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Die Auffindung des römischen Rastortes Tarodunum (Zarten) im Dreisamtal
Von Hermann Wirth,
Freiburg i. Br.

Aus: Mein Heimatland, 16. Jahrgang, Heft 2, März 1929, Seiten 61-62


Die Namensgleichheit des Dorfnamens Zarten mit dem ursprünglich keltischen Tarodunum ist seit Okens Entdeckung (1815), geb. in Bohlsbach, Naturphilosoph) von der Sprachwissenschaft anerkannt. Die Örtlichkeit selbst, die bereits im 2. Jahrh. nach Chr. von dem griechischen Geographen Ptolomäus erwähnt wird, wurde lange vergebens gesucht, bis 1901 durch die Ausgrabungen von Fabricius und Leonhard aus Mitteln der Stadt Freiburg an der Ostseite der Hochfläche hinter Kirchzarten, südlich vom Schlüsselwirtshaus am sog. ,,Heidengraben“ keltische Besiedelung festgestellt wurde. (Vgl. Wagner, Fundstätten und Funde in Baden, I, 1908, S. 221 f.). Die von Schreiber in der »Geschichte der Stadt Freiburg« (1857) genannten römischen Reste sind verschollen, es handelte sich damals um bloße Gerüchte. Die römische Überlieferung wurde daher von Historikern und Geographen stark angezweifelt, man suchte das römische Tarodunum anderwärts, Karl Christ in Heidelberg vermutete die Stätte in Offenburg (»Die angebliche Römerstadt Tarodunum«, Mein Heimatland 1925), während ich selbst an der Tradition aus dem Altertum festhielt (,,Die Römerstraße Breisach – Zarten - Rottweil« ebenda 1927), und zwar mit Recht, wie die Entdeckung vom 28. Oktober 1928 bewiesen hat.
Auf der genannten steilen Hochfläche zwischen Rotbach und Wagensteigbach, den Hauptquellflüssen der Dreisam, 2 Kilometer westlich von der keltischen Fundstelle, wo noch Spuren des keltischen Ringwalls zu sehen sind, ergaben sich nach langjährigen Forschungen die ersten sicheren römischen Spuren, auf einem abgeernteten Acker des Gutsbesitzers Riesterer zu Brandenburg, Gefäßscherben und Ziegelstücke, darunter ein Leistenziegel. Kleine Versuchsgrabungen, vorgenommen mit Hilfe meiner Schüler, erbrachten noch weitere Beweise: römische Nägel, das Randstück einer Reibschale, Stücke von großen Krügen usw. Die Spuren erstrecken sich von West nach Ost nahezu 300 Meter in die Länge und 100 Meter in die Breite. Hinter einer Humusschicht von nur 20 bis 30 Zentimetern befand sich ein Pflaster aus teilweise behauenen Geröllsteinen (Granit und Gneis), darüber ein Belag aus Leistenziegeln, alles vom Pflug zerwühlt und zerstört, aber stellenweise noch deutlich zu erkennen. Ein großer, achteckiger Block (Findling) gehörte anscheinend zur Umfassungsmauer, sonst ist das Mauerwerk schon längst beseitigt und anderwärts verwendet worden. Stücke von Heizröhren lassen auf das Vorhandensein einer Boden- und Wandheizung (Hypokausten) schließen.
Da das Gelände wenig fruchtbar ist (diluviales Schwemmland), so werden die Bewohner der Niederlassung hauptsächlich Viehzucht getrieben haben, wozu sich besonders die heutigen ,,Aumatten« eigneten. Im übrigen beherbergten sie die Reisenden, die die Straße von Breisach durchs Dreisam- und Wagensteigtal über den Schwarzwald nach der von den Römern schon früh besiedelten Baar benutzten. An dieser uralten Wegverbindung kamen auch an anderen Stellen Silberreste aus der Römerzeit ans Tageslicht, so bei Gottenheim und Lehen (von K. Gutmann in Breisach und Professor Schreiber entdeckt), römische Münzen bei St.Märgen, Reiselfingen und Löffingen, ferner zahlreich in den Kastellen Breisach, Hüfingen und Rottweil, den Endpunkten der Straße. Auch die Gegend von Villingen birgt römische Altertümer.
Die Errichtung der Reisestation Tarodunum dürfte in der Zeit der Besitznahme des Zehntlandes durch die Römer fallen, als die römischen Truppen von Windisch in der Nordschweiz, wohl auch von Breisach aus vorrückten, also etwa in das Jahr 70 n. Chr. Aus dieser Zeit stammt auch das bei Riegel nachgewiesene römische Kastell. Nach dem Jahre 260 eroberten bekanntlich die Alemannen das Land.
Mit der Wiederentdeckung des römischen Tarodunum hat auch das sagenhafte »Heidenschloß«, das in der Gegend genannt wird, seine Bestätigung erfahren.