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Inhaltsverzeichnis
P. Franz Steyrer´s,
Benedictiners des Stiftes St.Peter auf dem Schwarzwalde
Geschichte der Schwarzwälder Uhrenmacherzunft,
nebts einem Anhange von dem Uhrenhandel derselben.
Eine Beylage zur Geschichte des Schwarzwaldes.
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Freyburg im Breisgau.
Gedruckt mit Felner´schen Schriften.
1796
Dem Hochwürdigen Prälaten und Herrn,
Ignatius,
Abte des Stiftes St.Peter auf dem Schwarzwalde,
Herrn Der Herrschaften St.Peter, St.Ulrich, Geyersnest, Zähringen und Waldau ec. ec.
Meinem gnädigen Herrn
Erlauben Sie, Hochwürdiger Prälat, Gnädiger Herr, daß ich diese kleine
Geschichte Dero hohen Nahmen weihe. Dadurch möchte ich gerne an den Tag
legen, wie tief ich Sie verehre, wie hoch ich Sie schätze, und wie ganz
und gar ich Ihnen zugethan sey.
Der Verfasser.
Vorbericht.
Niemand wird in Abrede stellen, daß die Kunst, Uhren zu verfertigen,
eine der nützlichsten und nothwendigsten Künste für Stadt und Land, und
alle Vorfälle des menschlichen Lebens sey. Nun aber darf man dreiste
sagen, daß eben diese Kunst vielleicht nirgendwo höher, vielfältiger
und gemeinnütziger getrieben weder, als auf dem Schwarzwalde, und zwar
von dessen Bewohnern, den Schwarzwäldern selbsten, deren
Geschicklichkeit, Einsicht und erfinderischer Geist schier alle
Vermuthung in diesem Fache übersteigt. Und was hiebey das Merkwürdigste
ist; so beschäftigen sich nicht nur viele Hundert Schwarzwälder mit
Verfertigung aller Gattungen der Uhren, sondern sie verschleißen auch
diese Waaren selbsten, handeln damit in die entferntesten Lande, und
kommen insgemein mit reichem Gewinne wieder zurück.
Der sonst rauhe und seinem Nahmen nach fürchterliche Schwarzwald ist
es, welcher schon viele Jahre hindurch ganz Europa, und neuerdings
Asien und Amerika mit Tausend zwar mehren Theils hölzernen, doch sehr
dauerhaften, richtigen, schönen, theils gemeinen, theils künstlichen
Uhrwerken versieht. Der Schwarzwald ist es, welcher ohne Lehrmeister,
ohne Aufmunterung, ohne Unterstützung einer höheren Macht aus innerm
Triebe und durch eignen Fleiß es in dieser Kunst so weit gebracht hat,
daß er itzt die größten Künstler hierin zählet, seinen Herren Ehre
machet, etliche Tausend Hände beschäftiget, das Land bereichert, und
ein weit aussehendes, beträchtliches Gewerb treibt. Eine merkwürdige
Epoche für den Schwarzwald.
Dieses und besonders der große Mangel, den wir ohnehin an den
Geschichten der Künste haben, bewog mich mit möglichster Genauigkeit
nachzuforschen, wann die Kunst, Uhren zu fertigen, auf dem Schwarzwalde
ihren Anfang nahm; welche daselbst die ersten Künstler und Händler
waren, und was sie hiebey Neues bis auf diese Zeit erfunden haben: und
ich war so glücklich, alles nach Wunsche zu erfragen; welches mir dann
genug Stoff gab, hievon eine kurze Geschichte dem geehrten Publikum
vorzulegen; woraus Jedermann mit Vergnügen ersehen kann, wie weit es
die sonst etwas trägen, und in ihr Heimath verliebten Schwarzwälder
sowohl durch ihren aufsteigenden Fleiß gebracht, als auch durch die
Reize des Gewinnes und ihre Unerschrockenheit gewagt haben.
Eines muß ich noch anmerken, daß, als ich wirklich im Begriff war,
meine vorhabende Geschichte auszuarbeiten, mit zufälliger Weise, das 31
Stück der in Stuttgart gedruckten schwäbischen Chronik auf das Jahr
1786 zu Gesicht kam, worin eine kurze Nachricht von dem hölzernen
Uhrenhandel des Schwarzwaldes stund. So sehr es mich freuete, daß den
Schwarzwald auch auswärtige Kunstliebhaber ihres Augenmerkes ihres
Augenmerkes würdigen, so sehr lachte ich über das Mischmasch von
Unrichtigkeiten, welche in genannter schwäbischen Chronik schier
allenthalben vorkommen. Die Anmerkungen, welche ich hierüber zur Steuer
der Wahrheit und Beleuchtung der schwarzwälderischen
Uhrmacher-Geschichte im Durchwege meiner Beschreibung einstreuen werde,
sollen alles in das gehörige Licht setzen.
Geschichte der Uhrmacherkunst auf dem Schwarzwalde.
Die Geschichte theile ich in zwey Hauptstücke, wovon das Erste von den
Uhrmachern daselbst, das Zweyte aber von den Gattungen der Uhren, und
einigen hiezu gebräuchlichen Hauptwerkzeugen, wie auch etwas von dem
Preise der Uhren, um welchen sie hier gemachet, und verkaufet werden,
handelt.
Erstes Hauptstück.
Von den Uhrmachern.
Erster Absatz.
Waldau, eine Vogtey der Herrschaft St.Peter, hatte die Ehre, dem
Schwarzwalde die ersten Uhrmacher zu schaffen, wie man zuverlässig
weiß, so waren diese die so genannten Kreuze auf dem Glashofe daselbst.
Sie verfertigten Waag- oder Unruhuhren aus Holz, derer eine P. Peter
Kalteisen Kapitular der Gotteshauses St.Peter, und damals Pfarrverweser
zu Neukirch, schon um das Jahr 1667 besaß. Bald hierauf zeigte sich auf
dem Schweibrunne, einem Berge, der von dem Benediktiner Kloster
St.Peter eine gute Stunde entlegen, zur Pfarrey St.Mergen gehörig ist,
ein anderer Uhrmacher mit Nahme Lorenz Frey, den man gewöhnlich den
Hackbreterlenz nannte. Dieser brachte für die umliegende Baurhöfe
einige hölzerne Waaguhren zu Stande, wovon eine der noch itzt lebende
sehr alte Christian Wehrle im Besitze und zum Gebrauche hat; man
schätzt sie im Alter über die hundert Jahre. Auch in dem
Württembergischen zu St.Georgen in dem Stockwalde war zu Ende des
verflossenen Jahrhunderts ein Uhrenmacher Simon Henninger genant,
welcher darneben auch Kübel und Wasserzüber verfertigte. Allein nach
dem Aussterben der Kreuze, des Freys und Henningers verschied auch die
erste vor kurzem auflebende Uhrenmacherkunst aus dem Schwarzwalde, und
bleib allda bis sie endlich wieder von Simon Dilger neuerdings erweckt
wurde. Also zur zweyten Epoche derselben.
Zweyter Absatz.
Simon Dilger aus Urach fürstenbergischer Herrschaft gebürtig und eben
allda haussässig, seines Handwerkes ein Drechsler, unternahm ohne
Lehrmeister durch eigenen Fleiß das Uhrenmachen, wie schon gesagt
worden ist, um das Jahr 1725, und verfertigte keine andere, als
Waaguhren, wiewohl anderswo die weit richtigern Perpendikeluhren schon
eine geraume Zeit im Schwunge giengen. Von diesem lernte sein Sohn
Friedrich Dilger, *) der hernach mit seinem Vater die Uhrenmacherkunst
fortführte, und unter andern auch einen württembergischen Unterthan aus
dem St.Georger Kirchspiel, Nahmens Weisser, ingsgeheim der Mulenweber
genannt, in die Lehre nahm, welcher bald hernach ein Meisteruhrenmacher
ward.
*)
Da sieht man, daß Friederich Dilger, welcher laut der schwäbischen
Chronik Nro. 13 der erste Uhrenmacher auf dem Schwarzwalde seyn solle,
nicht einmal in der zweyten Epoche der erste sey. Und was man hiebey
gleich Anfangs zu rügen hat, ist, daß in diesem Chronikblatte die
Uhrenmacherkunst mit dem Uhrenhandel ganz vermenget wird. Es fängt so
an: “ Nachricht von dem Handel mit hölzernen Uhren, welcher auf dem
Schwarzwalde getrieben wird. – Dieser merkwürdige Handel dauert bereits
schon anderthalb Jahrhunderte. Ein fürstenbergischer Unterthan Nahmens
Friederich Dilger soll der Urheber desselben in der ganzen Gegend
„seyn.“ Wie kann doch der hölzerne Uhrenhandel anderthalb Jahrhunderte
dauern, und desselben Urheber Friedrich Dilger seyn, welcher nicht
eher, als um das Jahr 1730 einige Uhren verfertigte ? Der nur ein
Uhrenmacher, niemals aber ein Uhrenhändler war ?
Schier zur gleichen
Zeit, doch etwas später als Friederich Dilger, verlegte sich auf das
Uhrenmachen Joseph Dilger aus der Neukrich im Waagenstal, gleichfalls
seines Handwerkes ein Drechsler, wie Simon Dilger, mit welchem er aber
in keiner Blutsfreundschaft stund, und Georg Gföll aus der Urach.
Alsdenn zogen beyde in das Kloterthal, und trieben allda mit gutem
Fortgange ihre Kunst. Allein nach 25 Jahren kehrte Joseph Dilger wieder
in sein Heimath den Waagenstal zurück; hingegen bleib Georg Gföll sein
Lebtag in dem Kloterthale.
Indessen, als sich Joseph Dilger in dem Kloterthale aufhält, kömmt zu
ihm, um die Uhrenmacherkunst zu lernen Anton Ganther aus der Neukirch
welcher, nachdem er diesselbe wohl begriffen, gleich wieder, und zwar
20 Jahre früher, als sein Lehrmeister nach Hause wandert, wo er auch
einen jungen Buben, Nahmens Christian Wehrle in die Lehre nimmt,
ungeachtet diesem alles abwehret, unter dem Vorwande: die Uhren würden
nicht immerdar abgehen, weil sie schier ewig dauern. Es vermehrte sich
also die Zahl der Uhrenmacher durch Christian Wehrle und Michael Dilger
oder Goßemmichele, welche beyde zu hohem Alter gekommen, und unter die
ersten Uhrenmacher zu zählen sind.
Ihre nächsten Nachfolger waren Ambrosius Kammerer aus der Vogtey Furtwangen.
Matthäus Krens von Ueberrauchen zur Stadt Villingen gehörig.
Simon Löffler aus der Neustadt.
Jakob Ganther ein Sohn des Anton Ganthers Uhrenmachechers aus dem Wolfkoch.
Adam Spiegelhalter oder Schmidadam von Waldau. Dieser fieng der erste an, das Zahngeschirr zu brauchen.
Matthäus Hummel, oder der Jägerstiger aus der Glashütte. Die drey Söhne
des Christian Wehrle, Johannes, Eusebius und Martin, die itzt große
Künstler sind, und deren der erste im Simonswaldes oder Sigmundswalde,
der zweyte zu St.Peter, und der dritte in der Schierhalden nächst
St.Mergen wohnhaft ist; und noch mehr andere.
Mit und nach diesen breitete sich diese Kunst auf dem Schwarzwalde
dergestalt aus, daß es itzt unter den Uhrenmachern zum Sprichworte
geworden ist: Die kalte Herberge (ein einschichtiges Wirthhaus im
Fürstenbergischen) sey der Mittelpunkt, von wannen man fünf Stunden
weit im Bezirke diejenigen Orte zählen könne, wo es Uhrenmacher giebt.
Und wirklich erstrecket sich dieser Bezirk im Durchmaeeser genommen von
Litenweiler, eine Stund von Freybirg entlegen (zur Kommenthur gehörig)
und dem Kloterthale (Herrschaft Castel und Schwarzenberg) über St.Peter
bis in das herzogl. Württembergische Oberamt Hornberg.
Hier rücke ich die Nahmen der itzt noch lebenden Meister Uhrenmacher
bey, welche sich in der Herrschaft St.Peter befinden, und jährlich über
2200 Uhren verschiedener Gattungen verfertigen.
Vogtey Eschbach.
Magnus Reichenbach
Vogtey Ror.
Bartholomäus Schneider
Vogtey Seelgut.
Joseph Ruf
Georg Kaltenbach
Georg Ketterer
Vogtey Ibenthal.
Eusebius Wehrle
Lorenz Villinger
Vogtey Gutach.
Joseph Heim
Joseph Rombach
Magnus Reichenbach
Vogtey Hinterstraß
Simon Fürderer
Christian Waldvogel
Matthäus Bartmann
Vogtey Glashütte.
Taddäus Bartmann
Matthäus Beha
Valentin Noper
Johannes Rombach
Vogtey Waldau.
Georg Metz
Johannes Spiegelhalter
Benedikt Faller
Aloys Kreuz
Benedikt Faller auf dem Kohlplatz
Matthias Herbstritt
Johannes Bartmann
Antonius Rombach
Joseph Rombach
Joseph Ganter
Bartholomäus Mayer
Burgerschaft St.Peter
Michael Holck
Diese sind nun benanntlich die Meister Uhrenmacher aus den kleinen
Vogteyen der St.petrischen Herrschaft und kaum der 16te Theil von allen
Meister Uhrenmacher auf dem Schwarzwalde, die man in der Zahl über 500
schätzt, ohne derjenigen zu gedenken, welche außer Lande in der
Handelschft begriffen, und größten Theils Meister Uhrenmacher sind. Die
zwey württembergische Oberämter Hornberg und St.Georgen zählen ungefähr
50. Stadt freyburgische Gebiethe bey 30. Kloterthal 8. Simonswald 6.
Villingen 9. u.s.w.
Gerne hätte ich ein genaues Verzeichniß aller Meister Uhrenmacher hier
eingerücket, wenn mir es gesammte herrschaftliche Aemter, an welche ich
deswegen ein Ersuchungsschreiben ergehen ließ, zugesandt hätten. Nur
von dem Magistrate zu Villingen, und den zwey Oberämtern St.Georgen und
Hornberg erhielt ich eine sehr höfliche und auf meinen Zweck abzielende
Antwort. Triberg und Fürstenberg gaben mir gar keine. Ja Herr Obervogt
aus der Neustadt verboth noch den Seinigen, mir einen Bericht von der
dasigen Uhrenmacherey einzusenden. Beydes that mir sehr wehe, weil ich
wußte, daß sich in dem Tribergisch- und Fürtsenbergischen die meisten
Uhrenmacher befinden. Die einzige tribergische Vogtey Furtwangen, wie
ich aus Privatnachrichten vernahm, enthält mehr als 30 Meister
Uhrenmacher, und eben so viele Gesellen. Ueberhaupt hat schier ein
jeder Meister Uhrenmacher einen Gesellen oder wenigstens einen
Lehrjung. Diese, sobald sie ihre Lehrjahre vollendet, alsdenn entweder
als Meister für sich, oder als Gesellen bey einem Meister, der ihnen,
nachdem sie mehr oder weniger von ihrer Kunst verstehen 30 bis 100 fl.
zum Jahreslohne nebst der Kost reichet. Allein zu Furtwangen sind
ungefähr 13 Meister Uhrenmacher, deren jeder 2 bis 3 Gesellen hält.
Hieraus kann man schließen, wie einträglich die Uhrenmacherkunst auf
dem Walde sey, und wie viele Hände sich damit beschäftigen.
Dieses ist aber bey weitem nicht alles. Es giebt noch andere, welche dabey ihr Brod gewinnen.
Dritter Absatz.
Anfangs verfertigten die Uhrenmacher selbst die Gehäuse zu den Uhren,
sägeten die Räder, und druckten die Zifferblätter, welches sie nicht
wenig Zeit kostete. Kaum aber sahen sie, daß man ihre Uhren, besonders
die Guckguckuhren reissend hinweg kaufte, und sie nicht genug derselben
verfertigen konnten, überließen sie dann gerne Andern jene
Kleinigkeiten, die mehr Mühe als Kunst erfordern, und halfen dadurch
vielen zu einem guten Stück Brod. Sonderlich jetzt sind aller Orten auf
dem Walde gewisse Leute bestellt, welche die Gehäuse machen; andere
welche die Räder von der Stange sägen, und wiederum andere, welche die
Zifferblätter in allerhand Form drucken. Zu forderst sind aus denen,
welche zu dieser Kunst das ihrige beytragen, merkwürdig, Matthias
Faller und Paulus Kreuz.
Matthias Faller, geboren zu Neukirch triberger Herrschaft im Jahre
1707, ein Sohn der Barbara Furtwänglerin und des Georg Fallers, Bauers
auf dem obern Fallgrund, erlernte die Bildhauerkunst, und wurde zu
einem so geschickten Bildhauer, daß man ihn billig unter die Künstler
Deutschlandes rechnet. Dieser, nachdem er verschiedene Länder
durchreiset, und zu Kolmar, Augsburg, München, Wien und Prag seine
Arbeit sehen ließ, kam um das Jahr 1751 nächst St.Peter, und
verfertigte in seinen Nebenstunden ein und anders Uhrwerk.
Um das Jahr 1771 zog er mit seiner Familie von St.Peter nach St.Mergen,
wo er ein sehr hohes Alter erlebte, und erst vor einigen Jahren
gestorben ist. Während dieser Zeit trieb man auf dem Walde das
Uhrenmachen immer höher, und es zeichneten sich die drey Brüder
Johannes, Eusebius und Martin Wehrle, und andere mehr in der Kunst- und
Spieluhren aus; Dieser aber erforderten, um sie ansehlicher zu machen,
schöne Aussenwerke, Schildereyen und Verzierungen. Mithin bekam
Matthias Faller und sein Sohn Johannes, der ebenfalls ein geschickte
Bildhauer ist, manche Arbeit von den Uhrenmachern. Und weil auch seine
Tochter Marianne die Faßmalkunst wohl versteht; so leistet jetzt diese
Familie den Uhrenmachern viele Dienste. Erst vor zwey Jahren that sich
noch ein neuer Bildhauer Georg Braun zu St.Mergen, im Holz genannt,
hervor, der auch Uhrenblätter verfertiget.
Paulus Kreuz ein St. petrischer Unterthan, gebohren im Jahre 1730 auf
der so genannten Hohritte, zur Vogtey Ibenthal gehörig, seines
Handwerkes ein Schmid, arbeitete um das Jahr 1750 als Knecht in der
Schmide des Gotteshauses St.Pter, aber nicht länger, als ein paar
Jahre; worauf er auf den Hohlengraben zog, von diesem das
Guckguckuhrenmachen lernte, und dann auch das Glockengließen anfieng,
worin er von seinem natürlichen Talent geleitet, sehr weit kam. Eine
Probehievon, gab er nicht nur, da er aus dem St. petrischen
Münzkabinete viele alte Denkmünzen rein und pünktlich abgoß, sondern
auch, da er im Jahre 1783 eine ganz neue Art von einer Feuerspritze,
welche P. Thaddäus Rinderle Profeß und Kapitular zu St.Peter erfand,
die ohne Stiefel nur aus einer hohlen Kugel von Messing besteht, zu
gießen unternahm; denn er brachte sie so glücklich zu Stande, daß sich
auch auswärtige Glockengießer darüber verwunderten. Sobals aber Paulus
Kreuz wahrnahm, daß er bey dem Glockengießen weit größern Gewinn, als
bey dem Uhrenmachen fände; gab er dieses auf, und verlegte sich auf das
andere.
Daher gießt er nebts andern Dingen jährlich 50 bis 60 Zentner
Uhrenglöcklein, von denen 15 auf zwey Pfunde gehen. Seine Mitarbeiter
sind seine zwey Söhne Andreas und Nikolaus, derer der erste vor 12
Jahren in das Josthal gezogen, sich verheurathet, und daselbst für sich
eine neue Gießhütte aufgerichtet hat. Auch im Bregenbach zu Neukirch
goß Matthias Siedle seit mehrern Jahren Uhrenglöcklein, aber bey weitem
nicht so viel und glücklich, als Paulus Kreuz. Endlich gab jehner sein
handwerk auf, und überließ es seinem Sohne Andreas. Jetztstehen beynahe
10 Gießhütten auf dem Walde, woraus die umliegenden Uhrenmacher alle
ihre Uhrenglöcklein bekommen. *) Man gießt zwar allda auch messingene
Uhrenräder, aber sehr wenig und nur für Noth, weil dabey gar kein
Gewinn ist, und man dieselbe um einen geringern Preis, als man
sie auf dem Walde gießen kann, nämlich das Pfund um 45 kr. aus Nürnberg
beschreibt. Hingegen erhalten die hiesigen Gießer für das Pfund
Glöcklein einen Gulden, wozu noch ein Drittel Zinn kömmt. Indessenfindt
Paulus Kreuz nicht nur den besten Gewinn dabey, sondern es werden auch
seine Glöcklein allenthalben, so gar von den Ausländern hochgeschätzt,
denn sein neugieriger Geist veranlaßte ihn, verschiedene Proben in der
Chemie vorzunehmen, wodurch er unter andern schönen Erfindungen auf ein
Geheimniß in Mischung verschiedener Metallen kam, welches die Glöcklein
viel besser, klingender, und dennoch wohlfeiler machet.
*) Noch niemals sind einige Glöcklein
von den hiesigen Uhrenmachern aus Nürnberg beschrieben worden, sondern
nur die messingnen Räder . Also ist es nicht ganz richtig, was das
schwäbische Chronikblatt berichtet: „ Die messingne Räder und Glocken
werden von den Uhrenmachern von Nürnberg, oder von den einigen Stunden
von St.Georgen entfernten hohlen Graben berschrieben.“
Darum greifen auch
engelländische, holländische und französische Uhrenmacher mit Begierde
darnach, und beschreiben sie in verschiedener Größe durch die
Schwarzwälder Uhrenhändler vom Paulus Kreuz. Urbrigens darf ich hier
des hochwürdigen Herrn Salesius Krämmer regulirten Chorherrn zu
St.Mergen, der im Jahre 1789 starb, nicht vergessen, zumal er vor
Zeiten den Uhrenmachern zur Besserung ihrer Kunst mit Rath und That
ämsig an die Hand gieng. Besonders wissen sie jetzt den oben genannten
P. Thaddäus Rinderle, welcher ein sehr geschickter Mechanikus, und auf
der hohen Schule zu Freyburg im Breisgau wirklich angestellter
öffentlicher Lehrer der Mathemathik ist, wegen eines neu erfundenen
Bohrgeschirres vielen Dank zu sagen. Sie besuchten ihn häufig, und er
klärte sie immer mehr in ihrer Kunst auf. Ferners leistete noch
wirklich den Spieluhren ein anderer regulirter Chorherr von St.Mergen
Herr Jakobus Eberhard sehr große Dienste; denn er unterrichtete sie, so
viel sie es nöthig haben, in der Tonkunst, und verfertiget zu ihren
Spieluhren die meisten musikalischen Stücke. Auch trägt zu weilen in
diesem Fache P. Petrus Daum Benediktiner und Chordirektor zu St.Peter
das seinige bey.
Zweytes Hauptstück.
Von der Gattung der Uhren und einigen
hiezu gebräuchlichen Hauptwerkzeugen; wie auch etwas von dem Preise der
Uhren, um welchen sie hier Landes gemacht werden.
Erster Absatz.
Eine geraume Zeit wurden auf dem Walde keine andern als Waaguhren
gemachet, wozu man noch die Räder mit Hilfe einer Säge, eines Messers
und eines Zirkels sehr mühsam auszahnte. Zum Glück sah irgendwo Adam
Spiegelhalter oder Schmidadam bey einem Sackuhrenmacherein
Zahngeschirr, mit welchem die Zähne geschwind und richtig in die Räder
eingeschnitten werden, und machte nach diesem Model sogleich eines für
sich, welches hierauf von einem zum andern kam, und sorgfältig
nachgemacht wurde.
Endlich fieng Christian Wehrle der erste an, die Kurz- und
Langschwengel, oder die kurzen und langen Perpendikeluhren zu
verfertigen, welche der vortreflich Mathemathiker Christian Hugenius,
um das Jahr 1670 erfand, und hiemit kam die Uhrenmacherkunst auch auf
dem Walde forthin besser zu Stande. Vermittelst des Zahngeschirres
brachte man in einem Tage schon eine Uhr zuwege, da vormahls wohl 6
Tage hiezu erfordert wurden, weil die Räder sehr langsam mit einem
Zirkel ausgemessen, eingetheilt, und die Zähne mit dem Schnitzer
einzeln ausgeschnitten werden mußten.
Zweyter Absatz.
Indessen, als zwey Uhrenhändler Joseph Ganther aus der Neukirch und
Joseph Kammerer aus Furtwangen auf ihrer Handelsreise waren, begabes
sich, daß sie einem Handelsmann aus Böhmen antrafen, welcher hölzerne
Guckgucksuhren verkaufte. Diese Neuigkeit, welche ihnen reizend in die
Augen fiel, hinterbrachten sie bey ihrer Rückkehr alsbald dem Michael
Dilger aus der Neukirch und dem Matthäus Hummel oder der Jägerstiger in
der Glashütte, welche hierüber sehr erfreuet ohne Anstand dergleichen
Guckgucksuhren nachmachten. Hierauf fiengen Johannes Grieshaber samt
seinen Brüdern, Christan Wehrle, nebst seinen Söhnen, Paulus Kreuz und
noch mehr andere das nähmliche an; und so gieng schier auf einmal das
Guckgucksuhrenmachen auf dem Schwarzwalde im Schwunge.
Es blieb aber nicht allein bey den Guckgucks- und gemeinen Pendeluhren,
dergleichen man theils ganz aus Holze, theils ganz oder halb aus
Messinge verfertigte, sondern es erschienen auch nach und nach
allerhand Uhrenwerke mit Glockenspiele, und Leben nachahmende handelnde
Figuren, die der alte Jägerstiger recht meisterlich an und vorzubringen
weis; er ist auch der erste, welcher Glockenspieluhren machte. Endlich
trieben es die drey Brüder Johannes, Eusebius und Martin Wehrle, und
noch mehr andere, unter welchen Salomon Scherzingen aus Furtwangen sehr
berühmt ist, so weit, daß sie jetzt bald mit Pfeiffen, bald mit Saiten
auf dem Hackbrette, oder einer Harfe, bald mit stählenen Ringen, bald
mit hölzernen Klechtern solche Speil- und mit allerley tanzenden
Figuren belebte Kunstuhren verfertigten, welche von dem erfinderischen
Geiste der Schwarzwälder offenbare Proben sind. Ich führe alle
Gattungen der Uhren, die hier auf dem Walde bis jetzt gemacht worden
sind, in drey Klassen an.
I.
Gemeine Uhren.
Uhren, welche Viertel und Stunden, oder auch Sekunden zeigen, ohne Schlagwerk.
Uhren, welche Stunden alein, oder zugleich Viertelstunden schlagen.
Uhren, welche 8 Tage oder länger gehen, ohne daß man sie mittlerweile aufziehen darf.
Repitiruhren, welche die Stunden und Viertelstunden wiederholen, wenn man an einem Stricklein zieht.
Repitiruhren, welche sich von selbsten die Stunden und Viertelstunden wiederholen.
Alle diese Uhren werden entweder mit Gewichtern oder mit Federn versehen, und theils von Holze, Theils von Messinge gemacht.
II.
Kunstuhren.
Uhren, welche den Lauf der Sonne, des Mondes und anderer Planeten zeigen.
Uhren, auf welchen ein Kapuziner Bruder alle Stunde läutet.
Uhren, worauf eine Schildwache geht, und ihre ordentliche Wendung machet
Uhren, auf welchen ein Metzger alles Stunde auf einen Ochsen schlägt.
Uhren, auf welchen zwey Böcke einander stoßen.
Uhren, auf welchen Bären tanzen,
Uhren, auf welchen ein Guckguck, oder eine Wachtel und dergleichen die Stunden schreyen.
Uhren, worauf ein Scherenschleifer schleift.
Uhren, worauf die 12 Apostel oder andere Figuren Viertel und Stunden schlagen.
Sackuhren von Holz.
Thurmuhren von Holz, von deren Güte man schon hinlänglich Proben hat.
Uhren, welche ganz von Holz ohne einiges Metall gemachet sind.
III.
Spieluhren.
Uhren mit Glockenspiele.
Spieluhren mit Pfeiffen von 1,2,3,4 Registern.
Uhren mit Saitenspiele auf dem Hackbrette, oder der Harfe mit eben so viel Registern.
Uhren mit stählenen Klingen.
Uhren, welche auf dem hölzernen Klechter spielen.
Uhren, worauf ein Organist spielt.
Uhren, auf welchen eine Amsel, oder ein Kanarienvogel ganze Stückchen schlägt.
Diese Uhren werden auch mit artigen Tanzwerken versehen, worauf
allerley nach der Mode geschnitzte Figuren Menuetto, Trio und
verschiedene Walzer recht ordentlich tanzen.
Dritter Absatz.
Vor etlichen Jahren erfand der hier schon etlichmal genannte sehr
geschickte Mathemathiker P. Thaddäus Rinderle eine astronomisch-
geographische Pendeluhr, die er selbst eigenhändig verfertigte, und die
unter dessen Anleitung von einem jeden Kunstuhrenmacher, um damit den
Liebhabern aufzuwarten, leicht nachgemacht werden kann. Sie weiset
folgende Stücke.
1tens. Zeiget der Schild, oder das Zifferblatt auf einer Scheibe von 8
Zolle im Durchmesser die ganze Welt, als Europa, Asia, Afrika und
Amerika. Die vornehmsten Orte sind aus den neuesten Beobachtungen,
jedes nach seiner eigenthumlichen Länge und Breite sorgfältig
aufgetragen.
2. Diese Scheibe dreht sich in 23 Stunden 56 Minuten und 4 Sekunden um
ihren Mittelpunkt, wie sich die Erde um ihre Achse von Occident gegen
Orient in eben dieser Zeit wendt, und zeiget dadurch den Sternetag und
Sternestunden.
3. Der Mond beweget sich nach der nämlichen Richtung, wie die Erde in
27 Tagen 7 Stunden 43 Minuten 5 Sekunden um dieselbe, und vollendet
damit seinen periodischen Monath.
4. Er zeiget sich während seines Umlaufes in seinen gewöhnlichen Gestalten.
5. Die Sonne, welche sich samt dem Stundenringe in 364 Tagen 5 Stunden
54 Minuten 54 Sekunden, wie der Mond um die Erde beweget, zeiget die
Monate und Tage derselben, wie die Feste der Heiligen.
6. Man kann auch sehen, in welchem Zeichen der Ekliptik, und in welchem
Grade desselben sich sowohl die Sonne als der Mond täglich befinden.
7. Die Mondsknotten machen ihre rückgängigen Bewegungen in der
Ekliptik, und kommen in 6797 Tagen 23 Stunden einmal herum. Sie weisen
jederzeit ihren Ort, den sie an dem Himmel haben.
8. Durch die Bewegung der Sonne und des Mondes geben sich die Neu- und Vollmonde.
9. Wie auch die Orte der Ekliptik, wo sich diese Neu- und Vollmonde ereignen.
10. Der synodische Monat, und dessen Unterschied von dem Periodischen.
11. Die Sonnenfinsternisse.
12. Die Mondfinsternisse.
13. Jener Ort der Welt, wo diese Sonnen. Und Mondfinsternisse sichtbar, und wo sie unsichtbar sind.
14. Der Drachenmonat.
15. Die Sonnezeit, und der Unterschied zwischen dieser und der Sternenzeit.
16. Die wahre und mittlere Zeit.
17. Der Unterschied der Mittagskreise für jede Orte der Welt im Maaße der Zeit sowohl als der Bögen des Aequators.
18. Zeiget diese Uhr nicht nur an dem Orte, wo sie steht, sondern in den vornehmsten Städten der Welt die gehörigen Stunden.
19. Ist auf einen Blick zu sehen, an welchem Ort der Welt die Sonne zugleich auf- oder untergeht.
20. Und eben daher, wie lange der Tag und die Nacht an eben diesen Orten des Jahres sey.
21. Die Orte welche Mittag haben, und
22. Die Orte, über welche die Sonne und der Mond an jedem Tage des Jahres senkrecht stehen.
23 Die mittägliche Höhe der Sonne und des Mondes für alle Orte der Welt, auf alle Tage des Jahrs.
24. Die Abwechslung der Jahreszeiten an allen Orten der Welt.
25. Die Nro. 1. Gedachte Erdscheibe wird durch eine andre von Glase,
gleicher Größe bedeckt, auf welcher die Sterne nach der Lage, welche
sie am Himmel gegen die Erde haben, eingeschliffen sind. Sie stellet
das Firmament sehr natürlich vor, und gibt annoch folgendes
26. Unter diesen Sternen machet die Sonne ihren jährlichen Weg, wie sie ihn wirklich an dem Himmel zu machen pflegt.
27. Auch der Mond geht in seinem monatlichen Laufe neben eben den
Sternen so vorbey, wie es seine natürliche Laufbahn an dem Himmel
fordert; daher
28. Sieht man der Sterne Conjunction und Opposition mit der Sonne, und mit dem Monde.
29. Der Sterne Auf- und Untergang.
30. Die Zeit ihrer Culmination, und ihre mittägliche Höhe.
31. Die Zeit, seit wann sie schon auf- oder untergegangen sind, oder
wie lange es noch daure, bis sie auf- oder untergehen werden.
32. Die Orte der Welt, wo jeder Stern kulminirt, oder im Mittag steht, wie auch, wo er senkrecht steht.
33. Die Tag- und Nachtbögen der Sterne.
34. Ihre gerade Aufsteigung, und Abweichung von dem Aequator.
35. Ihre Amplitudo ortiva und occidua.
36. Der Sonne und des Mondes Auf- und Untergang.
37. Die Zeit, wie lange sich der Mond und die Sonne über oder unter dem
Horizonte befinden, seit wann beyde schon auf- oder untergegangen sind,
oder wie lange es ansteht, bis sie auf- oder untergehen werden.
38. Der Sonne und des Mondes gerade Aufsteigung und Abweichung vom
Aequator. Ihre Tag- und Nachtbögen. Ihre Amplitudo ortiva und occidua,
die Zeit ihrer Culmination.
39. Der aufgehende, der kulminirende, und untergehende Punkt der Ekliptik.
40. Die Zeit, welche der Schatten des Mondes auf der Sonnenuhre zeiget, und die übereinstimmende Sonnenzeit.
41. Die Eigenschaft des Himmels und der Erde sub sphära recta.
42. Andere Eigenschaften des Himmels und der Erde sub sphära parallela.
43. Diese Maschine läßt sich gar leicht auf verflossene, wie auch auf
künftige Jahre, und Jahrhunderte stellen, und zeiget in beyden Fällen
die damahlige Beschaffenheit und Lage des gestirnten Himmels.
44. Die läßt sich auch von Hand treiben, daß man nicht nöthig hat, lange auf die Erscheinung an dem Himmel zu warten.
So viel von den Gattungen der Uhren wozu insgemein alle Jahre etwas
Neues erfunden wird. Es wurden aber von allen Uhren jene, welche
Andreas Dilger, oder Fehrenandres ausm Gütenbach machet, wegen ihrer
Feinheit, Sauberkeit und Akkuratesse am meisten geschätzet, und am
besten bezahlt.
Nimmt man indessen alle Gattungen der Uhren zusammen, und bey nebens
an, daß von 500 Meister Uhrenmacher, welche auf dem Walde sind, ein
jeden mit seinem Gesellen oder Lehrjunge jährlich wenigsten 150 Uhren
verfertigte; denn zwey Personen können leicht in einer Woche 10 gemeine
Uhren zu Stande bringen; so kömmt hieraus, daß hier Landes jährlich
75000 Uhren gemacht werden.
Vierter Absatz.
Damit ich auch von den itzt gewöhnlichen Werkzeugen eine Meldung thue,
so bedienen sich die Uhrenmacher auf dem Walde zur Bearbeitung ihrer
Uhren sonderheitlich zweyer Hauptwerkzeuge, wodurch ihre Arbeit sehr
beschleuniget und wohlfeil wird.
Das erste ist das sogenannte Zahngeschirr. Es besteht aus einem
eisernen Rädlein, welches an dem Rande wie eine Säge eingeschnitten,
auf beyden Seiten aber in Gestalt einer Feile bearbeitet, und durch die
Einsetzung gehärtet ist. Diese wird in der Mitte ein einer ungefähr
anderhalb Schuhe langen Spindel von Eisen befestiget, und durch einen
runden Stein mittelst einer Rolle und eines Riemes von Leder in
Bewegung gesetzt. Das Rädlein von Holz, oder Messinge, welches man
zahnen will, wird auf die vertikal stehende Achse der Theilscheibe
befestiget, auf welche in koncentrischen Cirkeln die zu den Uhrenrädern
gehörige Theilungen sehr richtig verzeichent sind. Wenn man nun den
Hacken in einen Punkt der Theilscheibe setzet, und die Achse gegen die
sägeförmigen Rädlein andrücket, so wird gleichsam in einem Augenblicke
durch Herumtreibung des steinernen Rades, ein nach belieben großer oder
kleiner Schnitt in das Rädlein, welches gezahnt werden soll,
gemacht. Rücket man alsdenn den Hacken um eine Theilung in dem
nämlichen koncentrischen Cirkel weiter, und machet wieder einen dem
vorigen gleichen Einschnitt in das Rädlein, so entsteht der verlangte
Zahn. Fährt man also fort, bis man wieder mit dem Hacken auf die erste
Eintheilung der Theilscheibe kömmt, dann ist das Rädlein in kurzer Zeit
navh Verlangen, und sehr genau gezahnet. Man hat ein Beyspiel, daß auf
solche Art ein Weibsbild in der Neukirch, die man des Uhrenjakels
Tochter nennet, im Stande ist, täglich für 3 oder 4 Uhrenmacher genug
Rädlein abzudrechseln, und zu zahnen.
Das andere Hauptwerkzeug heißt, das Bohrgeschirr, und wird zur
richtigen Verfertigung der Spindelwägen, oder der Getrieben gebraucht.
Es wird entweder von einem Schlosser ganz von Eisen, oder von einiger
Uhrenmachern selbst theils von Holze, theils von Eisen gemacht; und
eben darum giebt es auf dem Walde so viele Arten derselben, daß um sie
alle zu beschreiben, ein besonders Büchlein hiezu erfordert würde. Es
besteht aber das Allgemeine und Wesentliche eines Bohrgeschirres
ebenfalls in einer kleinen Theilscheibe von ungefähr einem halben
Schuhe im Durchmesser, worauf die Zahlen von 4 bis 20 sehr richtig
getheilt sind. Auf dieses Theilscheibchen nun wird das schon gezahnte
Uhrenrad dergestalt befestigt, daß seine Achse perpentikular mit dem
Theilscheibchen zu stehen kömmt. Von oben her ist eine 1 halb Schue
lange Spindel angebracht, die unten mit einem feinen Bohrer, ober aber
mit einem Schwungrädlein versehen ist. Setzt man alsdenn den Hacken auf
einen Punkt der Eintheilung, und die Spindel durch einen Riemen in
Bewegung, so wird gar geschwind das beliebige Löchlein, welches in der
Achse des Uhrrades parallel läuft, gemacht werden.
Setzt man hierauf den Hacken in die zweyte, dritte, vierte ec.
Eintheilung, und treibt man jedesmal die Spindel herum, so wird der
Spindelwagen gebohrt seyn. Hierauf schlägt man in die gebohrten
Löchlein Stefte von Eisendrate, und verfertiget auf solche Weise das
Uhrenrad samt seinem Getriebe. Das neue Bohrgeschirr, welches P.
Thaddäus Rinderle erfand, und selbst ausarbeitete, ist ganz von Eisen
sehr einfach, akkurat, und kompendids, mit drey oder vier Bohrern
versehen, und unter Brüdern drey Louisd´or werth. Die Uhrenmacher
schätzen dasselbe über die Maßen, denn sie wissen nur gar zu wohl, wie
viel es zu einer guten Uhr auf die Akkuratesse der Getriebe ankömmt;
daher bewerben sie sich um nichts so sehr, als um ein gutes
Bohrgeschirr. Sie gebrauchen zwar nebst diesem noch andere kleine
Werkzeuge, wodurch sie ihre Arbeit beschleunigen; weil aber dieselbe
theils den Drechslern, theils den Schlossern gemein sind, so lohnet es
sich hier der Mühe nicht, von denselben eine besondere Meldung zu thun.
Fünfter Absatz.
Endlich komme ich zu dem Preise der Uhren, um welchen sie auf dem Walde
gemacht werden. Von der Zeit an, als und so lange keine andere, als
Waag, oder Unruhuhren verfertiget wurden, gab man eine derselben
Anfangs um 3, hernach um 2, zuletzt durchaus um einen rauhen Gulden,
das ist 50 kr. So bald man aber die Lang- und Kurzschwengel, oder
Perpendikeluhren machte, kamen diese Anfangs schon wieder etwas
theurer, nämlich um einen guten Gulden zu stehen. Allein sie fielen
auch wieder auf 50 kr. herunter.
Hingegen stieg der Preis der Guckgucksuhren, welche hierauf als eine
Rarität erschienen, aufs höchste; denn man verkaufte eine derselben so
lange nicht anders, als um 3 rauhe Gulden, bis sie Johannes Grieshaber
samt seinen dreyen Brüdern Gewissens halber, als wären sie um solchen
Preis zu theuer, um 1 fl. 40 kr. hergab; welcher Nachlaß bey allen
Uhrenmachern eine gleiche Wohlfeile verursachete. Weil dann itzt, und
schon seit mehrern Jahren nicht allein hölzerne, sondern auch ganz und
halbmessingne, ja sehr viele Spiel- und Kunstuhren gemacht werden,
derselben Preis aber sich nicht alle Jahre , und sogar nicht in
Betracht der Uhren gleich ist sondern steigt oder fällt, wie der
auswärtige Uhrenhandel entweder zu oder abnimmt, die Arbeit gut oder
schlecht ausfällt, und es theure oder wohlfeile Zeiten giebt, so kann
man hievon, besonders von de Preise der Kunst- und Spieluhren nichts
gewisses bestimmen. *)
Nur ist hiebey überhaupt zu merken, daß eine jedwedere Spieluhr, worauf
eine tanzende Figur angebracht ist, um so viele halbe Louisd´or theurer
werde, als viele Figuren tanzen. Auch wächst der Preis einer solchen
Uhr um so höher, je mehr Register sie hat; und zwar mit zwey
Registern um 2 Louisd´or; mit drey Registern um 1 Louisd´or; mit
vier Registern um eine halbe Louisd´or. Es kömmt auch viel auf das
Aeußere und Innere der Uhr an, ob diese von Holz oder Messinge; und ob
jenes an Verzierungen kostbar oder minder kostbar sey. Daher kann eine
Spieluhr 2, 3 bis 16 Louisd´or kosten. Man verfertiget auch doppelte
Spieluhren, nämlich mit Glöcklein, Harfen oder Hackbrette, nebst
tanzenden Figuren; dergleichen eine Salomon Scherzinger aus Furtwangen
gemacht, und um 300 fl. verkaufet hat. Sollte jemand nach einer
hölzernen Sackuhr gelüsten, so kann er sie hier um 3 Louisd´or haben.
Verlanget hingegen das Publikum eine hölzerne Thuruhr, so wird
demselben eine um 60 fl. gemacht.
*) Das schwäbische Chronikblatt
setzet ein doppeltes Register von dem Preise gemeiner Uhren an, was sie
nämlich den Uhrenmacher kostet, und wie er sie allsdenn verkaufet, aber
so unrichtig, daß sich sowohl die Uhrenmacher, als auch die
Uhrenhändler, welchen ich es zu lesen gab, darüber ärgerten. Ja, warum
das Chronikblatt von den Kunst-und Spieluhren ganz schweigt, kann ich
nicht errathen. Indessen weiß ich zuverläßig, daß auch in dem
Württembergischen dergleichen verfertiget werden.
Wenn man übrigens die ganze
Lage der Schwarzwälder Uhrenmacher betrachtet, so würde meines
Erachtens zur Erhaltung und Einprobirung derselben nichts zuträglicher
seyn, als wenn aus dieser freyen Kunst ein zünftiges Handwerk gemacht
würde, um dadurch allen Pfuschern möglichst vorzubeugen; und wenn
zugleich alle württembergische, fürstenbergische und österreichische
Uhrenmacher in diesem Punkte überein kämen. Ein Gedanke, der vielleicht
Beyfall finden, aber schwerlich oder niemals seinen Zweck erreichen
wird. Indessen lasse man aber der Sache, so wie sie jetzt ist, den
freyen Lauf. Die guten Meister können ihre Waare immerhin wohl
anbringen, und nicht genug Uhren verfertigen; die schlechten hingegen
betrügen ohnehin den Händler und Käufer, und müssen sichs also gefallen
lassen, wenn sie wenig lösen, und schlechten Verdienst haben.
Die Welt ist groß, und so lange man die Uhrenhändler in fremden Landen
geduldet, so lange kann das Uhrenmachen einen dauerhaften Fortgang
haben. Die Uhrenmacher wenden selbst allen erdenklichen Fleiß an, ihre
Arbeit durch neue kunstreiche Erfindungen empor zu bringen; und
hierdurch finden sie in der Welt immer wieder frische Liebhaber.
Anhang
Von dem Uhrenhandel der Schwarzwälder.
Es war ganz natürlich, daß auf dem Schwarzwalde mit der
Uhrenmacherkunst auch der Uhrenhandel seinen Anfang nahm, und wie sich
jene ausbreitete, auch dieser wuchs.
Einer der ersten Uhrenträger vor ungefähr etlich und fünfzig Jahren war
ein gewisser Mann aus dem Gütenbach, den man insgeheim den Dirjackele
nannte. Dieser kaufte dem Anton Ganter einige Stücke Uhren ab, und trug
sie in einer Krebe oder Kretze in den Thälern des Schwarzwaldes und
weiters im Breisgau herum. Eben so fieng bald hierauf den nämlichen
Handel an Thomas Bärmann aus der Scholle. Dann zeigten sich zwey andere
Uhrenhändler, nämlich Joseph Kammerer aus Furtwangen, und Joseph Ganter
aus der Neukirch. Auch diese nahmen ihre Uhren von Anton Ganter, und
handelten damit zu Kölln am Rhein, Düsseldorf und Wolfenbüttel, wo sie
eine Uhr zu 5 fl. verkauften. Joseph Kammerer lebte nicht lange, und
starb in den ersten Jahren seiner Handelschaft. Joseph Ganter handelte
bey 10 Jahre lang, und hatte anstatt des verstorbenen Kammerers einen
andern Kameraden mit Namen Georg Keller aus dem Simonswalde bey sich.
Alsdann gab Ganter, nachdem er während seiner 10 jährigen Handelschaft
1200 fl. gewonnen hat, sein Gewerb auf, heirathete und wurde Bauer,
worauf Georg Keller den Uhrenhandel nach Ungarn und Siebenbirgen
fortführte.
Schier zur nämlichen Zeit, als Kammerer und Ganter auf ihrer
Handelsreise begriffen waren, und dieses geschah um das Jahr 1742,
handelten Christian und Martin Krimm über den Rhein nach Frankreich,
Balthasar und Matthias Höfler aber hauptsächlich nach Italien zu
welchen sich noch ihre zwey andern Brüder Christian und Franz Höfler
schlugen, die alle fürstenbergische Unterthanen, und unter die ersten
Uhrenhändler zu rechnen sind.
*) Die schwäbische Chronik saget:
„Matthias Höfler ergrief den Uhrenhandel zu erst.“ Allein es haben vor
diesem Kammerer und Ganter noch immer den Vorzug, wenn man auch der
zwey oben gemeldeten Kretzenträger gar nicht gedenket.
Als Christian Krimm von seiner Handelsreise aus Frankreich zurück kam,
wurde er mit seinen Kammeraden erstens wegen Theilung des Gewinnes, und
hernach wegen Bestellung neuer Uhren, indem ein jeder derselben die
bessern von dem Uhrenmacher fischen wollte, so uneins, daß sie einander
derbe abgedroschen haben. Da man also wahrnahm, und sah, daß die
Uhrenhändler mehrentheils mit sehr glücklichen Gewinne aus fremden
Landen nach Hause kehreten, reitzte dieses die Schwarzwälder so sehr,
daß sich die Zahl der Händler jährlich um ein gutes vermehrte.
Sie wanderte Kompagnien weise aus, theilten sich in verschiedene
Landschaften, und handelten durch ganz Europa, wiewohl mit
verschiedenem Glücke; denn vor einigen Jahren wurde ihnen der Paß in
die preusischen Lande ganz versperret; jetzt aber steht ihnen der
Zutritt dahin offen. Weiters legten ihrem Handel die Uhrmacher in
Frankreich viele Hinternisse in den Weg, zumal diese wegen des guten
Verschleisses der Schwarzwälderuhren sehr eifersichtig wurden.
Allein die Schwarzwälder nahmen daselbst einen advokaten, führten
Prozesse, und überwanden alles, was man ihnen hie und dort in den Weg
warf; weil doch kein auswärtiger Uhrenmacher Lust hatte, hölzerne Uhre
zu verfertigen, weßwegen man die Schwarzwälder ungehindert passiren
ließ. In Schweden, wo die Einfuhr fremder Waaren aufs schärfste
verbotten ist, geht es mit ihrem Handel hart her; denn sie bringen ihre
Uhren nicht anders dahin, als ganz zerlegt, und müssen dieselbe erst
dort, wo sie handeln wollen, von neuem wieder zusammen richten. Daher
geben sie ihre Waaren, welche sie mit sich nach Schweden nehmen , für
keine Uhren, sonderm nur für Materialien zu den Uhren aus. Dieser
Handel nach Schweden nahm erst vor etlichen Jahren seinen Anfang, und
wird aus schon gegebener Ursache nicht sehr betrieben. Hingegen waren
sie in Sachsen glücklicher, wo sie die Erlaubnis erhalten nicht nur
frey zu handeln, sondern auch ein haus samt dem Burgerrechte zu kaufen.
Daselbst haben sie nun ihre gemeine Niederlage.
Einer der ersten, welcher nach Rußland handelte, war Urbanus Hummel aus
dem Gütenbach. Diesem folgte Martin Buerle und Johannes Pfaff von
St.Georgen aus dem Wirttemberg und noch mehr andere Kompagnien weise
nach; weil sie daselbst ihre Waaren sehr gut anbringen. Anfangs
staunten gemeine Leute über ihre Guckguck- Spiel- und Kunstuhren, weil
sie noch niemals in Rußland dergleichen gesehen hatten.
Unterdessen wagte es einer aus der Uhrenhändler Kompagnie der jetzt
regierenden russischen Kaiserinn Katharina II. eine von dem alten
Jägerstieger verfertigte Kunstuhr, auf welcher die 12Apostel die
Stunden schlugen, zu verehren, und er erhielt dafür nebst einem schönen
Stücke Geld, die Freyheit, samt seiner Kompagnie in diesen
weitschichtigen nordischen Landen den Uhrenhandel ungehindert zu
treiben. Merkwürdig ist, was sich mit dem berühmten Uhrenhändler
Matthias Faller aus dem Schafhofe zu Friedenweiler Fürstenbergsicher
Herrschaft seither zutrug.
Dieser, nachdem er mit seinen fünf Brüder Joseph, Jakob, Georg, Fidelis
und Simon eine nahmhafte Summe Geldes durch den Uhrenhandel gewonnen,
führte nach seiner Rückkehr aus der Fremde ein so verschwenderisches
Leben, daß in deswegen seine Brüder vollends aus ihrer Kompagnie
stießen. Er achtete aber dieses ihr Verfahren wenig, sammelte sich
neuderdings Uhren, und machte sich wieder reisefertig mit Vermelden, er
wolle bald allein so viel gewinnen, als vorhin alle seine Brüder
miteinander gewonnen haben, da sich doch ihr sämmtlicher Gewinn auf
40000 Gulden belief. Hierauf zig er um das Jahr 1779 muthig nach
Konstantinopel, verehrte daselbst dem Großsultan eine Spieluhr, welche
von demselben so gnädig aufgenommen wurde, daß er einen Firman oder
Freybrief erhielt, in der ganzen Türkey ohne geringste Abgabe handeln
zu dürfen, wobey er sich viel Geld erwarb. Vor einigen Jahren, als er
wieder nach Hause kehrte, zeigte er diesen Firman, und ließ sich aller
Orten prächtig, zuweilen auch in seiner türkischen Kleidung sehen. Und
nachdem er für sich abermal eine große Anzahl Uhren, worunter zwo neue
Spieluhren als ein Präsent für den Großsultan bestimmt waren,
bestellet, reiste er wieder mit seinem Firman und einer neuen Kompagnie
Händler nach Konstantinopel. Jetzt befindet er sich laut eines Briefes,
worin er über die ihm zugestandenen Freyheiten und vielen Vorrechten
sehr groß thut, tief in der Türkey.
Man hat es also dem Matthias Faller größten Theils zuzuschreiben, daß
der schwazwälder Uhrenhandel bis in Asien gedrunegn, wo selbst er sich
mit bestem Fortgange verbreitet. *)
*) Was diese Anekdote betrifft,
lautet es in der schwäbischen Chronik ganz anders; denn es heißt:
„Matthias Höfler ergriefe den Uhrenhandel zuerst. Er begab sich mit
einer Kreben voll in die Pfalz, hernach nach Holland, endlich kam er
auch nach Konstantinopel, woselbst er dem Großsulten ein Glockenspiel
verehrte, und dafür die Freyheit (diesen Freyheitsbrief oder Firman
verwahret die Familie zum Andenken) erlangte, ohne die geringste Abgabe
in der Türkey handeln zu dürfen, wobey er 5 Pfund Dukaten Gold erwarb.
Diese Mann brachte mit seiner Frau nicht 10 Gulden in die Ehe, und so
wie man dem etliche und 70 Jahre alten Händler vor einigen Jahren sein
Vermögen berechnete, belief es sich auf 20000 Gulden.“ So viel das
schwäbische Chronikblatt; aber schier halb soviel Unrichtigkeiten, als
Worte. Denn es ist gewiß, daß Matthias Höfler im Uhrenhandel schon
mehrere Vorgänger hatt, wie ich schon oben gezeigt habe. Es ist gewiß,
daß Matthias Höfler sein Lebtag niemals Konstantinopel sah, viel
weniger eine Spieluhr dem Großsultan verehrte. Es ist gewiß, daß weder
die höflerische noch die fallerische Familie einen ottomannischen
Freyheitsbrief zum Andenken in Verwahrung habe. Als ich das nähmliche
Blatt dem Matthias Höfler überschickte, lachte dieser Alte herzlich, da
er in demselben las, wie viel man ihm angedichtet, und wie hoch man
sein Vermögen berechnet habe, und sprach: das erste, daß er nicht 10
Gulden in die Ehe gebracht, sey so ziemlich wahr; hingegen bey dem
andern stehe eine Null zuviel; das übrige gehe ihn sauber nichts an.
Freylich wohl sollte es hier anstatt Höfler, Faller heißen; aber auch
dann würde nicht alles darauf passen, weil Faller noch in dem ledigen
Stande ist.
Zwar
schon vor Matthias Faller handelte ein und anderer Schwarzwälder in der
Türkey; aber mit schlechtem Fortgange, und ohne allen Nachsatz;
weßwegen dieser Handel bald ins Stecken gerieth; jetzt aber steht er in
seinem Flor; zu dessen Handhabung und Beförderung die Uhren nach
türkischem Geschmack eingerichtet, und hierzu ganz besondere
Zifferblätter gedruckt und schnitzt werden. Die Zahlen darauf sind
arabisch, und die Figuren in
türkischer Landestracht, worunter der halbe Mond allenthalben
hervorleuchtet. Auch die musikalischen Stücke für die Spieluhren
darnach eingerichtet, daß sie dem Muselmanne gefallen. Kömmt nun
Matthias Faller noch einmal glücklich nach Hause, so wird er ohne
Zweifel mit reichem Gewinne seinen fünf Brüdern an die Seite stehen.
Laut eines Berichtes, welchen ich von löbl. Wirtembergischen Oberamte
St.Georgen erhielt, sind schon einige Uhrenhändler vor Jahren , und
wenn es wahr ist , was das schwäbische Chronikblatt meldet, im Jahre
1751 zwey Bürger aus dem St.Georgen Kirchspiele Namens Johann
Schwarzwälder, und Jogann Epping nach Pesilvanien abgereiset, und im
Jahre 1754 wiederum zurück gekommen. Allein dieser angehende Handel
nacher Nordamerika wurde hierauf nicht mehr fortgesetzt, bis ihn vor
ungefähr 6 Jahren Joseph Albacher aus der Seigneuerdings ergriff, und
sogleich mehrere Händler nach sich zog. Diese waren Matthias und Ignaz
Kleiser aus der Neukirch, Blasius Kammerer und Joseph Kirner von
Furtwangen, Georg Rombach aus dem Eschbach, Andreas Kaltenbach aus dem
Kloterthale, Fidelis Faller von Friedenweiler und andere, welche
zusammen eine Zahl von 20 Personen ausmachen. Georg Rombach kam im
Herbstmonate des Jahres 1786 aus Nordamerika wieder nach St.Peter, und
berichtete, daß die hölzernen Uhren in jenen Gegenden nicht
sonderheitlich abgiengen, weil sich daselbs schon viele künstliche,
theils engelländische, theils französische Uhrenmacher befänden, und
die Amerikaner überhaupt der wiewohl in Europa wohlbekannten
Dauerhaftigkeit hölzerner Uhren noch keinen rechten Glauben beymessen.
Nichts desto weniger muß es dort mit dem Uhrenhandel nicht so schlecht
sehen, und diese Waare gut bezahlt werden, weil jener gleich das darauf
folgende Jahr wieder dahin abreiste, und nebst einem guten Vorrathe
neuer Uhren, auch eine Anzahl Geigen, derer sehr viele auf dem
Schwarzwalde gemacht, und von mehreren Uhrenhändlern in auswärtige
Lande, besonders Italien gebracht werden, mit sich genommen hat. Die
Zeit wird es lehren, was für große Schnitte und Schritte unsere
Uhrenhändler in diesen weitschichtigen Gegenden machen. Sie sind zu
ihrem Vortheile Geschickt und muthig genug, immer weiter zu dringen,
und wir habe Hoffnung genug, daß sie bald den afrikanischen Boden
betreten, und also auch den vierten Welttheil mit ihrem Handel
befruchten werden.
Unter andern erzählte mir gemeldter Georg Rombach, daß, als er eins
mals in Pensilvanien in einer Schenke seine Einkehr nahm, und daselbst
eine Guckgucksuhr zur Schau aufstellte, auch zwey Amerikanern Vater und
Sohn aus einem benachbarten Eylande dahin gekommen, welche das noch
niemals gesehene Uhrwerk mit Verwunderung anstaunten. Da aber der
Guckguck ganz unvermuthet sein Thürchen öffnete, die Stunde schrie, und
sein Thürchen wieder zuschlug, erschracken sie darüber, wichen zurück,
hielten es für eine Zauberey, und getrauten sich so lange nicht mehr
hinzu zu nahem, bis man ihnen den Irrwahn handgreiflich benahm. Jetzt
liefere ich die Namen aller noch lebenden Uhrenhändler, welche dem
Gotteshause St.Peter unterthänig sind.
Eschbach.
Georg Rombach
Christan Kapp
Rohr.
Johann Schwörer
Bartholomäus Ketterer
Seelgut.
Georg Ketterer
Michael Ganter
Joseph Rohrer
Gutach.
Anton Dilger
Ignatius Heim
Johann Ketterer
Andreas Schluheiß
Anton Wursthorn
Konrad Winterhalter
Hinterstraß.
Johann Dilger
Matthäus Dilger
Simon Fürderer
Christian Waldvogel
Joseph Bartmann
Glashütte.
Philipp Faller
Andreas Faller
Matthias Kern
Georg Fackler
Peter Fackler
Waldau.
Johann Hermann
Andreas Rombach
Ferdinand Spiegelhalter
Joseph Merz
Kaspar Rißle
Andreas Beha
Joseph Beha
Lorenz Kreuz
Matthäus Dilger
Philipp Andriß
Johann Faller
Georg Fehrenbach
Johann Kreuz
Lorenz Schwörer
Thomas Schwab
Lorenz Willmann
Burgerschaft.
Antonius Glatz
Ueberhaupt kann man bey 500 Mann hieher setzen, welche sich mit dem
Uhrenhandel abgeben; deren Meisten ins Tribergische und
Fürstenbergische gehören. Nur aus der Vogtey Furtwangen sind über 30,
welche theils in England, Holland, Frankreich, Preußen, Sachsen,
Schweden, Dännemark, Moskau, Kalabrien, Schweiz, theils in Nordamerika,
europäische Türkey, und Asien handeln. Von diesen kann man auf die
übrigen schließen. Die gewöhnliche Niederlage ihrer Uhren ist zu
Neustadt im Fürstenbergischen, wo dieselbe gepackt, und nach ihrem
Bestimmungsort versandt werden, das wieder vielen Leuten daselbst
Unterhalt und Brod verschaffet. Wenn dann die Uhrenhändler ihre Waare
gut anbringen, bestellen für sich durch ihre Unterhändler gleich eine
frische; und nachdem sie etliche Jahre gehandelt haben, kehren sie
wieder nach Hause, bleiben allda, so lange es ihnen gefällt, und reisen
abermals mit neu gesammelten Uhren ab; oder sie heirathen, kaufen sich
Häuser, Höfe, Grundstücke, und werden Bauern, Unterhändler, Bürger und
dergleichen, wofern ihnen die Lust zum auswärtigen Handel vergeht. Geld
bringen sie vieles auf den Wald; doch weiß man Gott Lob ! noch nicht
viel von verdorbenen Sitten; denn sie leben auf ihren Reisen sehr
sparsam, und denken nur, wie sie mit ansehlichem Gewinne nach hause
kommen., und sich alsdenn wohl seyn lassen mögen. Diejenigen, welche
zugleich Uhrmacher sind, machen den besten Schnitt; denn so finden sie
neben ihrem Handel allenthalben Arbeit in Einrichtung und Ausbesserung
hölzerner Uhren, derer schon viele Tausend ihre Vorgänger hinterlassen
haben.
Es geschielt nicht selten, daß sie auch Knechte mit in die Fremde
nehmen, denen sie innerhalb 3 Jahren 100 rauhe Gulden samt der kurzen
Montur, welche aus Schuhen, Strümpfen besteht, und Kost reichen. Halten
sie sich während dieser Zeitfrist wohl, so treten sie hernach in die
Compagnie selbst, als Händler ein. Darum wird ein solcher Knecht die
ersten 3 Jahre Ruhkammerad; als denn aber Gutkammerad von den
Uhrenhändlern genannt. Fragt man die Uhrenhändler, wenn sie von hier
abgehen, wohin sie reisen, so geben sie zur Antwort: Ins Uhrenland.
Dieses ist ihr gemeiner Spruch, sie mögen, hernach in Frankreich, in
Türkey, in Nordamerika oder anders wohin reisen.
Zu wünschen wäre es, daß alle Uhrenhändler in eine Gesellschaft träten,
und keiner dazu gelassen würde, der nicht vor seiner Abreise einen
Vorsatz hinterlegte; dann würden die hiesigen Uhrenmachern an ihren
Uhren, die sie öfters auf Borge hingeben, nicht so leicht mehr Schaden
leiden. Denn es trug sich schon manchmal zu, daß sich einige
Uhrenhändler unbezahlter Sache ganz unsichtbar gemacht haben, oder
sonst durch verschiedene Zufälle Banqueroute geworden sind.
Nur Schade, muß ich hie noch zum Beschlusse anmerken, daß während
diesem Land und Leute verderbenden Neufrankenkriege nicht nur der
Uhrenhandel, sondern auch die Betreibung der Uhrenmacherkunst auf dem
Schwarzwalde in große Verlegenheit gesetzt worden ist.
Allein Gott schenke und bald einen dauerhaften Frieden; so werden Handel und Künste aufs Neue wieder blühen.