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Tarodunum / Zarten im Dreisamtal bei Freiburg im Breisgau.
Versuch einer Namensdeutung.

Ilse Haenel
Oberkirch im Februar 2011


Ist das Rätsel gelöst?

Seit fast 50 Jahren lebe ich in Oberkirch im Renchtal. Aus Ärger über die bisher vorherrschende
Meinung, der Schwarzwald sei bis zum Mittelalter nicht besiedelt gewesen, habe ich mich seit etwa 20 Jahren, als Hobby, mit Flurnamen beschäftigt. Mit ihrer Hilfe wollte und will ich Hinweise finden, dass mindestens seit der Latènezeit Menschen im Schwarzwald gelebt haben.
Die Ansichten haben sich in den letzten Jahren gewandelt. Im Jahre 2009 erschien ein Buch mit dem Titel: Tarodunum/Zarten - Brigobannis/Hüfingen. Kelten, Galloromanen und frühe Alemannen im Schwarzwald in interdisziplinärer Sicht 1, darin wird über den Stand der heutigen Forschungsergebnisse berichtet. In einem Beitrag: „Vom Oberrhein zur jungen Donau. Die Straße durch den südlichen Schwarzwald" wiederholt Gerhard Fingerlin, was in den archäologischen Nachrichten aus Baden, 2006 bereits veröffentlicht war (S.55-71). Fingerlin weist nach, dass von Freiburg durch das Zartener Becken bei Tarodunum/Zarten eine Römerstraße nach Brigobannis, heute Hüfingen, führte. Den Anstoß zu diesen Untersuchungen gaben Hinweise von Johannes Humpert, der das Teilstück einer Römerstraße beim Thurnerpass am Hohlengraben entdeckt und beschrieben hat.

Die Römer waren nicht die ersten, die in den Schwarzwald vordrangen. Sie nutzten die seit Urzeiten
bestehenden Routen der alten Handelswege. Als sie das rechte Rheinufer eroberten, lebten im Schwarzwald Kelten. Da die irische Sprache der keltischen am nächsten kommen soll, suchte ich vor 20 Jahren im irischen Seminar der Universität Freiburg Br. nach einem altirischen Wörterbuch. Ich fand eines, das irische Sprachforscher in jahrelanger Arbeit aus alten irischen Buchtexten zusammengestellt haben. Die ältesten altirischen Bücher stammen vermutlich aus dem 5.-7. Jahrhundert n. Chr., das ist die Zeit, in der irische Mönche in Deutschland und Frankreich ihre Missionstätigkeit ausübten. Vorwiegend mit Hilfe dieses Wörterbuches habe ich in den vergangenen Jahren versucht Flurnamen zu entschlüsseln: Dictionary of the irish language, based mainly on old and middle irish materials, compact edition, royal
irish academy, Dublin 1990. Über den Buchhandel besorgte ich mir die compact Ausgabe des Wörterbuches.
Inzwischen sind 20 Jahre vergangen. Meine Ergebnisse stehen sehr häufig im Widerspruch zu denen der anerkannten Sprachwissenschaftler, die das von mir genutzte irische Wörterbuch ablehnen. Sie gehen von der Annahme aus im Schwarzwald wurde gallisch-romanisch gesprochen. Dieser Meinung kann ich mich nicht anschließen. Gallier lebten nicht im Schwarzwald. Die römische Besatzung dauerte keine 300 Jahre, sehr viele lateinisch sprechende Römer kann es hier nicht gegeben haben und Flurnamen erhalten sich hartnäckig.
Im Folgenden berichte ich über meine Versuche keltische Flurnamen im Dreisamtal zu deuten, beginne jedoch mit der Situation im Renchtal. Denn mit dem Namen Winterbach im Renchtal habe ich mich schon zuvor beschäftigt. Und „Winterbach“ führte mich ins Dreisamtal nach Tarodunum.

Winterbach

Oberkirch im Renchtal breitet sich heute am Fuße des Eselskopfes auf der Talsohle der Rench aus. Das alte Oberkirch war eine von einer Mauer umgebene Siedlung am Hang, die heute noch den Gewannnamen „Altstadt Finkenläger“ trägt. Auf der Sonnenseite, benachbart dem alten Oberkirch am Rande der Talsohle, liegt das Dorf Winterbach, überragt von dem Minsterplatz, einem Bergsporn des Eselskopfes. Winterbach ist heute aufgeteilt zwischen Oberkirch und Lautenbach. Winterbach heißt das Tal, wie auch das vor dem Taleingang liegende Dorf Winterbach, es liegt auf der Sonnenseite. Wie kommt eine Ortschaft zu dem Namen Winterbach, wenn sie auf der Sonnenseite eines Berges liegt?
minter, munter, altirisch = Sippe samt Gesinde. (muinter bei Peter Tremayne in einem seiner Romane 2. Der Minsterplatz, von dem aus man bei klarem Wetter das 30 km entfernt liegende Straßburger Münster erblicken kann, dürfte ein minter-Platz gewesen sein, ein vermutlich ummauerter Herrensitz auf einem Bergsporn mit freiem Blick über die Talstraße oberhalb seines landwirtschaftlichen Betriebes „minter-bacc“, aus dem Winterbach wurde.
bacc altirisch = Winkel, Ecke, Krümmung (angle, bend, corner). Das Wort wird häufig in Gesetzen verwendet und bedeutet - corner or angle of a field (Gebiet, Bereich).- Damit ist bacc als Wort für Gelände definiert und ist kein Gewässer. Fragt man einen Winterbacher, wo er wohnt, so antwortet er: „im Winterbach“. Das gilt für das Tal, das viele alte Bergwerkstollen aufweist, wie auch für das Dorf. Jedoch, niemand wohnt „in“ einem Bach. Ein Tal mit „Bach“ zu benennen ist hier jedoch allgemein üblich. Das spricht dafür, dass Bach ursprünglich kein Gewässername war sondern ein Flurname. Auf der vorspringenden Bergkuppe, dem minter-Platz, wird eine keltische Höhensiedlung gelegen haben. Sie kontrollierte die Talstraße, die damals, wie heute die Bundesstraße 28, über den Kniebis, den Bergkamm, ins Neckartal führt. Es ist der kürzeste Weg von Straßburg über den Schwarzwald ins Neckartal, der überhaupt möglich ist. Archäologische oder historische Hinweise für eine Burganlage auf dem Minsterplatz gibt es bis jetzt nicht, danach gesucht wurde aber auch nicht.

Keltische Siedlungen wurden üblicherweise am Hang angelegt, da die damaligen Bewohner die von
versumpften und durch Überschwemmungen gefährdeten Talsohlen gemieden haben. So lag das alte Oberkirch am Hang. Beherrscht wurde es wahrscheinlich von einer Festung auf einem Bergsporn, einer Vorgängerin der Schauenburg, die erst im 12. Jahrhundert erbaut wurde und heute eine Ruine ist. Die Römer errichteten ihre Garnison unterhalb von Altstadt- Finkenläger am Rande der Talsohle. In dem diesen Ausführungen voranstehenden Text über die Herkunft des alten Namens für Oberkirch „Res Publica Hypergraecia“, habe ich versucht die Herkunft des Wortes Hypergraecia zu entschlüsseln. Ich kam zu der Ansicht, die Römer errichteten unterhalb von Altstadt-Finkenläger, der Name ist bis heute erhalten, an der Rench ein „castrum hibernum gregium“, ein Winterlager für Pferde. Daran erinnert noch der Grundriss und der Name des heutigen Oberkircher Stadtteils Fernach, (ifernach, das unterste).- Das ist eine Vermutung, nichts ist bewiesen.

Als ich mich nach weiteren Winterorten im Schwarzwald umsah, fand ich bei Kirchzarten im
Dreisamtal bei Freiburg/Br. einen Winterberg am Belleck im Wagensteig und gleich zwei Winterberge bei einem Winterkapf im Ibental.
Iben dürfte auf das vorkeltische (baskische) Wort ibar, zurück gehen, mit dem ich mich in dem vorangestellten Bericht über die mögliche Herkunft des alten Namens für Oberkirch ebenfalls auseinander gesetzt habe.
ibar
, altirisch = häufige Landschaftsbezeichnung.- Weitere Bedeutungen sind Eibe und Jude, diese
sind bei unseren Überlegungen außer acht zu lassen, sie haben nichts mit einer Landschaft zu tun. Nach Meinung der heutigen Linguisten ist ibar baskischer, damit vorkeltischer Herkunft. Das Wort bedeute: Tal, Flussmündung. ibar sei in all unseren vielen Eber-Orten erhalten geblieben 3. ibar = Tal, Flussmündung, halte ich für sehr unwahrscheinlich, altirisch „häufige Landschaftsbezeichnung“ dürfte der Bedeutung näher kommen. Ich vermute ibar = Regierungsbezirk, Stammesland. Heute glaube ich, noch im frühen Mittelalter bedeutete ibar - Königsland 4.
Aus den Berichten Caesars über den gallischen Krieg ist uns die Geschichte der Eburonen bekannt, den ibar-onen, einem keltischen Stamm, der südlich des Schweizer Neuenburger Sees sesshaft war. Die gesamte Stammesgemeinschaft verließ ihr Land, zog nach Gallien. Dort wurden sie bei Bibracte (Autun) von Caesar, den die dort wohnenden Haeduer zu Hilfe gerufen hatten, vernichtend geschlagen. Sie mussten in ihre Heimat zurückkehren. Ihre Stammesburg, der Regierungssitz ihres Herrschers, war ibar-dun, heute die Stadt Yverdon.

Die Entdeckung von minter-Orten in einem ibar-Tal reizte mich, mich mit dem römischen Tarodunum
bei Zarten im Dreisamtal zu beschäftigen. So führten mich die Flurnamen Winterberg und Ibental nach Tarodunum.

Tarodunum
In dem Itinerarium römischer Straßen, das Ptolomäus aus Alexandria im zweiten Jahrhundert n.Chr. erstellt hat, wird Polis (Stadt) Tarodunum vor „Ariae Flaviae“, dem heutigen Rottweil im Neckartal, genannt. Tarodunum war von römischen Geometern eingemessen worden. Aufgezählt bei Ptolomäus werden Städte der Kelten von West nach Ost quer durch das heutige Süddeutschland. Nur wenige sind identifiziert. Jedoch sind sich heute alle Forscher einig: Das römische Tarodunum ist bei und unter den Ortschaften Zarten und Kirchzarten zu suchen. Zarten und Kirchzarten samt einem etwa 20 ha großen, von einer gallischen Mauer eingefassten ebenen Gelände, liegen am Beginn des Dreisamtales. Das Tal ist eine nach Osten reichende Senke des Rheintales, eine etwa 12 km lange Zunge des Oberrheingrabens. Der Zugang bei Freiburg ist eng. Vor dem Steilabfall des Schwarzwaldkammes erweitert sich das Tal zum Zartener Becken mit der Ortschaft Zarten/Kirchzarten.

Archäologie im Zartener Becken.

Archäologische Funde wurden reichlich im nicht überbauten Gewann Rotacker neben dem heutigen Zarten gemacht. Sie bestanden vor allem aus Münzen, Glasbruchstücken und Tonscherben. Bei Sondierungsgrabungen fanden Tübinger Archäologen dort in den Jahren 2004 und 2005 Gruben und einen offenen kiesgepflasterten Platz, außerdem Hinweise auf Buntmetall- und Schmiedearbeiten. Ihre geophysikalischen Untersuchungen sind bisher nicht veröffentlicht, diese brachten schwer zu deutende Befunde, sie zeigten Gruben oder Brunnen und lineare Strukturen 5.


Latenzeitliche Siedlungen im Zartener Becken (nach H. Wagner). Das Bild ist entnommen aus der Dissertation von Bernhard Mangei 6.
1. Freiburg-Littenweiler (Kreuzsteinäcker),
2. Freiburg-Kappel (westlich von Sieben Jauchert),
3. Freiburg-Kappel (Sieben Jauchert),
4. Kirchzarten-Zarten (Kantenacker),
5. Kirchzarten (Engenberggewann),
6. Oberried (Ober Schlempenfeld),
7. Stegen (Hausacker und Hausgärten)
8. Stegen-Oberbirken (nordwestlich von Nadelwäldele),
9. Kirchzarten-Burg (Fräßleacker/Brandenburg),
10. Zarten (Rotacker).

Luftbildaufnahmen der Täler des Osthanges brachten keine Hinweise auf eine frühere Bebauung, denn die Hänge sind nicht beackert. Jedoch unter Wald und Grasnarbe könnte viel verborgen sein.

Versuchen wir den keltischen Namen Tarodunum zu übersetzen 7.

dun, altirisch = Festung, Burg, Stadt
Über diese Bedeutung besteht Einigkeit.

Ungeklärt ist bisher, was taro heißen könnte. Rolf Nierhaus vertritt die Ansicht, taro sei ein Eigenname oder ein Flussname. Er selbst glaubt eher an einen Eigennamen, Albrecht Greule will taro von einem Flussnamen herleiten 8.
Nach dem irischen Wörterbuch ist
tar, altirisch = über, quer darüber, bedeckend, englisch = over, across, covering,- implying rest rather then motion
tar wird auch für motion = Bewegung gebraucht.
tar = through = durch, z.B. durch ein Loch hindurch. Was durch ein Loch hindurch geht, passt auch durch einen Schlitz, ist ein Durchlass. Auch ein Tor ist ein Durchlass, Tor kann ebenfalls ein geographischer Begriff sein. Wir sprechen von dem Eisernen Tor der Donau, der Schlucht eines Felsenriffes im Donaubett. Mit Eisen hat das Tor nichts zu tun, es ist der Engpass der Ister, wie die Donau in der Antike genannt wurde.

Ich übersetze Tarodunum:

tar = Schlucht, Bergpass, Übergang, Tor, Durchgang
o- altirisch = betreffend (engl. about, concerning)
tar o dun = Passstraße bei einer Festung
Ein kleiner Bergpass ist in Österreich ein Törle.
Dass dun durchaus an einem Bergpass liegen kann, bestätigen die Ausführungen des Tübinger
Professors Kimmig in dem Band: Die Kelten in Baden-Württemberg, 1981, S.274

Ein Problem, das jetzt wenigstens kurz angesprochen werden muss, ist die Frage nach den
Verbindungswegen, auf denen südliche Kulturgüter und Ideen den Norden bzw. Mitteleuropa erreicht haben. Zwischen den Mittelmeervölkern und ihren Partnern im Norden lagen die Alpen, die sich in großem Bogen vom Golf von Lion im Westen bis hinüber zur oberen Adria im Osten hinziehen, und in denen die Forschung lange Zeit einen unüberwindlichen Sperrriegel gesehen hat. Nicht zuletzt die in Mitteleuropa auftauchenden südlichen Kulturgüter haben dann das Verständnis dafür geweckt, dass auch das Alpeninnere von Völkerschaften bewohnt war, die nach Kräften dazu beigetragen haben
müssen, als Mittler zwischen Nord und Süd aufzutreten.
Freilich wurden diese Mittlerdienste nicht aus Uneigennützigkeit geleistet, vielmehr hing die Benutzung der Passwege vom Wohlwollen der einzelnen „Passherren“ ab, die dafür Zölle erhoben, sich also den Übergang teuer bezahlen ließen. Erst in Augusteischer Zeit ist es den Römern gelungen, Pass-Straßen anzulegen, ohne die für sie eine Kriegführung nördlich der Alpen unmöglich war.
Über die Beschaffenheit und Benutzbarkeit dieser Passwege darf man sich keine übertriebenen Vorstellungen machen. Überwiegend kann es sich nur um schmale Saumpfade gehandelt haben, die aber von Maultierkolonnen begangen werden konnten....

Schon in vorrömischen Zeiten haben Menschen die Alpen besiedelt und überschritten. Wie kann ein
Mittelgebirge wie der Schwarzwald nicht bewohnt gewesen sein?
Es wird heute nicht mehr bezweifelt, dass es eine römische Pass-Straße von Tarodunum nach Brigobanne, jetzt Hüfingen, durch den südlichen Schwarzwald gab. Im Jahre 1991 veröffentlichte Johannes Humpert erstmals seinen Bericht: „Eine römische Straße“ in den Archäologischen Nachrichten aus Baden 45, S.19-31. Über den derzeitigen Stand der Kenntnisse unterrichtet Gerhard Fingerlin in seinem Bericht „Vom Oberrhein zur jungen Donau: Die Straße durch den südlichen Schwarzwald in keltischer, römischer und frühmittelalterlicher Zeit“.
Brigobanne, an der Bregach erbaut, war ein großes Castrum der Römer in dem keltischen
Stammesgebiet der Brega.
bri altirisch = Hügel, Berg, hill
brig altirisch= Macht, Stärke, power, strength, force, authorithy, vigour, virtue
brigach altirisch = stark, mächtig, powerful, mighty, forceful, strong, virtual, vigorous
brega altirisch, Plural von bri = Name eines Volkes und eines Stammesgebiets, territorial and population name
bregach altirisch = gehört zu brega, belonging to brega.
banne, altfranzösisches Lehnwort = Kompanie von Soldaten, zitiert im irischen Wörterbuch. Die Straße nach Brigobanne führte vermutlich damals wie auch heute durch Wagensteig und Spirzen über Thurnerpass und Hohlengraben.

Wo können wir nach der Keltenfestung „Dun“ suchen, der Tarodunum den Namen verdankt?

Dass Dun unten im Zartener Becken gelegen haben könnte, halte ich für unwahrscheinlich. Dun, Zentrum einer Königsherrschaft, muss strategisch geschützt gelegen haben, z.B. in einer Ebene umgeben von einem Sumpfgebiet wie Lopodunum, heute Ladenburg, Zentrum des Lopdengaus, das weit entfernt vom Gebirge zwischen Heidelberg und Mannheim in einer Neckarschleife liegt, oder wie der Stammessitz der Treverer auf einem Berg, dun-ard, dem Donnersberg in der Rheinpfalz. Beide Namen sind Beispiele für die Zusammensetzung von dun mit einer Geländebezeichnung.
Ladenburg = Lopodunum
lopaed altirisch = Sumpf
lopaed o dun - Sumpf um dun
Donnersberg = dun-ard.
ard, altirisch = erhöht in realem Sinn, erhaben im übertragenen Sinn, als Substantiv Höhe, hoher Ort.
dun-ard = Burgberg

Da die archäologischen Ausgrabungen in und bei Zarten und Kirchzarten für „dun“ keine Anhaltspunkte ergeben haben, müssen wir am oder auf dem Berg nach Hinweisen suchen. Vier Täler sind in den Osthang des Zartener Beckens eingegraben. Von Süd nach Nord betrachtet sind es Höllental, Wagensteig, Ibental und Eschbach. Höllental, früher Rotbach, das Tal durch eine Felsenschlucht, der Höll, führt hinauf nach Hinterzarten. Der Höllsteig vor dem letzten steilen Anstieg nach Hinterzarten, ist eingeklemmt zwischen Kaiserwacht, einem zackigen Felsenkamm, und Winterbach, dem Abhang des Windecks, einer Bergkuppe, von der aus der Zugang zum Höllental zu überschauen ist. Das sind bedeutsame
Flurnamen an der Straße nach Hinterzarten.
rot altirisch = Straße
bacc altirisch = Ecke, Bogen
oil altirisch = Stein. Ein Ölgötze ist ein Stein-Götze.
Das Höllental war schon sicher zu Zeiten der Kelten ein wohlbekannter Passweg. Heute ist dieser sehr gut ausgebaut.

Wagensteig, das Nachbartal, trägt einen aus dem Mittelalter stammenden Namen, der alte Name war Froidenbach. Einer unbestätigten Überlieferung nach haben die Römer eine Straße durch die vordere
Wagensteig und über Spirzen erbaut.
Wagensteig, ehemals Froidenbach- in Steige vallis, quae dicitur Froidenbach – wird das Tal im Urbar des Kloster St. Blasien aus dem Jahr 1350 genannt 9.
froud, ou, bretonisch = Bergstrom, Gießbach. (Bretonischen Wörterbuch, Garnier 1986).
froid-bacc, so nannte man das Tal, nicht das Gewässer, wie im Urbar richtig zitiert wird.
Im Tal in der Öffnung zur Wagensteig liegt die Ortschaft „Buchenbach“, vermutlich ehemals „Burgenbach“. Eine Burg dürfte die Straße durch die Wagensteig gesichert haben 10.
Durch das Nebental der Wagensteig, „in der Spirzen“, das beim Belleck mit Winterberg nach Osten abbiegt, führt heute eine Fahrstraße hinauf zur Thurnerschmiede und zum Thurnerpass.
spirud, altirisch = heilig, lateinisch spiritus, heiliger Geist.
san, altirisch = heilig, lateinisches Lehnwort
Spirzen wird schon vor der Chrstianisierung ein heiliger Berg gewesen sein, denn auf der Spirzen, dem Bergkamm, dessen vorderste Erhebung das Belleck ist, steht eine Barbara Kapelle. Belleck gehört vermutlich zu dem sogenannten Belchensystem, dem keltischen Gott Bel, bei den Römern Belenus, verdankt es den Namen.
W. Eichin und A. Bohnert veröffentlichten ihr „Belchensystem“ in der Zeitschrift „Markgräfler Land“ 2/1985
Ihre Meinung: Die Belchen in den Vogesen, im Schwarzwald und im Schweizer Jura bilden ein rechwinkliges Dreieck. Vom Elsässer Belchen aus beobachtet geht über dem Schwarzwälder Belchen bei Tag-und Nachtgleiche die Sonne auf, zur Mitwinterzeit geht sie hinter dem Schweizer Belchen unter.
Bel ist der Name des keltischen Sonnengottes
cenn, altirisch = Kopf, Haupt
bel-cenn, Belchen, Namen der Berge 11.
Zarten liegt genau westlich des Belleck. Der Sonnenstand zur Tag- und Nachtgleiche kann von dort aus beobachtet werden.
Spirzendobel ist die Fahrstraße durch die Spirzen.
dobeóll (dobél), altirisch =Teufelslippe, eine kurvenreiche Straße oder kurvenreiche Pass-Straße. Am Talgrund oberhalb des heutigen Ortsteiles Burg biegt der Wagensteigbach rechtwinklig beim Wieseck Richtung Ibenbach ab, mit dem er sich vereinigt. Das Geländeknie am Wagensteigbach ist das Wieseck. Wieseck dürfte „Wassereck“ sein, denn
uisce, altirisch = Wasser
mata, altirisch = Wiese
Im Renchtal sprechen nur die Zugezogenen von Wiesen, für die Einheimischen sind die Wiesen „Matten“, heute noch. Auch im Dreisamtal sprechen die Einheimischen von Matten. Vor Wieseck liegt ein etwa 20 ha großes leicht geneigtes, ebenes, dreieckiges Mattenland. Dieses Land, geschützt durch eine gallische Mauer, ist an den zwei Längsseiten eingeschlossen von Wagensteigbach mit Ibentalbach und Rotbach, die sich an der talwärts gelegenen Spitze des Dreiecks zur Dreisam vereinen. Die bergwärts gelegene Schmalseite vor der Wagensteig und dem Höllental (Rotbach) war durch Graben und Mauer mit einem Tor abgegrenzt. Heute wird das Gelände interessierten Besuchern als das ehemalige Tarodunum gezeigt. Das Gelände trägt drei Flurnamen: die Ortschaft Burg liegt vor dem Ibental, Brandenburg wird die Spitze des Dreiecks genannt, Brand ist
der Hang des Rotbaches.
bruinne, altirisch = Brust, steht auch für die weibliche Brust, der Name wird für runde Bergkuppen oder Abhänge verwendet, ist ein häufiger Geländename im Schwarzwald.
braine, altirisch = vorderste Front, vorderste Spitze, verwechselt (confused) mit bruinnne gesprochen wird dies heute etwa wie bron im Französischen.
bruinne dun = Brandenburg
In dem letzten Roman von Peter Tremayne, Der Blutkelch (deutsche Übersetzung aufbau Taschenbuch 2011, S.222) wird erwähnt: broinbherg, altirisch = Krankenhaus
bron, altirisch = Sorge, Kummer, Last (Wörterbuch)
berg, altirisch = Räuber, Räuberei (Wörterbuch), broinbherg ist demnach „Räuberei der Sorge“, ein Ort der Fürsorge.
Dieses von einer Mauer umgebene ebene Gelände dürfte das im Mittelalter bekannte und jetzt abgegangene Mettenzarten, ein Mattenzarten, gewesen sein. Es könnte vor dem Zugang zu den Passstraßen Platz für eine große Karawanserei geboten haben mit Vorratshäusern, Materiallagerstätten, Herbergen, Krankenhaus, Gutshöfen samt Freiraum für die vielen notwendigen Viehherden.

Der Höllbach (Rotbach) mündet unterhalb des von der gallischen Mauer eingefassten Geländes in die Bäche der Wagensteig und des Ibentalbaches, sie bilden von da an gemeinsam die Dreisam aus dem Zusammenfluss der Bäche von Ibental, Wagensteig und Höllental.
tri- altirisch, tres- lateinisch, trois- französisch = drei;
a, ab, ah, am = vorkeltische Namen fließender Gewässer 12
Dreisam = Drei- Fluß,
An der Dreisam liegt die heutige Gemeinde Zarten/Kirchzarten.
Im Topographischen Wörterbuch des Landes Baden, zusammengestellt von Albert Krieger, Band I, 1904, S.1077 wird villa Iwa = (Stadt Iba) aufgeführt: villa Iwa ad ca.1111-1122 Rot. San. Petr., FDA. 15,157 – in villa iwa nidenan obe deme stege an der Treisemun 1318 UhlGeistSpitFreib. 1,55. Nach dieser Beschreibung müsste „villa Iwa “( ibar ) der alte Name von Kirchzarten gewesen sein, vermutlich einer Stadt erbaut unterhalb von Dun, wie z.B. Bar-le-duc in Frankreich.

Ibental

Das dritte Tal ist das Ibental, dessen Name mich nach Zarten geführt hat.
Am Ausgang des Ibentales vereinigen sich, wie oben dargestellt, Wagensteigbach und Ibenbach. In ihrem Mündungsdreieck liegen einige Höfe der Ortschaft Unteribental bei einer Burgruine. Die Namen der Höfe Wickenhof und Hauryhof könnten auf lateinisch vicus = Dorf, Landgut, Bauernhof und altirisch caur oder cur = Krieger zurück gehen. (Der Buchstabe h wird im Bretonischen h, ch oder k gesprochen, im Alemannischen ist h ein ch). Etwas unterhalb von St. Märgen führt ein Arm des Ibentales den Namen Haurydobel.
Zweimal trägt im Ibental ein Berghang den Namen Winterberg, der eine am Osthang des Lindenberges, etwas höher am Abhang des Winterkapfes auf der Gegenseite der andere. Der Ibenbach selbst entspringt beim Kapfenberg oberhalb einer Bergstufe in etwa 800m Höhe, dem Thurner, an der die Täler Wagensteig, Ibental und Eschbach beginnen. Jeweils auf einem flachen Sporn dieses Bergabsatzes, die der darüber sanft ansteigende Höhenrücken des Schwarzwaldkammes um etwa 200m überragt, liegen heute die Klostergemeinden St. Peter und St. Märgen.
Auf der Straße durch das Ibental kann man heute beide Klostergemeinden erreichen, sie teilt sich am oberen Winterberg. Folgt man der Straße auf der rechten Talseite erreicht man St. Peter oberhalb des Lindenberges, wendet man sich nach der linken Seite des Ibenbaches, so führt eine „Römerstraße“ nach St. Märgen. Belegt ist diese als alte Römerstraße nicht, ihr Verlauf hier wird vermutet. St. Peter beherrscht den Lindenberg zwischen Ibental und Eschbach, hier erreicht auch die Straße durch das Glottertal die Gemeinde. St. Märgen liegt auf dem Bergsporn über der Wasserscheide zwischen Wagensteig und Ibental. Beide Ortschaften mit ihren Klöstern kontrollieren die strategisch sehr wichtige Höhenstraße, die hinter St. Märgen über den Thurnerpass nach Hüfingen führt. Thurner heißt heute nur noch die Gegend bei St. Märgen in Richtung Thurnerpass, jedoch dürfte ursprünglich die gesamte Bergterrasse dunard = Thurner benannt worden sein.
Das Benediktiner Kloster St. Peter gründete Herzog Berthold II. von Zähringen zur Sicherung der Straße zu seinen Besitzungen in Villingen. Klöster waren vor allem auch Wirtschaftsunternehmen. Die Weihe erfolgte im Jahre 1073, die Klosterkirche war auch die Grablege der Zähringer. St. Märgen verdankt seine Entstehung der Initiative des Straßburger Domprobstes und späteren kaiserlichen Kanzlers Bruno aus dem Geschlecht der Grafen von Haigerloch-Wiesneck. Eine Stiftungsurkunde ist nicht erhalten, man nimmt an die Gründung sei um 1115/18 erfolgt. Ein Vogt dieses Klosters war der Freiburger Bürger Ritter Burkhart Turner, ab 1293 Vogt des Klosters13. Ich vermute, in dieser Zeit wurde aus
dunard = Thurner.

Das vierte Tal ist Eschbach.
asce, altirisch = Rivale, der Andere.
asce-bacc, altirisch = anderes Tal. Eschbach ist das andere Tal, der Nebenbuhler des Ibentales. Wird es so genannt, müssen beide Täler miteinander in Beziehung stehen. Da sie den Lindenberg umarmen, muss dieser von besonderer Bedeutung sein.14 Ein Kranz von Burgen, heute Ortschaften, reiht sich um den Fuß des Lindenberges. Noch im unteren Eschbach, bevor das Tal bei Stegen das Dreisambecken erreicht, liegt die Ortschaft Reckenberg, davor der Reckenhof vor dem kleinen Tal Rechtenbach, das die Brust des Lindenberges teilt. Es folgen Buchbühl (wohl ehemals Burgbühl) oberhalb von Stegen und Oberbirken (wohl Oberburgen)15. Der anschließende Ortsteil Burg gehört bereits zum heute so genannten Tarodunum. Reckenberg, Reckenhof, Rechtenbach erinnern an den „Hohen Rechberg“ unweit von Schwäbisch Gmünd am Rande der Alb gelegen. Der „Hohe Rechberg“ mit der Ortschaft Rechberg an seinem Fuße war ehemals ein Königssitz.
ri, altirisch = König
rig, altirisch = königlich
Dürfen wir daraus schließen, dass ein zentraler Stammessitz, eine königliche Residenz Dun auf dem Höhenrücken des Lindenberges erbaut war?

Die Täler Rotbach, Wagensteig, Ibental haben eines gemeinsam, die Winterberge liegen bei einer
uralten Verkehrsstraße, wie Minsterplatz mit Winterbach im Renchtal, Winterbach im Remstal, Königswinter am Rhein am Fuße des Peterberges, Winterberg in NWR am Oberlauf der Ruhr. Wir finden Winterberg im Quellgebiet der Glotter, oberhalb der Wildgutach einen weiteren Winterberg hinter St Märgen über dem Tal des Heubaches, wir finden Winden im Elztal, Winterberg über dem oberen Wolfachtal vor dem Kniebis, Winterberg bei Königsfeld. Es dürfte weitere Winterorte im Schwarzwald geben, alle an und oberhalb alter Handelswege gelegen. Ein sehr interessanter Winterort ist Winterthur in der Schweiz, zur Zeit der Römer Vitudurum genannt. Winter-thur, thur, das wohl auf tar zurückgeht, liegt an der alten Römerstraße von Zürich (lateinisch Turicum) nach Konstanz. Am Abhang des Lindberges, heute Oberwinterthur 50m oberhalb der Altstadt von Winterthur, wurde ein Römerkastell neben dem Flüsschen Eulach gefunden. Eulach und Mattenbach vereinigen sich auf der Talsohle vor dem heutigen Winterthur, sie münden in die Töss, die den Rhein erreicht. Im Sammelbecken dieser drei Flüsschen im Tal zwischen Lindberg im Norden und dem Austritt der Töss zwischen Brütten und Eschenberg im Süden liegt die Altstadt von Winterthur, ehemals eine keltische Siedlung.

Auf dem breiten Bergrücken des Brütten liegt das Dorf Brütten, als brittona im Jahre 996 bekannt. Der
Berg war bereits im Altertum besiedelt.16 Vielleicht birgt der Name eine Erinnerung an bruinne-dun oder bri-dun= Bergfestung. Die Lage der Ortschaft auf dem Berg spricht dafür.

Auf der topographischen Karte von Winterthur1:50 000 im Plananhang ist der Lindberg mit Limberg gekennzeichnet. Lindberg statt Limberg steht jedoch in der Stadtbeschreibung sowie auf der topographischen Karte von Winterthur 1:25 000, Limberg nur auf der Karte 1:50 000. Letzteres dürfte ein Irrtum sein.

Kehren wir nach Kirchzarten und zum Thurner zurück, der vermutlich ehemals dunard war, und stellen einen Vergleich an.
Eine weithin bekannter dun-ard ist der Donnersberg.
dun-ard, so nennen die Archäologen den Donnersberg, den größten Berg der Rheinpfalz, auf dem Archäologen keltische Ringwälle ausgegraben haben17. Er war ehemals das Stammeszentrum der keltischen Treverer, erbaut auf dem Hochplateau eines alten Vulkankegels. Der Hauptteil des Massivs im Norden trägt eine große Hochfläche, die von Norden her durch die tiefen Täler der Königsdelle und der Eschdelle eingeschnitten wird. In ihnen fließen die aus dem Quellhorizont der Hochfläche gespeisten Bäche gleichen Namens ab. Ein Ringwallsystem aus der Latènezeit, in den der höchste Punkt des Berges, der Felsen des Königstuhles, einbezogen ist, umfasste auf der Hochfläche das oppidum der keltischen Treverer. Die Gesamtanlage besteht aus einem Hauptwerk mit einem Vorwerk zwischen Königsdelle und Eschendelle und einer größeren Erweiterung. Bis ins 6. Jahrhundert sollen dort Kelten gewohnt haben.

diall, dell ,altirisch = Divertikel, Delle oder auch Dallen.
Der höchste Punkt der Hochfläche, der Königsstuhl, ist ein Felsen 686 m hoch, benachbart dem Eichenköpfchen. Sagenhaft ist, dass ein König Chun zu Zeiten der Karolinger auf dem Donnersberg Recht gesprochen haben soll. Der Name Eichenköpfchen erinnert an den Ort der Stammesversammlungen und der Rechtsprechung. Betrachtet man beigefügte Karte, so sieht man, dass Königstuhl, Eichenköpfchen und der flache Gipfel des „Gebrannten Berges“, einer brustförmigen runden Bergkuppe, ein fast gleichseitiges Dreieck bilden. Der gebrannte Berg dürfte ein bruinne Berg sein.
Alle Täler des Donnersberges heißen „Delle“. Im Mittelalter wurde im Jahre 1335 auf der Hochfläche das Kloster St. Jakob gegründet. Nach der Reformation wurde es aufgelöst.
Ich war wahrlich höchst erstaunt, als ich auf der beigefügten Karte des Donnersberges eine Königsdelle sowie eine Eschdelle entdeckte. Die Ausgrabungsbefunde auf dem Donnersberg bestärken meinen Verdacht, auf dem Lindenberg im Ibental stand eine keltische Königsburg.
Gab es ibar-dun, einen Stammessitz im Ibental, wer waren die Bewohner?
Nachdem die Römer den Limes aufgegeben und sich um das Jahr 260 n.Chr. hinter den Rhein zurückgezogen hatten, wurden die Brisigavi, die Bewohner des heutigen Breisgaus, zu foederati, Bundesgenossen. Ihr Name ist aufgeführt in den notitia dignitatum, einem Truppenverzeichnis der
Römer aus dem 4. Jahrhundert n.Chr., das bis in das ausgehende 3.Jahrhundert zurück reicht. Zuvor
unter römischer Herrschaft waren sie, außerhalb der Grenzen des römischen Reiches, rechtsrheinische Bundesgenossen der Römer 18. Ihren Namen glaube ich deuten zu können.
bri altirisch = Hügel, Berg
sig altirisch = Tresse, Streifen, Strecke.
bri-sig = Bergstraße
Ich erlaube mir sig mit Straße zu übersetzen. Zur Begründung:
Das Kinzigtal bei Offenburg war lange schon, bevor die Römer eine Straße bauten, ein bekannter Weg über den Schwarzwaldkamm ins Neckartal. Bei Überlegungen über die Herkunft des Namens der Kinzig, habe ich mich dafür entschieden, dass Tresse, Streifen auch Straße bedeuten muss.
cenn altirisch = Kopf, Haupt, kann auch in übertragenem Sinn verwendet werden.
sig altirisch = Streifen, Tresse
cenn-sig = Hauptstraße, das ist meine Übersetzung 19.
Nach Ansicht von Albrecht Greule geht Kinzig auf einen vor- und frühgermanischer Flussnamen, quentica, zurück 20. Das a am Ende steht für Wasser. Für eine Namensdeutung entscheidet er sich nicht. Er zitiert jedoch Ernst Schneider, der seinerseits auf eine Arbeit von Karl Friedrich Müller verweist. Dieser berichtet, dass Kinzig-Namen im Breisgau im Mittelalter einen schluchtartigen Hohlweg im Lößboden bezeichneten. Ernst Schneider durchforstete die Beraine der Ortschaften am
Westrand der Vorbergzone des Schwarzwaldes in der südlichsten Ortenau und im nördlichen Breisgau nach Kinzignamen und stellte fest, dass bis in das 16. Jahrhundert mit Kinzig, häufig auch in Verbindung mit einem Flurnamen, ein Weg oder eine Gasse benannt wurde 21.
In den Jahren 2008 und 2010 wurde in dem jeweiligen Jahresband des historischen Vereines von Mittelbaden „ Die Ortenau“ ein Beitrag über alte Flurnamen von Wolfgang Kleiber veröffentlicht, er übersetzt Kinzig mit Weg, abgeleitet von einem galloromanischen quent.

Brisigavi, Herren der Bergstraßen, Bergsträßler, wurden die Breisgauer zu Zeiten der Römer genannt.
Der Name blieb erhalten, Freiburg und Kirchzarten gehören zum heutigen Breisgau.
Der alte Name des Breisgaus müsste bri-sig-óag gelautet haben = Bergstraßen insgesamt, denn
og, auch óag, mittelirisch = insgesamt, whole, entire, integral

Entsprechend kann man den alten Namen der Ortenau, Mordunaugia, erklären.

mor, altirisch = groß, ausgedehnt, berühmt
mor-dun-óag = Herrschaftsbereich einer Burg oder einer Stadt.

Nach meiner Meinung erbauten die Römer ihr Basis-Militärlager im Talkessel von Zarten und Kirchzarten am Fuße von dun-ard, einem keltischen Fürstensitz, den ich im Ibental auf dem Lindenberg vermute. Auf den Bergvorsprüngen, auf denen heute die Klöster St. Peter und St.Märgen stehen, dürften Kontrollstationen für die Pass-Straßen errichtet worden sein. Kirchzarten, der Name kann auf circus= Kreis zurückgehen, war ursprüngliche eine keltische Siedlung, es mag später der Standort eines römischen Rundbaues gewesen sein. Was heute Tarodunum genannt wird, wird Mettenzarten gewesen sein, ein Mattenzarten, ein Vieh- und Wagenpark mit Verwaltungsgebäuden vor dem Zugang zu den Straßen, die durch Ibental und Eschbach nach St.Peter und St. Märgen führten und von dort weiter nach Villingen. Die Täler Wagensteig und Rotbach (Höllental) ermöglichten den Zugang ins Neckartal, ins Donautal und an den Bodensee.
Ehemalige römische Castra vermute ich unter den heutigen Standorten von St. Peter und St. Märgen.

Argentovaria

Im Jahre 2000 begannen Archäologen aus Freiburg, Basel und Paris nördlich von Breisach auf elsässischem Boden mit Ausgrabungen auf dem Gelände von Oedenburg.
odb, altirisch = Knoten
Sie stießen auf Reste von ausgedehnten römischen Kasernen und Kultbauten. Die Wissenschaftler sind inzwischen überzeugt, dass sie hier die Überreste der bereits bei Ptolomäus erwähnten polis Argentovaria entdeckt haben.
Uns interessiert hier, was der Name Argentovaria aussagen könnte.

Ehemalige Römerstraßen tragen in Teilstücken heute den Namen Hochstraße, was man als
Übersetzung von keltisch ard cenn sig ansehen kann, das zu argen verkürzt wurde.
ard = erhaben, hoch, kann in realem oder übertragenen Sinn angewandt werden.
Die Römer waren nicht die ersten, die Fernstraßen bauten. Sie sollen jedoch die ersten gewesen sein, die eine hohe Steinpackung auf dem Untergrund aufschütteten und die Straßen rechts und links mit einem Wasserabzugsgraben versahen, sie bauten „hochgelegte“ Straßen, Hochstraßen. Eine heute noch bekannte ehemalige Römerstraße ist die „Hochstraße“ bei Dieburg in Südhessen.
ard-cenn-sig, verkürzt zu argen = Hochstraße, römische Fernstraße
argen tar = Weg einer römischen Fernstraße über einen Bergpass oder einen Fluss.
area lateinisch = Fläche, ein ebener freier Platz bei Tempeln und Palästen
ard-cenn-(sig)-tar-area = Argentovaria

Im Namen der Stadt Argentovaria wurde das lateinische Wort area dem keltischen argen-tar
angehängt. Vielleicht.
Die Fernverkehrsstraßen der USA sind highways = Hochstraßen.

Als Renchtälerin hatte es mich immer verwundert, warum der römische Name argentoratum mit
Straßburg übersetzt wurde. Mein Ausflug nach Tarodunum brachte mir die Erklärung, wie es zu dieser Übersetzung gekommen sein kann:
ard-cenn-(sig)-tar-o-dun = Hochstraße, die den Rhein überquert, gesichert durch eine Burg. Straßburg war dun, geschützt durch seine Insellage zwischen zwei Illarmen am Rheinübergang, der auch den Zugang zum Renchtal und dem Kinzigtal ermöglichte. Auf dieser Insel erbauten die Römer im Jahre 12 n.Chr. ein Militärlager und eine Reiterkaserne. Auf dem Gelände des ehemaligen römischen Castrum steht heute das Straßburger Münster.

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1 Herausgeber Wolfgang Kleiber, Franz Steiner Verlag Stuttgart. Seite 2 von 13
2 Peter Tremayne ist das Pseudonym, unter dem Peter Berresford Ellis, Kenner der altirischen Sprache, durch Kriminalromane seine Kenntnisse über das altirische Recht bekannt gemacht hat.
3 Elisabeth Hamel nach Prof.Theo Vennemann in ihrem Buch: Das Werden der Völker Europas, S.124-127. Seite 3 von 13
4 Peter Tremayne, alias der irische Historiker Peter Beresford Ellis, beschäftigt sich mit der altirischen Rechtsgeschichte. Mit Hilfe von Kriminalromanen versucht er seine Leser über die frühmittelalterliche irische Geschichte, vor allem der des Rechtes, zu informieren. Einen Roman verlegte er von Irland in die Bretagne. Er bringt dem Leser bei, dass die Verständigung der Iren im 7. Jahrhundert nach Chr. mit den Bewohnern der Bretagne ohne Dolmetscher nicht möglich war. Seine Protagonisten sprachen miteinander lateinisch. Damals war für die Bretagnier Irland „iwerzhon“, das dürfte ibar-dun sein, ein von Königen regiertes Land. In Irland gab es fünf Königreiche. Der König von Meath war Hochkönig.
5 Heiko Wagner: Tarodunum und das Zartener Becken in der keltischen Latènezeit und in der Römerzeit. Akademie der Wissenschaften 2009 S.21-53. Franz Steiner Verlag Stuttgart
6 Bernhard Mangei, Herrschaftsbildung von Königtum, Kirche und Adel zwischen Oberrhein und Schwarzwald, Freiburg 2003 (http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/1295/pdf/Mangei.pdf)
7 Berichte über die bisherigen Versuche der Deutung des Namens Tarodunum findet man in dem Band, Kelten und Alemannen im Dreisamtal, Herausgeber Karl Schmid, Veröffentlichung des alemannischen Institutes Freiburg Bühl, Baden 1983, und in der Dissertationsarbeit von Bernhard Mangei über „Herrschaftsbildung von Königtum, Kirche und Adel zwischen Oberrhein und Schwarzwald“, Freiburg Br. 2003, nachzulesen im Internet.
8 Taro – Fluss, dessen Quelle am monte Penna des Apennin (1735m hoch) an der Ligurischen Küste oberhalb von Chiavari entspringt, führt in die Poebene bei Parma.
Tara - Fluß in der Herzegowina. Die Tara-Schlucht ist die tiefste und längste Schlucht Europas. Die Tara entspringt auf dem Randgebirge am Meer oberhalb von Titograd. Das Flüsschen Tara mündet in die Drina, diese in die Save, die bei Belgrad die Donau erreicht. Es ist eine direkte Strecke vom Mittelmeer zur Donau.
9 Kelten und Alemannen im Dreisamtal, Herausgeber Karl Schmid 1983, Zitat von Bruno Boesch, S.19
10 Es ist unwahrscheinlich ist, dass ein Tal nach Buchen benannt wurde. Bisher lasse ich nur Linde und Eiche als Flurnamen gelten, weil das Orte waren, an denen Stammesversammlungen und Gerichtsverfahren abgehalten wurden. Seite 7 von 13
11 Belenus. Auch wenn ihm M. Dyllon und N. Chadwick einen griechischen und F. Benoit einen ligurischen Ursprung bescheinigen, zählt in erster Linie, dass Belenus zu einem keltischen Gott wurde, dessen Kult in Gallien, vor allem im Süden, in Norditalien, den Ostalpen und Spurenweise in Britannien nachweisbar ist. Tertullian hebt ihn als Hauptgott der Noriker hervor, und Herodian bemerkt leicht tendenziös, in Aquileia sei Belenus als Apollo ausgegeben worden. - Sylvia und Paul F. Botheroyd, Lexikon der keltischen Mythologie, Diederichs 1995, S.38
12 Albrecht Greule, Vor- und frühgermanische Flussnamen am Oberrhein, Carl Winter, Heidelberg 1973, Beiträge zur Namensforschung Heft 10. Warum der Name „Dreisam“ die „Schnellfließende“, gallisch = tragisama, bedeuten soll (abgeleitet von gallisch trago, laufend, bzw. dem Superlativ tragisama =- schnell laufend) wie Professor Greule ableitet, ist mir unverständlich. Seite 8 von 13
13 Wikipedia
14 Donaueschingen. Brigach und Breg sind zwei Quellflüsse der Donau, die sich bei Donaueschingen zur Donau vereinigen. In ihrem weiteren Verlauf verschwindet ihr Wasser im Untergrund beim Durchqueren der Ausläufer der Schwäbischen Alb, in Sigmaringen tritt sie wieder zu Tage. Es gibt also zwei Donauquellen, die Eine und die Andere. Eschbach als Gewässername wird von Albrecht Greule aufgeführt. Es sind z.B. Namen rivalisierender Quellbäche im Kinzigtal und auch bei St. Gallen. Es gibt noch viele weitere Flurnamen Eschbach. Bestimmt haben sie nichts mit dem Eschenbaum zu tun.
15 Bei Oberbirken liegt der Nadelhof. Mit diesem Namen hat sich Wolfgang Kleiber ausführlich beschäftigt, nod oder nauda soll sumpfiges Gelände bedeuten. nod- altirisch = Gehöft, a dwelling. (Kleiber, Siedlungsgeschichte des Schwarzwaldes, Tarodunum, Zarten, Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Stuttgart 2009 S.137-140). Der Name des Lindenberges erinnert an die heilige Noppenlinde, den Versammlungsplatz der mittelalterlichen Waldgenossenschaften. Auf der Kuppe des Lindenberges wird im Mittelalter eine Noppenlinde gestanden haben, die heilige Linde, unter der sich zum Gerichtstag die Waldgenossenschaften trafen, die Walen, die Welschen, die Fremden. welesc, Fremde nannten die Angelsachsen die Iren, berichtet Peter Tremayne in einer seiner Geschichten.
noeb
, noib, altirisch = heilig, Noppenlinde = heilige Linde

a, ab, am
= vorkeltische Bezeichnung für ein Gewässer

Diana abnoba = Göttin des heiligen Wassers. Die Römer nannten die obere Donau Danubius, der Schwarzwald war silva
abnoba.
Im Mittelalter versammelten sich unter der Noppenlinde die aus Mitgliedern der Gemeinde gewählten Zwölfer der Waldgenossenschaften mit ihrem Gemeindevorsteher, dem Stabhalter, diese sprachen Recht, was die niedere Gerichtsbarkeit betraf. Die hohe Gerichtsbarkeit war dem König vorbehalten, der beim Hochgericht Kapitalverbrechen aburteilte. Noppenlinden sind mir bekannt aus dem Renchtal und Achertal als Gerichtsstätten der Waldgenossenschaften. Gepflanzt wurden Linden anstelle von Eichen, nachdem im 8. Jahrhundert der Missionar Roms, Bonifatius, die Donar-Eiche bei der Eresburg, wohl eine dun-ard Eiche, Gerichtseiche, gefällt hatte. So wird auf dem Lindenberg ehemals eine Gerichtseiche gestanden haben. Die Mitglieder der Walen-, Walser-, Waldgenossenschaften waren freizügig, bewirtschafteten gemeinsam Gemeindeland und wohnten auf den ihnen vom König zugewiesenen Hufen oder Huben, das sind Parzellen für ein Haus mit etwas Feld zum Eigenbedarf; Land, das sie aufgeben konnten. Walen, Walser mit ihren Sonderrechten sollen vom Südschwarzwald aus in die Schweiz gezogen sein. Ich vermute sie unterhielten im königlichen Auftrag die Straßen, waren Steinhauer und Bergarbeiter. Ich glaube nicht, dass sich die „Fremdheit“ auf die Stammesherkunft bezogen hat, sie dürfte auf der freien Rechtsprechung beruhen.
16 Wikipedia, Stichwort Brütten
17 Eine Zusammenfassung von Kw. Kaiser über den Dunard-berg, so nennen heute die Archäologen den Donnersberg, findet man im Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern: Südliches Rheinhessen - nördliche Vorderpfalz – Worms – Kirchheim-Bolanden – Donnersberg – Eisenberg, erschienen im Verlag Philipp von Zabern. Der Band ist vergriffen. Archäologischen Ausgrabungen wurden durchgeführt 1924 durch F. Sprater, 1930 durch K. Bittel mit F. Sprater und E. Brockhoff, 1955/56 durch Kw. Kaiser und 1961 durch H.J. Engels.
18 Dieter Geuenich, Geschichte der Alemannen, Kohlhammer 1997, S.28-35
19 Ilse Haenel, Flurnamen erzählen Geschichte. S.135-37, Eigenverlag 2003
20 Albrecht Greule, Vor- und frühkeltische Flussnamen an Oberrhein, Winter, Heidelberg1973 S.200-202, Seite 12 von 13
21 E.Schneider ZGO 105 (1957) S.89-149