Der
griechische Astronom und Geograph Ptolemäus aus Alexandrien gibt um 140
n. Chr. eine aus römischen Kriegs- und Reiseberichten geschöpfte
Zusammenstellung angeblicher Städte, meistens wohl nur, außer einzelnen
Wallburgen und dergleichen, kleine Orte mit Eigennamen oder Etappen auf
Handelsstraßen in Germanien zwischen Rhein und Donau unter Beifügung
ihrer vermeintlichen Länge- und Breitegrade. So wenig aber auf diese
Bestimmungen zu geben ist, sind auch seine Schreibungen der Ortsnamen
zuverlässig. Im südlichen Landstrich, nördlich der Donau vom
Rhein her nennt er II, 11 § 15 eine Reihe meistens unbekannter Orte,
beginnend mit der in griechischen Buchstaben geschriebenen .....
TAPOΔOYNON worin der griechische Buchstabe P (= lateinisch R)
vielleicht mißverstanden ist für lateinisch P und die von Ptolemäus gar
nicht erwähnte Kelten- und Römerstadt Lopodunum, mittelalterlich
Lobdenburg, dann Loudenburg, jetzt Ladenburg am untern Neckar gemeint
wäre. Da Tarodunon auch zusammengesetzt ist mit keltisch dumm, Burg, so
könnte es auch die eines gewissen Taros oder auch Tavros, keltisch
eigentlich Stier = lateinisch taurus, bedeuten und etwa zu Offenburg,
einer Römerstätte zu suchen sein. Darauf folgen bei Ptolemäus die arae
Flaviae, die wohl von Flavianus Domitianus genannten Altäre, jetzt
Rottweil. Dann steht der gänzlich verschriebene und seiner Lage nach
falsch angesetzte Ort Riusiava, wahrscheinlich statt Biricianis der
Peutinger Tafel und jetzt Weißenburg in Mittelfanken. Weit vorher
sollte aber kommen der wieder durchaus verschriebene Ort Alkimoennis,
worunter die nicht von Ptolemäus genannte Hauptstadt des Grenzlandes
Sumaloceunis, Rotenburg im Sulchgau bei Tübingen zu verstehen ist. Hält
man dazu die falsche Verlegung des Gebirges Abnoba, nach römischen
Inschriften des Schwarzwaldes, etwa vom Taunus bis gegen die Lippe zu,
während die Alpen (II, 11 § 5) als mit Schwarzwald und der rauhen Alb
zusammenhängend betrachtet werden, so zeigen diese Angaben zur Genüge
wie wenig diesem ägyptischen Kartenmacher zu trauen ist.
Auch die Gradeinteilungen des Ptolemäus, die man aber erst auf die
modernen Messungen reduzieren muß, stimmen gewöhnlich nicht. Die
Donauquellen sollen indessen nach ihm auf dem 30. Längegrad und bei 46
Grad und 20 Minuten Breite gelegen sein, Tarodunon bei 28o 20´ Länge
und 47o 50 Breite, also etwa 2 Grad westlich und über einen nördlich
von den Donauquellen. Diese liegen auf dem heutigen 48. Breitegrad wie
so ziemlich auch das im hinteren Dreisamtal bestehende Dorf Zarten, das
seit Leichtlen (1822) für Tarodunum gilt trotz seiner vom Rheintal mit
seinen größeren keltisch-römischen Orten entfernten Lage und selbst
ohne namhafte römische Altertümer, wie sie ein Oppidum ergeben würde.
Wäre ein solches hier gelegen, so würde es wohl von der Dreisam etwa
Trigisamum genannt worden sein. Wie der Treisen oder Trasen, Nebenfluß
der mittleren Donau, führt sie wahrscheinlich einen schon rätischen
Beinamen Trigisama. Davon scheint auch die römische Militärstation
Trigesimum castellum latinisiert worden zu sein, das schon im
Nibelungenlied genannte Treisenmuren, der jetzige Marktort Treismauer
im Erzstift Salzburg. Unwahrscheinlich ist, daß einer der verschiedenen
kleinen Quellbäche der Dreisam einen besonderen Namen gehabt habe,
nämlich Taros, wie ein Nebenfluß des Padus, des Po in Oberitalien hieß
und woher zunächst Hinterzarten genannt worden wäre. Dieser, auch
Zarten hinter der Straß genannte Ort, wo schon 1350 eine
Liebfrauenkapelle »in der Zarten« bestand, gehörte, wie das abwärts an
der Falkensteig gelegene Dorf Zarten vor der Straß, zur ausgedehnten
Pfarrei Kirchzarten, die das ganze fruchtbare Zartener Tal umfaßte, die
seit 765 genannte Marcha Zardunensis. Den Namen möchte ich betrachten
als entstanden aus ze antun, d. h. zu den Arten, Ackerländern, gemäß
der Einteilung bei Dreifelderwirtschaft in erste, zweite und dritte
Art, oder Winter-, Sommer- und Brachfeld, also abzuleiten von
altniedersächsisch ardon, althochdeutsch artou, bebauen, auch bewohnen.
Die Reste einer Umwallung mit dem Heidengraben zwischen den Zuflüssen
der Dreisam auf dem 1451 genannten Burgfeld (Mone, Badische
Urgeschichte II, 31) deuten auf einen vorgeschichtlichen Ringwall am
Heerweg vom Rheintal über den Schwarzwald nach Schwaben. Übrigens
könnten sie auch den Burgfrieden der Burg Wißneck mit dem Weiler Burg
bezeichnet haben. Die dortigen gesegneten Fluren vor dem natürlichen
Tor der Dreisam, dem Hirschsprung, heißen wie das dortige alte
Wirtshaus Himmelreich als Gegensatz zur Felsenschlucht der Hölle, die
freilich nichts mit den Schrecknissen der Unterwelt zu tun hat, sondern
eine Hohle, den durchführenden Hohlweg bedeutet. Zur Vermeidung des
Engpasses bei der Falkensteig wurde dieser durch die von Freiburg
herziehende Heerstraße gegen Norden umgangen, das Tal der Wagensteige
hinauf, wo schon 1125 ein »Waginstat", d. h. Raststätte für Fuhren
erwähnt wird, später auch eine »Hochstraß«. Aus solchen Namen kann man
aber nicht immer, wie Mone, Badische Urgeschichte I, S. 143 Nr. 59 u·
60 u. S. 167 tut, auf Römerstraßen schließen. Irrig ist auch seine
Herleitung (ebenda II, S. 17) der Burg Zähringen bei Freiburg von
Tarodunum wonach Professor Hermann Wirth in der Alemannia von 1910, S.
81, hier sogar den städtischen Mittelpunkt einer römischen sogenannten
civitas sucht, d. h. eines Verwaltungsgebietes, wozu die Ansiedelungen
der ganzen Gegend als vici gehört hätten. Der runde Turm der Burg ist
aber überhaupt nur mittelalterlich und sie selbst ist genannt von dem
unten daran gelegenen gleichnamigen Dorf, den auch solche bei Ulm und
in der Schweiz führen. Die Ortsnamen auf ingen gehen auf Personennamen
im Dativ Pluralis zurück. So stammen die Leute von Zaringen, wie das
den Mooswald östlich begrenzende Dorf 1008 heißt, wohl von einem
Besiedler namens Zahar, soviel wie Greiner bedeutend. Oder auch von
einem altdeutschen Mannesnamen Zarjo, d. h. Zehrer.