zum Inhaltsverzeichnis

Die Errichtung eines Tuberkulösenheims in der Villa des Baldenwegerhofs.
1926

Freiburg im Breisgau, den 28. Juli 1926
Die Direktion der Heiliggeistspitalstiftung

Vorlage des Stadtrats Freiburg im Breisgau an den Bürgerausschuß.
Errichtung eines Tuberkulösenheims im Wohnhaus des Baldenwegerhofs.

Stadtratsbeschluß vom 28. Juli 1926

1) Der Einrichtung des zum Baldenwegerhofs gehörigen Wohnhauses zu einem Tuberkulösenheim mit einem einmaligen Aufwand von 30 000 RM wird zugestimmt.....
2) Für den laufenden Betrieb des Heims vom 1. Oktober 1926 bis 1. April 1927 ist der von der Stadt zu tragende Aufwand mit ½ von 18 000 RM jährlich = 9000 RM dem vom Bürgerausschuß bereits bewilligten Gesamtbetrag für Fürsorgezwecke ...zuzurechnen.

Begründung

Eine der betrübendsten Nachwirkungen des Weltkrieges mit seiner Hunger-Blockade, dem ungeheuren Wohnungselend und der wirtschaftlichen Notlage weitester Kreise ist die Zunahme der Tuberkulose. Hier heilend und besser noch vorbeugend zu wirken ist eine der vornehmsten Aufgaben aller hierzu berufenen Organe in Reich, Staat und Gemeinde. Auch in unserer Stadt geschieht auf diesem Gebiete bereits sehr Erhebliches durch eine energisch betriebene Wohnungsbaupolitik, durch Gewährung ausreichender Fürsorge mit Rat und Tat in den Fällen der Bedürftigkeit, durch Gewährung von Heilkuren usw.
Eine immer fühlbarer werdende Lücke ist aber noch auszufüllen: Es fehlt uns eine Möglichkeit, tuberkulöser Männer, insbesondere Familienväter, die in eine Heilstätte kommen sollen, aber noch keine Aufnahme finden können, und solche Männer, die aus einer Heilstätte entlassen werden, aber vor der Wiederaufnahme ihrer Arbeit noch einige Zeit gekräftigt werden sollen, in einem geeigneten Erholungsheim in tunlichster Nähe der Stadt unterzubringen. Für weibliche Personen ist es schon im Jahre 1922 gelungen, in einer Baracke auf dem „Hungerberg“ im Stadtteil Herdern eine ähnliche Einrichtung zu schaffen, die sich bereits außerordentlich segensreich ausgewirkt hat. Ebenso notwendig ist es aber selbstverständlich, an Tuberkulose erkrankte Männer, insbesondere Familienväter, die eine Ansteckungsgefahr bilden für ihre Frauen und Kinder, alsbald aus ihrer Umgebung zu entfernen und ebenso ausgeheilte Männer, noch mehre Wochen nach beendeter Kur zu kräftigen und sie zugleich an das neue Klima zu gewöhnen, damit sie nicht durch zu frühe Wiederaufnahme von neuem erkranken.
Nach längerem Suchen und Prüfen ist es nun gelungen, in dem der Heiliggeistspital-Stiftung gehörigen Wohnhaus des „Baldenwegerhofs“ bei Stegen in sonniger Lage unmittelbar an Berg und Wald, abseits vom Wirtschaftsbetrieb gelegen, ein nach übereinstimmender Ansicht aller beigezogener Sachverständigen außerordentlich geeignetes Heim für etwa 20 tuberkulöse Männer zu finden (vergl. Die anbei abgedruckten Gutachten der Herren Universitätsprofessoren Dr. Uhlenbusch und Dr. Ziegler, des Herrn Medizinalrats Dr. Baader und des städtischen Gesundheitsamts). Dieses Gebäude steht seit einiger Zeit leer und ist der Stadt von der Stiftung gegen einen jährlichen Mietzins von 7000 Mark für den fraglichen Zweck überlassen worden (vergl. Den abgedruckten Vertrag). Dieser Betrag ist verhältnismäßig hoch und würde von einem Privatmieter schwerlich bezahlt werden. Wenn man aber den besonderen Zweck berücksichtigt, dem das Gebäude dienen soll, und die damit verbundene Wertminderung und überdies bedenkt, daß die durch die Inflation schwer geschädigten Stiftungen auch sozialen Zwecken dienen, so lässt sich dieser Betrag sehr wohl rechtfertigen, obgleich er naturgemäß den Betrieb der Anstalt wesentlich verteuert. Nach den Berechnungen des städtischen Fürsorgeamtes, die durch den Verwaltungsdirektor der vereinigten klinischen Anstalten nachgeprüft wurden, wird sich der tägliche Gesamtaufwand der Stadt für den einzelnen Kranken auf etwa 3 Mk. 50 Pfg. belaufen. Dieser Betrag lässt sich im Hinblick auf den Zweck des Heims und die dadurch bedingten erhöhten Aufwendungen für reichliche kräftige Kost, ausreichende Bedienung und ständige ärztliche Überwachung durch einen gegen die geringe Vergütung von jährlich 1000 Mark im Heim untergebrachten Assistenzarzt der hiesigen Universitäts-Poliklinik durchaus verantworten.
Der Stadtrat hat daher in Übereinstimmung mit dem Antrag des Tuberkulose-Ausschusses beschlossen, das fragliche Haus mit einem Gesamtaufwand von rund 30 000 Mark (verl. Die bei den Akten befindlichen Zusammenstellung des städtischen Hochbauamts) als Erholungsheim für tuberkulöse Männer einrichten zu lassen. Auch diese Summe erscheint auf den ersten Blick recht erheblich. Wenn man aber bedenkt, daß es sich hier nur um eine einmalige Ausgabe und um lauter Neuanschaffungen für einen besonderen Zweck handelt, der, ganz abgesehen von der menschlichen Seite, wirtschaftlich durchaus als produktiv bezeichnet werden kann, da er der Stadt weit größere Ausgaben für die Ausheilung etwa angesteckter etwa angesteckter Familien erspart und die Arbeitsfähigkeit vieler Familienväter wieder herstellen soll, so lässt sich auch hiergegen mit Recht nichts einwenden. Die ganze Einrichtung wird aber selbstverständlich, wenn auch zweckmäßig und gediegen, so einfach wie möglich gehalten sein und dem hiesigen Handwerk erwünschte Arbeitsgelegenheit bieten. Der Betrieb des Heims soll durch das städtische Fürsorgeamt unter Verwendung zweier Schwestern aus St.Trudbert mit dem nötigen Hilfspersonal in eigener Regie erfolgen. Alles Nähere ist aus den bei den stadträtlichen Akten befindlichen Berichten, Plänen und Kostenanschlägen zu ersehen und kann erforderlichenfalls mündlich vorgetragen werden.

Riedel

_________________________________________________________________________________________________________________________________ 

Gutachten
Hygienisches Institut der Universität Freiburg im Breisgau
Freiburg, 23. Juli 1926
An das Städtische Fürsorgeamt hier.

Das für eine Tuberkulose-Abteilung in Aussicht genommene Gebäude und Gelände „Baldenweger Hof“ halte ich auf Grund einer eingehenden Besichtigung für den gedachten Zweck für außerordentlich gut geeignet. Sowohl die Räumlichkeiten als auch die günstige nebelfrei Südlage sowie die angrenzenden Wälder bieten für Tuberkulöse sehr günstige Bedingungen, und es ist dankbar zu begrüßen, daß die Stadt sich zum Ankauf dieses Grundstückes entschlossen hat. Es ist mit Sicherheit zu erwarten, daß diese Anstalt den Kranken zum größten Segen gereichen und insofern auch von größtem Nutzen sein wird, als sich hier eine besonders günstige Gelegenheit bieten wird, durch Isolierung Schwerkranker die gesunde Umgebung vor Ansteckung zu schützen.

Der Direktor des Hygienischen Instituts.
Gez. Uhlenbusch

Medizinische Universitäts-Poliklinik
Freiburg, 23. Juli 1926
Gutachten über ein im Baldenwegerhof bei Stegen zu errichtendes Tuberkulösenheim für Männer.

......Das in Aussicht genommene Anwesen beim Baldenwegerhof als Tuberkuloseheim ist in dieser Hinsicht als geradezu ideale Lösung für die dringendsten Bedürfnisse zu bezeichnen. Die Lage ist frei nach Süden hin geöffnet, durch den Gebirgshang gegen raue Winde von Norden und Westen geschützt, die Luft ist rein, ozonreich durch die Nähe des Waldes. Die Besonnung ist gut, die Höhenlage genügend und überwiegend nebelfrei. Höchste Anmut der nächsten Umgebung, verbunden mit großartiger Fernsicht, absolute Ruhe, fern von jeder störenden Nachbarschaft geben dem Ganzen die richtige Stimmungslage. Schöne Anlagen, Rasen, natürliche Wiesen und Waldterrassen bieten ideale Gelegenheiten für Liegekuren im Freien. Das Haus ist solid und gediegen gebaut, die hygienischen Anlagen mit Badegelegenheiten und Abwasseranlagen sind einwandfrei. Fußböden, Wände, Treppen, Küchenanlage, Lage und Größe der Zimmer, Weite der Fenster geben diese besten Voraussetzungen für hygienische Instandhaltung des Hauses, für Wartung, Beköstigung der Patienten, sowie auch für aussichtsreiche Kuren bettlägeriger Kranken. Ärztliche Beaufsichtigung nach bewährten Grundsätzen ist von der Leitung der Tuberkuloseberatungsstelle aus möglich, sodaß im Verein mit tüchtigem Wartepersonal etwa 20-22 Patienten, man kann wohl sagen, ideale Kurvoraussetzungen geboten werden kann.
Es gibt wohl wenig Städte in Deutschland, die in relativer Nähe so günstige klimatische Faktoren für Heimstättenkuren aufzuweisen haben. Aber auch für Freiburg selbst dürfte wohl kaum ein zweiter Ort ausfindig zu machen sein, in dem sich Lage und Gebäulichkeit in so vorteilhafter Harmonie zum Wohle hilfs- und erholungsbedürftiger Kranker vereinigen.
Die Errichtung dieser kleinen Heilstätte wird geeignet sein, viel Segen und Trost zu stiften, sie wird vorbildlich Wirken und Stadt und Gemeinde ein dauerndes ehrendes Zeugnis großzügiger Hilfsbereitschaft geben.

Der Direktor der medizinischen Poliklinik
Gez. Dr. Ziegler

Medizinalrat Dr. Baader, Bezirksarzt I. Hebelstr. 21
Freiburg, 21. Juli 1926

Ich habe Gelegenheit gehabt, an der Besichtigung des Baldenwegerhofes seinerzeit teilzunehmen. Der prächtige Landsitz ist sowohl hinsichtlich seiner Lage, auf der Sonnenseite des Dreisamtals, in der Regel außerhalb des Bereichs der Talnebel, wie nach seiner baulichen Beschaffenheit zur Unterbringung von Tuberkulösen ausgezeichnet geeignet. Der Boden ist trocken, und ein besonderer Vorzug ist noch darin zu erblicken, daß die ansteigende Bergwand, die Schutz gegen Nordwind bietet, mit dem Waldrande sehr geeignet ist zu Liegekuren.

Gez. Dr. Baader

 

Städt. Gesundheitsamt
Freiburg, 23. Juli 1923
Baldenwegerhof, hier Tuberkulösenheim betr.

Das beim Baldenwegerhof bei Stegen im Dreisamtal gelegene Landhaus ist für die Errichtung eines Tuberkulösenheimes hervorragend geeignet.
Die sonnige Lage am Südhang des Dreisamtales in erhöhter Lage über dem Talboden, das sonnige, terrassenförmig abfallende Gelände vor dem Hause, der Schatten der Tannenwälder, die sanft hinter dem Haus aufsteigen, und den Blick über die Dreisamtalebene mit den sanften Höhenzügen in der Ferne sind geeignet, klimatische Vorzüge und seelische Entwicklungen für kranke Tuberkulöse günstig zu vereinigen.
Das Haus gibt in einer solchen luftigen und großzügigen Bauart die Möglichkeit, allen hygienischen Anforderungen auf Luft und Sonne Genüge zu leisten. Die abgeschlossene Einsamkeit fernab von störendem Verkehr und doch leicht erreichbar, die Wasserverhältnisse, Badeanlagen und Abwasservorrichtungen genügen allen Ansprüchen, die an ein Tuberkulösenheim zu stellen sind.

Gez. Dr. Pflüger

____________________________________________________________________________________________________________________________

Miet- und Pachtvertrag
zwischen
der Heiliggeistspitalstiftung in Freiburg im Breisgau
vertreten durch
die Direktion der Allgemeinen Stiftungsverwaltung in Freiburg
einerseits und
dem Fürsorgeamt der Stadt Freiburg im Breisgau
andererseits.

 Die Heiliggeistspitalstiftung in Freiburg im Breisgau vermietet und verpachtet an das Fürsorgeamt der Stadt Freiburg von dem der Stiftung gehörigen, auf der Gemarkung Wittental gelegenen Hofgut „Baldenweger Hof“ zwecks Einrichtung eines Tuberkulosenerholungsheims von Grundstück Lgb. Nr. 11 in Gewann Schuhhalde
a) die neuerbaute zweistöckige Villa mit Eisenbalkenkeller, Warmwasserbereitungsanlage, Veranda und Kniestock;
b) die Kücheneinrichtung im Souterrain nebst einigen Einzelfahrnissen, welche noch in einem besonderen Verzeichnis festzustellen sind, und
c) 20420 qm Hofraite, Gartenland, Anlagen, Ackerland, Wiesen und Wege unter folgenden

Bedingungen

§ 1 Das Miet- und Pachtverhältnis beginnt am 1. Juli 1926 und dauert vorläuft 15 Jahre........
§ 5 .....Das Fürsorgeamt der Stadt Freiburg hat auf seine Kosten alle Maßnahmen zu treffen, daß das Hofgut der Heiliggeistspitalstiftung „Baldenweger Hof“, durch dessen Betrieb der Milchbedarf aller Stiftungsanstalten gedeckt wird, von jeglicher Ansteckung gesichert wird.
Ein Betreten des Hofgutareals ist allen Kranken des heims strengstens verboten. Ebenso sind die Kranken mit allen Mitteln von den Wassersammlern fernzuhalten.
Die Abwässer des Heims sind nach den Grundsätzen der modernen Hygiene unschädlich zu machen, bevor sie das Mietanwesen verlassen, zu welchem Zweck das Fürsorgeamt die vorhandene Kläranlage auf seine Kosten so auszustatten hat, daß sie den neuzeitlichen Anforderungen entspricht.
§ 9 Der in der Nordrichtung des Mietanwesens gelegene Stiftungswald darf in einem noch zu bestimmenden Umfange seitens der Insassen der Erholungsheims zu Spaziergängen benutzt werden, zu welchem Zwecke die Aufstellung von Sitzbänken gestattet wird.
Gleichzeitig wird seitens der Heiliggeistspitalstiftung zur Erstellung einer Liegehalle auf dem Pachtareal auf Kosten des Fürsorgeamts die Erlaubnis erteilt........

Freiburg im Breisgau, den 10. September 1926
Für die Heiliggeistspitalstiftung als Vermieterin: Ehret
Für das Städtische Fürsorgeamt als Mieter: Kopp

 ________________________________________________________________________________________________________________________________________________

 Hausordnung
Der Tuberkuloseheilstätte Baldenwegerhof.

1) Den Anordnungen des Arztes und des Pflegepersonals ist unbedingt Folge zu leisten.
2) Beim Eintritt in die Heilstätte hat jeder Kranke die vorgeschriebenen Bekleidungsstücke mitzubringen. Die für die Dauer des Aufenthalts nicht benötigten Kleidungsstücke sind gegen Quittung abzugeben. Garantie für die eingebrachten Sachen wird nicht geleistet. Die Abgabe der Wertsachen bei der Schwester Oberin wird empfohlen.
3)Tageseinteilung.

Aufstehen und Waschen im Sommer  7 Uhr
  im Winter 7 ½ Uhr
Erstes Frühstück im Sommer 7 ½ Uhr
  im Winter   8 Uhr
Spaziergänge                                                                8-10 Uhr
Zweites Frühstück        10 Uhr
Liegekur      10-12 Uhr
Mittagessen                                                                  12 Uhr
Liegekur mit Sprech- und Leseverbot      1-3 Uhr
Spaziergänge                                                                3 ½-5 Uhr
Liegekur                                                                       5-6 Uhr
Abendessen                                                                  7 Uhr
Schlafengehen                                                             9 Uhr
Lichtauslöschen                                                           9 ½ Uhr

Aenderungen der Tageseinteilung werden vom Arzte angeordnet.

4) Während des Tages dürfen die Betten von nicht bettlägerigen Kranken nicht benutzt werden. Als Aufenthaltsraum während des Tages ausserhalb der vorgeschriebenen Liegestunden dient der Speisesaal. Spaziergänge dürfen nur nach ärztlicher Erlaubnis in dem abgegrenzten Waldbezirk der Heilstätte vorgenommen werden.
Den Kranken steht Lesestoff zur Verfügung, er darf auch zum eigenen Gebrauch mitgebracht werden.
Spielen um Geld ist verboten.
Das Rauchen und Kauen von Tabak ist auf das Strengste untersagt. Alkohol darf nur in der vom hause verabreichten Art und Menge genossen werden.
Besuch von Angehörigen ist am ersten und dritten Sonntag jeden Monats von 1 bis 5 Uhr nachmittags gestattet. Das Mitbringen von Getränken ist verboten;  Esswaren bzw Erfrischungen wie Obst und Süssigkeiten müssen vor Aushändigung dem Arzt oder der Schwester vorgelegt werden.
5) Nach Massgabe ihres Gesundheitszustandes können die Kranken im Einverständnis mit dem Arzt zu leichteren Hausarbeiten herangezogen werden.
6) Bei Nichtbefolgung der Hausordnung erfolgt eine einmalige Verwarnung durch den Arzt. Im Wiederholungsfalle erfolgt sofortige Entlassung aus der Heilstätte.

Freiburg, den 1. Januar 1929
Städt. Fürsorgeamt
Tuberkulosefürsorgestelle.
_________________________________________________________________________________________________________________________

Freiburger Zeitung 1.10.1926
Zum Thema
Errichtung eines Tuberkulosenheims im Wohnhaus des Baldenwegerhofes.

..........Bürgermeister Riedel führt dann weiter u.a. aus: Es finden immer 20 bis 25 Männer Aufnahme, die etwa alle zwei Monate wechseln; im Jahre würden demnach etwa 100 Männer das Heim benutzen. Zunächst ist in Aussicht genommen, wie in der Vorlage schon begründet, tuberkulöse Männer zwecks Ausheilung aufzunehmen. Die Wahl wird durch einen Vertrauensarzt vorgenommen. Es sollen dann ferner auch Rekonvaleszenten Unterkunft finden. Von ärztlicher Seite ist dieser Umstand einer genauen Prüfung unterzogen worden. Bedenken in hygienischer Hinsicht treten nicht auf, so daß dieser Vorschlag begrüßenswert erscheint. Es sollen möglichst viele Patienten von dieser nützlichen Einrichtung Gebrauch machen können und eine Annahme der Vorlage ist dringend zu empfehlen......

Freiburger Zeitung 6.10.1926
_________________________________________________________________________________________________________________________

Das neue Tuberkulosenheim Freiburgs

Ueber den Punkt der Tagesordnung „Errichtung eines Tuberkulosenheimes im Wohnhaus des Baldenwegerhofes“ wurde in der Bürgerausschusssitzung vom 30. September ausführlich gesprochen. Da die Angelegenheit von allgemeinem Interesse ist, haben wir Gelegenheit genommen uns über Gebäude und Oertlichkeit persönlich zu orientieren. Der Weg führt vor die Tore der Stadt, an der Dreisam entlang nach Ebnet. Hinter dem Ort zweigt der Weg nach links ab, in Richtung St. Peter. Bald tacht im Hintergrund der Komplex des Baldenwegerhofes auf, und an erhöhter Stelle sieht man die Villa liegen, die in ein Tuberkulosenheim umgewandelt werden soll. Terrassenförmig erhebt sich der parkähnliche Garten, der das Haus umschließt. Das Gebäude erinnert in seiner Stilart an einer der französischen Schlösschen, wie man sie so oft in kleineren Ortschaften sieht. Mit der Rückwand lehnt es sich an den Wald an, der es unter seinen Schutz gegen den Wind und Wetter nimmt. Wilder Wein umrankt das ganze Haus und setzt sich in lauschigen Wandelgängen fort. Die Aussicht von der Vorderseite reicht über die Ebene, vorbei an dem eigentlichen Baldenwegerhof nach Zarten und weiter nach den Bergen der anderen Höllentalseite. – Die Lage des Hauses ist nach unserer Ansicht als ausgezeichnet für die Kranken zu bezeichnen. Gute Spaziergänge führen in den Wald und in leichten Serpentinen hinauf in die Berge. Für kleinere Spaziergänge ist parkartige Garten vorzüglich geeignet; die Kranken werden in der Nähe des Hauses Licht, Luft, Sonne und alles vorfinden, was zur Erlangung der Gesundheit von Nutzen ist. Das dreistöckige Haus ist in solider Weise massiv ausgeführt, mit breiten Fenstern und Türen. Das ganze Gebäude ist unterkellert; im Untergeschoß befinden sich Küche, Keller und Waschräume. Der erste Stock enthält außer Garderobe und Waschraum fünf Zimmer, der zweite Stock vier Zimmer, Bad, Waschräume usw. Der dritte Stock hat wieder vier Zimmer, Bad und Nebenräume. Ein großer Speicher läuft über die ganze Fläche des Hauses. Die Wirtschaftsgebäulichkeiten sind in etwa 8 bis 10 Gehminuten zu erreichen, so daß auch die Verbindung nach dem Wirtschaftshof keine Schwierigkeiten bietet. Das haus ist zur Zeit unbewohnt und wird für die Uebernahme durch die Stadt vorbereitet. Hoffen wir, daß es bald seinem Zweck zugänglich gemacht werden kann. Die Kranken werden sich sicherlich wohl fühlen und bei guter Pflege eine rasche Genesung finden. –ta.

 ________________________________________________________________________________________________________________________

Städtisches Fürsorgeamt – Tuberkulosefürsorgeausschuss
Freiburg im Breisgau, den 25. Januar 1927

 Erholungsheim Baldenwegerhof betr. 

Die Heilstätte Baldenwegerhof kann sofort eröffnet werden. Der Betrieb sollte a, 1.II. 1927 beginnen, die Patienten sind bestimmt.
Wir schlagen vor, vor der Inbetriebnahme eine bescheidene Eröffnungsfeier zu veranstalten und dazu einzuladen:
1. Den Stadtrat mit I. Ratsschreiber.
2. Den Stadtverordnetenvorstand.
3. Den Stiftungsrat mit Ratsschreiber.
4. Den Tuberkulosefürsorge-Arbeitsausschuss.
5. Den Fürsorgeaussschuss.
6. Den Gemeinderat Wittental.
7. Das Erzbischöfliche Pfarramt Kirchzarten.
8. Das Evangelische Pfarramt Kirchzarten.
9. Das Kloster St.Trudbert.
10. Den Kreisrat mit Kreisamtmann.
11. Den Landeskommissär.
12. Den Landrat.
13. Das Hochbauamt.
14. Die Ortskrankenkasse, Vorstand und Direktion.
15. Die Landesversicherungsanstalt.
16. Den Landesverband zur Bekämpfung der Tuberkulose.
17. Die Presse.
18. 3 Assistenzärzte der Poliklinik.

Gedacht ist an eine kurze Begrüssungs- und Dankesansprache des Vertreters der Stadtverwaltung mit Uebergabe an die ärztliche Betriebsleiterin, die medizinische Universitätspolilklinik und eine kurze Erwiderung seitens des Herrn Professor Dr. Ziegler. Hierauf Führung und kurze Bewirtung mit einfachen Brötchen und einem Schluck Wein.
Abfahrt 10.30 Uhr vormittags am Schiff, Schwarzwaldstrasse mit Autos. Rückkunft gegen ½ 16 Uhr, nötigenfalls früher.

 ________________________________________________________________________________________________________________________

Verzeichnis der Patienten, die a, 1. Februar 1927 ihr Heilverfahren im Baldenwegerhof beginnen.

1.
      Frick, Alfred, Schwabentorstr. 5, Kaufmann
2.
      Hess, Hans, Röderstr. 7, Kaufmann
3.
      Landis, Robert, Emmendingerstr. 19, Schlosser
4.
      Leonhardt, Ernst, Hugstetterstr. 100, Friseur
5.
      Issig, Ferdinand, Erwinstr. 13, Hafner
6.
      Späth, Josef, Belfortstr. 28, Lagerist
7.
      Türke, Wilhelm, Zähringerstr. 64, Telegraphenarbeiter
8.
      Hagmaier, Konrad, Rheinstr. 56, Kaufmann
9.
      Kretschmann, Otto, Büggenreutherstr. 15, Schlosser
10.
  Zeh, Ernst, Reiterstr. 5, Theaterkapellmeister
11.
  Herion, Egon, Löwenstr. 16, Bürogehilfe
12.
  Doxie, Ernst, Schlangenweg 33, Schlosser

 ______________________________________________________________________________________________________________________________

Vorlage des Stadtrats Freiburg im Breisgau an den Bürgerausschuß
Erholungsheim Baldenwegerhof
Stadtratsbeschluß vom 21. Juli 1927

Für den Betrieb des Erholungsheims Baldenwegerhof wird die Erstellung einer Liegehalle ein einmaliger Betrag von 6000 RM
und zur Anschaffung eines kleinen Kraftwagens                                                                                                  3400 RM
sodann als Nachtragskredit                                                                                                                                 420 RM
im ganzen somit ein weiterer außerordentlicher Kredit von                                                                                    9820 RM

genehmigt.........

Der Bürgerausschuß wird um Zustimmung ersucht.

Freiburg im Breisgau, den 26. September 1927
Der Stadtrat
Dr. Bender

Begründung

Das Erholungsheim „Baldenweger Hof“ wurde am 1. Februar 1927 eröffnet. Der Betrieb hat sich im Laufe der Monate derart gestaltet, daß das heim seit April voll belegt ist. Die Erfolge sind nach dem Gutachten des Direktors der Universitätspoliklinik, Herrn Professor Dr. Ziegler, außerordentlich gut. Die Patienten sind gerne im Heim, zumal die Nähe der Stadt den Verkehr mit den Angehörigen erleichtert. Bei schönem Wetter liegen die Patienten im Freien, bei Regenwetter aber besteht keine Möglichkeit zu Liegekuren in der frischen Luft. Der Ersparnis wegen hatte man davon abgesehen, schon bei der erstmaligen Einrichtung die Kosten für eine Liegehalle anzufordern, da man versuchen wollte, die Patienten an Regentagen im großen Saal zur Liegekur unterzubringen. Die schlechte Witterung dieses Sommers hat jedoch gezeigt, daß dies nicht möglich ist. Die Patienten werden ungeduldig, neigen zur Kurstörung und gefährden dadurch den Kurerfolg. Auch die Reinhaltung des Hauses ist äußerst schwierig. Da der Betrieb im Winter unter diesen Verhältnissen nicht möglich wäre, ist die Erstellung einer Liegehalle notwendig, die in einfacher Ausführung den Betrag von 6000 RM erfordern wird. Die Halle wird auf der Geländeterrasse unmittelbar hinter dem Gebäude 40 m lang aus Holz errichtet und mit einem Zementboden versehen sein. Die bereits vorhandenen Liegestühle, die heute dauernd umhergetragen werden müssen, erhalten ihre endgültige Verwendung in der Halle.

Schwierigkeiten verschiedener Art macht die im Interesse der Patienten erwünschte Abgelegenheit der Anstalt und deren Verbindung mit der Stadt. Im wohlverstandenen Interesse unserer Geschäftswelt kaufen wir möglichst alle Bedürfnisse in der Stadt. Doch bietet der Transport alle möglichen Schwierigkeiten. Die beiden Schwestern müssen überdies täglich zur Kirche nach Kirchzarten durch ein Fuhrwerk des Gutshofes gefahren werden. Zu den regelmäßigen Besuchen der Direktion der Poliklinik und zur Verbindung der Patienten in das heim und in die Stadt müssen Autos gemietet werden. Eine größere Anzahl Patienten erhält regelmäßig die Pneumothoraxfüllung in der Medizinischen Klinik. Zu all diesen Zwecken fehlt und die Fahrgelegenheit. Für die Fahrt der Schwestern und sonstige Fahren haben wir im ersten Vierteljahr des Betriebes 640 RM ausgegeben. Bei der Anschaffung eines Kleinautos, das rund 3400 RM kostet, würde laut der anliegenden Betriebskostenberechnung ein jährlicher Aufwand von rund 1700 RM entstehen, der sich allerdings in den 4 Jahren um die Heimzahlungsrate erhöhen würde. Ein besonderer Wagenführer ist nicht notwendig, da sich der Hausdiener hierzu eignet.

Im Interesse des geordneten Krankenbetriebes und einer rationellen Verwaltung ist die Errichtung einer Liegehalle sowie die Anschaffung eines Kleinautos dringend erforderlich.
Bei der erstmaligen Einrichtung des Heimes war eine unbedeutende Überschreitung der bewilligten Mittel von 30 000 RM um 420 RM unvermeidlich.

Riedel

 ______________________________________________________________________________________________________________________________

Baldenwegerhof den 26. September 1928

Die Heiliggeistspitalverwaltung lässt zwischen dem sog. Herrenhaus und dem Oekonomiegebäude nach Wasser graben, an einer Stelle, die ein „Wassersucher“ angegeben hat. Das Wasser soll in 18 – 20 m Tiefe zu finden sein; jetzt sind die Arbeiter auf 14 m angekommen.
Durch den trockenen Sommer hat sich der Wassermangel besonders bemerkbar gemacht. Das Wasser wird zugeführt und ist sehr knapp.
Man hofft, dass die Quelle 4 Liter in der Sekunde gibt. In etwa 8 tagen wird das Wasser wohl erreicht sein.

Albert

________________________________________________________________________________________________________________________________ 

Freiburg im Breisgau den 12.10.1928
Dem Stadtrat II ergebenst wieder vorgelegt.

Tatsächlich war die Wasserkalamität in diesem Jahre fast unerträglich. Aber unsererseits und seitens der allgemeinen Stiftungsverwaltung war alles geschehen was geschehen konnte, um die Not zu steuern. Täglich wurde 3 mal Wasser angefahren. Im Voranschlag 1928 sind 3000 Mk für eine Wasserversorgung vorgesehen; die erste Tiefbohrung war ergebnislos, die zweite hat vor einigen Tagen soviel Wasser gebracht, dass eine Lokomobile zur Auspumpung aufgestellt werden muss, um die Weiterarbeiten zu ermöglichen. Die unbedingteste Voraussetzung einer Verbesserung wäre also geschaffen, das Wasser selbst. Hält der Zufluss an, so wird das Weitere erfolgen. Der Regen, der jetzt eingesetzt hat, wird aber auch die alte Leitung speisen und vorerst genügend Wasser bringen.

Staädt. Fürsorgeamt

 ______________________________________________________________________________________________________________________________

Freiburger Zeitung 5.12.1928

Vom Dach gestürzt

Auf dem Baldenweger Hof ereignete sich in den Vormittagstunden des Dienstags ein Unglücksfall, der leider ein Todesopfer forderte. Die beiden maurer Wilhelm Scherer von Rötenbach und Josef Thoma von Freiburg waren mit Reparaturarbeiten auf dem Dache beschäftigt. Durch irgend ein Mißgeschick stürzte der eine ab riß im Fallen seinen Arbeitskollegen mit in die Tiefe. Scherer erlitt so schwere Verletzungen, daß er nach kurzer Zeit starb. J Thoma wurde schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht.

Volkswacht 6.12.1928

Zum Bauunfall am Baldenweger Hof

wird uns vom Deutschen Baugewerksbund noch geschrieben: Die Nichtbeachtung der Bauarbeiterschutzvorschriften hat wieder ein junges Menschenleben im Alter von nahezu 23 Jahren gefordert, ein weiteres Menschenleben im Alter von 22 Jahren nach den vorläufigen Feststellungen zum dauernden Arbeitsinvaliden gemacht. Dieser Unglücksfall zeigt wieder, daß noch mehr als bisher die Bauarbeiter jede Arbeit zu der sie von den Unternehmern geschickt werden, ohne daß die Bauarbeiterschutzbestimmungen zur Durchführung kommen, ablehnen müssen......

 _____________________________________________________________________________________________________________________________

Fürsorgeamt Freiburg im Breisgau, den 12. März 1931
Erholungsheim Baldenwegerhof
Die Schwestern des Baldenwegerhofes –Erholungsheim – legen großen Wert auf die Errichtung einer Haukapelle, in der Gottesdienste regelmässig stattfinden können.
Wir haben zur Zeit 3 Schwestern und durchschnittlich 12 katholische Patienten. Gerade für Lungenkranke ist der Besuch des Gottesdienstes in der ungeheizten Kirch in Kirchzarten eine Gefahr für den Erfolg der Kuren. Auch der protestantische Gottesdienst könnte in dem absolut einfach auszustattenden Raume stattfinden. Nach dem abschriftlich anliegenden Gutachten des Hochbauamts belaufen sich die baulichen Herstellungen auf ca. 2000.- wozu ebenso hohe Einrichtungskosten kämen.
Ehe wir Verhandlungen mit dem Katholischen und Evangelischen Pfarramt Kirchzarten bzw. dem Erzbischöflichen Ordinariat aufnehmen, bitten wir um Entschliessung, ob die Mittel mit 4000.- RM in den Voranschlag 1931/32 eingestellt werden dürfen.

Die Stiftungsverwaltung hat einen Beitrag abgelehnt.

 _______________________________________________________________________________________________________________________________

Freiburg, den 19. März 1931
Beschluss:
1. Rv an das Rechnungsamt zur Aeusserung
2. Beleg und W.V. in einer Woche,

Der Oberbürgermeister – Abt. II –
Rechnungsamt Freiburg, den 31. März 1931
Einrichtung einer Hauskapelle im Erholungsheim Baldenwegerhof betr.

An
den Herrn Oberbürgermeister – Abt. II – zurück

Die Einstellung eines Betrages von 4000 RM in den Voranschlag 1931 der Fürsorgekasse für den Ausbau eines Raumes im Baldenwegerhof zu einer Kapelle kann nicht mehr erfolgen, nachdem der Voranschlag fertiggestellt ist. Das Fürsorgeamt hätte einen dahingehenden Antrag auch viel früher stellen können. Die Frage muss jetzt auf das folgende Jahr zurückgestellt werden.

______________________________________________________________________________________________________________________________

Freiburg, den 22. September 1933

Abschrift

(handschriftlich: der derzeitige Leiter des Fürsorgeamts, Dr. Müller, teilt auf fernmündliche Anfrage dem unterzeichnenten Bürgermeister mit, daß er bereits vor längerer Zeit dem Herrn Oberbürgermeister über die beabsichtigte Aufhebung des Baldenwegerhofes Mitteilung gemacht habe der Betrieb dieser Erholungsstätte sei nicht mehr zu halten. Offenlegung vom 10.8.33)

Beschluss
An das städt. Fürsorgeamt.
Auf den Bericht vom 28. Juli ds. Jahres.

Von der dortigen Meldung über die Aufhebung der Heilstätte Baldenwegerhof habe ich Kenntnis genommen und sehe einem alsbaldigen Bericht über die in Aussicht genommene Errichtung einer Walderholungsstätte für Männer entgegen, da es vom hygienischen Standpunkt aus der Ansteckungsgefahr wegen nicht verantwortet werden kann, dass die Tuberkelbazillen ausscheidenden Patienten längere Zeit in ihren Familien verbleiben.

(handschriftlich: Weiterhin ist mir über die künftige Verwendung des Baldenwegerhofes zu berichten)

Der Oberbürgermeister – Abt. II –
Get. Dr. Hofer