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Beiträge zur Kenntnis von Tarodunum
Von Franz Fischer, Tübingen

Badische Fundberichte 1962, Seite 37-49


In der Diskussion über die keltischen „oppida“ wird die große Befestigungsanlage im Dreisamtal östlich von Freiburg im Breisgau‚ deren antiker Name Tarodunum uns in der Geographie des Ptolemaios überliefert ist, heute nur noch selten erwähnt. Dies beruht im wesentlichen darauf, daß wir von dieser Anlage noch immer sehr wenig Wissen. Dazu kommt, daß die Literatur über Tarodunum weit zerstreut und zum Teil heute nur noch schwer zugänglich ist. Es sei daher erlaubt, die bisher vorliegenden Berichte zusammenzufassen und durch einige neuere Beobachtungen zu ergänzen.
Die Tarodunum genannte Befestigungsanlage - auf den Namen komme ich weiter unten noch zurück - befindet sich auf einer diluvialen Terrasse im Zartener Talkessel, die im Norden vom Wagensteigbach, im Süden vom Rot- oder Höllbach flankiert wird. Beide Gewässer haben sich in postglazialer Zeit in die ursprünglich den ganzen Talkessel einnehmende Terrasse bis zu 15 m tief eingenagt; sie vereinigen sich wenig unterhalb der Westspitze von Tarodunum und bilden von dort an die Dreisam (Taf. 14). Die Ränder der Terrasse von Tarodunum sind offensichtlich weitgehend künstlich geböscht und mit einer Randbefestigung verstärkt. Diese besteht, wie an mehreren Punkten beobachtet werden konnte (So beim Haus Meßmer südöstlich vom Brandenburger Hof, Gemarkung Burg (Bad. Fundber. II, 1929-1932, 296 ff.), aus einer Frontmauer, die aus großen, unbehauenen Geröllen von oft kyklopisch zu nennenden Ausmaßen errichtet wurde und gelegentlich auch eine klare Innenfront aufweist (An der Südseite westlich des Birkenhofes noch gut zu erkennen), und einer breiten, rarnpenartigen Hinterschüttung (Besonders eindrucksvoll an der Westspitze zu sehen); von Holzeinbauten ist bisher nichts bekanntgeworden. Lediglich im Osten, wo ein natürlicher Schutz infolge Fortsetzung der Terrasse talaufwärts ganz fehlt, bedurfte es einer ausschließlich künstlichen Befestigung. Hier ist die Terrasse von einer etwa 700 m langen, in der Mitte stumpf abgewinkelten Wehranlage - dem sogenannten Heidengraben - abgeschnitten. Wall und Graben sind heute sehr verschleift und im Gelände nur noch mit Mühe zu erkennen. Die befestigte Fläche ist 190 Hektar groß und besitzt einen Umfang von 6 km.
Außer einigen Notgrabungen, die durch mehr oder weniger zufällige Eingriffe in den Randwall nötig wurden, haben planmäßige Untersuchungen bisher nur zwei römischen Gebäuden nahe der Westspitze und dem Heidengraben gegolten. Dieser letzteren wollen wir uns zunächst zuwenden.
Im Herbst des Jahres 1901 haben E. Fabricius und F. Leonhard an der Knickstelle in der Mitte des Heidengrabens eine kurze Ausgrabung unternommen, über die nur zwei knappe Berichte von E. Fabricius vorliegen. Da der ausführlichere von ihnen an einer etwas versteckten Stelle publiziert wurde, erscheint es angebracht, ihn hier zu wiederholen (Verhandlungen der 46. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner in Straßburg 1901 (Leipzig 1902) 109 ff):
„Durch einen breiten Querschnitt wurde das Profil der Befestigung festgestellt. Es zeigt außen einen Spitzgraben von 12 m Breite und 4 m Tiefe, dahinter eine aus mächtigen rohen Steinblöcken erbaute Mauer, an die auf der Innenseite ein Wall aus lehmhaltigem Kies und aus dem Graben entnommenem Geröll angeschüttet war. In seiner gegenwärtigen Zerstörung macht das Ganze, namentlich die zusammengestürzte Mauer, den Eindruck eines sehr primitiven Bauwerkes. In der Kieshinterschüttung der Mauer wurden indes nicht allein große Mengen von Holzkohlen gefunden, sondern auch, und zwar an verschiedenen Stellen, in beträchtlicher Anzahl etwa 20 cm lange, schwere eiserne Nägel. Wie der beste Kenner der prähistorischen Ringwälle in Deutschland, Architekt Thomas aus Frankfurt a. M.‚ der bei der Auffindung des ersten dieser Nägel zugegen war, sogleich erkannte, stimmen diese nach Größe und Form mit den Nägeln vollkommen überein, die in den gallischen Festungsmauem Frankreichs, z. B. von Bibracte, gefunden werden. Hiernach kann es keinem Zweifel unterliegen, daß auch die Mauer von Tarodunum nach gallischer Weise alternis trabibus ac saxis hergestellt war, wie es Caesar d. b. g. VII 23 ausführlich beschreibt.
In der Mitte der Ostseite, wo die Spuren des Heidengrabens eine Unterbrechung vermuten ließen, wurde ein Haupttor nachgewiesen. Der Graben setzt hier mindestens 30 m weit aus. Die Unterbrechung der Mauer und des Walls war dagegen nicht größer, als zum Durchlaß der noch wohlerhaltenen, mit Stickung und Kleinschlag bedeckten Straße erforderlich war. Das eigentliche Tor scheint von ausspringenden Türmen eingefaßt gewesen zu sein, die zugleich den Graben flankierten. Da die Äcker an dieser Stelle nur zum Teil zugänglich waren, mußte die Untersuchung der ganzen Anlage auf später verschoben werden.
Schon nach der Verwendung der großen eisernen Nägel zur Verbindung des Holzbalkengefüges der Mauer wird man geneigt sein, die Erbauung dieser Befestigung, die ja nicht die ursprüngliche zu sein braucht, in verhältnismäßig späte Zeit zu setzen. Dazu stimmen die wenigen, aber charakteristischen Gefäßscherben, die zwischen Brandschutt in der Sohle des Grabens angetroffen wurden. Sie gehören der jüngeren La Tène-Zeit an. Läßt sich hiernach die Zeit der Zerstörung auch nicht mit Sicherheit bestimmen, so sprechen doch die bisher gewonnenen Ergebnisse dafür, daß die keltischen Bewohner von Tarodunum nicht allzu lange vor dem Erscheinen Caesars in Gallien durch die Germanen gewaltsam vertrieben worden sind.“
Dieser knappe Bericht und seine gekürzte Wiederholung an anderer Stelle sind jedoch nicht die einzigen Belege der Ausgrabung des Jahres 1901. Bei der Materialaufnahme für meine Dissertation (Spätkeltische Funde aus dem Badischen Oberland. Ungedruckte Phil.-Diss. Tübingen 1952.) fand ich 1950 in den Ortsakten (Die Befestigungsanlage liegt heute auf zwei Gemarkungen: Buchenbach und Burg, beide Landkreis Freiburg i. Br.) im Staatlichen Amt für Ur- und Frühgeschichte Freiburg ein schmales Aktenfaszikel, das eine handschriftliche Beschreibung des in dem Bericht erwähnten Profilschnittes und einen Plan der Torgrabung enthielt. Dieser ist auf zwei Blättern Millimeterpapier im Format DIN A 4 gezeichnet, im Maßstab 1 :100 gehalten und stammt nach den handschriftlichen Eintragungen von E. Fabricius (Inv-Nr. P 31/4 z). Während die Profilbeschreibung mangels einer verdeutlichenden Skizze nichts ergibt, was über den zitierten Bericht hinausführt‚ insbesondere auch keine genaue Lokalisierung erlaubt, verdient der Plan unsere volle Aufmerksamkeit; ich bilde ihn deshalb hier in einer Zusammenzeichnung ab (Taf. 15). Er dürfte den letzten Stand der Arbeiten wiedergeben, denn er ist handschriftlich am 28. 9. 1901 datiert; die Philologenversammlung in Straßburg, auf der E. Fabricius seinen ersten, oben auszugsweise wiederholten Bericht erstattete, begann am 30. 9. 1901.
Der Plan Taf. 15 bedarf einiger Erläuterungen. Mit Ausnahme des Maßstabes und des in Klammern gesetzten Wortes (Markstein) beruhen alle Eintragungen auf handschriftlichen Notizen von E. Fabricius (Zu Punkt a - nahe der nordwestlichen Grabungsgrenze an der Außenseite der südwestlichen Torwange - ist vermerkt: „a genau gemessen! 5,30x 2,24“). Die von dem Markstein Nr. 204 ausgehende und den Plan senkrecht durchquerende Grenze, auf der im Plan unten ein Punkt mit Abstandsangabe zum Markstein Nr. 203 erscheint, ist die heutige Gemarkungsgrenze zwischen den Gemeinden Buchenbach (nördlich der Grenze) und Burg, beide im Landkreis Freiburg im Breisgau (Die so numerierten Marksteine fand ich verzeichnet auf einem Gemarkungsplan 1:10.000 von 1894, auf dem der Rainhof noch eine eigene Gemarkung besitzt.). Die gestrichelten Linien geben die im Plan verzeichneten Grabungsgrenzen wieder.
Den Befund zu verstehen fällt an Hand des oben zitierten Berichtes nicht allzu schwer. Dort, wo „Grabenende“ vermerkt ist, scheint - nach der Signatur zu urteilen - der Grabenkopf erfaßt, wenn auch keineswegs vollständig ausgehoben worden zu sein. Die Rekonstruktion des Grabenumrisses‚ von E. Fabricius mit der hier gepunkteten Linie angezeigt, führt an dieser Stelle auf eine Grabenbreite von maximal 7 m, während sie in dem Profilschnitt, dessen Lage noch unbekannt ist, laut Bericht 12 m beträgt.
Die Bemerkung „Der Graben setzt hier mindestens 30 m weit aus“ wird durch den Plan insoweit bestätigt, als nahe der nordöstlichen Grabungsgrenze vermerkt ist: „Hier nichts! nicht tief ausgehoben!“, der Graben hier also wenigstens nicht erfaßt wurde; als sicher wird man dieses Ergebnis freilich nicht bezeichnen wollen. Weniger deutlich erscheinen dagegen die Mauerreste. Sie sind offensichtlich weithin verstürzt‚ über ihre Konstruktion sagt der Plan nichts; lediglich die Innenfront scheint mit ihrer fast rechtwinkligen Einbiegung zur Torgassenflanke leidlich erfaßt zu sein. Dem Stil der Zeit entsprechend hat man offenbar ihre Front - und nur diese - über eine so lange Strecke hin verfolgt, daß sie einigermaßen klar erschien. Die „mit Stickung und Kleinschlag bedeckte Straße“ ist gut markiert, jedoch bleiben ihre Abgrenzungen ganz offen. Insbesondere scheint die nordöstliche Torwange überhaupt nicht erfaßt worden zu sein. Wo die entsprechende Flanke der Torgasse zu erwarten wäre, steht nur die Notiz: „Mauer oder Absturz“. Man kann nur vermuten, daß die Bemerkung des Berichtes über die Breite des Durchlasses auf einer Messung des Abstandes zwischen den Steinen bei dieser Notiz und den östlichsten Steinlagen der südwestlichen Torflanke - rund 4 m - beruht. Nicht ganz verständlich ist auch die Notiz „Turmreste“, die in einem völlig weißen, offenbar gar nicht ausgegrabenen Feld steht. Ob sie sich vielleicht auf das südöstlich anschließende, durch schmale Suchgräben etwa viereckig umrissene Areal bezieht, an dessen nordöstlicher Begrenzung eine „Front“ markiert sein könnte, läßt sich allein auf Grund dieses Planes nicht entscheiden; dazu fehlen uns insbesondere eine klare Vorderfront der Mauer und eine deutliche Front der Torwange.
Obgleich Plan und Bericht viele Einzelheiten offen lassen, die ohne erneute Ausgrabung nicht gewonnen werden können, und sich infolgedessen eingehende Vergleiche mit Toranlagen anderer oppida, etwa Finsterlohr (Württembergisch Franken) oder Heidengraben bei Grabenstetten, vorläufig verbieten, ist doch an der Existenz eines Tores an der Knickstelle des Heidengrabens von Tarodunum nicht zu zweifeln. Ferner darf auf Grund der Berichte als sicher gelten, daß wenigstens der Wall ein Holzrahmenwerk besaß, das mit eisernen Nägeln fixiert war. Die betreffenden Bemerkungen des oben zitierten Berichtes beziehen sich aber so ausdrücklich auf die Kieshinterschüttung, daß man sich nicht ohne weiteres bereitfinden wird, diesen Befund auch für die (Front-) Mauer selbst gelten zu lassen. Andererseits kann die Möglichkeit, daß die Mauer ebenfalls einen Holzeinbau besaß und daß sogar die Interpretation von E. Fabricius unter Bezug auf Caesar b. G. VII 23 richtig ist, nicht ausgeschlossen werden. Denn die Berichte, die Profilbeschreibung und der Plan erwecken den Eindruck, eine so präzise Untersuchung der Mauer habe gar nicht stattgefunden. Ein sicheres Urteil wird man also auch hier nur durch neue Ausgrabungen gewinnen können (Die Bezeichnung „murus Gallicus“ im Sinne von Caesar b. G. VII 23 wird man also vorläufig nur als wahrscheinlich gelten lassen dürfen). Ebenso steht es mit dem Brandschutt auf der Grabensohle‚ der in dem Bericht erwähnt und als Anzeichen für eine gewaltsame Zerstörung der Befestigung gewertet wird.

Lageplan von Tarodunum nach R. Halter

Nun wird man sich die Frage stellen, ob denn die von E. Fabricius gegebene ungefähre Datierung ausreichend begründet sei. Wenn auch die Anlage der Befestigung im Ganzen, ihre Führung im Gelände und insbesondere ihre Ausmaße durchaus in den Rahmen dessen passen, was wir an keltischen oppida von Frankreich bis an den Ostalpenrand in scheinbarer Gleichförmigkeit kennen, so ist durch diese allgemeine Übereinstimmung doch noch keine genauere Datierung für die ganze Anlage oder gar für einzelne Teile zu gewinnen. Jedoch hat E. Fabricius in seinem oben wiederholten Bericht Scherben der jüngeren Latenezeit erwähnt, die auf der Grabensohle „zwischen Brandschutt“ angetroffen worden seien. Diese Scherben oder wenigstens ein Rest davon sind im Museum für Urgeschichte Freiburg, genauer: im Ortsarchiv des Staatlichen Amtes für Ur- und Frühgeschichte Freiburg i. Br., zusammen mit den von E. Fabricius selbst beschrifteten Fundzetteln vorhanden. Sie sind jedoch zu klein, als daß sie auf Grund von Abbildungen beurteilt werden könnten (Sie sollen in einer geplanten Monographie über Tarodunum, die auch einen von Geometer G. Kottmayer aufgenommenen und gezeichneten Plan enthalten wird, im einzelnen vorgelegt werden.), auch fehlen die einmal von K. Schumacher erwähnten bemalten Scherben. Ich führe deshalb im folgenden den ganzen Wortlaut der Fundzettel und die jeweils beiliegenden Funde auf:
1. „Aus der Spitze des tiefen Grabens (Heidengraben) im Grundstück Fauler und des Jockelebauern“:
a) Scherben von flaschenartigen Gefäßen nicht genauer bestimmbarer Form aus grauem, nicht ganz durchgebranntem Ton mit grauer und rotbrauner, gut geglätteter Oberfläche; Scheibenware. Typische Spätlatenekeramik.
b) Eine Randscherbe einer einfachen Schale mit eingezogenem Rand aus gleichem Material. Typische Spätlatenekeramik.
c) Mehrere Scherben eines enghalsigen Kruges (Form nicht wiederzugewinnen) römischer Zeit.
2. „Alles mehr oder weniger oberflächlich im Acker des Jockelebauern, da wo die Unterbrechung des tiefen Grabens sich befindet und der Durchgang war“:
a) Ein klammerartiges Eisenfragment‚ zeitlich kaum bestimmbar.
b) Ein eisernes Band.
c) Wenige kleine Scherben römischer Krüge - keine Terra Sigillata.
3. „Aus dem Acker des Jockelebauern. Großer Einschnitt, oben am Weg“:
a) Einige Scherben aus verhältnismäßig fein geschämmtem, nicht zu hart gebranntem Ton mit gleichmäßigem, vertikalem Kammstrich. Typische Spätlatenekeramik.
b) Wenige, sehr hart gebrannte Scherben wohl mittelalterlidier Keramik.
4. Ohne genauere Fundstellenbezeichnung, jedoch aus der Grabung vom September 1901: 14 vierkantige eiserne Nägel ohne Kopf, 15-20 cm lang (In Form und Größe sind sie identisch mit den Nägeln aus der Mauer von Manching, vgl. Germania 22, 1938, 159 Abb. 3.).


Tarodunum. Heidegraben. Plan der Torgrabung 1901.
Nach Planzeichnung von E. Fabricius

Einige Bemerkungen zu diesen Funden seien hier angefügt. Die unter 1 und 3 aufgeführten Etiketten beziehen sich offensichtlich auf den großen Profilschnitt, der auf Grund dieser Angaben mit Hilfe älterer Katasterpläne Wenigstens ungefähr zu lokalisieren sein sollte. Der Jockelshof liegt außerhalb des oppidums etwas abseits der Straße, welche die heutige Bundesstraße 31 mit Buchenbach verbindet (vgl. Taf. 14), der Grundstücksbesitzer Fauler dagegen bleibt noch zu eruieren. Das unter 2 genannte Etikett bezieht sich wohl auf die Gegend, die auf unserem Plan (Taf. 15) mit der Aufschrift „Weg“ markiert wird. Die unter 4 aufgeführten eisernen Nägel, in ihrer Form typisch für das Holzrahmenwerk eines murus GalIicus‚ dürften wiederum - nach dem oben wiederholten Bericht zu schließen - aus dem großen Profilschnitt stammen. Die Funde und die Etiketten bestätigen die Angabe von E. Fabricius‚ daß auf der Grabensohle spätlatenezeitliche Keramik gefunden wurde. Die unter 1c genannten Scherben eines römischen Kruges von der Grabensohle weisen darauf hin, daß der Graben in der römischen Kaiserzeit noch offen stand. Ob man hingegen die unter 2c aufgeführten Scherben römischer Krüge als Beleg für eine Benutzung der Torgasse in dieser Periode auffassen darf, möchte ich dahingestellt sein lassen; denn die Angabe des Etiketts „mehr oder weniger oberflächlich im Acker“ sagt nicht ausdrücklich genug, daß die betreffenden Funde unmittelbar auf dem antiken Straßenbelag gefunden wurden, was allein beweiskräftig wäre. Unmöglich wäre es jedoch nicht. Denn ein alter Straßenkörper mitten auf dem Plateau von Tarodunum (vgl. Taf. 14), den R. Halter im Dezember 1936 mit zwei Schnitten untersucht hat“ (Bad. Fundber. 13, 1937, 111 f.), wurde von G. Kraft „mit größter Wahrscheinlichkeit“ als römisch angesprochen“) Er führt von zwei römischen Gebäuden nahe der Westspitze") (vgl. Taf. 14) nach Osten, was in der Tat sehr für römisches Alter spricht, ohne allerdings auf das Tor im Heidengraben zu zielen; dies braucht indessen einen Zusammenhang keineswegs auszuschließen.
Auch wenn diese archivalischen „Neufunde“ die Berichte von E. Fabricius über die von ihm und F. Leonhard im September 1901 vorgenommene Untersuchung des Heidengrabens von Tarodunum erhärten, so läßt sich doch nicht leugnen, daß eine Nachprüfung der Ergebnisse dringend zu wünschen ist. Die Konstruktion der Mauer, der Grundriß des Tores, das angesichts der Abwinkelung der Befestigung an dieser Stelle besonderes Interesse erregen muß, nicht zuletzt aber die Datierung der gesamten Befestigung ¬ ihrer Bauzeit und ihrer Zerstörung ¬ sind nach wie vor nur höchst unzureichend bekannt und können nur durch neue Ausgrabungen geklärt werden.
Dennoch wird man sich nicht darüber täuschen dürfen, daß mit einer neuen Untersuchung des Heidengrabens nur ein kleiner Teil jener Fragen zu beantworten wäre, die Tarodunum an uns stellt (Welche Probleme und Hemmungen der Untersuchung einer so gewaltigen Anlage oft entgegenstehen, hat W. Krämer, Germania 35, 1957, 37 f. treffend gesagt). Bleiben wir zunächst bei der Topographie. Es ist schon lange aufgefallen, daß das Tor im Heidengraben von Tarodunum auf das Gebirge hinweist, dagegen vom Rheintal her, also vom natürlichen Zugang zum Zartener Talkessel, nur auf einem unverhältnismäßig großen Umweg zu erreichen ist. Jedem aufmerksamen Besucher von Tarodunum stellt sich daher früher oder später die Frage, ob nicht noch an anderen Punkten der Randbefestigung, besonders an der Westspitze, alte Zugänge vorhanden gewesen seien. Tatsächlich hat R. Halter im Winter 1937/38 beim Bau des Hauses Ruf (senior) in der Nähe des Pfisterhofes (vgl. Taf. 14) in einem parallel zur modernen Auffahrt verlaufenden älteren Hohlweg Radspuren gefunden, doch läßt sich über deren Alter aus Mangel an datierenden Funden nichts sagen. In der Westspitze des oppidums hat schon 1857 H. Schreiber ein altes Tor vermutet, und dieser Verdacht liegt ja auch auf den ersten Blick so nahe, daß ihn wohl jeder, der den Randwall von Tarodunum einmal mit offenen Augen abging, erwogen hat. Und doch wird man sich bei genauerem Zusehen überzeugen, daß hier der erste Eindruck trügt. Denn abgesehen davon, daß die offensichtlich antike Böschung um den Sporn, der deutlich vom Randwall abgeschnitten wird, herumgeführt ist und die Spitze erst in jüngerer Zeit durch eine Rampe für landwirtschaftliche Gefährte auch von der Talaue her - genauer umgekehrt, wie wir noch sehen werden: die Talaue vom Plateau her - zugänglich gemacht wurde (Auf dem von A. W. v. Zuccalmaglio gezeichneten Plan von Tarodunum, den H. Schreiber dem ersten Bande seiner Geschichte der Stadt Freiburg beigegeben hat, ist hier eine breite Zufahrt eingezeichnet. Diese geht von einer Brücke aus, die den Rotbach dicht vor seiner Vereinigung mit dem Wagensteigbach überschreitet, und führt zur Westspitze von Tarodunum über einen Damm, der durch Schummerung stark hervorgehoben ist. Daß diese Angabe voll zuverlässig ist, muß bezweifelt werden. Wenn auch die erwähnte Brücke inzwischen spurlos verschwunden sein kann, so müßte doch der Damm wenigstens in Spuren noch zu erkennen sein; dies ist aber nicht der Fall. Die derzeitige Rampe führt an der Nordseite des Sporns auf die Terrasse hinauf und ist, wie ich an anderer Stelle zeigen zu können hoffe, moderner Entstehung), mündet die Westspitze von Tarodunum in Wiesen und vor allem in ein Geröllfeld, das in der nahezu rechtwinkligen Vereinigung der Gewässer des Wagensteig- und Rotbaches seine Ursache findet. Diese Region für Wagen selbst primitiver Art überquerbar zu machen, hätte ganz erheblicher Anschüttungen und Kunstbauten bedurft‚ die ständig dem Hochwasser ausgesetzt gewesen wären und infolgedessen unverhältnismäßig oft umfangreiche Reparaturarbeiten nötig gemacht hätten (Welche Vorkehrungen für hochwasserfreie Straßen in diesem Gebiet erforderlich sind, zeigt gut die moderne Brücke, mit der die Straße von Kirchzarten nach Unterbirken die Dreisam kurz nach ihrem heutigen „Ursprung“ überquert. Ihre imponierende Höhe - zum Teil bezeichnenderweise durch die hohen Dämme des Dreisambettes bedingt - erfaßt man freilich erst dann ganz, wenn man unten am Bachbett steht.). Eben dies aber hat man in alter wie in neuer Zeit nach Möglichkeit zu vermeiden gewußt.
Dieses Problem erhält jedoch beim Studium der Karte und beim aufmerksamen Abgehen des Geländes ein anderes Gesicht. Jeder Aufgang auf die Terrasse, auf welcher das oppidum liegt, hatte wenigstens einen der flankierenden Bäche zu überqueren. Ein Blick auf die Karte zeigt, daß auch heute noch lediglich zwei Wege von außerhalb auf das Plateau von Tarodunum hinaufführen (von der mittelalterlichen Poststraße, deren Trasse die heutige Bundesstraße 31 weitgehend benutzt, selbstredend abgesehen), nämlich beim Pfisterhof und beim Rainhof. Alle anderen Rampen führen nur vom Plateau in die Wiesengründe der Talaue hinab; sie sind bezeichnenderweise fast ausnahmslos unmittelbar bei den Höfen angelegt, die am Rand der Terrasse erbaut wurden, und dienen deren Bewohner denn auch lediglich dazu, das Gras der Talwiesen mit Wagen einbringen zu können. Auch wenn sich die eine oder andere Rampe mit einer Brücke über den Bachlauf fortsetzt, so verlieren sich diese Wege doch immer in der Talaue und gewinnen keinen Anschluß an das weiterführende Wegenetz, das in diesem Teil des Zartener Talkessels aus naheliegenden Gründen die Talränder, das heißt jeweils den Gebirgsfuß benützt. Die beiden erwähnten Ausnahmen aber überqueren die Bachläufe dort, wo die Talauen ausgesprochen schmal und auch mit einfachen Brücken bequem zu überschreiten sind. Auf Grund dieser Überlegungen wird man einen latenezeitlichen
Zugang nahe dem Pfisterhof — an der von R. Halter untersuchten Stelle — für möglich, ein Tor in der Westspitze aber für unwahrsdieinlich halten. Die Brücke, die den Rotbach bei der Rainmühle unterhalb des Rainhofes überquert und damit der von Kirchzarten her kommenden Straße heute den Ansduluß an die Bundesstraße 31 vermittelt, könnte ebenfalls die Stelle eines alten Bachüberganges markieren, der vielleicht mit dem Zugang zum Tor im Heidengraben in Zusammenhang steht (Daß die Führung der heutigen Straße, die von dieser Brücke aus das Plateau Westlich vom Rainhof erreicht, von diesem abhängt, bedarf keiner eingehenden Erörterung. Dagegen läßt sich, wenn ich recht sehe, im Gelände eine alte Rampe erkennen, die unterhalb des Rainhofes ansetzt und in verhälnismäßig sanfter Steigung ostwärts - etwa parallel zur Bundesstraße 31 das Plateau erklimmt, seine Höhe aber erst außerhalb der vom Heidengraben bezeichneten Linie erreicht. Ob sie mit dem latenezeitlichen Zugang zum Heidengraben in Zusammenhang steht, wage ich jedoch nicht zu entscheiden). Im übrigen wird man kleinere Pfade, die vom Plateau aus den Zutritt zum Wasser ermöglichten und mit kleineren Durchlässen durch die Randbefestigung verbunden waren, keineswegs ausschließen wollen, zumal auf der Terrasse selbst ja kein Wasser austritt; mit großen Toranlagen jedoch waren diese Wege schwerlich verknüpft.
Die Lage des Tores im Heidengraben muß jedoch noch unter einem anderen Gesichtspunkt erörtert werden. Seine Orientierung auf das Gebirge hin könnte auch als Hinweis auf einen bedeutenderen Übergang über den Schwarzwald in dieser Gegend verstanden werden, sei es über das Höllental, sei es über Wagensteige -Hohler Graben - Kalteherberge-Urachtal. Diese Auffassung hängt aber davon ab, ob sich eine solche Straße oder wenigstens ein häufiger benutzter Weg auf der einen oder anderen Strecke für die spätere Latenezeit oder wenigstens für die römische Kaiserzeit nachweisen läßt. In der Tat ist die Vermutung, daß eine römische Straße hier den Schwarzwald überquert habe, schon sehr alt und wird immer wieder aufgegriffen. Auch F. Hertlein hat eine römische Verbindungsstraße zwischen dem Rheintal (Breisach) und Kastell Hüfingen angenommen (Germania 10, 1926, 126 ff. Anm. 3 (nach mündlicher Beratung mit K. Schumacher), ebenso Die Römer in Württemberg II (1930) 197. Neuerdings ist Ph. Filtzinger wieder auf die Ansicht Hertleins zurückgekommen, ohne aber den gleichen Ansatzpunkt zu nehmen (Bonner Jahrbücher 157, 1957, 212).), ist aber bei P. Revellio auf erhebliche Zweifel (Bad. Fundber. II 1929-1932, 255; vgl. auch ORL B 52, Kastell Hüfingen, 3 f.), bei G. Kraft sogar auf energischen Widerspruch gestoßen (Zeitschr. d. Freiburger Geschichtsvereins 41, 1928, 7 Anm. 1), der vor allem auf dem völligen Mangel an römischen oder älteren Funden auf beiden in Frage kommenden Strecken beruht. Dieser Einwand ist um so mehr zu beachten, als er heute noch ebenso uneingeschränkt gültig ist wie vor mehr als 30 Jahren, als ihn G. Kraft aussprach. Dazu kommt die Überlegung, daß die zuweilen ganz beträchtlichen Steigungen auf der einen wie auf der anderen Strecke zahlreiche Umspannstationen erforderten, Gasthöfe mit entsprechend umfangreichen Stallungen samt Vorspannpferden und erfahrenen Fuhrleuten‚ wie wir sie aus dem Mittelalter und teilweise noch bis ins 19. Jahrhundert hinein kennen, und auch für eine Überquerung mit Saumtieren war die Strecke in Anbetracht der zu überwindenden Höhenunterschiede doch Wohl zu groß, um in einem Tagesmarsch bewältigt werden zu können; bei regelmäßigerem Betrieb wären dann ebenfalls Rasthäuser nötig geworden. Eben davon aber fehlt bis jetzt für die römische Kaiserzeit - von älteren Perioden ganz zu schweigen - jede Spur. Dies paßt aber wiederum gut zu dem von Th. Mayer überzeugend geführten Nachweis (Th. Mayer, Der Staat der Herzoge von Zähringen. Freiburger Univ.-Reden H. 20, 1935, wieder abgedruckt in dem Sammelband Th. Mayer, Mittelalterliche Studien (Lindau und Konstanz 1959), 350 ff.: ebenso Th. Mayer, Die Zähringer und Freiburg im Breisgau. Schau-ins-Land 65/66, 1939, 133 ff. = Mittelalterl. Studien 365 ff.), daß die großen mittelalterlichen Handelsstraßen in dem betreffenden Gebiet, über die vor längerer Zeit schon Chr. Roder grundlegend gehandelt hat (Zeitschr. f. d. Geschichte des Oberrheins NF 5, 1890, 506 ff.), ihre Existenz als Straßen - und nicht nur als gelegentlich benutzte Saumpfade - der Territorialpolitik der Herzoge von Zähringen vom Ende des 11. bis ins frühe 13. Jahrhundert verdanken. Diese Politik ging jedoch von ganz anderen Besitzverhältnissen und Gesichtspunkten aus als der Straßenbau in römischer Zeit; mit dem energischen Vortreiben von Rodungssiedlungen in die bisher - auch in der römischen Kaiserzeit - unbesiedelten Waldgebiete schuf sie überhaupt erst die Voraussetzungen für derartige Gebirgsstraßen und ihre Herbergen. Ein bedeutenderer Schwarzwaldübergang zwischen Breisgau und Baar ist demnach für die Latenezeit wie auch für die römische Kaiserzeit sehr unwahrscheinlich, zumal auch weder auf der Strecke durch das Höllental noch auf dem Weg über Wagensteige-Hohler Graben- Kalteherberge-Urachtal ein sicher römischer Straßenkörper bisher nachgewiesen werden konnte. Somit kann auch das Tor im Heidengraben von Tarodunum kaum auf einen das Gebirge überquerenden Weg zurückgeführt werden. Vermutlich verdankt es seine Existenz mehr dem Zwang, sich den natürlichen Verkehrsbedingungen zu fügen, vielleicht auch dem Willen des Bauherrn, eines der wesentlichen Tore des oppidums zwar repräsentativ, aber zugleich so anzulegen, daß es von der Haupteinfallsrichtung, also vom Rheintal her, nicht sofort ins Auge fiel und es doch ermöglichte, den Zufahrtsweg über eine längere Strecke hinweg mühelos unter Beobachtung halten zu können.
Sprachgeschichtlich die Zweifel an der Berechtigung, den Ortsnamen Zarten aus dem Tarodunum des Ptolemaios abzuleiten, sind damit ausgeschlossen. Ebenso wenig wird man aber auch die Lokalisierung Tarodunums in der großen Befestigungsanlage zwischen Wagensteig- und Rotbach, mit der wir uns oben beschäftigt haben, anzweifeln wollen; denn im Zartener Talkessel, den man infolge der Namensüberlieferung schwerlich verlassen darf, gibt es kein zweites Objekt ähnlicher Größe und Bedeutung, das in Betracht gezogen werden könnte.
Da Ptolemaios der einzige antike Autor ist, der Tarodunum nennt, wäre es außerordentlich wertvoll zu wissen, aus welcher älteren Überlieferung ihm dieser Name letztlich zufloß. Angesichts der schwierigen Quellenlage seiner Geographie jedoch lassen sich darüber nur unsichere Vermutungen anstellen. Wichtiger ist in unserem Zusammenhang, daß Ptolemaios Tarodunum überhaupt nennt. Denn dies setzt voraus, daß dieser Ort nicht nur ein einfaches refugium war, sondern wenigstens zeitweilig eine nicht ganz unbedeutende Siedlung beherbergte. Bisher ist jedoch aus dem Innenraum von Tarodunum nur das schon erwähnte, aus zwei Häusern bestehende Gehöft der römischen Kaiserzeit bekannt, das H. Wirth 1928 nach langjährigen Bemühungen fand und das von R. Halter im Winter 1935/36 ausgegraben wurde. Daß dieses Gehöft aber das Tarodunum des Ptolemaios repräsentiert, ist kaum anzunehmen, dazu ist es zu unbedeutend und liegt wohl auch zu spät. Im übrigen weist der keltische Name Tarodunum mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht nur auf eine vorrömische, sondern vor allem auf eine befestigte Siedlung hin. Zu Heidengraben und Randwall paßt dies gut, aber von einer latenezeitlichen Innenbesiedlung fehlt bis jetzt jede Spur.
Den Mangel einer vorläufig nicht nachgewiesenen Innenbesiedlung teilt Tarodunum indessen mit vielen anderen mitteleuropäischen oppida. Nicht zuletzt diese Erscheinung bildet den Hintergrund für die ausgedehnte und noch immer nicht entschiedene Diskussion über die Definition dieser Befestigungsanlagen, die ja auch unter dem uneinheitlichen Sprachgebrauch bei Caesar leidet. Die letzte Erörterung durch K. Christ hat jedenfalls gezeigt, daß das lateinische Wort oppidum, dessen Etymologie und Bedeutungswandel E. Kornemann überzeugend dargestellt hat, nicht eindeutig genug das bezeichnet, was die archäologische Forschung in Mitteleuropa - oft etwas zu verallgemeinernd darunter verstanden wissen will. Im ganzen wird man wohl sagen dürfen, daß die keltischen oppida durch die großen, vielfach Udland mit einschließenden Fortifikationen mediterraner Städte klassischer und hellenistischer Zeit angeregt wurden, wie dies P. Reinecke schon vor 30 Jahren gesehen hat, daß erhebliche Abweichungen von den südlichen Vorbildern aber allein schon deshalb unvermeidlich waren, weil in Mittel- und Westeuropa keine Stadtstaaten wie im Mittelmeergebiet‚ sondern Stammes- und Gauverbände ihre Träger waren; daraus erklärt sich auch die Spannweite von stadtartigen Anlagen wie beispielsweise Avaricum bis zu einfachen refugia, die auch Caesar kennt. R. E. M. Wheeler hat wohl mit Recht auf die landwirtschaftliche Basis der oppida im Gegensatz zu der kommerziellen Wirtschaftsstruktur der römischen Stadt hingewiesen. Als Marktplätze und Versammlungsorte der Magistrate, vereinzelt auch schon als wenigstens temporärer Sitz der Gau- oder Stammesfürsten, mögen viele oppida, wie ja auch bei Caesar bezeugt, größere Bedeutung gewonnen haben; eine energischere Annäherung an mediterrane Verhältnisse, die neben einer Wandlung der juridischen Stellung vor allem auch eine solche der Funktion mit sich bringen mußte, hat aber erst die straffe römische Verwaltung in den gallischen und germanischen Provinzen bewirkt.
Trotz dieser allgemeineren Überlegungen jedoch bleibt die Seltenheit nachweisbarer Innenbesiedlung in vielen mitteleuropäischen oppida, denen man auf Grund ihrer Größe und des Aufwandes, der zur Errichtung ihrer Befestigungswerke erforderlich war, eine gewisse Bedeutung zubilligen möchte, etwas unverständlich. Im Hinblick auf einige dieser Befestigungen hat K. Bittel vor Jahren den Verdacht ausgesprochen, „es handle sich dabei um Anlagen, die keine nennenswerte Dauerbesiedlung besessen hätten, die über die Bestimmung als große refugia niemals hinausgekommen seien und die daher nur sehr bedingt den großen oppida Galliens zur Seite gestellt werden dürfen. Der im weiteren Zusammenhang mit diesem Zitat ausführlich besprochene, nicht befriedigende Forschungsstand ist der Hintergrund, der nicht übersehen werden sollte, wenn diese viel beachtete Formulierung herangezogen wird. Denn die Fundleere kann täuschen. Vielfach sind, wie in der Spätlatenesiedlung von Breisach-Hochstetten und im oppidum von Altenburg-Rheinau, aber ebenso auch im oppidum von Manching unweit Ingolstadt, die Kulturschichten aus Gründen geologischer Natur, die wir hier nicht im einzelnen zu erörtern haben, so hoch überdeckt, daß der Pflug sie mindestens nicht mehr spürbar anreißen konnte; deshalb gelangten trotz oft jahrhundertelanger Überackerung weder Scherben noch sonstige Kleinfunde an die Oberfläche. Erst bei tieferen Eingriffen, wie beispielsweise Bauarbeiten, Kiesabbau oder - wie in Manching - beim Anlegen von Sondiergräben, wurden sie angeschnitten und erkannt. Diese Beispiele ließen sich leicht erheblich vermehren. Das völlige Ausbleiben von Oberflächenfunden, die man als Indiz für eine Innenbesiedlung erwarten möchte, ist demnach keineswegs verbindlich. Dies gilt für Tarodunum so gut wie für den Burgstall bei Finsterlohr, aber auch für den „Elsachstadt“ genannten Abschnitt des oppidums am Heidengraben bei Grabenstetten auf der Uracher Alb. In keiner dieser Anlagen ist der siedlungsverdächtige Innenraum bisher durch Bauarbeiten oder sonstige Eingriffe, auch nicht durch Ausgrabungen aufgeschlossen worden. Erst solche planmäßige Untersuchungen aber könnten uns in Tarodunum wie anderswo dazu befähigen, über Vorhandensein, Umfang und Bedeutung einer Siedlung innerhalb der Befestigung wie auch über die Rolle zu urteilen, welche die ganze Anlage während der späteren Latenezeit in ihrer näheren und weiteren Umgebung gespielt haben mochte. Dies um so mehr, als die antike Überlieferung über die Geschicke der rechtsrheinischen Teile der Provinz Germania superior südlich des Mains nicht nur bis zu dem Zeitpunkt, als die römischen Truppen den äußeren Limes erreichten, fast ganz schweigt und infolgedessen von dieser Seite her kein Licht auf die ältere Geschichte der oppida in diesem Gebiet fällt. Immerhin sind wir nicht ganz ohne Anhaltspunkte. Es ist schon oft bemerkt worden, daß die römische Verwaltung hier bei der Einrichtung von civitates nirgends an Stammes- oder Gaunamen der einheimischen Bevölkerung anknüpft. Das läßt in Übereinstimmung mit Tacitus Germania cap. 29 darauf schließen, daß spätestens in frühflavischer Zeit hier keine einigermaßen festgefügte staatliche beziehungsweise stammesmäßige Ordnung mehr herrschte, wenn auch das Gebiet sicher keineswegs menschenleer war. Daher liegt die Vermutung nahe, daß die oben genannten oppida im 1. Jahrhundert nach Christi Geburt ihre Bedeutung bereits eingebüßt hatten, wenn nicht überhaupt verlassen waren, ein Zustand, der in Tarodunum wie in Altenburg-Rheinau wohl schon unter Augustus eingetreten ist. Jedoch berechtigt uns diese Vermutung nicht zu Rückschlüssen auf vorchristliche Zeit.
Die Siedlung im oppidum von Tarodunum, die man auf Grund dieser Überlegungen voraussetzen möchte, hat am Ort selbst, innerhalb des alten Befestigungsrings, keine Nachfolgerin gefunden; der Bruch scheint mit dem Ende des latenezeitlichen Tarodunum eingetreten zu sein. Ob das erwähnte römische Gehöft den Namen übernahm, ist nicht zu sagen. Doch muß der Name Tarodunum bei der einheimischen Bevölkerung weitergelebt haben, so daß er an die seit dem 3. Jahrhundert eindringenden Alamannen weitergegeben werden konnte. Zwar fehlen alamannische Grabfunde im Zartener Talkessel bisher völlig, doch belegt die Urkunde von 765 eine verhältnismäßig frühe Ansiedlung in Zarten oder Kirchzarten. Das Areal des keltischen Tarodunum aber hat später als Einheit keine Rolle mehr gespielt. Es wurde vielmehr zwischen den verschiedenen, ausnahmslos am Rande der einst befestigten Fläche angelegten Höfen, deren Geschichte hier nicht weiter verfolgt werden kann, aufgeteilt, so daß heute zwei Dorfgemarkungen - Buchenbach und Burg - daran Anteil haben. Bei den Auseinandersetzungen zwischen den Grafen von Hohenberg und den Herzogen von Zähringen waren, wie schon die Burg Wiesneck, insbesondere aber die Gründung der Stadt Freiburg deutlich macht, andere Gewichte im Spiel.