klosterkerker gelegen hatten, weil sie an ihren Vater gewaltsam Hand angelegt und ihn sonst mißhandelt hatten. An Pfingsten des Jahres 1682 wurde ohne Erlaubnis zu St.Wilhelm im hintern Meyerhofe getanzt. Zur Strafe mußten die Buben den Weiher säubern, die Mädchen im Garten arbeiten. Immer kehren die Verbote wieder, Pferde, Schweine und Rinder ohne Hirten auszulassen. Wiederholt wird das ,,Tabaktrinken" verboten.  Wegen allzu langem Aufenthalt und Volltrinken zur nächtlichen Zeit in den Wirtshäusern ist von der Polizei der Feierabend im Winter auf 8 Uhr und im Sommer auf 9 Uhr zu verkünden.

Wie über die weltlichen Untertanen, so führte Prior Hefelin auch über die untergebenen Geistlichen gewissenhaft Aufsicht. Das beweisen seine Visitationsberichte, z. B. dasjenige vom Kloster Sion vom 28.  Sept 1678.  Er schärfte den Mönchen Vornahme einer täglichen halbsündigen Betrachtung, und die Abhaltung des Kapitels am Freitag ein; er verordnete ferner, daß die Stunden der Mahlzeiten genau eingehalten werden, daß den Mönchen hie und da ein außerordentlicher Trunk gewährt, aber stets Mäßigkeit beobachtet werde.

Der Lebensabend Hefelins sollte nochmals durch einen Krieg, den spanischen Erbfolgekrieg (der 1701 ausbrach und bis 1714 dauerte), getrübt und beunruhigt werden. Anfänglich herrschte am Mittel-  und Oberrhein noch Ruhe, solange der tapfere Markgraf Ludwig von Baden den Oberbefehl hatte. Als aber der französische Marschall Villars in den Breisgau einrürkte, zog sich Hefelin am 19. März 1703 nach Klingnau in der Schweiz zurück.

Es kamen wieder schwere Zeiten über das Kloster. Im Jahre 1705 besteuerten die Franzosen von neuem die Gemarkung Freiburg mit 6000 Franken und 6000 Rationen Lebensmittel. Man drohte, das Wilhelmitenkloster in Brand zu stecken, wenn es nicht 2000 Taler zahle. Pater Rainald Rach entrüstete sich über diese harte Behandlung in so heftigen Ausdrücken, gegen die Franzosen, daß er mit Pater Peter Rach gefangen nach Neuenburg abgeführt wurde. Es gelang ihm indessen, in Frauenkleidern nach Einsiedeln zu entfliehen. - Den Prior Hefelin lud man brieflich ein, nach Freiburg zukommen. Allein derselbe weilte schwer krank im Juli und August zur Kur in Baden im Aargau. Es stellte sich Wassersucht ein und am 11. November 1703 starb Hefelin im Kloster Sion, nachdem er noch am 1. November einen ernster Brief an Subprior Albert Füßlin zur Aufrechthaltung der Ordnung nach Oberried gesandt hatte. Er konnte als großer Dulder wie einst Papst Gregor VII ausrufen: ,,ich habe die Gerechtigkeit geliebt, und das Unrecht gefaßt, darum sterbe ich in der Verbannung."

An: 15. Januar 1704 wurde Albert Füßlin, geboren zu Neuenburg, zum Prior gewählt. Derselbe war der kleinste unter den Patres, sehr gebildet, Doktor der Philosophie dazu allgemein beliebt; denn es heißt von ihm: "Die Untergebenen folgten ihm auf jeden Wink; keiner ging ohne seine Erlaubnis, keiner kaufte etwas oder machte Schulden." Sparsamkeit war auch sehr notwendig; denn der Bau des Klosters und der Kirche hatte viel Geld verschlungen und die Einnahmen waren gering.

Im Jahre 1711 verlangte die Regierung Abrechnung über die Einnahmen und Ausgaben des Klosters seit dem Jahre 1681, weil demselben durch den mehrerwähnten Gnadenbrief des Kaisers auf die Dauer von 30 Jahren die Erhebung der Abgaben von Salz und Wein überlassen war. Die Einnahmen aus diesen Abgaben beliefen sich jedoch nur auf 1701 fl., denn die Untertanen konnten in den Kriegsjahren 1683 - 1699 überhaupt nichts bezahlen. Die Gesamteinnahmen betragen 5012 fl. Die Kosten des Kirchenbaues mit 6000 fl. hatte das Kloster aus den aufgekündeten eigenen Kapitalien und den jährlichen Zehnten ,,zusammenscharren" müssen.

Wir bekommen ein genaues Bild von dem Einkommen des Klosters durch die Selbsteinschätzung, welche der Prior gelegentlich der vom Papste Klemens XI. im Jahre 1717 ausgeschriebenen "Türkensteuer" einreichen mußte. Der Papst hatte nämlich die Geistlichkeit verpflichtet, auf drei Jahre den Zehnten vom Einkommen als Türkensteuer zu zahlen. Nachdem die Türken in den langwierigen, blutigen Kriegen von 1663 - 1699, in welchen bekanntlich unser badischer "Türkenlouis" die glänzendsten Siege errang, auf das Haupt geschlagen waren, brachen sie im Jahre 1716 wiederum in Ungarn ein. Als Prinz Eugen die Türken bei Peterwardein geschlagen hatte, bewilligte der Papst zur Bestreitung der Kosten und zur Fortsetzung des Krieges den Zehnten aller geistlichen Einkünfte in den österreichischen Erbländern. In der siegreichen Schlacht bei Belgrad im Jahre 1717 wurde das türkische Joch endgiltig gebrochen und es erscholl in allen Landen das Lied vom "Prinz Eugen dem edlen Ritter".

Nach jener Selbsteinschätzung setzte sich nun das Vermögen des Klosters damals nach einer Spezialrechnung zusammen wie folgt:
1. Die zum Kloster Oberried gehörenden liegenden Güter ertragen, ein Jahr in das andere gerechnet, so viel, um zur höchsten Notdurft des Konvents 3 Pferde und 3 Kühe zu halten.
2. Die zu diesem Kloster gehörenden vier Maierhöfe ertragen jährlich in rauher Währung 440 fl.
3. Die 2 1/2 Jauchert Reben kosten uns jährlich so viel, auch öfters mehr, als der davon gezogene Wein an Geldwert beträgt. (Bemerkung: Das reine Erträgnis der Reben war, wie man daraus ersieht, schon vor 200 Jahren so gering wie heute.)
4. Die Grund und Bodenzinse ertragen jährlich 181 fl.
5. Die Frucht und Getreidegülten ertragen in dreierlei Sorten 100 Muth, nämlich:
Weizen 20 Muth a 1. fl. 20 Kr· = 26 fl. 70 Kr.
Roggen 30 Muth a 1 fl. = 30 fl.
Gerste 50 Muth a 40 Kr = 33 fl. 20 Kr
Diese Frucht wird jährlich für den Konvent, die Knechte, Mägde und armen Leute gebraucht, reicht aber öfters auch nicht. An Wein und Fruchtzehnten haben wir nichts, sondern müssen jährlich den Wein meistenteils kaufen.

Von der Pfarrei Schonach haben wir nichts, weil beständig zwei Patres darauf sind.
 
Die ausgeliehenen Kapitalien sind für die neuen Klostergebäulichkeiten verwendet worden.

Die Gesamteinnahmen betragen demnach 621 fl. oder Reichswährung 517 fl. 30 Kr.

Die Ausgaben belaufen sich:
1. Zur Unterhaltung der acht Mönche, für Speis, Trank und Kleidung = 475 fl.
2. Gehalt des Amtsverwalters 24 fl.
3. Lohn für 2 Knechte und 2 Mägde = 70 fl.
4. Sodann für einen Zieglerknecht = 53 fl. 30 Kr
Zusammen 622 fl. 3 Kr. oder in Reichswährung 518 fl. 20 Kr. Ueberdies muß das Kloster vier Maierhöfe, das Klostergebäude und zwei Kirchen unterhalten, außerdem 40 fl. für Wachs, Oel, Weihrauch und 15 fl. für Wein und Fruchtzoll geben. Auf Grund dieses keineswegs günstigen Vermögensstandes mußte das Kloster auf drei Jahre jährlich 50 fl. 45 Kr. Türkensteuer zahlen.

Suchte die Regierung die Klöster immer mehr zu Steuern und Abgaben in Kriegszeiten heranzuziehen, so begann sie auch in Friedenszeiten immer begehrlicher nach dem klösterlichen Vermögen zu schielen. Eine Verfügung vom Jahre 1721 erregte in den Klöstern des Breisgaues tiefe Erbitterung. Der Kaiser erließ nämlich ein Dekret, nach welchem in Vorderösterreich beim Ableben eines Gliedes der geistlichen Stände vor der Anberaumung der Neuwahl der Tod dem Kaiser mitgeteilt werden mußte, und der Neugewählte nicht in das Einkommen eingesetzt werden durfte, bis er vom Kaiser genehmigt und über die zeitlichen Güter das Nötige disponiert wäre. Die geistlichen Stände Vorderösterreichs sandten eine Denkschrift nach Wien, wohl einsehend, daß durch eine schlechte Verwaltung zu Zeiten eines Interims das geistliche und zeitliche Gut des Klosters Schaden leiden müßte.

Der Hauptinhalt der Denkschrift lautete:
1. Weil alle Stände die Oberhoheit des Hauses Oesterreichs anerkennen, ist das Dekret überflüssig.
2. Es steht im Widerspruch mit allen Vorrechten, die von den früheren Kaisern verliehen wurden.
3. Die Klöster haben keinen Anlaß zu einer solchen Neuerung gegeben; im Gegenteil, wie glänzte ihre Treue in den Kriegen, was haben sie an Einquartierungen, Steuern und Abgaben auf sich genommen, so daß sie selbst in Schulden kamen!

Beim Tode der Aebtissin von Wonnental bei Kenzingen wurde das Dekret auf äußerst gehässige Weise angewendet. Deshalb wurden auch obige Beschwerden unterm 17. September 1721 in einer nochmaligen Eingabe an den Kaiser wiederholt. Am 26. November 1721 schrieb Abt Blasius III. von St.Blasien noch andere Beschwerden nach Wien. Daraufhin wurde obiges Dekret fallen gelassen, aber mit dem Vorbehalt, daß die Klöster sich verpflichteten, nur Vorsteher von unzweifelhafter Kaisertreue zu wählen.

Um dieses Alles zu verstehen, müssen wir bedenken, daß im Mittelalter der Staatsbedarf, der von dem Bedarf des fürstlichen Hofhaltes nicht scharf getrennt war, überwiegend aus den Einnahmen der Domänen und Regalien, d.i. den königlichen Gerechtsamen, gedeckt wurde. Die Steuer hatte mehr den Charakter eines freiwilligen Beitrages der Stände zu den Staatsausgaben, und konnte nicht ohne deren Bewilligung erhoben werden. Darum waren das Reich und der Kaiser immer arm an Einnahmen, und der Reichskanzler Fürst Bismarck hat deshalb einmal sehr treffend gesagt: "Das alte deutsche Reich ging an der Geld- und Finanznot zugrunde."

Die erste Reichssteuer zur Unterhaltung des neugeschaffenen Reichskammergerichts und einer ständigen Kriegsmannschaft führte Kaiser Maximilian im Jahre 1495 ein. Das Volk gab ihm den Namen des ,,bösen Pfennigs"; denn eine solche Reichssteuer war bisher unter den Deutschen unbekannt gewesen. Sie wurde auch nur ungern und zuletzt vielfach gar nicht mehr bezahlt.

(Im Jahre 1527 bewilligten die Stände zu Freiburg dem Erzherzog Ferdinand 200.000 fl. und den "bösen Pfennig" auf 5 Jahre. Dann bewilligten dieselben Stände im Jahre 1684 dem Kaiser Rudolf II. zur , Landesverteidigung 200.000 fl. und den ,,bösen Pfennig" auf weitere 10 Jahre, später eine Reichs- und Türkenhilfe von je 50.000 fl. und dann wieder eine Extratürkensteuer von 30.000 fl. auf 3 Jahre.)

Bei Beginn des dreißigjährigen Krieges mußten die Stände im Jahre 1620 zur Landesverteidigung 500.000 Gulden und im Jahre 1621 wieder 100.000 fl. und dann nochmals 200.000 fl. bewilligen. Die Lasten waren im Jahre 1671 so schwer, daß "der gemeine Mann und arme Bürger kaum noch schnaufen und ein Stück Brot erübrigen konnte." Dazu kamen die großen Kontributionen, welche die Franzosen auflegten.

Als Freiburg und Breisach wieder an das Haus Oesterreich kamen, verlangte im Jahre 1697 die Regierung für die Garnison 130.000 fl., 2000 Fuhren, 2000 Muth harte Frucht und 100 Stämme Holz.
 
Nach der Schlacht von Höchstädt (1704) hatten die vorderösterreichischen Lande 3.562.540 fl. Schulden.
 
Das deutsche Reich muß jetzt nicht mehr betteln gehen. Fürst Bismarck hat es auch finanziell gut fundamentiert. Die neue Reichsfinanzreform von 1909 war ebenfalls ein eminent patriotisches Werk.


VIII. Die Inkorporation (Einverleibung) mit dem Kloster St.Blasien.
1725.

Nach dem dreißigjährigen Kriege waren alle Wilhelmitenklöster in Deutschland untergegangen, mit Ausnahme der 3 Klöster in Oberried, Sion bei Klingnau in der Schweiz und Mengen in Württemberg. Jedoch hatten auch diese um ihre Existenz schwer zu kämpfen.

Da kein Provinzialoberer mehr dieselben visitierte, so übte seit 100 Jahren der Bischof von Konstanz die Gerichtsbarkeit über sie aus. Ein gewisses Aufsichtsrecht über Sion und Mengen hatte der Prior von Oberried. Derselbe wird urkundlich stets als "Ueberseher und Visitator des Wilhelmitenklosters zu Mengen" bezeichnet. Auch mußte bei Abschließung wichtigerer Rechtsgeschäfte hierzu immer zuerst die Genehmigung des Priors in Oberried eingeholt werden. Wahrscheinlich hätten energische Prioren wie Hefelin die beiden Klöster Sion und Mengen auf der Höhe erhalten; allein diese beiden klösterlichen Gemeinwesen lagen schon zu tief darnieder. Insbesondere zählte das Mengener Kloster längst nicht mehr als drei bis vier Konventualen und hatte immer mit Not und Armut zu kämpfen. Schon im Jahre 1415 hatte der Rat der Stadt Mengen für die Schulden des Klosters Bürgschaft geleistet und sich von den Prioren von Mengen und Freiburg eine Urkunde ausstellen lassen, nach welcher die Stadt, falls sie infolge der Bürgschaft zu Schaden kommen sollte, das Recht habe, von des Klosters Hab und Gut sich selbst bezahlt zu machen.

Ebenso bewilligte im Jahre 1470 der Prior von Mengen dem dortigen Stadtrate das Recht, Pfleger zu setzen und durch diese die Einnahmen und Ausgaben des Gotteshauses besorgen zu lassen. Dadurch war das Kloster in eine gewisse Abhängigkeit von der Stadt geraten. Noch mehr verarmte das Kloster im dreißigjährigen Kriege.

Der armselige Zustand des Klosters war der geistlichen Aufsichtsbehörde nicht unbekannt. Seinen Fortbestand um weitere 50 Jahre verdankte es nur der Tatsache, daß man über seine zukünftige Bestimmung sich lange Zeit nicht einigen konnte. Da kam vom Abte des Klosters Salem im Jahre 1700 ein Schreiben an den Rat in Mengen, worin der Vorschlag gemacht wurde, das Mengener Kloster dem Zisterzienserstifte Salem einzuverleiben. Sofort berichtete dieses P. Kohler von Mengen an den Prior Hefelin in Oberried und P. Raymund von Mengen reiste selbst dahin, um alles mündlich zu berichten.

Nun griff Hefelin energisch ein. Er wandte sich mit einem Schreiben vom 31. August 1700 an den Bischof Marquart v. Roth in Konstanz und beklagte sich, daß der Abt von Salem mit der Stadt Mengen unterhandelt habe, und daß bereits die Regel und die Kleidung des Zisterzienserordens im Kloster zu Mengen eingeführt würden. Hefelin verhehlte auch nicht, daß er bei seiner letzten Visitation in Mengen unliebsam behandelt worden sei und bemerkte, daß eine schlechte Wirtschaft daselbst geführt werde und Gefahr bestehe, daß das Kloster von Neuem an den Rand des Abgrunds komme. Der Bischof erwiderte darauf, daß weder er selbst noch der Kaiser zur Einverleibung mit dem Kloster Salem die Erlaubnis gegeben habe. Der Bischof verlor aber diese Angelegenheit nicht mehr aus dem Auge. Er schlug der Stadt Mengen vor, die beiden dortigen Pfarreien, nämlich die Liebfrauen- und die St.Martinspfarrei, welche letztere von den Wilhelmiten verwaltet wurde, zu vereinigen und für beide Pfarreien zwei Weltgeistliche anzustellen. Dieser Pan gelangte jedoch nicht zur Ausführung und darum beschritt der Bischof 10 Jahre später einen anderen Weg.

Er berichtete an die zuständige Päpstliche Kongregation in Rom, daß er beabsichtige, die Einkünfte des Mengener Klosters zur Errichtung eines Seminars für Weltpriester, wie es das Konzil von Trient vorschreibe zu verwenden und zwar in der österreichischen Stadt Triberg. An diesem Wallfahrtsorte seien durch milde Beiträge eine Kirche und ein Gebäude, in welchem 15 Kleriker wohnen, errichtet worden. Es sei ihm und seinen Vorgängern wegen Mangels an Mitteln bisher nicht gelungen, ein Seminar zu gründen. Die Zustände in dem Mengener Kloster seien nun doch unhaltbare geworden, und deshalb solle man sein Vermögen zu dem gedachten Zwecke beiziehen. Da man diesen Vorschlag in Rom in wohlwollende Erwägung zog, so fürchteten die Prioren in Oberried und Sion nicht ohne Grund, der Bischof könnte auch diese zwei Klöster zu Gunsten eines Seminars in Triberg aufheben. Darum legten die Prioren Albert Füßlin von Oberried und Ludwig Dinkler in Sion gemeinsam mit dem Administrator Reinald Zettel in Mengen den Sachverhalt dem päpstlichen Nuntius in Luzern dar. Auch baten sie in einer Eingabe vom 29. Juli 1713 den Kaiser Karl VI. um dessen Schutz.
 
Daraufhin verbot der Nuntius dem Bischof von Konstanz, weiter in der Sache vorzugehen, bis er selbst die Angelegenheit geprüft und nach Rom berichtet habe. Zugleich wurde der Abt Blasius Bender von St.Blasien ersucht, sich zu Gunsten der drei Klöster zu verwenden. Nachdem hierauf die Kongregation in Rom den Vorschlag des Bischofs verworfen hatte, ruhte diese Angelegenheit vorläufig.

Doch Eines hatten diese Vorgänge zur Folge: die Aufmerksamkeit der weltlichen und kirchlichen Behörden beschäftigte sich mehr und mehr mit den drei Wilhelmitenklöstern. Die zerrütteten ökonomischen Verhältnisse und ein gewisser Mangel an klösterlichem Leben, besonders in Mengen, legten den Gedanken nahe, ob es wirklich nicht besser wäre, diese Klöster, um sie zu retten und von Grund auf zu erneuern, einer großen, lebenskräftigen Kongregation anzuschließen.

Kaiser Karl VI. führte in einem Erlaß von 21. November 1722, bezugnehmend auf zwei an ihn ergangene Schreiben, Klage über die haltlose Disziplin der Wilhelmitenklöster.

Der Kaiser spricht von "leider dem Volke bekannt gewordenen schweren Exzessen und Skandalen". Dieser Vorwurf konnte aber nur dem Kloster in Mengen gemacht werden, da hier allerdings die Klausur gänzlich aufgehoben war und die Besuche von Familien im Kloster sich jährlich mehrten. Der Kaiser bat den Bischof, Mittel zur Abhilfe solcher Aergernisse vorzuschlagen.

Der Nuntius in Luzern wies auf die blühende Abtei in St.Blasien hin, wo noch der strenge Geist von Clügny herrschte und bat im Oktober 1723 den dortigen Abt inständig, in die Einverleibung der drei Klöster einzuwilligen.
 
Nachdem der Bischof von Konstanz am 29. April 1724 die Zustimmung zu dieser Vereinigung gegeben hatte, besuchte der Abt Blasius im Monat Mai 1724 die drei Klöster, und zwar Sion am 6. Mai, Oberried am 16. Mai und Mengen am 20. Mai.

Bei dem Besuche am 16. Mai 1724 hatten sich die Konventualen des Klosters zu Oberried feierlich zur Inkorporation verpflichtet, "wohl wissend, daß sie unter solchem Schutz, sowohl in geistlichen wie weltlichen Dingen am besten versorgt seien". Darum erwählten sie den Abt von St.Blasien zu ihrem Obern und versprachen kindlichen Gebotsam.
Die betreffende Urkunde haben unterschrieben:
 Prior Albert Füßlin,
 P. Reinald Rach,
 P. Bernhard Hefele
 P. Franz Krauth,
 P. Wilhelm Moser,
 Fr. Anselm Vögele und
 Fr. Albert Zepf.
So erfolgte dann unter Papst Benedikt XIII. am 24. Januar 1725 die Einverleibungsbulle.

In den Klosterräumen zu Oberried befindet sich heute noch das schöne Bild des Abtes Blasius III. in Lebensgröße.
Rechts vom Abte ist in Nachahmung eine Urkunde auf weißem Untergrunde geschrieben:
 "Mit glücklichem Erfolge wurden im Jahre 1725 die 3 Wilhelmitenklöster Oberried, Sion und Mengen mit der Congregation in St.Blasien vereinigt, unter Abt Blasius III."

Seit der Inkorporation trugen nun die Aebte von St.Blasien den Titel:
"Wir, des heiligen römischen Reiches Fürst und Abt zu St.Blasien auf dem Schwarzwald, Herr der Reichsgrafschaft Bonndorf und der vorderösterreichischen Herrschaften Staufen und Kirchhofen, wie auch zu Gurtweil und Oberried, der kaiserlichen Majestät erblicher Erzhofkaplan, in den vorderen Landen und des dortigen Prälatenstandes jeweiliger Präsident".
 
 
IX Das Benediktinerpriorat Oberried unter Leitung der Abtei St.Blasien
 vom Jahre 1725 - 1807.

Kleinere Staaten sind durchs ihre Angliederung an ein großes und mächtiges Reich in ihrer Entwickelung immer gefördert worden.
Auch beim Priorat Oberried, das nunmehr mit dem aufblühenden Kloster St.Blasien (Die Abtei St.Blasien auf dem badischen Schwarzwald gelegen, gehörte zu den berühmtesten Abteien Deutschlands, deren Mitglieder sich nicht nur durch große Wissenschaft, wie z.B. P. Gerbert, P. Herrgott, sondern auch durch tiefe Frömmigkeit auszeichneten. Sie führt ihren Ursprung bis ins 9. Jahrhundert zurück; ja schon im 5. Jahrhundert ist jene Gegend von Einsiedlern bewohnt worden. Bischof Ehrenfried von Konstanz vereinigte dieselben zu einer Klostergemeinde, gab ihnen die Regeln des hl. Benediktus und verband ihr Kloster mit der Abtei Rheinau. Aus diesem Kloster brachte der hl. Fintan eine kostbare Reliquie, einen Arm des hl. Blasius, nach Albzell, wie man damals jenes Kloster hieß; von jetzt ab wurde es St.Blasien genannt. Im Laufe der Jahrhunderte traten in dieses Kloster viele Männer ein, hochbegabt an Tugend, Talent und zeitlichen Gütern; das Ansehen der Abtei stieg immer höher sie gewann auch große Ausdehnung an Besitztum.) für die kommenden 82 Jahre verbunden blieb, können wir eine ähnliche Erscheinung wahrnehmen.

1.
Die 7 letzten Aebte von St.Blasien müssen ohne Ausnahme zu den großen Männern, die auf der Höhe ihrer Zeit standen, gezählt werden. Zeichnen wir dieselben mit einigen wenigen Strichen.

Blasius III. trug den Abtsstab vom Jahre 1720 bis 1727. Blasius Bender, geboren in Gengenbach, der schon vor seiner Erwählung zum Abte längere Zeit am kaiserlichen Hofe zu Wien weilte und die öffentlichen Angelegenheiten des Stiftes St.Blasien besorgte, war der Liebling dreier Kaiser, eine Zierde der Kirche und eine Stütze des Thrones.
Darum wurde er von Kaiser Karl VI. zum Botschafter bei der schweizerischen Eidgenossenschaft ernannt. Dieser wahrhaft große Prälat legte auch den Grund zur wissenschaftlichen Blüte des Stiftes, indem er einige jüngere Mönche, u.a. den später so berühmten Pater Herrgott, in die Kongregation des hl. Maurus zu Paris sandte, um dieselben nach der dortigen Methode ihre Studien betreiben zu lassen. Nicht minder pflegte er die klösterliche Regelzucht und gab seinen Beamten die trefflichsten Dienst-Instruktionen.
Solche ergingen auch bereits am 15. April 1725 an die drei Konvente zu Oberried, Sion und Mengen. Darnach darf der Prior dieser Klöster keine von den Bestimmungen des Abtes in St.Blasien abweichende Verfügung erlassen. Der Prior soll dem Abte monatlichen Bericht erstatten, und jährlich über das Vermögen getreue und pünktliche Rechenschaft ablegen; er soll ohne Wissen des Abtes nichts verkaufen, verpfänden oder veräußern, weder Schulden machen, noch solche abzahlen.
Die neue Tagesordnung und Ordensregel, welche der Abt diesen drei Klöstern vorschrieb, stimmten mit der früheren strengen Disziplin des Wilhelmitenordens ziemlich genau überein. Schon frühe, vier Uhr morgens hörte man, wie alte Leute von Oberried, später noch erzählten, die Mönche im oberen Chore das Gebet verrichten. Abends 7 Uhr versammelten sie sich wieder zur Komplet. Allzu frühe im besten Mannesalter, starb dieser vortreffliche Abt Blasius Bender schon im Jahre 1727.

Dessen Nachfolger wurde Franz Schächtelin (Franziskus II.), der sich schon als Novize durch große Frömmigkeit und Gelehrsamkeit auszeichnete. Wegen seiner Tüchtigkeit wurde er im Jahre 1725 zum Prior in Oberried bestimmt. Seine Erhebung auf den Abtsstuhl in St.Blasien erfolgte aber schon nach zwei Jahren.
Während seiner langen, segensreichen Wirksamkeit vom Jahre 1727 - 1747 förderte er mit Eifer die Pflege der Wissenschaft und wurde hierbei durch die Gelehrten Herrgott, Rusten, Heer und Wülberz unterstützt.
Franz II. erwarb sich auch die kaiserliche Gunst am Hofe zu Wien, und wurde deswegen im Jahre 1734 von Kaiser Karl VI. zum Wirklichen Kaiserlichen Geheimrat ernannt, eine Ehrenstelle, deren sich vorher im ganzen Breisgau noch Niemand erfreut hatte.
Ferner ernannte ihn der Kaiser zum Präsidenten des breisgauischen Prälatenstandes, worauf schließlich unter Kaiser Franz. I. am 10. Dezember 1746 die Erhebung des Abtes von St.Blasien in den Reichsfürstenstand erfolgte. Damit war der höchste äußere Glanz des Klosters St.Blasien erreicht. Im Jahre 1747 berief der Herr seinen treuen Diener in die ewige Heimat.

Wiederum wurde ein Prior von Oberried, nachdem er fünf Jahre lang dieses Amt trefflich verwaltet hatte, nämlich Cölestin Vogler, zum Abt von St.Blasien gewählt.

Nach dessen kurzer Regierungszeit vom Jahre 1747 bis 1749 wurde abermals ein Prior von Oberried, nämlich Meinrad Troger, geboren zu Rheinfelden, auf den Abtsstuhl von St.Blasien berufen. Bevor er nach Oberried gekommen war, hatte er mit Auszeichnung die Stelle eines Professors bekleidet und als solcher für das philosophische Fach einen Ruf an die Hochschule in Salzburg erhalten. Als Abt kam Troger am 19. Juni 1747 von St.Blasien her in einer Kutsche über die Halde, den Schauinsland und die Rappeneck nach Oberried, um die Huldigung als Landesherr entgegenzunehmen. Dem Priorate Oberried bewahrte er stets ein großes Wohlwollen.
Das Hauptverdienst Meinrad Trogers war die Förderung der Wissenschaften; insbesondere hatte er, wie sein Vorgänger Franz II., einen glücklichen Blick für junge Talente des Stifters, wie Franz Kreuter von Freiburg und Martin Gerbert, auf deren gründliche Ausbildung er die größte Sorgfalt verwendete.

Nach dem Tode des Abtes Meinrad Troger im Jahre 1764 wurde Martin Gerbert dessen Nachfolger. "Wollte man", schreibt Pfarrer Kästle, einen Vorsteher von ernster Frömmigkeit und einflußreichem Ansehen, so mußte man Gerbert wählen, und wollte man den wissenschaftlichen Ruhm des Stiftes erhalten und erhöhen, so mußte man ebenfalls ihn im Auge haben, dessen gelehrter Ruf sich bereits weit über die Grenzen seines Vaterlandes ausdehnte."
Und so geschah es, daß am 15. Oktober 1764 Martin Gerbert als Abt aus der Wahlurne hervorging. Am 17. Juni 1765 huldigten Oberried, Hofsgrund und Kappel dem neuen Abte, der, vom Höllental kommend, in Kirchzarten vom Talvogte empfangen wurde.
Wie herrlich entwickelte sich unter diesem trefflichen Vorsteher, dessen edler Geist schon aus seinem heitern, intelligenten Antlitze leuchtete, die Gelehrtenschule in St.Blasien ! Dieses berühmte Stift im Herzen des Schwarzwaldes gelegen, galt als eine Schule der Philosophie, Theologie, Geschichte und ihrer Hilfswissenschaften, sowie aller schönen Künste, besonders der Musik. "Denn unser Stand", pflegte Gerbert zu sagen, "ist nicht allein der Stand des Gehorsams, des Gebetes und der Buße, sondern auch ein Stand nützlicher Tätigkeit. Die Klöster sollen neben ihrer religiösen Bestimmung auch Wohnstätten gelehrten Fleißes sein, und den Vorwurf eines unnützen Daseins durch wissenschaftliche Leistungen widerlegen".
Hierin war Gerbert selbst ein leuchtendes Vorbild, so daß bei seinem Tode im Jahre 1793 die Abtei den Höhepunkt des wissenschaftlichen Glanzes erreicht hatte.

Gerberts Nachfolger, der Fürstabt Mauritius Ribele, war die rechte Hand Gerberts, er trat in die Fußstapfen seines verehrten Lehrers. Aber unter den Unruhen der französischen Revolution und der großen Kriege lebte er in steter Furcht und Sorge um den Fortbestand seines Klosters. Inmitten der Aufregungen starb er am 16. November 1801 infolge eines Schlaganfalles in St.Peter, wo er zum Besuche beim dortigen Abte Ignaz Speckle sich befand.

Der letzte Abt, Berthold Rottler, sollte vom schwersten Schlage, nämlich der Aufhebung des Klosters, getroffen werden.

Dieses sind die Männer, welche ihren Arm schützend über das Priorat Oberried gehalten haben, dessen Vorsteher einige von ihnen selbst gewesen waren. Sie sorgten auch dafür, daß das Kloster von Oberried jeweils tüchtige Männer zu Prioren erhielt. Während des Zeitraumes von 1725 - 1807 waren folgende Prioren daselbst:
1. Franziskus Schechtelin von 1725 - 1727,
2. Isidor Geppert von 1727 - 1729,
3. Cajetan Fraenklin von 1729 - 1742,
4. Cölestin Vogler von 1742 - 1749,
5. Meinrad Troger von 1747 - 1749,
6. Xaver Koenig von 1749 - 1755,
7. Felix Achert von 1755 - 1778,
8. Gregor Wesserer von 1778 - 1796,
9. Karl Kahe von 1790 - 1804,
10. Markus Baader von 1804 - 1806,
11. Ambrosius Eichhorn von 1806 - 1807.

2.
Verfolgen wir nun das Wachstum und die erfreuliche Entwicklung des neuen Benediktinerpriorates Oberried.

Ein neuer Geist und eine lebendige Schaffensfreude zogen in die kleine Klostergemeinde ein. Abt Franz II. von St.Blasien zeigte stets eine große Vorliebe für das früher von ihm selbst geleitete Oberrieder Priorat Demselben waren zunächst verschiedene Baulichkeiten und Verschönerungen zu verdanken; so z.B. die Erbauung einer großen Scheuer (1727), die Umfassung des Klostergebäudes und des Gartens mit einer Mauer (1729) und die Erstellung der Klostermühle (1732).

Vor allem aber galt es, den inneren Ausbau der Kirche zu vollenden und das Gotteshaus zu verschönern.

Das Kleinod der Oberrieder Kirche ist bis heute deren Kreuzaltar und das darauf befindliche Wallfahrtskreuz. (Im Volke unter dem Namen "Der bärtige Heiland von Oberried" bekannt).

Bereits im Jahre 1727 wurde mit Josef Vogel von Freiburg ein Vertrag abgeschlossen, daß derselbe "um 50 fl. den Kreuzaltar mit Gyps fassen und eine feine, gute Arbeit nach bestem Gewissen verfertigen solle".

Diesen Kreuzaltar hatten früher die Wilhelmiten in eine Nische an der linken Seitenmauer der Wallfahrtskirche eingebaut. Im Jahre 1699 war derselbe vom Bischof von Konstanz eingeweiht worden ,,zu Ehren der Apostelfürsten Petrus und Paulus, des hl. Erzengels Michael und der hl. Schutzengel".

Auf diesem Altare steht das merkwürdige, überlebensgroße Christusbild mit anatomischer Genauigkeit in Holz geschnitzt, mit angebrachten natürlichen Haaren im Gesichte und auf dem dornengekrönten Haupte.

Dieses Kunstwerk macht einen überwältigenden Eindruck auf das Gemüt des Beschauers.
In der Tat ! Welch ein Leidensbild ! Ecce homo ! Welch ein Mensch ! O Haupt voll Blut und Wunden ! Von weitem scheint ein unfreundlicher, düsterer Ausdruck auf dem Anlitz zu liegen, doch je mehr man sich in die Züge versenkt desto deutlicher sieht man aus ihnen jene einzig große Liebe blicken, welche den Erlöser in den Tod getrieben hat. Es ist der Todesschmerz, den die Liebe ihm bereitet.

Den erschütternden Eindruck vollendet noch die stark ausgeprägte Naturtreue, womit am ganzen Körper die Muskeln, Sehnen und Adern in bläulicher Färbung hervortreten. Die ins grünlich spielende Fleischfarbe gibt dem Körper das Aussehen eines Leichnams.

Alle Kunstkenner (Vergl. Kunstdenkmäler für das Großherzogtum Baden, Bd. 6. S. 319. ) erklären dieses Kreuz für eine gute Arbeit aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Wir sagen: gehe hin und überzeuge dich selbst!

Fragen wir nun nach dem geschichtlichen Ursprunge des Kreuzes.

Woher stammt dieses Kreuz ?

Wenn wir zunächst das Volk darüber fragen, so weiß dasselbe uns gar manches Sagenhaftes zu berichten.

Es erzählt uns, daß das Kreuz sich ursprünglich in Günterstal befunden habe; daß es auf der Dreisam stromaufwärts gegen Kirchzarten geschwommen sei. Den dortigen Bauern sei es aber nicht gelungen, es aufzufangen. Erst in Oberried sei dieses möglich geworden, wo es dann die Wilhelmiten in Empfang genommen und an seinen jetzigen Ort verbracht hätten. Was nun die Menschenhaare im Gesichte und auf dem Haupte des Oberrieder Christus betrifft, so meldet uns die Sage hierüber folgendes: Die Haare seien aus dem Körper herausgewachsen. Im 18. Jahrhundert habe dann ein Wilhelmite um der Sache auf den Grund zu kommen, einen Teil der Haare abgeschnitten, sei aber bald darauf infolge quälender Gewissensvorwürfe geisteskrank geworden, und nach einiger Zeit in einer Zelle am Blutsturze gestorben. -  Jahrzehnte lang wollte man diese Blutspuren, die jetzt verschwunden sind, noch gesehen haben. Mit einer gewissen Scheu haben Besucher dieses Zimmer bis in die letzte Zeit betreten. (Auch an das kunstvolle Muttergottesbild welches auf dem rechten Seitenaltare der Oberrieder Kirche aufgestellt ist, knüpft sich die Sage, daß es auf dem Speicher der Kirche in einer Kiste aufbewahrt worden sei, und so lange geklopft habe, bis der + Pfarrer Ott dasselbe heraus genommen und wieder in die Kirche gebracht habe. Nun schreibt Pfarrer Ott in den Pfarrakten: "Auf dem Altare stand ein mit Kleidern bedecktes, unwürdiges Muttergottesbild, das ich durch ein neues ersetzen wollte. Da fand ich auf dem Speicher ein altes, sehr kunstvolles Bild, welches ich dann in Freiburg renovieren ließ." Nach den Kunstdenkmälern soll diese Figur aus dem 16. Jahrhundert stammen.
Zum Vergleiche weise ich auch hin auf die verschiedenen Sagen über die Entstehung der schwarzen Farbe an dem Gnadenbilde in Einsiedeln. Dasselbe war ursprünglich fleischfarbig gefaßt, wurde aber nach und nach durch den Rauch so vieler Lampen und Kerzen, die besonders früher in der Gnadenkapelle brannten, dunkel gefärbt. Als man 1798 das Gnadenbild vor den Franzosen nach St.Gerold in Vorarlberg flüchten mußte, so hat man dasselbe im Jahre 1799 restauriert und mit schwarzer Farbe bemalt.)
Wir haben nun bezüglich des Oberrieder Wallfahrtskreuzes alle möglichen Akten in den Archiven durchforscht und folgendes gefunden:
Schon die "Brüder im Walde" in St.Wilhelm hatten im dortigen Kloster einen Kreuzaltar; denn eine Urkunde von Lichtmeß 1325 lautet (siehe Cop. S. Fol 38): "Allen denen, die diesen Brief sehend oder hörend lesen, künden wir, der Prior und der Konvent gemeinlich des Klosters von Oberried in den Schwarzwald im Breisgau, Bistum Konstanz, St.Wilhelmsordens, daß uns Herr Gutman Hefenler dieses Geld, das hier geschrieben steht, gegeben hat, mit diesem Geding, (mit der Bedingung) daß alle Nacht in unserer Kirche vor dem heiligen Krütze ein Licht brinne (brenne). Wenn die Brüder das Licht vernachlässigen, so soll das Geld an das Heiliggeistspital in Freiburg kommen".

Mit dieser urkundlichen Notiz kann nun keineswegs bewiesen werden, daß das jetzige Wallfahrtskreuz schon damals in St.Wilhelm gestanden sei. Aber es ist daraus zu entnehmen, daß die Wilhelmiten schon frühzeitig die Verehrung des hl. Kreuzes gepflegt haben.

In dieser Absicht errichteten auch die Wilhelmiten in der Stadt Freiburg im Jahre 1481 einen Kreuzaltar und eine Kreuzbruderschaft, deren Statuten nicht mehr aufzufinden sind. Auch in der Michaelskapelle in Oberried, wo aber kein Kreuzaltar stand, wurde im Jahre 1635 eine Krenzbruderschaft eingeführt. ("Siehe Pfarrarchiv M. S. die Bruderschaft des hl. Kreuzes, welche zu Oberried am Tage der Erhöhung des hl. Kreuzes 1635 errichtet worden ist, mit dem Verzeichnis der ersten Mitglieder von 1635 - 1669.")

Pfarrer Lukas Meyer schreibt im Jahre 1808, daß die ältesten Leute von dieser Bruderschaft nichts mehr wissen. Sie war also damals längst eingegangen. Die Oberrieder hatten nämlich aus Dankbarkeit gegen Gott für allen Schutz in den Nöten des 30jährigen Krieges versprochen, jedes Jahr in der dortigen Kapelle zu Ehren des hl. Kreuzes ein feierliches Hochamt halten zu lassen, sowie eine Kreuzbruderschaft zu errichten, in welche man sich bei dem Pfarrer Michael Krämer in Kirchzarten einzeichnen konnte.

Das Wallfahrtskreuz befand sich also in Jahre 1635 noch nicht in Oberried.

Wir fanden aber einen Brief vom Geschichtsforscher P. Wülberz in St.Blasien vom Jahre 1726, in welchem er an P. Pelagius Vorster in Oberried schreibt: "er möge ihm eine Abschrift von dem Zettel geben, welcher in dem Kreuze sei, und auf welchem die Schenkung aufgeschrieben sei."

Wir haben das Kreuz in Oberried durchgesucht, aber den Zettel nicht gefunden. Auf dem Goldblechwelches die Seitenwunde umrahmt ist allerdings zu lesen:
 1654 L. Frey A. M. Foitin

Dieses scheint mir aber nur ein Votivtäfelchen zu sein, welches diese Eheleute Frey zum Danke für seine erhaltene Gnade angebracht haben.

Dagegen fanden wir im Großh. Landesarchiv (im Kopialbuche T, zwischen dessen Blättern liegend) eine wichtige Urkunde, einen kleinen Zettel, welcher der nämliche sein dürfte, von dem P. Wülberz eine Abschrift wünschte.

Er berichtet uns Folgendes:
 "Im Jahre 1628 ist aus den Gaben des Sebastian Hartmann dieses Bild renoviert und erneuert worden. Es hat auch Meister Sebastian Singer der Schreiner das Kreuz vergebens (=umsonst) gemacht und seine Arbeit Gott aufgeopfert.

Weiters hat auch die Seidenstrickerin das Haar, welches wir von Günterstal bekommen, vergebens (umsonst) gemacht. Wir haben ihnen jedoch 3 Messen zu Ehren der 14 Nothelfer zu lesen versprochen und dieselben auch gehalten. Diese (Messeleser) sind gewesen: P. Jacobus Meyer, P. Melchior Ulrich, P. Johannes Sodt, alle drei Conventualen zu den Oberriedern, St.Wilhelms Orden.

Diese Renovation hat 7 fl. gekostet, welche der oben genannte Sebastian Hartmann gegeben hat. In diesem Jahre sind drei aus dem Convent an der Pest gestorben, nämlich P. Jakob Rumme, Organist, Fr. Markus Fetscher, Fr. Andreas, der Koch. Gott sei ihnen gnädig! Dieses Kreuz ist aufgerichtet worden am 20. Mai 1628 unter Prior Ulrich Roth, welcher diesem Gotteshause damals 30 Jahre im Priorate vorgestanden, die Kirche renoviert und dem Gotteshause viel Nutzen geschafft hat. Dieses hat geschrieben: "P. Johann Sodt im Jahre 1629. Dieses Bild hat die Bruderschaft nicht einen Pfennig gekostet und sind damals dermasen "knöbst (?) zu Bruderschaftsmeistern gewesen, daß nit auszusprechen".

Nach dieser Urkunde befand sich also das jetzige Wallfahrtskreuz bereits vor dem Jahre 1628 auf dem Kreuzaltare der Wilhelmiten in Freiburg; denn in diesem Jahre wurde erstens das Bild (der Christuskörper) renoviert, zweitens dass Kreuz (der Pfahl nebst Querbalken) durch einen Schreiner neu hergestellt, und drittens schenkte das Kloster Günterstal die Haare; offenbar waren es die Haare einer Novizin, da die Novizenaufnahme in Frauen- und Männerklöstern unter Abschneidung der Haare erfolgt. Eine Freiburger Seidenstrickerin, die nicht genannt wird, machte daraus, ebenfalls umsonst, das Kopfhaar für das Kreuzbild.

Da wir nun wissen, daß, die Wilhelmiten in Freiburg bereits im Jahre 1481 einen Krenzaltar besassen, daß ferner nach den Wirren des dreißigjährigen Krieges, am 24. September 1656, durch Weihbischof Sigismund Georg von Konstanz die Kirche der Freiburger Wilhelmiten nebst den Altären, unter welchen auch ein Krenzaltar "zu Ehren des heilsbringenden Kreuzes und der Apostel Petrus und Paulus" erwähnt wird, reconciliiert d.h. nach vorgekommener Entweihung neu geweiht wurden, da ferner auf dem Kreuze die Jahreszahl 1654 eingraviert ist, so kann man mit Sicherheit behaupten, daß die Wilhelmiten im Jahre 1682, beim Umzuge von Freiburg nach Oberried, das Kreuz dahin mitgenommen haben. Sehr wahrscheinlich stammt das Kreuz, wie oben erwähnt, aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Der Name des Künstlers kann nicht angegeben werden.

Wir können uns aber jetzt erklären, wie die Volkssage: "Das Kreuz stamme aus Günterstal, es sei die Dreisam hinauf bis Oberried geschwommen, entstanden ist. Ebenso kann die Sage "vom Abschneiden der Haare" vielleicht daher rühren, daß man das Kreuz im 17. Jahrhundert frisch renovierte, wobei auch die Haare wieder in Ordnung gebracht wurden. Im Jahre 1906 hat Bildhauer Seitz von Freiburg das Haupt mit einer neuen Dornenkrone geschmückt, demselben neue Haare aufgesetzt und mit einem kostbaren Lendentuche künstlerisch bekleidet. Bei der näheren Untersuchung wurde im Barte wirklich eine Lücke bemerkt; jedoch waren die Haare nicht abgeschnitten.

Neben dem Kreuze, auf die Wand gemalt, sind die Bilder des hl. Johannes und der frommen Frauen zu sehen. Unter dem Kreuze ist ein Reliquienkreuz aufgestellt, in welchem sich eine Reliquie des hl. Kreuzes befindet. Irn Jahre 1891 haben Josef und Rosa Wiederle von Weilersbach den Kreuzaltar auf ihre Kosten restaurieren lassen.

Das Wallfahrtskreuz hat nachweisbar von altersher die grösste Verehrung genossen. P. Pelagius Vorster begrüßt dasselbe in seinem Geschichtswerke vom Jahre 1726 als ,,crux thaumaturga", "als wuntertätiges Kreuz".

In der neueren Zeit hob sich die Wallfahrt zum „schwarzen Christus" in Oberried in außerordentlicher Weise. Die Bürger von Oberried stifteten im Jahre 1890 ein Kapital von 400 Mark, damit alljährlich ein Amt mit Predigt und eine hl. Messe für die Stifter am Feste Kreuzerhöhung gehalten werden. Der hl. Vater, Papst Leo XIII. hat durch ein Breve vom 16. September 1890 auf das Fest Kreuzerhöhung einen vollkommenen Ablaß unter den üblichen Bedingungen bewilligt. AlIjährlich feiern die Bewohner von Oberried das Fest Kreuzerhöhung mit großer Pracht. Nicht nur an diesem Tage, sondern auch öfters während des Jahres, kommen Tausende von Pilgern, um beim Anblicke des leidenden Heilandes neuen Trost und neue Kraft zu schöpfen und das eigene Kreuz besser tragen zu können.

3.
Wenn wir die Kirche in Oberried betreten, so bewundern wir sodann den außergewöhnlichen Aufbau des Hochaltares.
Derselbe ist wohl das erste Werk des berühmten Architekten, Bildhauers und Malers Christian Wenzinger, geb. im Jahre 1710 in Ehrenstetten bei Kirchhofen im Breisgau. Nachdem er in Paris und Rom sich in der Kunst ausgebildet hatte, besorgte er die Skulpturen, Malereien und Stuckarbeiten in der Kathedrale zu St.Gallen, bemalte die große Kuppel der Klosterkirche in St.Blasien, schuf viele Kunstdenkmäler in Freiburg, wo er im Jahre 1749 ansässig wurde und daselbst am 1. Juli 1797 starb.

Abt Franz II. erkannte das große Talent des jungen, erst 27 jährigen Mannes, und berief ihn in das Kloster nach Oberried, um einen neuen Hochaltar zu bauen. Aus den Verträgen, welche im Gr. Bad. Landesarchiv liegen, geht hervor, daß Christian Wenzinger bis zur Vollendung der Arbeit im Kloster wohnte und aß. Das Kloster stellte ihm auch Holz, Leim und Nägel sowie einen Schreiner, der seine Arbeiten für 509 fl. fertigte. Ein Philipp Metzger von Freiburg faßte den Altar für 390 fl. Wenzinger selbst aber schuf die 2 großen Statuen des hl. Benedikt und des hl. Blasius, die 5 Engel und die 2 Engelsköpfe im Ganzen kostete der Hochaltar 1576 fl.

Gemäß des Vertrages vom 27. Dezember 1737 wurde bei Wenzinger noch eine Extraarbeit bestellt. Man könnte vermuten, daß es sich um einen Entwurf zu den Stuckarbeiten handelt, um Decke und Wände des Refektoriums zu schmücken. Wir wissen, daß Wenzinger in der Stiftskirche zu St.Gallen herrliche Stukkaturen geliefert hat, und auch jene im Speisesaale zu Oberried gehören zu den schönsten, welche man sehen kann. Die "Kunstdenkmäler des Gr. Baden" sprechen die Möglichkeit aus, daß dieselben von Wenzinger herrühren könnten; in den Akten findet sich jedoch Nichts hierüber vor.

Das Hauptgemälde des Hochaltars ist im Jahre 1730 von Gottlieb Reble gemalt und stellt Gott Vater dar, der in der rechten Hand das Herz Jesu hält, und in der linken das Herz Maria. Zu Füßen des Bildes knien zwei Engel, welche die Herzen der Menschen entzünden, so daß sie liebentbrannt emporstreben. Abt Franz II. ließ das Bild nach einer Vision der heiligmäßigen im Jahre 1752 verstorbenen Oberin des Klosters St.Ursula in Freiburg, Euphemia Dorer, herstellen.

Der Gottes dienst in der schönen Klosterkirche wurde nun von den Bewohnern des Oberrieder Tales fleißig besucht, und die 6 bis 7 Patres leisteten dem Pfarrer in Kirchzarten erwünschte Aushilfe in der Seelsorge.

Seit der Klostergründung in St.Wilhelm im Jahre 1266 hatten die Wilhelmiten fast 400 Jahre lang die Pastoration daselbst und in Hofsgrund besorgt (In Oberried, das zur Pfarrei Kirchzarten gehörte, war nur die 1494 erbaute St.Michaelskapelle, in welcher der Kaplan von Kirchzarten jährlich 4 Predigen und 4 hl. Messen zu lesen hatte.)

Dieses hörte mit Beginn des 30jährigen Krieges auf. Darum hatte der Pfarrer von Kirchzarten auch die Seelsorge für St.Wilhelm freiwillig übernommen. Die Katholiken von Hofsgrund erhielten von der Propstei St.Ulrich die Befriedigung ihrer religiösen Bedürfnisse.

Da diese Verhältnisse mit der Zeit unhaltbar wurden, so schritt man zur

4. Gründung der Pfarrei Oberried im Jahre 1786.
Das Kloster St.Blasien wurde hierzu durch das Eingreifen des Kaisers Josef II. veranlaßt. Seit dem Jahre 1784 war eine kaiserliche Kommission damit beschäftigt, die umfangreichen Pfarreien zu teilen.

Eine der ausgedehntesten Pfarreien war Kirchzarten; sie umfaßte alle Weiler, Zinken und Höfe des vorderen Höllentales von Neuhäuser bis Falkensteig, rechts das Oberrieder-, Zastler- und St.Wilhelmtal bis gegen den Feldberg und Schauinsland und links das Eschbacher Tal gegen St.Peter u. die Wagensteig gegen St.Märgen. Im Entwurf zur Teilung wurden 3 neue Pfarreien, nämlich Oberried, Eschbach und Buchenbach und eine Lokalkaplanei in St.Wilhelm vorgesehen.

Durch allerhöchstes kaiserliches Dekret vom 30. September 1786 wurde daraufhin verordnet, daß "zu Oberried eine eigene Pfarrei errichtet werden solle, welche dem Priorate in Oberried einzuverleiben sei; dieses (Priorat) habe auch einen Pfarrer und Kooperator zu stellen und zu unterhalten, die Klosterkirche sei zugleich als Pfarrkirche zu gebrauchen, die Michaelskapelle solle abgetragen werden". Der neuen Pfarrei wurden zugeteilt:
1. Die Vogtei Oberried mit Gerolstal zusammen 569 Seelen,
2. Schneeberg und Gefällmatten, 37 Seelen,
3. Vogtei Zastler, 196 Seelen,
4. Vogtei Weilersbach 150 Seelen,
5. Aus dem St.Wilhelmstal, 184 Seelen,
6. Aus Katzensteig und Wittenbach, 46 Seelen,
7. Aus dem Steinwasen und dem untern Hofsgrund 40 Seelen,
zusammen 1222 Seelen.

Heute zählt die Pfarrei Oberried nur noch 1036 Seelen. Die Lokalkaplanei St.Wilhelm kam nicht zustande, weil die Bewohner von Hofsgrund, welche derselben zugeteilt werden sollten, protestierten. Diese machten geltend, daß der Weg nach St.Ulrich für sie bequemer sei. Sie hatten sich schon im Jahre 1718 ein Kirchlein, das dem hl. Laurentius geweiht wurde, erbaut, und erhielten im Jahre 1810 einen eigenen Pfarrer.

Für die neue Pfarrei Oberried stellte das Kloster in der Zeit von 1786 - 1807 vierzehn Pfarrer. Nach der Aufhebung des Klosters im Jahre 1807 wurde das Einkommen für einen Pfarrer und einen Vikar auf Kosten des Gr. Staatsärars auf 1000 fl. festgesetzt, und zwar 515 fl. in Geld, das übrige in Nutzung des 6 1/2 Morgen großen Klostergartens, 2 1/2 Morgen Wiesen, sowie Bezug von Naturalkompetenzen in Früchten, Wein und Holz. Die Ohm Wein war zu 5 bis 7 Gulden, das Klafter Holz zu 2 fl. 40 Kr. geschätzt.

Die wiederholten Bemühungen, für St.Wilhelm einen weiteren Geistlichen zu erhalten, damit er daselbst sonntäglichen Gottesdienst halte, wurden nicht mit Erfolg gekrönt.

5.
Das Kloster sorgte jedoch nicht blos für die religiösen Bedürfnisse, sondern auch schon frühzeitig für
Schule und Unterricht.

Die Protokolle der Dinggerichte von 1749 und 1754 schärfen den Eltern ein: "Die Kinder fleißig in die Schule zu schicken, um lesen und schreiben zu lernen, weilt es in der Gemeinde Wenige gäbe, welche dieses können". Damals war die Schule noch Privatsache der Gemeinde oder der Ortsobrigkeit: es gab auch noch keinen
Schulzwang.
 
Die "Schulhalter" oder "Schulmeister" stammten gewöhnlich aus den Schulgemeinden und waren entweder Gemeindebedienstete, Landwirte oder Handwerker, welche den Schuldienst nur als Nebenbeschäftigung übernahmen. Demgemäß war auch die Vorbildung sehr gering; man verlangte Fertigkeit im Lesen, Schreiben, eine gute Handschrift und Kenntnis im kleinen Katechismus. Die sehr bescheidenen Kenntnisse erwarb sich der "Schulhalter" als Gehilfe in einer Schule, wie der Handwerker beim Meister. Besonders verlangte man immer einen guten LebenswandeL

Nach der Vorbildung und den Leistungen war auch der Lohn bemessen, welcher in Geld (oft nur 20 fl.) und Naturalien bestand. Als Schulgeld mußten für jedes Kind gewöhnlich 2 Kreuzer bezahlt werden. Ein Schulhaus gab es gewöhnlich nicht. Oft stellte der Lehrer seine Stube gegen Vergütung zur Verfügung, oder er hielt abwechslungsweise bei den Bauern Schule und erhielt dann auch von ihnen das Essen. (Das Schulhaus in Oberried wurde erst im Jahre 1807 erstellt, indem die Michaelskapelle in ein Schullokal verwandelt wurde. Das Gemeindeschulhaus in Zastler wurde 1783 und jenes in St.Wilhelm erst im Jahre1820 erbaut.)

Eine gewaltige prinzipielle Aenderung dieser Verhältnisse trat durch die Reformtätigkeit der Kaiserin Maria Theresia im Jahre 1770 ein.

Sämtliche Lehrpersonen mußten nun eine amtliche Prüfung bestehen und wurden nunmehr von der Regierung angestellt und entlassen.

Für ihre Ausbildung wurden die sogenannten Normalschulen, die Vorläuferinnen der heutigen Lehrerseminare, eingerichtet, für den Breisgau eine solche seit 1773 in Freiburg. Direktor derselben war Josef Bob, der neben Franz Xaver Fehr auch die Schulen zu visitieren hatte. Auch ältere Lehrer wurden angehalten, diese Normalschule zu besuchen oder sich bei den sogenannten Musterlehrern ausbilden zu lassen.


Die Ortsschulaufseher waren "der Pfarrer und ein anderer verständiger Mann".

Nachdem die ganzjährige Schulzeit eingeführt war, erhöhte Kaiser Josef II. den Gehalt auf 200 fl. Gewöhnlich  war auch damit der Mesner- und Organistendienst verbunden.

Nach dieser kurzen Darlegung der Schulzustände im 18. Jahrhundert wird man jetzt auch verstehen, was die Pfarrakten über die 3 Schulen der Pfarrei Oberried berichten:

a) Schule Oberried. Im Jahre 1778 wird Johannes Willmann als "Schulhalter" genannt, von Profession Maurer. Nach ihm ist Andreas Hercher vom Schwörerhof Lehrer, zugleich Akzisor und Gemeindebote.

Im Jahre 1807 wird Josef Willmann als Lehrer angestellt; er erhielt die Ausbildung vom Geistlichen Rat und Direktor Bob in Freiburg. Gehalt: vom Schulfond 50 fl. , von Großh. Domäne 70 fl. und als Mesner 154 fl., zusammen 274 fl. Willmann diente vorher 13 Jahre lang in einem österreichischen Kürassierregimente und kämpfte bei Marengo gegen Napoleon.
b) In Zastler war "Schulhalter" im Jahre 1783 Christian Schweizer von Weilersbach und dann von 1814 - 1822 Josef Molz von Himmelreich. Nach ihm kam Fidel Krämer von Oberrimsingen, der von seinem Vater und dem Geistl. Rate Flamm in Munzingen unterrichtet worden war. Gehalt: 120 fl.

c) Schule St.Wilhelm. Sie hatte als ersten Lehrer den Josef Weber, Bühlbauer von St.Wilhelm 1813 als solchen angestellt. Derselbe wurde vorher von Herrn Dekan Schmidt in Kirchzarten unterrichtet. Er hielt in den Bauernstuben abwechslungsweise Unterricht. Gehalt: 118 fl. Er wurde 1851 als Lehrer in Dietenbach definitiv angestellt. Der Schule in St.Wilhelm wird in einem Visitationsbericht von 1808 großes Lob gespendet. In diesem heißt es: "Die Schule von St.Wilhelm zeichnet sich in Kenntnissen und Sittlichkeit aus."

Im Winter wurde täglich Schule gehalten, im Sommer zu Oberried nur an 3 Tagen, in Zastler an 1 1/2 Tagen; in St.Wilhelm war an "Feiertagen Wiederholungsstunde". Dann wird beklagt, daß in Oberried und Weilersbach die Kinder nicht fleißig in die Schule geschickt werden.

Fürstabt Martin Gerbert von St.Blasien
1720 - 1793

6.
Die Fürstäbte von St.Blasien sorgten aber nicht blos für Bildung des Volkes, sondern auch für Hebung der Religion und Sittlichkeit. Dieselben wurden von der österreichischen Regierung unter der Kaiserin Maria Theresia sehr unterstützt. Bereits im Jahre 1763 erschienen kaiserliche Verordnungen, die kirchlichen Reformen betreffend. Kaiser Josef II. (1780 - 1790) ging in diesem Eifer zu weit und griff sehr tief in kirchliche Rechte ein. Man nannte diese Zeit der kirchlichen Aufklärung die "Zeit des Josefinismus".

Hatte unter Kaiser Josef II. schon die Aufhebung einiger Klöster, die ihrem Zwecke nicht mehr ganz entsprachen, einige Aufregung gebracht, so beruhigte man sich doch wieder, da das Vermögen der aufgehobenen Klöster zur Förderung der Kirche und Schule verwendet wurde.

Daß man aber von Wien aus die oft seit Jahrhunderten gebräuchlichen Wallfahrten und Prozessionen untersagte, daß man die volkstümlichen Bruderschaften aufhob, eine ganze Anzahl althergebrachter kirchlicher Feiertage abschaffte - diese und andere Verordnungen fanden beim katholischen Volke entschieden Widerspruch. Die Regierung begründete das Vorgehen damit, dass sie das Staatswohl befördern und die Kirche von Mißbräuchen befreien wollte.

Fürstabt Gerbert, ein Verehrer der Kaiserin Maria Theresia und ein treuer Untertan des Kaisers Josef II., aber auch ein ebenso streng kirchlicher Prälat, beobachtete mit Schmerzen, wie man "mit dem Unkraute auch den Weizen herausriß“. In seiner Klugheit, Weisheit und Entschiedenheit suchte er zu verhindern, was noch zu verhindern war, und zu bessern, was zu bessern war.

Eine brennende Frage war die Aufhebung gewisser Feiertage. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts war die Zahl der Feiertage sehr groß; es gab 38 Feiertage ohne die Sonntage. Papst Benedikt XIV. erklärte sich schon im Jahre 1748, für eine Verminderung der Feiertage, damit die Armen ihrem Verdienst mehr nachgehen und manche Auswüchse, Exzesse, Streitigkeiten usw. beseitigt werden könnten. Bereits im Jahre 1753 erwirkte Kaiserin Maria Theresia ein päpstliches Breve, nach welchem eine Reihe kirchlicher Feiertage aufgehoben wurde. Durcls ein weiteres Breve von 1771 wurden noch weitere 20 Feiertage in Werktage umgewandelt. Diese aufgehobenen Feiertage waren: Osterdienstag, Pfingstdienstag, 8 Apostelfeiertag, die Feste der Heiligen: Georg, Magdalena, Laurentius, Michael, Martinus, Katharina, Nikolaus und der unschuldigen Kinder. Anfänglich war noch die Anhörung der hl. Messe an diesen Tagen geboten und nur die knechtlichen Arbeiter erlaubt, später hat Papst Clemens XIV. 1771 auch die Verpflichtung zur Anhörung einer hl. Messe aufgehoben. Außer den Sonntagen des ganzen Jahres waren also nur noch folgende Feiertage zu halten: Oster- und Pfingstmontag, Weihnachten, Neujahr, Dreikönig, Christi Himmelfahrt, Fronleichnam, die Marienfeste: Lichtmeß, Verkündigung, Maria Himmelfahr, Geburt und unbefleckte Empfängnis; ferner die Festtage der hl. Petrus und Paulus, Allerheiligen, Stefanus und schließlich das Fest des Haupt und Schutzpatrons an jeder einzelnen Kirche. Später wurde auch das Fest des Kirchenpatrons auf den Sonntag verlegt.

Nur schwer konnte sich die Bevölkerung des Breisgaues an die neue Ordnung gewöhnen. Die Städter standen. in dieser Hinsicht den Landleuten nicht nach. So wurde in Freiburg trotz des Verbots von der Bürgerschaft das Fest des hl. Sebastian und der hl. Agatha auch nach dem Gottesdienste den ganzen Tag in choro et foro gefeiert. Nach dem Beispiele der Stadt Freiburg richteten sich auch die anderen Städte und Ortschaften. Die Regierung schritt mit Strafen ein, wenn man an den abgeschafften Feiertagen nicht arbeiten wollte. So mußten die Stadträte von Kenzingen und Endingen mit Geldstrafen bedroht werden, weil sie an den abgestellten Feiertagen keine Gemeindearbeiten verrichten ließen, sondern weltliche Lustbarkeiten wie Scheibenschießen und dergleichen abzuhalten gestatteten. Es ist ein gutes Zeichen, daß der gläubig-fromme Sinn des Volkes diese Neuordnung schwer ertrug. Aber gewiß machten die Wirte und die jungen Leute aus unedlen Beweggründen die heftigste Opposition; denn jenen ging ein Teil der Einnahmen, und diesen ein Teil der Vergnügungen verloren. Da wirkte Fürstabt Gerbert durch seine im Jahre 1765 erschienene Schrift: "über die Verminderung der Zahl der Feiertage", belehrend und beruhigend. In 5 Kapiteln untersuchte er diese Frage genau und kam zu folgenden Erwägungen: "Die kirchlichen Gesetze können nach Zeit und Ort verschieden sein. Auch die Festtage waren öfters verschieden. Ihre Anordnung obliegt dem Papst und" den Bischöfen und  nicht der weltlichen Obrigkeit. "Die Anzahl der Feste war im christlichen Altertum nicht sehr groß; erst im 13. Jahrhundert bemerken wir ein gewaltiges Anwachsen der Feiertage. Gerbert führt dann verschiedene Stellen von Theologen an, die sich gegen allzuviele Feiertage aussprechen. Verschiedene Päpste, z.B. schon Eugen IV. im 15 Jahrhundert u.a.m. schafften gewisse Feiertage ab. Die Gründe für diese Abschaffungen waren: daß man an den eigentlichen Zweck der Feierstage nicht mehr dachte, daß allzuviele Feiertage Gelegenheit zu vielen Sünden und Ausschweifungen bieten, und daß die allzu große Menge der Feste eine  Vernachlässigung  und. Verachtung derselben hervorrufe. Ebenso sei die Not der Armen ein Grund zur Aufhebung. Der Mensch, zur Arbeit geboren, solle nach dem Willen Gottes nicht zuviel feiern. Der Sonntag ist von Gott eingesetzt und kann von keiner geistlichen oder weltlichen Obrigkeit abgesetzt werden. Bei den Feiertagen handle es sich aber um Gesetze der Kirche, welche geändert werden können. Die Gläubigen sollen Anordnungen der kirchlichen Obern, die vom hl. Geiste geleitet sind, willig befolgen. Die Erlaubnis, an gewissen bisherigen Feiertagen arbeiten zu dürfen, damit die Menschen nicht durch Müssigang die Heiligkeit dieser Tage entweihen, hat aber nichts gemein mit der Ansicht der Andersgläubigen, daß die heiligen nicht verehrt werden dürften. Wenn dagegen die Feiertage so oft entweiht werden, so bestärkt das nur die Andersgläubigen in ihrer Ansicht. Daher ist es gut, die allzu vielen Feiertage zu vermindern, damit die übrigen dann um so heiliger gehalten werden.

Auf den Einwand: es könnten die Verehrung Gottes und der Heiligen, der Empfang der Sakramente und andere Uebungen der Frömmigkeit vermindert werden, entgegnet Gerbert: Es wird ja gar nicht verboten, Gott an diesen Tagen zu verehren; nur die Arbeit wird gestattet. Was den häufigen Empfang der Sakramente und den Besuch des Katechismusunterrichts angehe, so glaubt Gerbert, daß durch würdige und eifrige Feier der Sonntage und der wenigen Festtage mehr erreicht würde.

Dann behandelt Gerbert die Frage: welche Feste zu behalten und welche abzuschaffen sind? Er schreibt darüber: Im Altertum sind zu unterscheiden Feste, welche von den Aposteln aus überliefert sind und dann in der ersten Zeiten festgelegt wurden, wie Ostern, Christi Himmelfahrt, Pfingsten usw. diese sind beizubehalten. -  Auch die Feste, welche durch allgemeinen Beschluß der Kirche eingeführt wurden, z. B. Allerheiligen, Fronleichnam, gewisse Marien- und Apostelfeste, sollen beibehalten werden. Jene Feste, die nicht von allen Kirchen gefeiert wurden, z.B. Feste von besondern Patronen, sollen in den einzelnen Diözesen beibehalten werden. Die übrigen Feste können nach der Verschiedenheit der Zeit und des Ortes abgeschafft werden. Die Bischöfe können also die Festtage vermindern, sollen aber dafür sorgen, daß die Sonntage und die wenigen Feiertage streng geheiligt werden.

Gerber trat also für die Minderung der Feiertage, aber noch viel mehr für die würdige Begehung der Sonntage und der gebotenen Feiertage ein.

Am 1. Juni 1766 erließ darum Prior Achert den Befehl, "daß die Untertanen an den Sonntagen und beibehaltenen hohen Festtagen Amt und Predigt besuchen und von allen knechtlichen Arbeiten, auch vom Handeln und über Feld fahren, allen verdächtigen Zusammenkünften, Spielen, Fluchen, Schwören und unmäßigen Trinken sich enthalten sollen. Nachmittags haben die Ledigen, darunter besonders auch die Hirtenbuben und Hirtenmädchen die Christenlehre und Vesper zu besuchen. -

Die Regierung unterstützte die Heiligung der Sonn- und Feiertage durch strenges Gebot der Sonntagsruhe.

Die Reform wurde in den meisten Orten des Breisgaus anstandslos durchgeführt. Die Beschränkung der Wallfahrten und Prozessionen machte aber bei dem Volke böses Blut. Aergerliche Auswüchse bei derartig kirchlich gebilligten Gebräuchen konnten so wenig einen Grund zu ihrer gänzlichen Abschaffung abgeben, als die Ausschreitungen an den Sonn- und Feiertagen die gänzliche Beseitigung dieser Tage begründen oder rechtfertigen würden.

Am Juli 1778 erging von der Regierung an Prior Felix Achert folgender Beschluß: "Es ist die Anzeige geschehen, daß die sog. Stöckle-Bauer-Prozession der Kirchzartener Pfarrgemeinde dieses Jahr am Bittsonntage wieder durch Freiburg nach St.Trudpert abgeführt worden ist. Da nun mit Erlaß vom 22. März 1777 alle Prozessionen, bei welchen man über Nacht auswärts bleibt, abgestellt sind, so erinnern wir ernstlich den Ortsvorgesetzten und Untergebenen für die Zukunft die Abhaltung dieser Prozession bei unausbleiblich empfindlicher Strafe zu untersagen."
 
Da nun im folgenden Jahre diese Prozession gleichwohl wiederum abgehalten wurde, so wurde der Talvogt von Kirchzarten zum Berichte aufgefordert, in welchem es heißt: "Nach der Sage der Leute soll die Prozession vor undenklichen Zeiten in der frommen Absicht eingeführt worden sein, damit Gott durch die Fürbitte dieses Heiligen (Trudpert) die Feldfrüchte segnen und alles Unwetter abwenden wolle. Heute ist die Andacht sehr gering, hingegen wird mehr gegessen und getrunken, und die ledigen Burschen, welche die größere Zahl der Bittgänger ausmachen, treiben allerlei Mutwillen und Ausgelassenheit. Es kommen auch Raufhändel vor.

Der Talvogt macht dann den Vorschlag, diese Prozession nach St.Trudpert abzustellen und dafür eine Prozession zum wundertätigen Frauenbild im Münster zu Freiburg, und eine andere zum wundertätigen Kruzifix nach Oberried einzuführen.

Nun erfolgte eine gerichtliche Untersuchung. Zuerst wurden die Oberrieder verhört da sie die ersten gewesen seien, welche trotz dieses Verbotes die Stöckle-Bauern-Prozession gehalten und Kreuz und Fahnen herbeigeschafft hätten. Aus jedem Hause war, wie sich herausstellte, eine Mannsperson dabei. Die Prozession bewegte sich über Kirchzarten, Kappel nach Freiburg. Da die Wallfahrer im Münster keine hl. Messe. bekamen, so gingen sie nach St.Georgen, wo man ihre Bitte erfüllte. Von dort ging man über Staufen in das Münstertal wo man übernachtete, um andern Tags über Hofsgrund nach Oberried zurückzukehren.

Die Antworten, welche die Angeklagten zu Protokoll gaben, lauten entschieden und trotzig. Thomas Steiert, 25 Jahre alt, sagt: "ich weiß wohl, daß die Prozession verboten war, ich muß aber dem Befehl des Vaters folgen, und habe geglaubt, es sei eine größere Ehre, wenn man Kreuz und Fahne bei der Prozession habe." -  Kaspar Wirbser, 17 Jahre alt, sagt: "ich weiß nichts anderes, als daß dabei brav gebetet wurde." - Jakob Klingele, 21 Jahre alt: "ich glaube nicht, daß es sehr gefehlt gewesen, indem hoffentlich das Beten nicht wird verboten werden." - Mathias Dufner: "ich weiß nicht, warum man das Beten verbieten will." - Mathias Hug: "ich gedenke, mein Lebtag den Bittgang zu halten; denn ich will kein Unglück." - Andreas Mayer: "Die Herren können Einen nicht strafen wegen dem Beten und die Regierung wird auch keinen Schaden davon haben." - Michael Bussett: "ich werde das nächste Jahr diesen Bittgang wieder machen, ob es verboten ist oder nicht; man hat Gott um seinen Segen zu bitten nötig."

Nach abgeschlossener Untersuchung erging folgender Beschluß: "Dem Gotteshaus Oberried wird hiemit befohlen, das Verbot dieser Prozession von der Kanzel mit dem zu verkünden, daß die Uebertreter auf das schärfste bestraft, auch die diensttauglichen jungen Burschen zum Militär herangenommen werden. Dieses Mal ist wenigstens Eine vorzumerken". Ein solches Vorgehen hieß: "Das Kind mit dem Bade ausschütten."
 
Zu jener Zeit waren ganz andere Mißstände zu beseitigen: In Folge der Bevölkerungszunahme wurden viele Häuser geteilt, d.h. es wohnten mehrere Familien in einem Hause. Man half sich auch oft mit Anbauten. Unter diesem Uebelstande litt die Sittlichkeit; denn es waren viele Häuser zu finden, wo wegen Mangels an Raum verheiratete Leute, Knechte und Mägde, junge Leute beiderlei Geschlechtes in einer und derselben Kammer ihre Schlafstätte hatten. Dabei konnten Verführungen und Aergernisse nicht ausbleiben. Deshalb gebot Fürstabt Gerbert eine Visitation der Wohnungen durch die Ortsvorgesetzten, und überall, wo sich der Mißstand zeigte, die Absonderung der Geschlechter und Stände in besonderen Räumen. Schon im Jahre 1750 war eine Verordnung, die Hausteilungen betreffend ergangen und bestimmt worden, daß man nicht nur dieselben für die Zukunft unterlassen, sondern auch trachten solle, solche Hausteile womöglich wieder zusammen zu bringen.

Ein Uebelstand anderer Art, welcher tief in das Leben der bäuerlichen Jugend eingriff, war das gewohnte gemeinschaftliche Viehhüten durch Buben und Mädchen zusammen. Es ergaben sich bei solcher Hut oft die ärgerlichsten Verirrungen. Darum sah sich Gerbert veranlaßt, die Gelegenheit zu derartigen "abscheulichsten Vorfällen" abzuschneiden. Er verbot nämlich unter schärfster Strafandrohung, daß ferner noch das Vieh von Hirten beiderlei Geschlechts gehütet werde. Sittliche Verfehlungen Erwachsener wurden mit 10 Kronen bestraft.
 
Vergleicht man die Taufbücher aus der Zeit von 1750 bis 1800 mit jenen aus der Zeit von 1800 bis1850, so findet man, daß die Sittlichkeit im 18. Jahrhundert auf hoher Stufe stand. Nach Aufhebung der Klöster sank aber die Sittlichkeit von Jahr zu Jahr mehr.

7.
Das Kloster nahm in dieser Zeitperiode auch einen wirtschaftlichen Aufschwung. Insbesondere war Fürstabt Gerbert gleich vom Beginn seiner Regierung an wahrhaft landesväterlich besorgt, nach allen Seiten hin das Wohl der Untertanen zu fördern, und ließ daher nicht allein die bezüglichen bürgerlichen älteren Verordnungen, soweit sich dieselben noch als brauchbar erwiesen, kräftigst handhaben, sondern auch eine Reihe neuer ergehen, wie die veränderten Zeitumstände es erforderten.

Aus diesen ungefähr 30 neuen Verordnungen wollen wir nur einige herausgreifen.

Jahrhunderte lang galt bezüglich der Besitz- und Vorteilsgerechtigkeit das Gesetz, daß bei Todesfällen oder elterlichen Uebergaben der ganze Bauernhof dem jüngsten Sohne erster Ehe zufiel. Waren aber keine Söhne vorhanden, so gebührte dieses Recht der jüngsten Tochter erster Ehe, keineswegs aber einem Sohne zweiter Ehe, es wäre denn, daß weder Sohn noch Tochter von der ersten Ehe vorhanden sein sollten. Der neue Besitzer hatte überdies den Vorteil, das Bauerngut nach seinem billigen Anschlage übernehmen und die übrigen Geschwister mit Geld abfertigen zu können. Hieraus entstanden manche Nachteile. Denn da die Eltern ihr Leibgeding nur vom Jüngsten zu erwarten hatten, so kümmerten sie sich wenig um die anderen Kinder, sondern verwendeten ihre Mühe fast allein auf ihn, wogegen derselbe, sich auf sein Besitzrecht verlassend, gewöhnlich weniger gehorsam, fleißig und sittsam war, öfters sogar einem lockeren Leben nachhing, wozu er von schlimmen Kameraden und mannsüchtigen Dirnen verführt wurde. Die übrigen Kinder aber zeigten dem Besitzberechtigten gegenüber wenig Interesse an der Wirtschaft, lebten nachlässig und mißmutig, weil sie sich oft nicht verheiraten konnten. In Folge dessen wurde das schlecht betriebene Bauerngut so mit Schulden belastet, daß der Uebernehmer oft nicht im Stande war die herrschaftlichen Abgaben zu entrichten, die Gläubiger und Geschwister zu befriedigen.

Darum hob Gerbert die alte Gewohnheit auf und bestimmte für die Zukunft, daß die Söhne zwar den Vorzug vor den Töchtern haben sollen, daß aber bei den Söhnen auf die vorzüglichere Tauglichkeit zu sehen und nur bei gleicher Befähigung dem jüngsten der Vorzug zu geben sei. Der Vater hatte also freie Wahl, welchem Sohne er den Hof übergeben wollte.

Die häufig vorkommenden Brände bestimmten den Fürstabt eine Feuerversicherung zu gründen und in Folge dessen auch zu verordnen, daß die Häuser möglichst von Stein zu bauen und die Häuser mit Ziegeln zudecken seien.

Zur Förderung der Landwirtschaft ergingen Befehle zur Verhütung des Wildschadens und Anweisungen an die Jäger, den Wildstand möglichst zu beschränken.

Der Genuß von Kaffee und Tabak wurde nach dem Urteil von Aerzten als schädlich betrachtet. Jedenfalls war das Tabakrauchen in den meistens mit Getreidegarben, Heu und Stroh angefüllten Bauernhäusern ein höchst gefährlicher Unfug und die Ursache mancher Feuersbrünste. Darum wurde das Rauchen dem männlichen Geschlechte bis zum 24. Jahre und dem weiblichen Geschlechte ganz verboten.

Auch die Vermögensverhältnisse des Klosters in Oberried nahmen gegen Ende des 18. Jahrhunderts einen erfreulichen Aufschwung. Im Jahre 1783 handelte es sich darum, die Maierhöfe des Klosters den Besitzern eigentümlich zu überlassen. Weil aber die Zufuhr von Naturalien (Lebensmittel aller Art) von auswärts sehr schwierig war, so wehrte sich das Kloster dagegen. Aus diesen Verhandlungen stellt sich der Ertrag der dem Gotteshause gehörigen Maierhöfe wie folgt:

Die 2 Maierhöfe in St.Wilhelm bezahlen in Geld
und lieferten 200 Pfd. Butter und 200 Stück Eier.
200 fl.
Der Maierhof in Kappel bezahlte
und lieferte 100 Pfd. Butter und 100 St.Eier; dazu noch 80 Muth 3 Sester Hafer
185 fl.
Der Maierhof in Hofsgrund bezahlte
dazu 75 Pfd. Butter und 90 St. Eier.
90 fl.
Die Grund- und Bodenzinse trugen
191 fl. 53 Kr.
Diese Einnahmen aus den Maierhöfen beliefen sich somit zusammen in Geld auf
616 fl. 53 Kr.
Dazu ertrugen die ausstehenden KapitaIien (14.778 fl.) zu 5 Prozent an Zinsen zusammen 738 fl. 45 Kr.

Von den dem Gotteshause gehörigen Lehen in Uffhausen, Bötzingen, Biengen, Kappel, Krotzingen, Dottingen, Thunsel, Eschbach, Heitersheim, Hausen, Haslach, Hochdorf, Hofsgrund, in der March, im Kirchzartener Tal, in Oberried, Opfingen, Schlatt, Thiengen, Vörstetten und zu Freiburg (das Deutsche Haus), nahm das Kloster jährlich ein: an Weizen 17 Muth 2 Sester, Roggen 190 Muth, Gerste 26 Muth 1/2 Sester, Mühlenfrucht 30 Muth, Erbsen 1 Sester, Hafer 45 Muth 1/2 Sester, Kapaunen 3 Stück, Zinshühner 114 Stück, Eier 637 Stück, Butter 400 Pfund.

Vergleicht man hiemit die im Jahre 1717 aufgestellte Rechnung, so ergibt sich, daß das Kloster am Ende des 18. Jahrhunderts etwas mehr an Frucht und Getreidegülten bezogen und sich innerhalb 70 Jahren fl. 14.778 erspart hatte.
 
Daß diese Ersparnisse nicht größer waren, wundert uns nicht. Der Rechner klagte beim Abschluß der Rechnung, daß bereits im Jahre 1725 an Rückständen 16.501 fl. verzeichnet werden mußten und dieselben bis zum Jahre 1796 auf die ungeheure Summe von 38.803 fl. gestiegen waren, weil nämlich die Oberrieder seit 20 und 30 Jahren mit der Zahlung des Drittels im Rückstande geblieben sind.

Das St.Blasische Amt sah sich in Folge dessen 1794 gezwungen, gerichtlich vorzugehen, zumal viele Bauern bei ihrem damaligen Wohlstande ihre Schuldigkeit unschwer hätten entrichten können.

In einem Briefe an den Fürstabt heißt es: "Nicht nur einen, sondern mehrere Bauern von Oberried könnte man Eurer Exzellenz namhaft machen, welche in diesem Jahre allein 10 bis 12 Stiere verkauft und daraus eine unerhörte Summe Geldes erlöst haben. Ueberhaupt weiß man keine Zeit, wo die Bauern in größerem Wohlstande waren als gerade jetzt."

Im Jahre 1790 wurde eine Klage gegen Andreas Rees von Oberried eingereicht. Derselbe hatte die von seinem Vater hinterlassene Wirtschaft zum Adler und damit auch die Schuldigkeit übernommen, den von der väterlichen Verlassenschaft abfallenden Drittteil an die Herrschaft zu zahlen. Er ließ sich aber von einem Freiburger Bürger (von Johann Federer auf dem Schützenhaus) aufhetzen, den Drittteil zu verweigern.

Im Mittelalter hatten alle Grundherrschaften das Recht, bei Güterverkäufen den Kaufsdrittel zu fordern. Wurde z.B. der wahre Wert des Gutes oder Kaufschillings auf 15.200 fl. geschätzt, so war der Drittel mit 400 fl. an die Herrschaft zu bezahlen. Man nannte dieses den scharfen Drittel. Das Kloster verlangte aber nur den leichten Drittel, d.h. nur den "vierten Pfennig". Diese Abgabe konnte rechtlich nicht bestritten werden; allein unter "dem Krummstabe" waltete immer Milde und Nachsicht. Das wußten die Bauern und verschoben das Zahlen von Jahr zu Jahr. Und als die Stürme der französischen Revolution auch über die Klöster hinbrausten, verzichteten dieselben freiwillig auf diese Einnahmen, welche mehr als jede andere Steuer das Volk drücken. Als dann später der Staat die Klöster säkularisierte, konnte auch er diese Abgaben nicht mehr einziehen und aller Streit löste sich in Wohlgefallen auf.

Wo sind nun aber die Einnahmen aus den vielen tausend Morgen Waldungen, welche dem Kloster Oberried  gehörten, aufgezeichnet ?  Besaß doch das Gotteshaus Oberried viele Morgen Wald!

Die Akten aus dem Großh. Landesarchiv überzeugen uns, daß das Holz aus 200 Jahren nur ganz geringen Wert hatte. Im Jahre 1707 hatte Prior A. Füßlin mit Josef Antinor, kaiserlicher Fortifikationsinspektor, einen Vertrag abgeschlossen für die Lieferung von 9775 Klafter Holz zu 6 Kreuzer Stammlosung und von 2500 Stammhölzern zu 15 Kreuzern Stammlosung. (Stammlosung war die Vergütung für die Bemühung des Försters, welchen den haubaren Stamm zu bezeichnen hatte, war auch zugleich die Anerkennung, daß die Wälder Eigentum desjenigen seien, welcher das Stammgeld erhielt. - Die Bergwerke zahlten noch weniger. Nach dem Vertrage von 1605 durfte das Bergwerk von Hofsgrund nur 3 Rappen Stammlosung das Klafter zahlen. Als die Bleiwerke in Hofsgrund im Jahre 1724 wieder eröffnet wurden, hat man die Stammlosung nach längerem Streite auf 6 Pfennig festgesetzt.) Das Kloster erhielt für die 9775 Klafter Holz zusammen 977 fl. 36 Kr. und für die 2500 Stämme 620 fl.

Im Jahre 1716 schloß der Kaiserliche Ingenieur und Obristwachtmeister Johann Haintze mit dem Kloster Oberried einen Holzfloßvertrag. Hiernach waren auf die Zeit von 15 Jahren jährlich 6000 Klafter Holz zu liefern gegen Bezahlung von 1 fl. 40 Kreuzer für das Kloster. Davon erhielt das Kloster für das Klafter 9 1/3 Kreuzer Stammlosung. Die Bedingungen waren folgende: Das gehauene Holz ist sauber aufzunehmen und die erforderlichen Samenbäume, auf jeden Morgen 10 bis 20 Stück stehen zu lassen, damit der Wald gemäß den Forstgesetzen fleißig nachgezogen werden kann; das Holz, jedes Scheit 4 Schuh lang, ist vor das Schwabentor bei dem sog. Husarenschänzel abzugeben.

Die Berechnung für ein Klafter stellte sich:
 1. Stammlosung 9 1/2 Kr.,
 2. Macherlohn vom Klafter 24 Kr.,
 3. Flößerlohn bis Oberried 29 1/2 Kr.,
 4. Von Oberried bis Nägelesee 9 1/2 Kr.,
 5. Das Klafter auswerfen 3 Kr.,
 6. Aufsetzen 1 Kr.

Für den Akkordanten blieben noch 14,66 Kr. übrig. Derselbe mußte aber jährlich 60 Klafter unentgeltlich in das Kloster liefern und den Schaden tragen, wenn, was oft geschah, Holz beim Flötzen verloren ging. Auch mußte er den Kanal unterhalten. Im Jahre 1731 schloß Josef Klein von Gottenheim einen Vertrag, jährlich 6000 Klafter Holz für die Festung und die Stadt Freiburg aus den Klosterwaldungen zu liefern. Die Regierung zahlte 1 fl. 34 Kr. und die Stadt 1 fl. 47 1/2 Kr für das Klafter. Die Stammlosung betrug nicht viel mehr als 10 Kr. für das Klafter, da der Wert des Holzes von 1716 bis 1731 nur um 20 Kreuzer für 1 Klafter gestiegen war.

Prior Achert berichtet dagegen aus dem Jahre 1777, daß für das Klafter Holz in Freiburg 3 fl. 50 Kr. bezahlt wurde.

Im Jahre 1779 beklagt Fürstabt Gerbert, daß der Wald durch die Bergwerke und die ungeheuer großen Holzhiebe ganz verwüstet sei, und das Kloster jährlich nur noch 1000 Klafter Holz abgeben könne. Das Kloster St.Peter lieferte damals 400 Klafter Holz zu 4 fl. auf 16 Jahre.

Da Unsereins bekanntlich Alles wissen soll, und ich schon von verschiedenen Seiten gefragt wurde, aus welchen Quellen ich die Kenntnis dieser vielen Einzelheiten

geschöpft habe, so will ich noch beifügen, daß es mit jetzt endlich gelungen ist, auch das Flächenmaß des alten  Klosterwaldes anzugeben. In einer gewissen Registratur findet sich ein Handriß des Ignatius Wießig, Bürger und landständiger Feldmessers von Horb am Neckar, welcher in den Jahren 1773 und 1778 die hochfürstliche St.Blasianische Herrschaft Oberried und St.Wilhelm vermessen hat. Nach diesem besaß das Kloster an Waldungen:

1. Was zwischen der gnädigen Herrschaft und den Untertanen strittig ist:
Der Lachenwald 32 Juch. 101 Rth.
Wald auf der Winterseite (Hochfarn) 849 Juch. 320 Rth.
Wald auf dem Sommerberg (Hundsrücken)
1257 Juch. 22Rth.
Langeneck
937 Juch. 273 Rth.
2. In St.Wilhelm, (Laub- und Nadelholz)
2192 Juch. 262 Rth.
Im Ganzen zusammen
5269 Juch. 258 Rth.
 Oder neues Maß
1897,0980 Hektar.
Hiezu kommen noch auf Gemarkung Hofsgrund der jetztige Domänenwald 125,0631 Hektar
und der an die Gemeinde Hofsgrund abgetretene Wald mit 324,1089 Hektar
zusammen 2346,2700 Hektar


Außerdem verzeichnet der Handriß noch 283 Juch. "Steine, Felsen, Wege und Bäche".

Von dem ehemaligen Klosterwald besitzt der Großh. Domänenärar jetzt noch 1263,93 Hektar. Das Uebrige ist an die Genossenschaft und Gemeinde Oberried, Gemeinde Hofsgrund und St.Wilhelmer Private abgetreten worden - bei Ablösung ihrer Berechtigungen an dem Walde. Woher stammen diese Berechtigungen ? Von jeher hatte das Kloster seinen Untertanen das nötige Bau-, Brenn- und Hagholz unentgeltlich abgegeben. Mit der Zeit holten sich die Bauern widerrechtlich aus den gotteshäusischen Waldungen auch Holz zum Verkaufen. Das wurde nun zuletzt Gewohnheitsrecht und gab Anlaß zu vielen Streitigkeiten. Da erließ am 10. Jänner 1727 das fürstliche Gotteshaus St.Blasien eine Waldordnung sowohl über die in den Vogteien Oberried, Kappel und Hofsgrund und St.Wilhelm dem Gotteshaus Oberried eigentümlich zustehenden, als den Untertanen zugehörigen eigenen, zu Lehen überlassenen Waldungen. In dieser Waldordnung heißt es Nr. 14:
"Damit aber wegen dieser so heilsamen und notgedrungenen Verordnung sich mit Grund Niemand beschweren könne, mithin der Untertan auch einige Ergötzlichkeit über das nötige Bau- und Brennholz zu genießen haben möge, hat die gnädige Herrschaft Folgendes bestimmt: In der Vogtei Oberried sind einem Bauern zum verkaufen zu geben:
Brennholz jährlich 8 Klafter, Sägholz jährlich 4 Stück.

Denjenigen 13 Bauern aber, welche an dem Erlenbach (Teil haben, über Obiges noch Jedem Tannen 2 Stück und Buchenes gleichfalls 2 Stück. Sodann denjenigen, welche eigentümliche Waldungen haben, sollen über Obiges noch 2 Stämme angewiesen werden, jedoch mit dem ausdrücklichen ernstlichen Befehl, daß alle Bäume durch den herrschaftlichen Jäger gezeichnet werden sollen. Trotz dieser Waldordnung, welche eigentlich nur ein Gnadenakt war, gab es später immer Streitigkeiten, und da die Bauern zuletzt beanspruchten, nach ihrem Belieben und unentgeltlich Holz fällen zu dürfen, so wuchs die Sache zu einem Rechtsstreite aus, der am 18. März 1805, also kurz vor Aufhebung des Klosters, durch Vergleich vor dem Erzherzoglichen Fiskalamte in Freiburg in der Weise beglichen wurde, daß das Kloster die seit dem Jahre 1727 zugestandenen Berechtigungen anerkannte, und auch den Taglöhnern einiges Holz zum Verkaufe und zum Schneflen auszumessen zusagte.     


Fürstabt Mauritius Ribbele von St.Blasien
1793 - 1801.

Und nun fragen wir: Hätte wohl eine andere weltliche Herrschaft gegen die Untertanen so gütig gehandelt wie das Kloster? Nachdem der Staat das Kloster säkularisiert hatte, mußte er diese durch einen Vertrag abgeschlossenen Holzrechte anerkennen und hat deswegen im Jahre 1815 der Gemeinde Oberried für diese Berechtigungen 1346 Morgen Wald abgeteilt. Im Jahre 1842 wurden dann von diesen 1346 Morgen Wald der neu gebildeten Waldgenossenschaft mit 52 Beteiligten (mit Körperschaftsrechten) wieder 1046 Morgen und der Gemeinde Oberried 300 Morgen ausgeschieden. Ebenso erhielten die Hofsgrunder ihren Gemeindewald mit 324 Hektar. In St.Wilhelm hat die Gemeinde keinen Wald, weil jedem einzelnen Besitzer eine gewisse Fläche von ehemaligen Klosterwald zugeteilt wurde.

8.
Die Bergwerke, welche im Oberrieder Tale betrieben wurden.

Werfen wir zuerst einen Rückblick auf die Geschichte des Bergbaues im Breisgau.

Die Anfänge des Bergbaues auf dem alten römischen Provinzialboden führen sich wahrscheinlich in den meisten Fällen auf die Römer zurück. Auch für den Schwarzwald ist diese Annahme nicht ausgeschlossen. Archäologische Funde sind allerdings bis jetzt nicht gemacht worden.
 
Die beglaubigte Geschichte des Bergbaues im Schwarzwald beginnt erst mit einer Urkunde des Kaisers Konrads II. vom Jahre 1028, der dem Hochstifte in Basel "einige Silberadern und Gruben in der Grafschaft Bertholds, im Gau Breisgau, mit jeder Nutzung, die irgendwie davon kommen könne", verliehen hat (Die germanischen Reiche hatten von den Römern das ausschließliche Königsrecht an Bergwerken übernommen. Die Erzlagerstätten blieben Eigentum des Königs und die Ausübung des Bergbaues war ein vom König übertragenes Recht (Regal). Dem Grundeigentümer gehörte der Boden nur so tief, als der Pflug geht. Als Diener des Königs hatten die Bergarbeiter bald eine bevorzugte Stellung sich erworben, wie die Kaufleute Sonderrechte hatten. Das Regal ging aber durch königliche Schenkung in die verschiedensten Hände über.)
 
Jene Urkunde von 1028 zählt die bedeutendsten Bergwerke des Breisgaues auf. Am weitesten nach Süden werden die Bergwerke in Badenweiler und Luxberg genannt. Dann lesen wir von Bergwerken am Ausgang des Sirnitz- und Münstertales. Um die breite Kuppe des Erzkastens lagen die ergiebigsten Gänge von Metallen. Die Bergwerke bei Todtnau und Schönau waren besonders reicht an Silber, Kupfer, Blei und Eisen. Das Hochstift Basel belohnte sofort den Vater des ersten Herzogs von Zähringen mit Bergwerksregalen. Herzog Berthold II. hat dann im Jahre 1092 verschiedene Gruben angelegt. Unstreitig verdanken die Herzöge von Zähringen einen großen Teil ihres vielgerühmten Reichtums den breisgauischen Bergwerken. Nach uralten Volksüberlieferungen sollen die Herzoge aus dem Gewinn ihrer Silbergruben bei Zähringen den Aufwand des Münsterbaues bestritten und gleichsam zum Symbole hievon das bekannte Silberglöcklein gestiftet haben. Die Bergwerke gelangten dann nach Aussterben der zähringischen Linie großenteils an die Grafen von Freiburg, welche dieselben zwar ausbeuteten, aber trotzdem immer tiefer in Schulden kamen. Sie waren darum zuletzt genötigt, die Bergwerke an Freiburger Bürger und andere zu verpfänden. Schon im Jahre 1283 wurde zu Todtnau ein Bergwerk betrieben. Denn in diesem Jahre erhielten die Bergleute in Todtnau zuerst das Recht, in einer Holzkapelle sich Messen lesen zu lassen, und als sie fünf Jahre später die Errichtung einer eigenen Pfarrei erlangten, mußten sie eine Sicherheit stellen für den Fall, daß das Silberwerk wieder abgehen sollte. Um dieselbe Zeit wollten die Mönche von St.Trudpert sich in den Besitz des Britznachtales, später Obermünstertal genannt setzen. In einer unechten Urkunde wird der Britzenberg, der das Tal abschließt, zuerst mit dem Namen "Storren (heute (Stohren) bezeichnet, der auf bergmännischen Betrieb, auf Stollenbau hinweist. Im Jahre 1303 verlieh Graf Egon zu Freiburg dem Gottfried von Schlettstadt gewisse Anteile an den Silberbergwerken im Oberrieder Tale. Im Jahre 1328 hatten die Johanniter zu Freiburg den Bergwerkszehnten zu Wittolsbach, jetzt Obertal in Oberried genannt. Im Jahre 1332 verlieh Graf Konrad von Freiburg "dem Vogte Küngin" und dem Hemmer und allen ihren Gesellen alle Leiten (Erzlager) zu Oberried im Tale, von der üblen Brugga aufwärts bis zur Scheideck, und innerhalb dieses Wassergebietes zu beiden Seiten um den 20ten Pfennig des Ertrages. Im Jahre 1346 schenkte Graf Konrad von Freiburg dem Kloster Oberried im Walde den "Aberwesch zu Nollisfrone" (Hofsgrund). Dieses Bergwerk muß später an reiche Bürger in Freiburg übergegangen sein, da es später mit der Grube Dieselmut, in der Nähe der Halde gelegen, (weßwegen der Haldenhof öfters "Dieselmuthof'" genannt wird), gemeinsam betrieben wurde. Diese Bergwerke in Hofsgrund waren ergiebig, wie ein Glasgemälde bezeugt, welches ein reicher Bürger zu Freiburg dem Münster daselbst als Dank für den Segen des Bergbaues vermachte. Dieses Glasgemälde aus dem 14. Jahrhundert befindet sich am fünften Fenster der Nordseite des Langhauses und stellt zwei arbeitende Bergknappen dar mit der Ueberschrift "Dieselmut und Nollingsfrou", nebst: dem Wappen der Stifter, des Ehepaares Tullenhaupt.

Graf Egon IV. versammelte im Jahre 1372 die Bergleute des ganzen Breisgaues auf dem Dieselmut. wo die Bezirke von Oberried, St.Trudpert, Todtnau und Freiburg zusammenstießen. Von allen Seiten eilten die Bergknappen herbei. Den geistlichen Grundherren waren die meist fremden Bergleute sehr unbequem, hauptsächlich, weil durch den Bergbau die Wälder verwüstet wurden, und weil man aus der "Berghoheit" auch die allgemeine "Forsthoheit" ableiten zu können glaubte. Die freien Bergleute betrachteten deswegen die Klosterleute als ihre Feinde. Darum verstehen wir auch gewisse Sagen, z.B. "daß die Mönche den Bergleuten Unglück bringen und daß unter den Füßen der Mönche das Erz verschwinden soll". Aus diesem Grunde gingen die Aebte von St.Trudpert planmäßig auf das Ziel los, sich das Eigentum des ganzen Münstertales zu verschaffen, zuerst den Grund und Boden und dann auch die Bergwerke. Ihre Gegner waren aber ihre Vögte, die Herren von Staufen, welche das Bergregal im Münstertal hatten. Durch regen Betrieb der Gruben war als Mittelpunkt des Talbereiches, wahrscheinlich auf den Trümmern einer alten römischen Niederlassung, das Bergstädtlein Münster herangewachsen. Die freiburgische Münzstätte bezog ihr Silber meistenteils aus den Münstertaler Hütten, denn schon im Jahre 1258 schlossen der Graf und der Stadtrat von Freiburg mit den Herren von Staufen einen Vertrag über den gemeinschaftlichen "Silber- und Münzbann" ab, nach welchem alles Rohsilber in die Freiburger Münze abgeliefert werden mußte. Lange standen die Bürger von Freiburg und jene von Münster in freundschaftlichen Beziehungen, bis im Jahre 1346 Johann von Staufen sich  schuldenhalber genötigt sah, sowohl die Veste Scharfenstein als das Städtlein Münster an den Herzog Albrecht von Oesterreich verkaufsweise aufzugeben. Das rief in Freiburg eine gewaltige Aufregung hervor, da viele Bürger und Patrizier von dort Pfandbriefe auf den Bergwerken besaßen und Niemand die drängenden Gläubiger befriedigte. Die Freiburger überfielen und verwüsteten teilweise das Städtlein Münster, das sich seit dieser Zeit nie mehr recht erholte und wahrscheinlich im 30jährigen Kriege völlig eingegangen ist.

Hatte der Bergbau im 14. Jahrhundert einen großen Aufschwung genommen, der auch während der zwei folgenden Jahrhunderten andauerte, so gerieten die Bergwerke des Breisgaues im Anfang des 16. Jahrhunderts sämtlich in Abnahme. Das Bergwerk im Goldberg, am Eingange des Oberrieder Tales gelegen, ging sicher im Jahre 1525 ganz ein. Kriege (Bauernkrieg) und Seuchen nahmen den Breisgau sehr mit, und plündernde Banden zerstörten und zerschlugen die Schmelzöfen. Das geht hervor aus einem hinterlassenen Schriftstücke eines gewissen David Ludau,  infolgedessen die Sage vom "goldenen Marti" entstanden ist. Dieselbe lautet:
Abschrift einer den "goldenen Marti" betr. Urkunde im Privatbesitz befindlich. (Mitgeteilt in Schau-ins-Land 1. Septemberheft.)
Anno 1511 habe ich, David Ludau, in der Gruben St.Georgen gearbeitet und bin daselbst Hauer gewesen, da ist mir mein Vater durch einen Eingang zu Tod gequest worden, da bin ich von dieser Gruben abgestanden und bin zum Thomas Hochherr, Thomas Freund gekommen. Da hab ich gearbeitet bis 1519, unterdessen ist unsere Grube Katharina sehr schwach geworden und die Gruben St.Georgen haben sich sehr reich vermehrt, so daß man schier von Ellenbogen zu Ellenbogen gewachsenes Gold gefunden, dieses in schmalen Splitter wie Pergament dick und einer Bommel breit, das Erz war ohnehin schon sehr reich und man hat alle Quart größere und reichere Quellen gefunden, so daß ich mich in dessenwegen ihrer schönen Flohr und guter Bezahlung dahin in Arbeit begeben habe. Solche Gruben laufen in drei der reichsten Flühren, von wo die der rechten Seite die reichste ist. Ich hatte das Glück, durch einen Keil den Vorhang, der uns lange hindert, zu sprengen, und hinter diesem fanden wir so reiches Erz, so daß man jedem Bergmann mit 3 Mark Gold das Stillschweigen befohlen. Ich aber, der den Vorhang gesprengt, bekam 3 Mark Gold mehr als die Andern zum Geschenk und so arbeiteten ich und mein Bruder noch 3 Jahr in dieser Grube zu St.Martin, bis endlich der Krieg so weit um sich gefressen, daß niemand mehr sicher zu sein schien. Da hat unser hochwerther Meister aus Furcht der Krieger den Befehl gegeben, diese St.Martinsgruben von der Mündung 12 Ellenbogen an dem Eingang mit einer Tür von Eisen beschlagen zu beschließen und alle Schachten wohl zu verwahren und mit Schutt zu verhüllen, so daß es Niemand findet, bis wieder Ruh und Frieden im Land sei. Wir sind alle hernach in die Flucht und haben uns 4 Jahre im Zastler und Feldgebirg aufgehalten; alle 7 Tage hat einer von uns nach dem Schmelz- und Pochwerk gesehen. Endlich ist solches im 2. Jahre im Monat November von den Soldaten ausgeputzt und verbrannt worden, dieses war alles was sie thun konnten; den St.Martini haben sie nicht gefunden, dieser ist in der Grube aufbewahrt, der ist von lauter Gold und" wiegt 300 Mark, die freute mich öfters wegen diesem Stück, denn ich gedenke, wenn ich das Leben davonbringe, so weiß ich St.Martin zu finden. Nun ist der Krieg etwas stiller geworden, alsdann fangt erst bei uns die Forcht an, da starben bei uns in 8 Tagen 12 Mann, Kinder und Weiber, darunter mein Geschwister, mein Eheweib und 3 Kinder, so daß ich mich noch alleinig mit einem Mitheuer flüchtig in die Schweiz nach Solothurn begab, und hoffe wieder zu St.Martin zu kommen, allein getraute mir nicht, da man neuerdings hörte, daß das Sterben noch immer fort in dem Breisgau dauerte. So hab ich dieses zu Solothurn aufgeschrieben und bei mir verwahrt.

Der diese Schrift nach meinem Tode findet, gehe auf Oberried, neben diesen zwei Rinden, alwo St.Wilhelmer und Zastler Thal zusammenfällt gegen Mittag liegt am rechten Ufer am St.Wilhelmer Wasser an dem Kabespitz rechts, unten auf der Fläche geht die Mündung hinein und zieht sich gegen Mittag in 11 Stunden oder Schirm.

Das ist wahrhaft, denn ich habe es mit meinen Augen gesehen und 3 Jahr darin gearbeitet.

Bitte den, der diese Schrift in seine Hände bekomme, St.Georgen dadurch finden, meine Seele auch der Ewigkeit zu gedenken und allen Abgestorbenen mit Hilfe beizuspringen.
Solothurn, den 19. März 1527.
(gez.) David Ludau.

Es ist mir nicht Möglich die Echtheit dieses Schriftstückes zu prüfen. Jedenfalls ist sehr viel Unrichtiges darin enthalten. So ist z.B. nicht glaubwürdig, daß dieser Ludau selbst ein reiches Lager von Gold entdeckt hat, denn in den oberriedischen Gruben wurde nur Silber und Bleierze gefunden. Wenn Ludau von einem "goldenen St.Marti" 300 Mark schwer, den er hinter einer eisernen Türe verborgen habe, schreibt, so kann es in keinem Falle ein massives goldenes Bild sein, denn 300 Mark repräsentieren (da 1 Kilogramm Feingold = 2790 Mark sind), einen Wert von 195.690 Mark nach unserem jetzigen Geldwerte. Es ist auch schwer glaublich, daß man jedem Bergmann mit 3 Mark Gold = 1600 Mark  Stillschweigen geboten habe. Wahrscheinlich hieß; die Erzgrube im Goldberg "St.Martin" und barg vielleicht ein vergoldetes Bild dieses Heiligen. Daß dieses Schriftstück nur eine Prellerei für gierige Goldsucher war, glaube ich nicht. In jeder Sage steckt gewöhnlich ein geschichtlicher Kern. Im Goldberg war eine Erzgrube. Das geht daraus hervor, daß man auf dem sogen. "Schmelzacker" gegenüber dem Gäsenhof heute noch die Ueberreste der ehemaligen Erzschmelze findet, daß ferner im Jahre 1661 (laut Akten im Pfarrarchiv) "der Prior Jakob Maier dem Vogt Mathias Gäsensohn, Hans Weber, Michael Müller und Georg Steinhardt da, wo vor alten Zeiten die Erzschmelze gestanden, eine Sägemühle zu bauen erlaubte, daß ferner im Jahre 1671 Prior Schechtelin "dem M. Gäsensohn den Schmelzplatz samt dem darauf stehenden Hause und Hofstatt zu kaufen gab". Die Bergwerksakten des Großh. Landesarchivs enthalten weiter folgendes: Im Jahre 1747 wollte die Zähringer Gewerkschaft das "alt verlegene Bergwerk im Goldberg auf Glück oder Unglück eröffnen, weil einige alte Bauern vorgeben, daß vor ungefähr 150 bis 200 Jahren im dortigen Revier ein reichhaltiges Erz gefunden worden sei". Der vorderösterreichische Bergrichter und Waldmeister Fr. Josef Hermann berichtete auf dieses Gesuch um Belehnung an die Regierung: "daß nicht die wenigste Spur von einem reichen oder mittelmäßigen Erze zu finden sei". Die Gewerkschaft erhielt wohl die Erlaubnis zu graben mit der Bedingung: "sollte ein reichhaltiges Erz gefunden werden, so soll ein Drittel der Herrschaft vorbehalten werden" - sie machte aber davon keinen Gebrauch. Vor 40 Jahren suchte ein Bauer von St.Märgen, im  Volksmunde "der Schweighöfler" genannt, vergeblich nach dem "goldenen Marti".
 

Auch in Hofsgrund ging der Bergbau vom Jahre 1525 sichtlich zurück, obwohl Kaiser Maximilian I. im Jahre 1517 eine neue Bergordnung erließ, in welcher durch viele Begünstigungen dem Bergbau aufgeholfen werden sollte. Doch um die Mitte des 16. Jahrhunderts war auch in Hofsgrund der Betrieb auf Silber und Blei nicht mehr recht ergiebig und die Knappen holten sich aus dem Walde Holz, um Rebstecken, Schindeln, Kübel und Teller zu verfertigen - ohne natürlich dem Kloster einen Rappen zu bezahlen. Das gab zu vielen Streitigkeiten Anlaß.

Im Jahre 1605 gelang es dem Bergrichter Burger, mit dem Gotteshause Oberried einen Vertrag abzuschließen, dahin lautend, daß die Bergleute für jeden Baum 3 Rappen Stammlosung zu bezahlen haben. Die Bergknappen und Bauern in Hofsgrund kümmerten sich aber um die  geschlossenen Verträge wenig. Sie fuhren in ihren Waldverwüstungen fort, trotz einer neuen strengen Waldordnung vom Jahre 1611. Die Streitigkeiten dauerten bis zum 30jährigen Kriege fort, von welcher Zeit an der Bergbau bis 1724 ganz aufhörte. Im Herbste 1638 wurden die Bergknappen von den Schweden verjagt, die Gebäude beschädigt und das vorrätige Blei abgeführt. Die Gruben blieben eine Zeit lang außer Betrieb. Ja, sobald die Bergleute in Hofsgrund wieder arbeiten wollten, wurden sie von der Soldateska übel behandelt. So wurden im Jahre 1635 mehrere erschossen, ein großer Teil des Viehs weggetrieben und die vorrätigen 7 1/2 Zentner Blei geraubt. Der Betrieb des Bergwerkes blieb von 1644 ab nun mehrere Jahrzehnte liegen. Die Hofsgrunder Protokolle von 1687-1710 bringen nur die Nachrichten, daß die Bauern sogar noch die Oefen abrissen, um Blei zu suchen und die Steine für sich zu benützen.

Der Betrieb der Bergwerke im Jahre 1724 hatte sofort eine Menge Streitigkeiten zur Folge, welche bald mit dem Priorate Oberried, bald mit den Hofsgrundern oder mit den urnliegenden Grundherrschaften oder Gemeinden geführt werden mußten. Das Priorat klagte über furchtbare Waldverwüstungen und die Bauern sahen in den Bergleuten nur lästige Eindringlinge, die aus Tyrol, Böhmen und Sachsen kamen und ihnen die Allmendnutzung merklich verkürzten.

Die Regierung unterstützte zwar mit allen Mitteln den Betrieb des Beergwerkes; aber derselbe konnte nicht vorankommen; denn der Silbergehalt der Bleierze war gering, das Bleiserz mußte im Münstertale verhüttet werden, der Arbeitslohn war hoch, das Blei stand nieder im Preis, das Aufleben der Eisenindustrie im Wiesentale verteuerte sowohl Holz als Kohle.

Letzter Fürstabt Berthold Rottler von St.Blasien
1801 - 1807.
+ 1876 zu St.Paul in Kärnten.

Auch die Gebrüder Litschgi von Krotzingen, welche bald darauf die Hofsgrunder Bleigruben erhielten, machten schlechte Geschäfte. Im Jahre 1742 berichteten sie an die Regierung, es sei lebensgefährlich geworden, im werke zu arbeiten, es sei Wasser eingedrungen. Die Erhaltung und Hebung des Stollens erfordere einen Aufwand von 1000 fl.

Der Steiger Maderspacher verließ die Brüder, als er ihre mißliche Lage sah und suchte im Kappler Tal mit den kleinen verlegenen Gruben sein Glück, wurde aber infolge Streitigkeiten mit den Bauern bald vertrieben.

Auch die Hofsgrunder zeigten sich feindselig gegen die Knappenschaft, schädigten dieselbe und verklagten sie sogar bei der Oberriedrischen Herrschaft als Wilddiebe. Unter den Erben Litschgis, der 1753 starb, dauerten die Streitigkeiten fort, denn das Kloster erhob im Einklang mit den Bauern bald Beschwerde wegen Waidgang, Allmendgenusses und Holzverbrauchs. "Das Bergwerk habe, heißt es, seit 1744 wenigstens 4000 Klafter Holz verzehrt, und zudem sei die geringe. Stammlosung von 7 Kreuzer seit mehreren Jahren noch im Rückstand. Ueberdies sei es bei diesem Holzverbrauchs unmöglich, die früher abgeschlossen Verträge über Lieferung von jährlich 6000 Klafter Holz für Garnison und Einwohnerschaft Freiburg einzuhalten. Da der Bergwerksbetrieb immer mehr nieder kam, so nahm die Regierung im Jahre 1783 denselben selbst in die Hände. Der Betrieb ging nun zwar regelmäßiger, aber die Feindseligkeiten der Hofsgrunder gegen die Bergleute hielten an. In den neunziger Jahren rissen sie denselben sogar die schlechten Baraquen ab. Mit dem Uebergang an das Großherzogtum Baden hörten die Bergwerke und alle Streitigkeiten auf.

In der letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde noch an verschiedenen Bergen des Oberrieder Tales nach Erz gegraben.
a) Im Jahre 1741 wurde dem Stuckhauptmann Karl Josef von Reutermann, Edler zu Rittersfeld, die alt verlegene Grube im KIammendobel am Feldberg zum Wiederbetrieb übergeben. (Diese und die folgenden Mitteilungen sind dem badischen Landesarchiv entnommen.) Ueber den Bergbau am Feldberg liegt ein Bericht des Kommissärs Augustin Wüst vom 17. März 1793 vor. Derselbe lautet: "Vor ungefähr 20 Jahren hat der Steiger Maderspach den von den Alten betriebenen Maria Theresia-Stollen gewalttätig und von den vorgefundenen Abstämmen so viel Pochgänge erzeugt, daß er zur Aufbereitung ein kleines Pochwerk mit Vorteil erbauen konnte. Nach dem Tode dieses Steigers blieb das Werk bis etwas vor 4 Jahren liegen, wo es endlich der hinterlassene Sohn dem jetzigen Berggericht anzeigte, das solches zu vergewerken suchte. Das Aerar hat 14 Kure übernommen.
Ebenso wurde der Barbara Stollen zu gleicher Zeit angefangen und wurden 20 Zentner Scheiderz zutage gefördert.
Vor ungefähr 3 Jahren ist der neun Klafter tiefe. Andreas-Stollen zu gewältigen angefangen worden. Von diesem Stollen weiter, dem Kammendobler Grund abwärts gegen Abend, ist in dem entgegengesetzten mittagsseitigen Gehäng im Jahre 1791 ein alter Schurf der Hermann-Stollen auf Aerarkosten in Beleg genommen worden. Mit zunehmender Länge hat der Silbergehalt sich gebessert; ein hoffnungsvoller Stollen ist der Hermann-Stollen.
b) In der St.Wilhelmer Talhöhe, an dem mittagseitigen Gehänge und weit entlegen, befinden sich drei verbrochene Stollen, Silbereck genannt. In dem jäh aufsteigenden Gebirg ist der Bonifazius-Stollen. Man ist aber von der Ausführung abgestanden.
c) In der Gegend, wo der Hofsgrund in das St.Wilhelmer Tal ausläuft, ist der Holderschlag-Stollen. Der Gang besteht aus Quarz, Gneis und wird nicht betrieben.
d) Im St.Wilhelmer Tale weiter gegen Mitternacht der Abendseite, im Tiefenbacher Grund ist der Tiefenbacher-Stollen, welcher vor einigen Jahren vom Grafen Kageneck und Amtmann Lur gebaut worden ist. Kageneck beteiligte sich auch an den Bergwerken im Silbereck und Birkenreute. Die beiden aber gaben im Jahre 1793 die Bergwerke, nach Verwendung mehrerer Tausend Gulden, ohne den geringsten Nutzen auf. Am 1. Mai 1793 berichtete die Heinrich von Kagenecksche Vormundschaft, daß sie aus dem oben erwähnten Grunde den Bergbau im Silbereck, Tiefenbach und Birkenreute entsagen.
e) Am Andreas-Stollen am Feldberg und St.Thomas-Stollen im Tiefenbach waren von Konstanz 25 Personen beteiligt, ebenso einige Personen von Lindau, Ravensburg, Villingen.
f) Im Jahre 1789 haben Johann Hägener aus Freiburg die Erlaubnis erhalten, die wiedergefundene und verlegene Grube St.Benedikt auf Katzensteig zu betreiben.
g) Der Kaspar-Stollen im Tiefenbach wurde 1753 zuerst von Freiherr Josef Anton Eusebius von Beroldingen allein gebaut; es waren silber- und kupferhaltige Bleibergwerke.

Mit dem Uebergange der geistlichen Herrschaft des Gotteshauses Oberried im Jahre 1806 an das Großherzogtum Baden haben alle diese Bergwerke ein Ende genommen.

Erst vor 30 Jahren hat eine Gesellschaft, genannt: Gewerkschaft Schwarzwälder Erzbergwerke zu Freiburg im Breisgau den Betrieb der Bergwerke am Schauinsland wieder übernommen, nachdem der Freiherr von Roggenbach in den Jahren 1880 und 1881 die ersten Versuchsarbeiten ausgeführt hatte. Die Gesellschaft besitzt einschließlich der in Betrieb befindlichen Konzessionen deren 39, welche sich auf das Gebiet zwischen Freiburg-Staufen-Schönau-Kirchzarten verteilen, und beschäftigt zurzeit 150 Arbeiter von welchen zwei Drittel auf der Grube arbeiten. Das aus der Grube auf zwei Stollensohlen (Kappeler- und Leopold-Stollen) gewonnene Erz wird vermittels einer geradlienig verlaufenden 6 Kilometer langen Seilbahn nach der Aufbereitung (Erzwäsche) gebracht.

Diese liegt auf der linken Seite des Dreisamtales zwischen Kappel und Neuhäuser. Hier wird reiner Bleiglanz und reine Zinkblende hergestellt, welche die Endprodukte (Verkaufsprodukte) des Betriebes darstellen. Die Betriebskraft für Grube und Aufbereitung wird in einer Doppelanlage in Oberried gewonnen, wo die dortigen Wasserkräfte in hochgespannten Drehstrom gewandelt werden. Es können maximal ca. 750 Pferdekräfte erzeugt werden. Von Oberried aus wird zurzeit auch ein tiefer Stollen nach den Lagerstätten im Schauinsland getrieben, welcher mit einer Länge von 3000 Meter und 250 Meter Tiefe unten den Leopoldsstollen erreichen soll. Bis jetzt sind 600 Meter dieses Stollens fertig gestellt.

9.
Aus den französischen Kriegen
1796—1801.

Im Jahre 1789 war in Paris die furchtbare Revolution ausgebrochen, der König wurde am 21. Januar 1793 und die Königin am 16. Oktober des gleichen Jahres hingerichtet. Nun schlossen Oesterreich, Preußen, Russland, Spanien, Portugal, Neapel, der Papst und das Deutsche Reich ein Bündnis, den Königsmord zu rächen.

Dieses Bündnis veranlaßte einen großen Krieg. Die Revolutionsheere setzten am 24. Juni 1796 bei Kehl über den Rhein und rückten, überallhin Schrecken verbreitend, landauf gegen den Breisgau. Wohl wurde der sogenannte Breisgauer Landsturm organisiert, der bei Wagenstadt, Kenzingen und Tutschfelden tapfern Widerstand leistete, aber der Uebermacht des Feindes, der 32.000 Mann stark war, weichen mußte. Die Franzosen drangen nun unter General Moreau durch das Höllental gegen die Baar und den Hegau vor, um die Festung Ulm zu erreichen. Die feindlichen Truppen plünderten und raubten in den Dörfern und einschichtigen Höfen, mißhandelten Männer und Weiber in schrecklicher Weise, um Geld zu erpressen und schändeten letztere ärger als früher die Schweden. Der letzte Abt von St.Peter, Ignaz Speckle hat die Schandtaten, welche in Eschbach vorkamen, in seinen Memoiren ausführlich beschrieben. Die Franzosen kamen aber nicht weiter als bis gegen Stockach, wo sie von den Oesterreichern geschlagen wurden. Auch rückte Erzherzog Karl von der Ortenau her gegen Freiburg. Bei Kenzingen, Malterdingen, Köndringen und  Waldkirch kam es am 18. Oktober zu kleineren siegreichen Treffen, in welche Erzherzog Karl, der in Riegel sein Standquartier hatte, persönlich eingriff. Nun mußte Moreau seinen schmälichen Rückzug durch das Höllental antreten. In der Kirchweihwoche marschierten 40.000 Mann innerhalb drei Tagen durch das Höllental; sie plünderten wieder überall, steckten viele Orte in Brand, wie z.B. Rötenbach; auch die Kirche in Neustadt haben sie niedergebrannt. Es war ein Glück, daß die Feinde sich beeilen mußten und nicht Zeit hatten, sich weit von der Landstraße zu entfernen.

"Lächerlich war der Aufzug der retirierenden Franzosen. Der größte Teil hatte keine Schuhe; bedeckt waren sie mit Bettüchern oder Teppichen, einige trugen Bauernkittel, andere Mäntel von allerlei Farben, man sah einige in Weiberkleidern, einige in Chorröcken, auch in Meßgewänder gekleidet. Das Ganze glich einer Maskerade." So schreibt der Chronist. Das war Moreau´s Rückzug 1796. Auf demselben kamen die Franzosen auch von der Höhe herab durch das Weilersbacher Tal, wo ihnen die Oesterreicher schon entgegentraten und sie in ein kleines Gefecht verwickelten. Die dabei gefallenen Soldaten haben ein Massengrab unmittelbar vor dem Eingang in die Oberrieder Kirche gefunden. Angesichts der Schandtaten, welche die Franzosen begingen, hat Mathias Dufner, Müller in Oberried, einen französischen Chirurgen innerhalb der Klostermauern erschlagen. Die Franzosen wollten deswegen das Kloster anzünden, mußten sich aber schleunigst zurückziehen. Bei diesem und dem späteren Durchmarsch der Franzosen hatte das Kloster einen Schaden von 3.400 fl. erlitten. Ueberdies war es, wie die Klöster in St.Peter und St.Märgen zu einem Militärhospital eingerichtet worden.

10.
Aufhebung des Klosters und Abzug der Mönche.

In blutigen Ringen hatte die Revolution unter ihrem genialen Emporkömmling Napoleon gesiegt und damit die Grundsätze von der Verdrängung der Kirche aus ihrem althergebrachten Besitz zur Geltung gebracht. Oesterreich lag besiegt und erschöpft darnieder und mußte sich alles gefallen lassen. Von der Achtung fremder Rechte war keine Rede mehr.

Die geheimen Verträge zum Pariser Frieden (1796), denen Baden damals noch erst nach langem Zögern, Württemberg leichten Herzens zugestimmte, enthalten die kommende Entwicklung bereits in den Grundzügen: "Die süddeutschen Fürsten treten alle Besitzungen auf dem linken Rheinufer an Frankreich ab und erhalten dafür das Anrecht auf die Säkularisation der in ihren Landen gelegenen Bistümer, Stifte und Klöster, zu deren Durchführung sie tatkräftig mitzuhelfen versprachen. Das gleiche vereinbarte auch Oesterreich in den geheimen Artikeln zum Frieden von Campo Formio (1797). Was hier nur im geheimen versprochen wurde, das wurde offen verkündet auf dem Rastatter Kongreß, wurde im Frieden von Luneville (1801) gesetzlich sanktioniert und schließlich von der Reichsdeputation zu Regensburg in die Tat umgesetzt. Der große Ländermarkt in Paris war eröffnet. Wie das Geschmeiß hungriger Fliegen stürzten sich die deutschen Fürsten und Diplomaten auf die blutigen Wunden des Vaterlandes, wobei einer den andern in devotester Hingebung an Napoleon zu überbieten suchte. Um möglichst viel bei der großen Reichsauktion zu erhalten.

Dieses Bild gebraucht heute Treitschke und vor ihm schon teilweise Abt Berthold von St.Blasien, der in banger Erwartung über die Schicksale seines Klosters den unruhigen Zeitläuften entgegensah. Das Todesurteil der Abtei war bereits ausgesprochen, als der Reichsrezeß vom 25. Januar 1803 verkündete: der Breisgau gehst an den mit dem österreichischen Hause verwandten Herzog von Modena über, während der Großprior des Johanniterordens zu Heitersheim die Grafschaft Bonndorf, die Abteien und Klöster St.Blasien, St.Trudpert, Schuttern, St.Peter, Thennenbach und überhaupt alle Stifte und Klöster des Breisgaus erhalten sollte.

Um dieses Unheil abzuwenden, sandte der Abt von St.Blasien den Amtmann Duttlinger nach Wien, der dahin wirken sollte, daß St.Blasien der Oberhoheit Oesterreichs nicht entzogen würde.

Als die feierliche Uebergabe des Breisgaus an den Herzog v. Modena am 2. März 1803 erfolgte, behielt St.Blasien vorläufig noch seine Existenz.

Die Wendung der Dinge brachte erst der unglückliche Krieg Oesterreichs im Jahre 1805, der durch den Preßburger Frieden vom 26. Dezember 1805 das Schicksal des einen deutschen Reiches besiegelte, den Breisgau von Oesterreich losriß und unter zwei Herrschern teilte, den Kurfürsten von Baden und den König von Württemberg. Es war überhaupt ein genialer Schachzug Napoleons, daß er es verstand, seine Fürsten immer enger an sich zu ziehen: Zuerst lockte er sie durch Versprechungen an sich, dann gab er ihnen, aber nicht auf einmal, sondern Stück für Stück, um sie umsomehr in der Hoffnung: zu bestärken, später das Ganze zu erhalten. So teilte er den Breisgau an die beiden Fürsten, die sich ihm gleichsam mit Leib und Seele verschrieben hatten, Baden und Württemberg. Württemberg erhielt die St.Blasien gehörige Grafschaft Bonndorf, die Städte Villingen und Bräunlingen, sowie einen Teils des Breisgaus, der vom Schlegelberg bis zu der Molbach gehen sollte. Baden erhielt den übrigen Teil samt den früher den Maltesern zugewiesenen Stiftern und Klöstern also auch das Kloster St.Bslasien.

In Folge falscher Auslegung des Friedensinstruments erhob Württemberg auf einen viel größeren Teil des Breisgaus Anspruch, als ihm von Rechtswegen gebührte. Darum erschien die sogen. "Besitznahmekommission" aus Württenberg am 12. Januar 1806 in St.Peter, am 17. Januar in Oberried und am 18. Januar in St.Blasien um die württembergischen Wappenbleche anzuheften. Auf dem Fuße folgte aber die badische "Besitznahmekommission" und erschien am 22. Februar in St.Peter, am 23. Febr. in Sölden und St.Ulrich und am 24. Februar in Oberried, um auf die Klostergüter Beschlag zulegen. Am 15. April fand die feierliche Uebergabe des Breisgaus an Baden statt, und der Kurfürst Karl Friedrich erhielt die Würde eines "Großherzogs von Baden".

Während dieser peinlichen Frist versuchten der Fürstabt von St.Blasien und der Abt von St.Peter noch einen letzten Schritt der Rettung - sie reisten nach Karlsruhe um dem dortigen Hofe alle Gründe für die Erhaltung ihrer Gotteshäuser vorzutragen. Er blieb jedoch erfolglos.

Am 1. November 1806 erfolgte die Entschließung Karl Friedrichs: "er habe es für gut befunden, bei den allzu vielen Schwierigkeiten in Ausführung der Modifikationen, worunter man die beiden Abteien St.Blasien und St.Peter habe fortbestehen lassen wollen, seine Willensmeinung dahin abzuändern, daß nunmehr diese Stifte ebenfalls wie alle übrigen im Breisgau, als mit den Einrichtungen des souveränen Großherzogtums unvereinbarlich, definitiv aufzulösen seien."

Am 4. Februar 1807 wurde dann das Priorat Oberried durch den ehemaligen St.Blasianischen-Oberriedischen Amtmann Josef Frey als Großh. badischer Kommissär aufgehoben.

Außer dem Prior Ambrosius Eichhorn, 4 Patres und einem Laienbruder bestand die Klosterfamilie aus folgenden Personen: aus 1 Konventsdiener, 1 Hausknecht, 1 Kutscher, 1 Fuhrknecht, 1 Müller, 1 Köchin, 1 Küchenmagd, 1 Viehmagd und 1 Gesindemagd.

Im Klostergebäude verblieben:
P. Martinus Stiegele, geb. zu Bonndorf, Priester 1783, gest. zu Oberried 1821. Er liegt auf dem Gottesacker rechts vom Eingange der Kirche begraben.
Ferner P. Lukas Mayer, geb. 1774 zu Gündelwangen bei Bonndorf, Priester 1799; er war seither Pfarrer in Oberried und blieb als solcher bis 1809, um dann als Pfarrer nach Nöggenschwiel (1809 - 1813) und dann nach Gurtweil zu ziehen, wo er im Jahre 1821 starb. Derselbe war berühmt als Gelehrter und Schriftsteller.
Ferner P. Hermann Sauter, geb. 1777 in Hechingen, Priester 1802; war zuerst Vikar neben Lukas Mayer, und" dann Pfarrer in Oberried - und starb hier am Schlagfluß den 18. August 1824.

Prior A. Eichhorn, ein berühmter Diplomatiker (d.i. ein Gelehrter, der den Wert der alten Urkunden nach ihrer Echtheit und ihrer Auslegung bestimmen konnte), zog mit dem Abte von St.Blasien, 20 Patres und 13Fratres sowie 3 Laienbrüder nach St.Paul in Kärnten, allwo er bald zum Präfekt des Gymnasiums in Klagenfurt ernannt wurde. Auch hier trieb er unermüdlich reiche Quellensammlungen; 1818 wurde ihm das Amt eines Präfekten in St.Paul übertragen; jedoch starb er bald darauf im Jahre 1820.

Die ausgewanderten Patres hießen:
 P. Nonnosus Karg. P. Trudpert Neugart. P. Bonifazius Grüninger. P. Basilius Rauch. P. Günther Jehle. P. Benedikt Brenzinger. P. Konrad Boppert. P. Markus Baader. P. Joh. Nep. Schelb. P. Ambros Eichhorn. P. Mathias Ganther. P. Simon Dietrich. P. Bartholomäus Kaiser. P. Ignaz Kopp. P. Thaddäus Natterer. P. Frowin Muster. P. Nikolaus Kapferer. P. Nicolaus die Flue. P. Joh. Bapt. Mannhart. P. Gregor Huber.

Die Pfarrer von Oberried seit 1825 heißen:
 1. Aloys Müller, geb. in Bonndorf 1775, Priester 1797, Pfarrer in Lembach, Erwattingen und Oberried von 1825 - 1832, gest. als Pfarrer in Zunsweier 12. April 1834.
2. Wendelin Ott, geb. zu. Munzingen, 1782, Priester 1806, Vikar in Achkarren, Präbendarverweser in Breisach, 1818 Pfarrer in Herdern und 1883 Pfarrer in Oberried, wo er 26. September 1867 starb.
3. Rudolf Nenning, geb. zu Konstanz 27. Febr. 1817, Priester 1842, wirkte in Pfullendorf und Sauldorf, dann 1861 als Pfarrer in Burgweiler und 1870 - 1893 in Oberried; er starb 4. Februar 1893.
4. Ferdinand Gießler, geb. 30. November 1843 in Kurzell, Priester 1867 Pfarrer in Oberried von 1895 bis 1907 und seither Pfarrer in Riegel.
5. Andreas Hund, geb. 1866 zu Haslach (Ulm), Priester 1894, Pfarrer in Oberried seit 1908 bis heute.

Lehrer in Oberried:
1. Aloys Winterhalter 1833 - 1862, zog als Pensionär nach seiner Heimat Lenzkirch
2. Georg Rimmele von Wyhl, Amt Kenzingen, von1863 - 1866.
3. Konrad Neff von 1866 - 1890.
4. H. Homburger von 1890 - 1897.
5. B. Dietrich von 1897 bis heute.

Lehrer von Zastler:
1. Ignaz Weiland 1832 - 1846.
2. Valentin Nies 1848 - 1850.
3. Ferdinand Hauser 1851 - 1868.
4. Karl Mülhaupt 1869 - 1876.
5. Fr. Xaver Kunle 1876 - 1888.
6. Adolf Winter 1888 - 1894.
7. Alfred Lösch 1894 - 1911.

Lehrer von St.Wilhelm.
1856. Johann Schreiner.
1865. Markus Lang.
1867. Josef Neininger.
1871. Nikolaus Sauer.
1873 F. Xaver Kunle.
1879. Josef Fesenmeier.
1880. Johann Wetzel.
1886. Otto Dummel.
1892 Albert Schieldecker.
1894. Dominik Moosmann.
1898 bis heute: Karl Böhler.

 Der Feldberg.
Ein Nachwort von Herrn Professor Dr. Josef Sauer. Der Feldberg hat in wirtschaftlicher Beziehung in dem letzten Vierteljahrhundert eine völlige Umwälzung erlebt.

Jahrhunderte lang war er nur die hochragende Gemarkungs- und Gaugrenze. Alp- und Breisgau schieden sich an seinen Hängen, die Klöster St.Peter und St.Blasien reichten mit ihren Besitzungen bis zu dem waldbekränzten Berg. Aber selten mag in den früheren Jahrhunderten ein menschlicher Fuß, seine Kuppe betreten haben; Abt Gerbert von St.Blasien erzählt von einer Besteigung, die er vornahm, wie von einem bedeutenden und höchst schwierigen Ereignis. Nur der Hirte und der Köhler hatten seit undenklicher Zeit da oben ihr Revier; in den düstern Waldungen, mit denen die Hänge bedeckt waren, brannte der Köhler seine Kohlen, die unten im Tale, vor allem in den Erzwerken, wie in Schopfheim, geschätzt waren; und auf der sonnigen Grashalde des Feldbergs und seiner Ausläufer wurde schon seit dem hohen Mittelalter das Vieh zahlreicher Gemeinden des südlichen Schwarzwaldes zur Weide gebracht.

Von den zahlreichen, den Berg umsäumenden Viehhütten, wie der Lenzkircher, der Menzenschwander, der Todtnauer, der St.Wilhelmer, der Weilersbacher, der Zastler und Baldenweger, sind alle noch, mit Ausnahme der erstgenannten, in Betrieb.

Für die Abfuhr des Holzes hatte das Kloster St.Blasien im obersten Alb- und Wiesental Flößereien eingerichtet. An den westlichen Hängen des Bergstocks wurde im Mittelalter ein schwunghafter Bergbau betrieben, an welchen Bezeichnungen wie Silberberg, Poche u.a. erinnern. Diese einfachen wirtschaftlichen Verhältnisse erfuhren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wesentliche Veränderungen. Der Mensch bekam mehr Sinn und Verständnis für die Natur und ihre Schönheit und lernte namentlich ihren Einfluß auf die Gesundheit und die im aufreibenden Getriebe des Geschäftslebens und der Studien geschwächten Nerven kennen. Was früher nahezu ein Lebensereignis gewesen, die Besteigung eines hohen Berges, wurde jetzt zur Gewohnheit und zum Bedürfnis.

Dieser Wandel läßt sich auf unseren Schwarzwaldhöhen allerwärts, am meisten aber vielleicht doch auf dem Feldberg, beobachten. Der Touristenverkehr setzte langsam von den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts ein und wächst sich in den 90er Jahren schon vollständig zum Sport aus. Der Feldberg zählt heute zu den besuchstesten und bekanntesten Kurorten Deutschlands. Früher nur auf Saumpfaden und Hutwegen von den verschiedenen Tälern aus erreichbar, wird er seit Mitte des 19. Jahrhunderts durch eine Straße von Titisee-Bärental, seit Ende der 80er Jahre durch eine solche von Todtnau, und auch von Menzenschwand-St.Blasien, durch Fuhrwerke jeder Art befahren.

Für die Verpflegung der Touristen sorgten in früherer Zeit nach altpatriarchalischer Weise die Viehhütten. Im Jahre 1864 wurde am Ostabhang des Feldbergs, im Sattel von Menzenschwand nach dem Feldsee ein eigenes, dem Fremdenverkehr dienendes Rasthaus, der Feldbergerhof, von einer Menzenschwander Genossenschaft errichtet. Es war zunächst nur ein einfaches, primitives Holzhaus.

Karl Mayer von Freiburg der es 1879 übernahm, schuf im Verein mit seiner energischen und opferwilligen Schwester Fanny, die nach dem frühen Tod seiner Frau als Seele des Haushalts ihm zur Seite stand, das einstige Rasthaus zu einem wohnlichen und behaglichen Kurhaus um. Schon 1885 wurde die erste Erweiterung vorgenommen, in den nächsten Jahren der Wirtsraum durch Kunstmaler Sebastian Luz aus Freiburg, mit Darstellungen der bekanntesten Stoffe aus Gedichten Hebels geschmückt. Im Jahre 1894-95 wurden weitere Anbauten erstellt und schließlich 1904-05 noch durch den bisherigen Besitzer (+1909) und 1910 durch seinen Sohn Oskar und dessen Geschäftsteilhaber Albert Schladerer von Staufen ein mächtiger Hotelneubau von den Karlsruher Architekten Curjel u. Moser errichtet, der sich ebenso vorteilhaft durch praktische, allen Bedürfnissen modernen Lebens entsprechende Anlage wie durch vornehme Einfachheit auszeichnet. Der ganze Bau kann jetzt über 300 Menschen beherbergen und in seinen Speisesälen über 500 bequem verköstigen.

Neben dem Stammhaus, dem Feldbergerhof, erwarb oder errichtete die Familie Mayer noch drei andere Gasthäuser im Feldberggebiet, die hauptsächlich dem Touristenverkehr dienen: so das Turmhotel auf der Feldbergspitze das 1898 erbaut wurde; die Jägermatte an der Straße Titisee-Todtnau, die 1900 von der Gemeinde Menzenschwand abgegeben und bedeutend umgebaut wurde, und schließlich das 1909 erworbene Gasthaus zum Rinken.

Für die religiösen Bedürfnisse des Hauses und der Gäste wurde 1889 hinter dem Feldberghof eine kleine Kapelle erbaut, die 1909 bedeutend vergrößert und verschönert worden ist. Im Sommer ist jetzt der Feldberg von Tausenden als Kurgästen und Touristen besucht. Fast noch Iebhafter als im Sommer geht es seit Anfang der 90erJahre in den Wintermonaten auf dem Feldberg her, dank dem Skisport, der 1890 zum ersten Male dort betrieben, von allem Anfang an vom Feldberghofwirt nachhaltig gefördert und vom Skiklub Schwarzwald in einer Weise ausgebaut und verbreitet worden ist, daß er jetzt, wie in allen deutschen Mittelgebirgen und in den Alpen, so besonders im Schwarzwald ein fast unerläßliches Verkehrsmittel der höher gelegenen Schwarzwalddörfer geworden ist. Auf dem Feldberg tummeln sich, namentlich an den Sonntagen, Hunderte von Skifahrer umher, ein Bild frohesten, gesundesten Lebens, natürlichster Heiterkeit und harmlosester Ausgelassenheit.

Bei besonderen Anlässen, namentlich bei den (internationalen) Ski-Wettrennen steigt die Gästezahl oft auf mehrere Tausend. Dieser enorme wirtschaftliche Aufschwung des Feldberggebietes kommt aber nicht ausschließlich den Feldberggasthöfen, unter denen als jüngster noch der Hebelhof an der Wasserscheide zwischen Alb- und Wiesental mitzählt, zugute, sondern hat seine Rückwirkung auch auf die gesamte Bevölkerung der umliegenden Täler; es kommt Geld von der Höhe wieder ins Tal; für die Lebensmittel jeglicher Art ist ein wichtiges Absatzgebiet erschlossen worden und der Touristenverkehr, der Sommers wie Winters durch die Täler zur Feldberghöhe und wieder zurück flutet, läßt manche Mark hier zurück. Namentlich im Winter hat das St.Wilhelm- und Oberrieder Tal fast jeden Sonntag Gelegenheit, ganze Scharen erschöpfter oder hart von den Türken des Feldbergs oder des Totenmanns mitgenommenen Skiläufer oder Skiläuferinnen aufzunehmen und ihre Atzung oder Weiterbeförderung zur Bahn nach Kirchzarten zu bieten.

In edlem Wetteifer vergrößerte auch Herr Wiesler auf der Halde bei Hofsgrund seit Jahrzehnten seine Wirtschaftsgebäulichkeiten. Auch dort entstand vor 10 Jahren ein Neubau, der über 100 Kurgäste beherbergen kann. Sobald die bereits beschlossene Bergbahn von Freiburg auf den Schauinsland zur Ausführung gelangt sein wird, dürfte da droben das Treiben und Leben im Sommer wie im Winter noch reger werden. So übt der trutzige, düstere König des Schwarzwaldes, die Aufgabe, die er hatte, so lange Menschen an seinem Fuße und an seine Flanken sich niederließen, Unterhalt, Schutz und Erquickung zu spenden, heute noch immer weiter, in anderer Art und in gesteigerter Weise aus.