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Forschungen im Gebiete der Geschichte, Alterthums- und Schriftenkunde Deutschlands
von Julius Leichtlen

Erste Folge 1818, Seite 38-41

Über die römischen Alterthümer in dem Zehndlande zwischen dem Rhein, dem Main und der Donau,
insbesondere im Großherzogthum Baden

Tarodunum


§. 1
In der Erdbeschreibung des Ptolemäus werden bei Aufzählung der Ortschaften im 3ten Klima des grossen Germanien, in der Nähe. der Donau , zuvörderst angegeben :

TARODUNUM - 28° 20 Länge und 47° 50 Breite
ARAE FLAVIAE - 30° 40 Länge und 48° Breite

Die Lage von Tarodunum ist noch nicht ausgemacht. Nachdem aber Rotweil als Arae flaviae festgesetzt ist, so werden wir,. wenn wir einen Ort 2° 20 westlich davon, und in beinah gleicher Breite aufsuchen wollen, in die Mitte des Breisgaues geführt, und zwar an die Höhe, wie der Name (dunum) deutlich zeigt.

Zuerst Clüver ist von den Alten, welche auf Dornstett gerathen hatten, abgegangen, und hat auf einen Ort nicht gar weit vom Rheine in der Gegend von Freiburg im Breisgau hingewiesen. «Mannert setzt gerade zu Freiburg: das heist doch wohl: ein Ort in der Nähe desselben; aber ein neuerer Schriftsteller (Fecht) zieht wieder alles ins Ungewisse. „Einige Meilen näher der Augststadt als der Silberstadt (Strassburg) gegen den Rhein, nahe bei den festen Bergen Brisachs, diesseits der Abnoben, dem ‚Namen nach auf einer Höhe und keltisch , lag Tarrodunum (so nennt er den Ort). Mehr lässt sich hierüber, ohne zu phantasiren, nicht bestimmen,‘

§ 2.
Ich selbst war Anfangs auf Zähringen verfallen, halte mich aber nun, nachdem ich die St.Galler Vergabungsbriefe bei Neugart eingesehen, in welchen uns, wie überhaupt in den Urkunden und Schriften des 7. bis 12. Jahrhunderts, die alten Namen oft zum Bewundern treu aufbewahrt sind, - vollkommen überzeugt, dass die Mark Zarten bei Freiburg das alte Tarodunum ist.

Wer da lieset, dass im J. 765 ein Trutpert in dem Dorfe Zarduna und in der Zardunenser-Mark selbst, eine Schenkung gemacht; eine andere im J. 791 im Ort Zartuna verhandelt; ferner im Mai 816 ein Theil der Kirche in Zartunu, am 2. April 848 aber ein Erbtheil bei dem Dorfe Zartuna an St. Gallen vermacht worden - der wird die überraschende Aehnlichkeit, wo auch kaum ein Buchstabe fehlt, nicht verkennen können. Erst im J. 972 macht die Kürzung Zarda den Uebergang zur heutigen Form, welche zuerst 1297 erscheinet, und deren Selbstlaut a noch jetzt (wie in zart) gedehnt wird, — Bei der Verwandlung des T in Z darf ich nur an Zaubern (Tabernae) erinnern, um auch den letzten Zweifel zu entfernen, und die Rechtfertigung des oft mit Unrecht herabgewürdigten Ptolemäus vollständig zu. machen,

§ 3
Tarodunum war also der Pass, welcher aus dem Breisgau durch den Schwarzwald an die Donau führt, (bekanntlich ging die Landstrasse, bevor man die Felsen am Höllenpasse gesprengt hat, über den Rücken des KastelEks und hat vermuthlich, wie nachmals die Zartener Mark, den ganzen Bezirk vom Dorfe Ebnet an bis an die Fürstenbergische Baar in sich begriffen, Eine Landschaft, die jetzt von einer Bevölkerung von mehr als 10,000 Seelen belebt ist, und unter andern die Hölle und das Himmelreich umfasst.

Mehrmals werden wir hier an den alten Namen erinnert; zuerst bei dem Dorfe Zarten, welches eine Beikirche von Kirchzarten ist, von dem wieder der Name auf das Kirchzarterthal übergetragen worden. Aus der Vereinigung des Zartenbachs mit andern Wassern entsteht der Höllenbach. Zuletzt begegnet uns das grosse Kirchspiel Hinterzarten, dessen Name von dem Bezirke in der Zarten (ehemals in der Zärta) abgeleitet ist.