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Philipp Jakob Steyrer,
1749-1795
Abt des Benediktinerklosters St.Peter im Schwarzwald
Studie zur Geschichte des vorderösterreichischen Benediktinertums
Von Franz Kern

aus: Freiburger Diözesan-Archiv
Zeitschrift des Kirchengeschichtlichen Vereins für Geschichte, christliche Kunst, Altertumsund Literaturkunde des Erzbistums Freiburg mit Berücksichtigung der angrenzenden Bistümer
Dritte Folge Elfter Band Der ganzen Reihe 79. Band 1959

Vorwort
Die Diskussion über das Zeitalter der Aufklärung und die Wertung desselben, sowohl nach der positiven wie nach der negativen Seite, ist immer noch nicht abgeschlossen. Eines jedoch ist allgemein anerkannte Tatsache: Die führenden Köpfe einer Epoche, in politischer wie in geistiger Hinsicht, hatten für Klöster und monastisches Leben wenig Sinn und Verständnis. Von einigen Ausnahmen abgesehen, waren sie der Welt des Mönchtums feindlich gesinnt und bereiteten ihr nach und nach in mehreren Ländern Europas den Untergang.
Vom H. H. Universitätsprofessor Dr. Wolfgang Müller erhielten wir die Anregung, eine Persönlichkeit biographisch zu erfassen, die im größeren Zeitgeschehen des 18. Jahrhunderts von unwesentlicher Bedeutung gewesen ist, dafür um so mehr im vorderösterreichischen Breisgau ein halbes Jahrhundert hindurch vieles gegolten und Bleibendes vollbracht hat. Es ist dies Philipp Jakob Steyrer, von 1749 bis 1795 Abt des Benediktinerklosters St.Peter  im Schwarzwald. Mit Fürstabt II. Martin Gerbert war er die Seele des Prälatenstandes und ein überragender Abt des Schwarzwaldstiftes.
Bei der entscheidenden und autoritären Stellung, die gerade ein Benediktinerabt einnimmt, weitet sich die Darstellung zu einer Art Teilgeschichte des St.Petrischen Klosters für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Diesem Abte und seinen Konventualen ein Denkmal zu setzen und damit einen Beitrag zur Geschichte des vorderösterreichischen Benediktinertums und Anknüpfungspunkt für weitere Arbeiten zu geben, dient die nun folgende Studie.
Der vorliegende Band ist die verkürzte Wiedergabe der 1957 einer Hohen Theologischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg i. Br. unter obigem Titel vorgelegten Dissertation und Studie zur Geschichte des vorderösterreichischen Benediktinertums. Wer sich eingehender über verschiedene besprochene Gebiete informieren möchte, greife zu den maschinenschriftlichen Exemplaren der Freiburger Universitätsbibliothek. Im folgenden heißt es deshalb oft: Vgl. Diss. Auf die Wiedergabe des zur Dissertation gehörigen 160 Seiten umfassenden Anhanges wird hier ganz verzichtet.
Dem kirchengeschichtlichen Verein des Erzbistums Freiburg gebührt für die Drucklegung der verpflchtende Dank des Verfassers.

Bisherige Arbeiten
Eine erste noch gültige Gesamtdarstellung der Geschichte des Klosters St.Peter  hat Julius Mayer geschrieben. Darin widmete er Steyrers Leben und Wirken 30 Seiten. Wesentliche Momente kamen viel zu kurz oder gar nicht zur Geltung. Zahlreiche Quellen standen Mayer nicht zur Verfügung. Ludwig Schneyer ging in einer ungedruckten Dissertation der Baugeschichte des Klosters St.Peter nach, vor allem aber unter dem besonderen Gesichtspunkt, den Anteil des Architekten Peter Thumb am Zustandekommen des Ganzen zu erforschen. Doch bedurfte auch die Baugeschichte einer gründlichen Untersuchung. Einige kurze Abhandlungen von E. Ettlinger‚ Fr. Pfaff und R. Oehme versuchten Licht in die Geschichte der Klosterbibliothek zu bringen. Richard Harlacher widmete sich, allerdings mangelhaft, in einer philosophischen Dissertation der Geschichtsschreibung des Klosters St.Peter. Hermann Ginter schenkte uns einen wertvollen Abriß der Kultur- und Kunstgeschichte des Stiftes, der in der folgenden Studie die kunstgeschichtliche Würdigung des St.Petrischen Konventsneubaues unter Abt Steyrer im wesentlichen erübrigen wird. Verschiedene andere, die Steyrersche Zeit berührende Veröffentlichungen beruhen meist nicht auf Quellenforschung. Bis auf den heutigen Tag fehlte eine längst fällige umfassende Gesamtdarstellung des Lebens und Wirkens Steyrers.

Quellen
Allgemeines zur Quellenlage
Da St.Peter gerade auf dem Gebiete der eigenen Klostergeschichte während der Ära Steyrers Solides geleistet hat, fließen die Quellen verhältnismäßig reichlich. Dies gilt vor allem für die erste Hälfte der Abtstätigkeit, bis 1773. Dort enden die durch ihre Unmittelbarkeit und durch die Frische der Beobachtungsgabe fesselnden Tagebücher des Abtes wie auch die hausgeschichtlichen Werke P. Baumeisters. Für die restliche Zeit bis 1795 sind wir auf die oft spärlichen Kapitelsprotokolle und auf die Korrespondenz angewiesen. Die ergiebigsten Quellen befinden sich im Badischen Generallandesarchiv Karlsruhe (GLA)‚ und zwar in den Abteilungen 61 bis 68, 102 und 229; ferner in der Bibliothek des jetzigen Priesterseminars St.Peter .
Für die bereitwillige Mithilfe aller folgenden angeführten Archive weiß sich der Verfasser zu tiefem Dank verpflichtet, vor allem aber den Universitätsprofessoren Dr. Wolfgang Müller, Prälat Dr. Johannes Vincke und Msgr. Dr. Hermann Ginter. Ohne die vorbildliche Hilfsbereitschaft des Badischen Generallandesarchives und der Universitätsbibliothek in Freiburg wäre die Arbeit nicht möglich gewesen.
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I. Herkunft — Bildungsgang — Mönch in St.Peter  
An den Wänden der Gänge des Erdgeschosses im ehemaligen Benediktinerkloster St.Peter  im Schwarzwald, das der Zähringet Herzog Bertold II. im Jahre 1093 von Weilheim an der Teck nach St.Peter verlegen ließ 1, sind die Porträts von 55 Äbten angebracht. Das letzte davon, unmittelbar unter der ehemaligen Krankenkapelle, zeigt dem Besucher einen Abt in jugendlicher Frische. Der geschlossene Mund und die leicht vorgestülpte Unterlippe verraten Tatkraft und Willensstärke, die klaren Augen Aufrichtigkeit, Vornehmheit und Güte, aber auch Klugheit. Die Stirn wie überhaupt das ganze Antlitz lassen auf Selbstbeherrschung, rechtes Maß und überdurchschnittliche Intelligenz schließen. Herrmanns Meisterhände haben sympathische, fast adelig feine Gesichtszüge und ein aufgeschlossenes Wesen zum Ausdruck gebracht. Wir können dies letzte Abtsporträt wohl mit Recht als eines der schönsten bezeichnen, denn es ist das einzige, bei dessen Gestaltung der Künstler den zu malenden Abt vor sich sah. Es ist das Bildnis des Abtes Philipp Jakob Steyrer.
Die Geschichte von St.Peter  und der zu seinem Herrschaftsbereich gehörenden Gebiete wird mit diesem Namen eng verbunden bleiben. Mit gutem Recht dürfen wir Abt Steyrer an die Spitze der fast ausnahmslos tüchtigen St.Petrischen Äbte der Neuzeit stellen; denn an Bedeutung, Ansehen, Wirken und Einfluß, wie auch an Regierungsdauer überragt er die anderen. Vornehmlich ihm hat St.Peter  die bedeutenden materiellen und geistigen Leistungen und Erfolge zu danken. Fast ein halbes Jahrhundert hat er das Kloster geleitet, diesem wie seinen Zeitgenossen zum Segen. So konnte der Nachfolger und Ietzte Abt Ignatius Speckle unter das Porträt die Worte schreiben lassen: „Pietate, doctrina, disziplina, zelo, rebusque gestis"
inclitus. de monasterio, de re litteraria, de subditis, de patria‚ denique optime meritus. scripsit, fecit‚ pertulit plurima. Id quod claustrum Monasterii ab eo constructum‚ libri conscripti loquuntur. Obiit annis, meritis, aerumnis plenus‚ cum claustrum Monasterii a Militibus Austriacis pro Nosocomio occuparetur 7. N ov. 1795.“

1. Elternhaus und Geschwister
St.Peters zweitletzter Abt ist ein Sohn der Stadt Freiburg im Breisgau. Am 10. Februar 1715 wurde er dort im Münster von Coadjutor Fr. Jos. Pfeiffer getauft. Dabei erhielt er die Namen Antonius Erasmus. Sein Vater Franz Anton Steyrer nahm keinen Geringeren als den Archidiakon des Basler Domkapitels, Franz Hartmann Ludwig Freiherrn von Wessenberg, zum Taufpaten. Das Ehrenamt der Patin versah eine Rachael Schellerin, die spätere Gemahlin des Freiburger Syndikus Jakob Stapf. Zu jener Zeit war Freiburg noch einheitlich katholisch und stand seit 1368 unter der Herrschaft des Hauses Österreich.
Aus dem Tagebuch des späteren Abtes erfahren wir gelegentlich von zwei Brüdern, die aber nicht in Freiburg, sondern in Wendlingen zur Welt kamen. So verzeichnet er im Juli 1753 die Ankunft eines Bruders Franz Anton mit Gemahlin aus Wien, wo dieser sich mehrere Jahre aufgehalten hatte, um jetzt zur Übernahme eines neuen Amtes nach Freiburg zu ziehen. Er ist zwei Jahre nach unserem Abte, am 28. Januar 1717, geboren und 22 Monate vor ihm, am 10. Januar 1794, als Amtmann des Klosters St.Peter in Zähringen und Geyersnest, in Freiburg gestorben“.
Ein zweiter Bruder, Ferdinand, kam zum Jahresende 1753 aus Graz auf Besuch. In der dortigen Gegend übte er den Beruf eines Zollbeamten aus. Am 24. August 1721 ist er in Wendlingen geboren und am 5. Februar 1766, noch nicht ganz 45 Jahre alt, in Graz gestorben“. Einer seiner Söhne wurde ein tüchtiger Mönch im Ordensgewande des hl. Benedikt in St.Peter.
Was wissen wir nun Näheres über die Eltern des Abtes? Des Vaters Beruf, der in vier von den fünf Taufeinträgen angegeben ist, war „Secretarius ac officii director Ven. Cpl. Canonicorum Basiliensium“, später „Praeses loci“ (Wendlingen); demnach war er zunächst Sekretär und Kanzleidirektor des Basler Domkapitels, danach Schultheiß von Wendlingen. Aber nicht Freiburg ist die Heimat des Vaters, sondern Herbolzheim. Dort wurde er als zweites Kind des Schultheißen Johann Georg Steirer (so!) am 16. Januar 1672 getauft. Also war auch der Großvater des späteren Abtes Verwaltungsbeamter, nämlich Bürgermeister.
In den ersten Jugendjahren des Antonius Erasmus widmete der Vater seine Arbeitskraft dem Basler Domkapitel, das aber damals längst nicht mehr in Freiburg residierte. Es ließ jedoch verschiedene Besitzungen zurück, in der Stadt Freiburg wie auch in der Umgebung, auch in Uffhausen und Wendlingen”. 1719 war der Vater Schultheiß von Wendlingen und Uffhausen; auch für 1725 wird er als solcher bestätigt. Ob dies eine zusätzliche oder ausschließliche Beschäftigung war, ist nicht ersichtlich.
Bevor Vater Steyrer für das Basler Domkapitel in Freiburg tätig war, stand er vielleicht schon in Pruntrut in dessen Diensten. Denn von dort stammt seine Gemahlin. Oder hatte er sie auf Kuriergängen kennengelernt ?
Verwaltungsaufgaben und Schreibarbeiten füllten somit Tagewerk und Leben des Vaters aus. Es nimmt deshalb nicht mehr wunder, wenn wir später den Sohn als einen Abt kennenlernen, dem gute organisatorische und verwaltungstechnische Anlagen eigen sind, der Verhandlungsgeschick und vollendete Umgangsformen besitzt und der von einem unermüdlichen Schreibeifer beseelt ist; wie erinnerlich war doch schon der Großvater Verwaltungsmann‚ das Oberhaupt von Herbolzheim. Auch des Abtes Brüder hatten offenbar solche Talente geerbt, denn auch sie waren zeitlebens in der Administration beschäftigt“.
Am Karfreitag des Jahres 1742, am 24. März, starb der Vater im Alter von 70 Jahren, wohlversehen mit den Sterbesakramenten. Er wurde in der ehemaligen Dominikanerkirche beigesetzt“.
Die Mutter unseres Abtes stammt aus der Schweiz. Ihr Geburtsort ist Pruntrut, wo sie am 7. Dezember 1683 getauft wurde. Ihr Vater, Anton Leimbacher, übte das Uhrmacherhandwerk aus. Fünf Kindern schenkte sie das Leben, von denen eines allerdings bald verstarb. Wie das Leben der meisten Mütter, verlief auch das ihrige in der Stille. Während der Vater nur die Priesterweihe seines geistlichen Sohnes erleben durfte, wurde ihr die Ehre zuteil, ihren Sohn dreizehn Jahre lang als Abt des nahe bei Freiburg gelegenen Klosters St.Peter zu sehen. Dieser hing in kindlicher Liebe an seiner Mutter. Wenn er dienstlich in Freiburg zu tun hatte, fand er immer noch die Zeit zu einem kurzen Besuch. Ängstlich vermerkt er im April 1762 „die schwere und gefährliche Erkrankung“ seiner Mutter. Doch erst zehn Jahre später ward sie vom Tode ereilt. Asthma und Wassersucht hatten dazu geführt. Sie erreichte ein Alter von 78 Jahren und 5 Monaten und überlebte ihren Gatten um mehr als 20 Jahre.
Wie der Vater, muß auch sie eine hochgeachtete Persönlichkeit gewesen sein, denn zehn Dominikanerpatres, vier Augustinerchorherren und zwei Münstercooperatoren gaben ihr das letzte Geleite. Auf ihren Wunsch hin wurde sie an der Seite ihres Gatten in der Dominikanerklosterkirche beim Dominikusaltar beigesetzt".
Persönliche Notizen über die soziale Lage des Elternhauses finden sich nicht, doch dürfen wir annehmen, daß die Kinder zur Einfachheit und Selbstlosigkeit erzogen wurden; Tugenden, die wir auch später an unserem Abte bewundern können. Die in einem Gotteshaus von den Eltern ausgesuchte Begräbnisstätte öffnet uns zugleich das Tor zur geistigen Heimat der Familie Steyrer: Kirche und Gottesfurcht. Frömmigkeit und Gottesliebe mögen auch Mittelpunkt des Familienlebens und pädagogisches Ziel der Eltern gewesen sein. So läßt es sich erklären, daß einer der Söhne, Antonius Erasmus, sich zur rastlosen Hingabe an Gott im Ordensstande entschlossen hat. Denn ein tiefgläubiges Elternhaus bildet in den meisten Fällen das erste und entscheidende Priesterseminar.
Nur spärliche Anhaltspunkte stehen uns zur Beantwortung der Frage nach Steyrers Bildungsgang zur Verfügung. In den Matrikeln der Freiburger Universität ist für das Studienjahr 1730/31 auch Erasmus Antonius Steyrer als „logicus“ eingetragen". Rektor war damals zum sechsten Male Johann Friedrich Blau. Allerdings vollendete der junge Student das Studienjahr an der Freiburger Universität nicht, sondern vertauschte „intra annum“ diese mit dem Kloster St.Peter. Der einzige Lehrer, den wir gelegentlich in Steyrers Tagebuch kennenlernen, ist P. Johann Baptist Bernstich.
Warum der junge Student die Universität so bald wieder verließ, an der er sich im Alter von 15 Jahren und 9 Monaten hatte immatrikulieren lassen, läßt sich nicht feststellen. Jedenfalls bewarb sich Steyrer zunächst um die Aufnahme in den Jesuitenorden, änderte aber seinen Plan und trat in den Benediktinerorden ein.

2. Eintritt in das Kloster St.Peter  
Sechzehn Lebensjahre und zwei Monate zählte Antonius Erasmus, als er am 1. April 1731 zum ersten Male an der Klosterpforte des abgelegenen Benediktinerstiftes anklopfte und um Aufnahme unter die Söhne des hl.Benedikts bat. Wenige Tage später legte der damalige Abt Ulrich Bürgi dem Kapitel als ersten Punkt der Tagesordnung Empfehlungsschreiben für die Aufnahme von Freiburger Studenten vor. Insgesamt bewarben sich mit Antonius Erasmus fünf Breisgauer Bürgersöhne: Joseph Bereiter, Edmund Klien (auch Klee und Klein geschrieben), Johannes Stein und Nepomuk Schwörer. Letzterer, ein Mitschüler Steyrers aus Freiburg, befand sich schon einige Zeit im Kloster.
Was hat Steyrer gerade nach St.Peter gewiesen? Wir wissen es nicht. Vielleicht war er als Gymnasiast mit seinen frommen Eltern bei den Einweihungsfeierlichkeiten des von Peter Thumb unter Abt Bürgi neu erbauten Gotteshauses. Eine außerordentlich große Zahl von Gästen war damals in jenen September- und Oktobertagen des Jahres 1727 aus Freiburg zum Schwarzwaldkloster heraufgekommen.
Für die Aufnahme Steyrers hatten der Kanzler der vö. Regierung, Jacobus Stapf, und Freiherr Ferd. Hartm. v. Sickingen Empfehlungsschreiben an Abt und Konvent gerichtet. „Alle Bewerber schwebten zwischen Angst und Hoffnung und erwarteten eine endgültige Antwort. So lautet das Ergebnis der Beratungen des Kapitels, das nicht ahnen konnte, daß einer der angenommenen Kandidaten einmal die Geschicke des gesamten Konventes in seine Hand nehmen und sie in schwerster Zeit länger als jeder andere Abt lenken würde.
Alle fünf Kandidaten wurden am 1. Mai 1731 vom Abte eingekleidet. Damit begann für sie die harte Probezeit des Noviziates. Diese ist in der Ordensregel streng vorgeschrieben und muß ohne Unterbrechung mindestens ein Jahr dauern. Sie dient zum Einleben in die Mönchsgemeinschaft und in den Ordensstand, zum Erwerb der mönchischen Tugenden und zur Prüfung und Beobachtung des Kandidaten von seiten der dafür verantwortlichen Vorgesetzten.
P. Johann Nep. Maichelbeck, ein Konventuale des Klosters St.Peter, der etwa acht Jahre nach Steyrer eintrat, hinterließ Aufzeichnungen, die uns einen guten Einblick in das Klosterleben eines Benediktinerstiftes vor der Mitte des 18. Jahrhunderts und in den Zustand und das Aussehen des St.Petrischen Klosters überhaupt geben. Seine Notizen vermitteln uns auch Kenntnis von den Aufgaben eines Novizen und lassen uns die Schwere des Noviziates spüren. So bestand die Aufgabe der Novizen neben der sonstigen strengen aszetischen Schulung u. a. darin, morgens um drei Uhr zur Sommers- und Winterszeit „in die Mette wecken, leuthen, Plossbälg ziehen, Holz tragen, die Öfen einstützen und diese besorgen“. Denn um halb vier Uhr begann bereits die Mette. Ferner „die Kirche, Kreutzgang, Dormitorium und Cellen schweiffen, die s. v. Loca säubern; die Kirch auf und zuschließen, alle Tage die Antipendia umkehren, die Amplen in der Kirch und Dormitorio füllen und besorgen, auch alle Tage mit dem Pater in die St.Ursula Capellen gehen. Alle Nacht nach dem Examen die Becher und Bestäcke in das Priorat samt dem Convent - und Kirchenschlüsslen tragen, morgens aber wieder abholen. Nach der Vesper Report im Priorat holen, wer ausschlaffe. Die Chorlichter abends richten und morgends wieder hinwegtragen. Vor der Mette‚ Amt und Vesper die Chor und Choralbücher aufschlagen, nachher wieder versorgen. In das Examen und Mittag leuthen, mit einem Worte, was nur immer zu thun‚ kam an die Novitzen und junge fratres. - ja öfters Bußen.“ Besonders erschwert waren die Aufgaben der Novizen im Winter: „Da wir morgens im Winter die Kirch aufschließen mußten, mußten wir zuerst mit deren Schäuffel ein Pfaad schoren durch den Creutzgang; weil der Wind öfters den Schnee von Dächern in den Creutzgang bis zwei Schue tief herabgeworfen; sodann erst der Mette beywohnen. Dieß dauerte noch lang nach der Profession, bis endlich ein Conventsdiener angenommen worden, wo so denn das Convent ist abgenommen worden; neben diesen Arbeiten mußten wir auch noch die logicam hören. Weil wir den ganzen Tag springen mußten, geschah öfters Winterszeit‚ daß uns morgens die s. v. Strümpf, ja das Bethe am Maul angefroren ware; allein es mußte doch wieder herausgewagt seyn. Dadurch wurden wir abgehärtet, daß wir alles ausdauren konnten; Gott sey Dank, allzeit gesund. Dass heutigen Tages viel schwache Leuth im Closter, mag Ursach seyn, weil sie gleich anfänglich in ihren geheitzten Zimmern zu zärtlich verpflegt worden seynd: nun mögen sie kein Lüfftlein ertragen . . .“
Aus Steyrers eigener Feder besitzen wir leider keinerlei Aufschluß über sein Noviziat und die darauffolgenden Jahre. Doch im Kapitel beratschlagte man des öfteren über die einzelnen Novizen, so am 13. August 1731, wo die fünf Novizen gemahnt wurden, sich eifrig um die Ausmerzung der bei ihnen entdeckten Mängel zu bemühen, den Geist der Demut mehr zu fördern, Musik und Choral mit größerem Eifer und Interesse zu pflegen und im übrigen die Tugend der Geduld zu üben. Die entscheidende Sitzung, „ob man sie zulassen soll, zurückweisen oder weiterhin prüfen“, fand am 22. März 1732 in der „Paterstube“ statt. Nur noch 40 Tage waren es bis zur Profeß. Da stimmte die Mehrheit der Kapitularen für die Zulassung aller fünf zur Profeß, doch Abt Bürgi hielt es für besser, den Novizen Bereiter wegen „schwacher, asthmatischer Stimme“ zu entlassen.
So kam am 1. Mai 1732 für die vier aus dem Breisgau stammenden Novizen der hl. Augenblick, da sie sich ganz ungeteilt Gott weihen und die Regeln des Erzvaters Benedikt zur Richtschnur des Lebens erwählen durften. Aus dem Novizen Schwörer wurde ein Frater Maurus; aus dem Novizen Klien ein Frater Bernardus“; aus dem Novizen Stein ein Frater Anselmus; aus dem Novizen Antonius Erasmus, dem Jungsten, ein Frater Philippus Jacobus. Man feierte ja selbigen Tages das Fest der beiden Apostel.

3. Vorgesetzte und Lehrer
Erst 17 Jahre und dreieinhalb Monate war Frater Ph. Jacobus alt, da er die hl. Profeß ablegte. Junge Novizen werden aber in starkem Maße geprägt und geformt von ihren Vorstehern und Lehrern, zumal dann, wenn einer schon in so jungen Jahren unter deren Einfluß kommt. Von einem eigenen Novizenmeister ist in den Archivalien nie die Rede. Wir können aber aus anderen Andeutungen annehmen, daß Abt, Prior und Subprior sich selber um den Ordensnachwuchs gekümmert haben.
Der Abt, der Steyrers ganze Noviziatszeit väterlich überwachte und ebenso seinen Studiengang bis zur Priesterweihe, hieß Ulrich Bürgi. Als Sohn eines Villinger Schulmeisters mußte er, im Alter von 48 Jahren, am 23. Mai 1719 den Abtsstab übernehmen, zu einer Zeit, da schwere Pflichten dem Kloster auferlegt wurden. Aber Tatkraft und Unternehmungsgeist zeichneten Bürgi, der als sehr gelehrt gerühmt werden darf, immer aus. Er war es, der die alte Kirche niederreißen ließ, um 1724 den Bau der prächtigen heutigen Klosterkirche in Angriff zu nehmen. Schon nach drei Jahren hatte Peter Thumb mit seinen Bregenzer Maurern das Gotteshaus vollendet. Einige Jahre früher hatte Bürgi die St-Ursula-Kapelle errichten lassen. Der Tod hinderte ihn daran, auch das begonnene Bibliotheksgebäude
zur Vollendung zu bringen. Ebenso blieb das neue Abteigebäude unvollendet zurück“.
Auch dem Aufblühen des wissenschaftlichen Lebens widmete Abt Ulrich einen Teil seiner Sorge, Verfaßte er doch selber mehrere Werke historischen und aszetischen Inhaltes. Wie sehr der spätere Abt Philipp Jakob seinen ersten Konventsvater geschätzt und verehrt hat, können wir aus dem kurzen, seiner Hand entstammendem Nachruf entnehmen. Am 17. Juli 1739, etwa drei Monate nach Philipp Jakobs Priesterweihe, starb Abt Bürgi im Alter von 68 Jahren an der Wassersucht. Mehr als acht Jahre konnte er sich somit dem Hineinwachsen unseres jungen Fraters in den klösterlichen Geist und in die monastische Lebensart widmen. Bürgis Frömmigkeit, seine emsige, fast ununterbrochene Bautätigkeit, sein schriftstellerisches Schaffen und seine bibliophilen Neigungen haben Steyrer nachhaltig beeinflußt.
Auch die jeweiligen Prioren und Subprioren mögen den Novizen und Professen ihr Bestes mitgegeben haben. P. Clemens Höflinger war seit der Ämterverteilung vom 30. Oktober 1728 Steyrers erster Prior. Seine Frömmigkeit und Demut, sein reges Interesse am wissenschaftlichen Leben und Schaffen, seine außerordentlichen Bemühungen um die klösterliche Zucht wurden vom Chronisten rühmlich vermerkt. Das Subpriorenamt hatte gleichzeitig P. Placidus Großmann übernommen, der einige Zeit als Professor der Philosophie im Kloster tätig war“. Beim erneuten Ämterwechsel am 22. Oktober 1732 übertrug man P. Heinrich Füeglin das Priorenamt, während P. Coelestin Weininger  Subprior wurde. Zwei Jahre danach rückte P. Weininger zum Prior auf, und Subprior wurde P. Petrus Weidner. Am 20. Oktober 1736 wurde P. Placidus Großmann Prior, und an Stelle von P. Paulus Großmann“ übernahm P. Laurentius Neydinger den Lehrstuhl der Theologie. Um jene Zeit dürfte Frater Philippus Jacobus begonnen haben, Vorlesungen über die Theologie zu hören.
Steyrers Studiengang verlief freilich nicht immer in Ruhe und Frieden. Im Oktober 1733 war der sogenannte polnische Erbfolgekrieg ausgebrochen, in dessen Gefolge die Franzosen mit ihren Streifzügen Angst und Schrecken über Breisgau und Ortenau brachten. Als Freiburg zitterte, lebte man auch in St.Peter in Furcht. Man erinnerte sich der kriegerischen Tage von 1678, da innerhalb weniger Stunden Kirche, Abtei und Konventsgebäude ein Raub der Flammen geworden waren. Würde sich das wiederholen?
Jedenfalls ließ Abt Ulrich zur Vorsorge die zinnenen Pfeifen der neuen großen Orgel, die Uhr und drei größere Glocken im Juli 1735 nach Freiburg in Sicherheit bringen, weil man eine Plünderung durch die Franzosen befürchtete. Die besten Paramente und die Bücher, von denen aber viele wegen der Fahrlässigkeit von Knechten und Fuhrleuten unterwegs zugrunde gingen, wurden ebenfalls geborgen. Als die Kriegsschrecken wider Erwarten rasch vorüber waren, atmete alles auf, und die ausgelagerten Gegenstände konnten im folgenden Jahr 1736 wieder zurückgeholt werden.
Fr. Philipp Jakob war der „Spiritus rector“, der „primus inter pares“; deshalb betrauten ihn seine Vorgesetzten mit der Präfektenstelle für die Novizen. „Eine arbeitsame Jugend, voll Thätigkeit und Begierde nach Wissenschaft, gewann ihm vor der Zeit ein Vertrauen. welches sonst nur versuchte Ordensmänner erwerben. Er wurde, bevor er noch das Presbyterat erlangt hatte, schon zum Aufseher der jungen Leute bestellt, welche das Prüfungsjahr für den monastischen Beruf antreten.“ Ein einziges heiliges Streben muß alle vier fratres erfüllt haben. Keiner ließ locker, so daß alle ihr Ziel erreichten und die Priesterweihe erhielten.

4. Mönch, Theologieprofessor und Archivar des Klosters
Am 12. April 1739 erhielt Diakon Philippus Jakobus in Konstanz die Priesterweihe. Abt Bürgi war damals schon leidend. Bald nach seinem 50jährigen Profeßjubiläum am 10. August 1738 überfielen ihn die ersten Vorboten der dann zum Tode führenden Krankheit. Abt Petrus Glunk von St.Märgen leitete die Feierlichkeiten bei der Beisetzung des allgemein verehrten Abtes, der selbst auf dem Krankenbett mit erstaunlicher Geduld und tiefer Frömmigkeit die religiösen Übungen nicht unterlassen hatte.
Das Kapitel setzte die Neuwahl auf den 4. August fest. Um die Zahl der stimmberechtigten Kapitularen zu erhöhen beschloß man. auch den Neupriestern Steyrer, Schwörer, Klien und Stein vorzeitig passives wie aktives Stimmrecht zu verleihen, eine Gunst, die sonst erst nach Jahresfrist üblich war. Somit bestand der Konvent aus 17 Kapitularen. Die Äbte Hieronymus Schuh von St.Georgen und Coelestin Herrmann von St.Trudpert wohnten als Wahlbeisitzer dem denkwürdigen Vorgang bei; der Dekan des Breisacher Ruralkapitels Johann Kreyser, Pfarrer zu Feldkirch, war Wahlkommissar. Doch nach drei Wahlgängen hatte der Konvent noch keine Einigung erzielt. Schließlich wählten nach einem Kompromißvorschlag des Kommissars die drei Elsässer Patres, P. August Häffele, P. Aemilian Kauffmann und P. Clemens Höflinger den neuen Abt allein: Benedikt Wülberz. Am 24. September kam von Konstanz die Bestätigung; tags darauf traf Weihbischof von Fugger ein, um am 27.September die feierliche Weihehandlung zu vollziehen. Dem im 42. Lebensjahre stehenden, aus Eßlingen in Schwaben stammenden Abte leistete auch P. Philippus Jakobus das „homagium“ und gelobte somit Gehorsam und Treue.
Eine der ersten Amtshandlungen des Neugeweihten war Steyrers Ernennung zum Professor der Theologie am 25. August 1739. Als einziger der Mitprofessen erhielt dieser somit ein Amt anvertraut, eines der schwersten, „ut fratres professos in philosophia, deinceps in Theologia exerceat“. Neidlos mögen Abt und Konvent den erst 24 1/2jährigen als fähigsten anerkannt haben. Schon daraus wird ersichtlich, welches Vertrauen und welch geachtete Stellung der junge Mönch bei den Confratres genießen durfte.
Fünf volle Jahre übte er nun als Theologieprofessor sein Amt aus, „multa cum laude“. Solange dauerte auch unter Abt Benedikt ein voller Studiengang. Als Franziskanerschüler vertrat der neue Abt die skotistische Lehrmethode, und Professor Steyrer mußte diese im Kloster auch dozieren. Die Lehrtätigkeit befruchtete in reichstem Maße das nun beginnende wissenschaftliche und schriftstellerische Schaffen. Zusätzlich wurde er am 4. August 1744 zum Klostercellerar ernannt. Als solcher ist er für den ökonomischen und verwaltungsmäßigen Betrieb des Klosters und der Klostergüter verantwortlich. Das bedeutete eine gründliche Vorschulung für seine späteren Aufgaben als Abt. Gleichzeitig schrieb er von jetzt an die Kapitelsprotokolle, was sich in einer ausführlicheren Darstellung bemerkbar macht.
Mitten in das friedliche Konventsleben hinein platzte die Nachricht von einem neuen Krieg, dem sogenannten österreichischen Erbfolgekrieg. Furchtbares Unheil, Plünderung und Elend brachte er auch über unser Schwarzwaldkloster, insbesondere über die incorporierten Pfarreien St.Ulrich und Sölden.
Während das französische Heer im Breisgau immer weiter gegen Freiburg heranrückte, beschloß Abt Benedikt II. Wülberz die Flucht. Vorn St.Märgener Abt und von den Konventualen wurde er inständig dazu aufgefordert. So brach er am 7. Oktober 1744 dazu auf und wählte sich als Reisegefährten den damaligen Theologieprofessor Steyrer. Ein Knecht begleitete die beiden, die unter Tränen von den besorgten Konventualen Abschied nahmen.
Die Flucht ging über Neustadt, Bonndorf und Schaffhausen nach der Schweiz. Rheinau, wohin auch die kaiserliche Regierung von Freiburg geflohen war, ist das erste Ziel. Dort „mit großer Liebe aufgenommen“, verweilten sie acht Tage, um darauf in der St. Blasianischen Propstei Klingnau Unterkunft zu erhalten.
Inzwischen wurde am 18. September in Eschbach ein St.Petrischer Untertan, Hannß Dilger mit Namen, von den Franzosen erschossen. Die Nachricht hiervon veranlaßte die meisten Mönche zur Flucht. In schweizerischen Klöstern fanden sie Aufnahme. In St.Peter  waren der französisch sprechende P. Höfflinger und die PP. Dreher und Gäbler, ein Frater und Laienbruder Lehe mutig zurückgeblieben. Als die Franzosen vom Kloster empfindliche Kontributionen unbarmherzig eintrieben, hatten sie bange Stunden zu überstehen. Bald danach wurde ihnen jedoch eine Sauve-Garde zurückgelassen. P. Subprior Gebhard Meyxner wurde zur Bewachung des Peterhofes nach Freiburg geschickt, konnte aber das Abbrennen der Scheune im Verlauf der Belagerung durch die von Marschall Coigny befehligten französischen Truppen nicht verhindern.
Weit schlimmer als der Abtei erging es der Propstei Sölden. Als die Franzosen im Herbst 1744 den Breisgau überfluteten, begann für diese eine harte Leidenszeit mit mehrfacher Plünderung und einem Schaden, der sich auf Tausende von Gulden bezifferte.

Am 18. September 1744 trieben sich einige französische Soldaten marodierend in den Reben herum und wurden von einheimischen Bauern vertrieben, einer sogar dabei niedergeschlagen. Darauf ruckte mittags um 1 Uhr eine größere Schar an und machte alles unsicher. Den Bauern spannten sie auf den Feldern das Vieh ab und führten es vom Pfluge weg in ihr Lager. Sie drangen auch in die Ställe der Propstei, holten das Pferd, Schafe, Schweine, Geflügel und Ochsen. Manche Söldener Bauern hatten ihr Vieh in den Propsteihof getrieben, wo sie es sicher wahnten. Doch auch dieses wurde geraubt und weggetrieben. Auch Frauen und Kinder hatten sich in die Propstei geflüchtet. Der Rädelsfuhrer der plündernden Franzosen zog den Degen und setzte ihn auf die Brust des Propsteiverwesers‚ P. Cajetan Hildbrandt (geb. 18. 4. 1708 in Villingen, Prof. 1724, Priesterw. 7. 6. 1732, gest. 15. 9. 1771; vgl, Nekrolog in Diss., Anh.‚ 35; beerdigt wurde er im Chor der Propstei; Nachruf im Soldener Totenbuch)‚ und forderte von ihm alles Geld. Dieser warf ihm einige Münzen und einen kleinen Taler vor die Füße. Rasch hob dieser das Geld auf und ging davon. Nun flüchtete sich P. Cajetan unter das Dach auf das Speckkammerlein, wo er sich von nachmittags 2 Uhr bis abends 9 Uhr aufhielt. Inzwischen erbrachen die Plünderer das Schreibpult und raubten alles vorhandene Geld, zudem sämtliche Hausgeräte, Kleider, Bücher, selbst das Brevier. P. Klein wurden sogar die Kleider vom Leibe gerissen. Fenster, Türen und Tore wurden am Propsteigebäude ausgebrochen und weggeschleppt. Im Keller ließen sie den Wein laufen. Von der Propstei blieb außer dem Dach und den Mauern kaum noch etwas übrig. Aus der Kirche wurden die hl. Gefäße geraubt. Zum Glück hatte ein Franziskanerpater aus Freiburg zuvor die hl. Hostien in ein Corporale geleert und mit nach Freiburg genommen. Als Marschall Coigny diese Schandtat erfuhr, ließ er den Kirchenräubern, um der Wiederholung solcher Frevel vorzubeugen, die rechte Hand abhauen und die Frevler selbst an den Galgen hängen.
P. Cajetan flüchtete sich am Abend dieses Schreckenstages mit vielen Söldener Pfarrkindern nach St. Ulrich, wo er kurz vor Mitternacht ankam. Dort traf er den Prioratsverweser P. Gregor Baumeister (geb. 29. 8. 1717 in Wiesensteig/Schwaben, Prof. 1737, Priesterw. 30. 9. 1742, gest. 8.7. 1772 als weithin bekannter Historiker und Chronist; vgl. Nekrolog in Diss.‚ Anh.‚ 36). Dieser rüstete sich ebenfalls zur Flucht. Beide flüchteten nun in der Nacht nach Todtnau. St.Blasien und Klingnau zu Abt Benedikt. Der schickte P.Hildbrandt nach dem Kloster Relchenau und P. Gregor Baumeister nach Einsiedeln.
Der zweite St-Petrische Konventuale in Sölden, P. Klien, der Pfarrverweser war, konnte sich nach Ebringen in Sicherheit bringen und im dortigen Schloß Aufnahme finden, wo er sich geraume Zeit verbarg. Von dort hatte er schließlich Gelegenheit, in das Lager der Franzosen zu kommen, um wegen Rückgabe des Geraubten zu verhandeln. Es gelang ihm tatsächlich, das Pferd, etliche Ochsen, Kühe und Schafe zurückzubekommen. Der Propsteistall war aber inzwischen niedergebrannt, das Futter geraubt. So konnte er das Vieh im Winter nicht füttern und mußte es wieder an das Lager verkaufen. Während der Abwesenheit der Patres suchten französische Soldaten die Propstei des öfteren heim; denn im Keller lag noch etwas Wein. Sie betranken sich, und in der Trunkenheit belästigten und bedrohten sie Leute im Ort. Darum ging ein Sohn des Vogts, „Vogts Baschi“ genannt, von dessen Grobheiten jeder Propsteiverweser viel auszustehen hatte, in den Keller, zog die Zapfen heraus und ließ allen Wein in den Keller laufen.
Am 11. 11. 1744 erschossen dort französische Marodeure auf dem abgelegenen Kohlerhof einen Bauern vor den Augen seiner mutterlosen acht Kinder.
Auch das Priorat St. Ulrich mußte Plünderung, Diebstahl und Raub von Vieh und Lebensmitteln über sich ergehen lassen. Eine Viehpest raffte, nachdem die unmittelbare Gefahr seitens der Franzosen für die Bevölkerung beseitigt war, den Bauern die übriggebliebenen Haustiere hinweg. Den entstandenen Schaden bezifferte das Priorat auf mehr als 2000 fl.
Doch damit nicht genug! In Wolfenweiler wurde die St.Petrische Zehntscheuer infolge Leichtsinns der Franzosen ein Raub der Flammen. Es ist deswegen verständlich, wenn der Klosterchronist P. Baumeister angesichts all dessen schreibt: „Welche Zunge vermag das auszusprechen? Welcher Griffel vermag die Räubereien der Franzosen zu beschreiben? Meiner fürwahr ganz und gar nicht. Er ist einer
solchen Aufgabe unfähig.“
Zahlreiche Untertanen litten an Dysentherie, mehr als dreißig starben in dieser Zeit daran.
Ausgangs November ergaben sich die letzten Freiburger Festungswerke. Zuvor schon war Abt Benedikt von seinem Exil in Klingnau über Zwiefalten nach der St.Petrischen Besitzung Bissingen aufgebrochen, wo er neun Wochen verblieb. Anfangs Januar ging er mit P. Steyrer über Ulm nach Villingen, um sich dort der unsicheren Lage wegen noch einige Zeit aufzuhalten. Am 28. Januar kehrte er zur großen Freude der Seinen wieder nach St.Peter zurück“.
Die Schäden, die das Gotteshaus allein durch die empfindlichen Kontributionen erlitten hatte, beziffern sich auf etwa 14 000 fl., wovon 6000 auf die Untertanen umgelegt wurden. Dazu sind die durch die Flucht und durch den Aufenthalt der PP. im Exil entstandenen Unkosten zu rechnen. Als letzte kehrten die PP. Baumeister und Weininger im Juni aus Einsiedeln zurück. Mit Eifer ging man an die Beseitigung der Kriegsschäden. P. Steyrer fuhr fort, seine Theologen in der hl. Wissenschaft zu unterrichten. Doch im Spätsommer des Jahres 1745, am 10. September, wurde er davon abgelöst und mit dem Amte eines „Archivarius“ und „Registrators“ betraut, wenig später zum „secretarius capituli“ ernannt, „qui singula, in eo dicta, actitata, et conclusa, fideliter conscribat“. Zum ersten Male wurde damit in St.Peter  grundlegende Archivarbeit in Angriff genommen.

5. Prioratsverweser zu St.Ulrich (23. 8.1746 - 9.12.1749)
P. L. Neydinger hatte im Priorat seine Aufgabe nicht zur Zufriedenheit des Abtes ausgeführt. An seine Stelle wurde mitten aus archivalischem Schaffen heraus am 23. August 1746 P. Steyrer berufen. Prior war der jeweilige St.Petrische Abt. Wülberz hatte seine einzige Bautätigkeit in seinen zehn Amtsjahren dem Priorat gewidmet und Gotteshaus und Klösterlein neu errichten lassen.
Zum ersten Male war jetzt Steyrer selbständiger Seelsorger. Eine an Seelenzahl zwar kleine, aber an Ausdehnung sehr weitläufige Pfarrgemeinde war ihm allein anvertraut; eine Wirkungsstätte nach dem Herzen eines Mönches‚ fern vom Treiben der Welt, mit genügend Zeit zur Betrachtung und Gebet und vor allem Muße zu wissenschaftlicher Tätigkeit und zur Schriftstellerei.
In der Zeit der St.Ulricher Tätigkeit fiel auch die Konsekration des Gotteshauses durch Weihbischof von Fugger am 23. Juli 1749. Es war des Verwesers Aufgabe, diese vorzubereiten. Mit berittenen Bauern von Geyersnest holte er zu Ebringen den Hohen Herrn ab. Ferner erging in dieser Zeit der Auftrag an Stukkator Franz Moosbrugger, den Hauptaltar und zwei Seitenaltäre zu errichten.
Es bleibt Steyrers Verdienst, in St.Ulrich das Talent eines Hufschmiedssohnes, Ämilian Ussermann, entdeckt zu haben. Er selbst unterrichtete den hervorragend begabten Knaben in Latein und anderen Fächern und brachte ihn später in die St.Petrische Klosterschule. Der später weit über die Grenzen seiner deutschen Heimat hinaus berühmt gewordene St.Blasianische Gelehrte hat Steyrers väterliche Bemühungen und wissenschaftliche wie religiöse Förderung nie vergessen. Die Seelsorge in jenem abgelegenen Gottesflecken machte dem Prioratsverweser Freude; gerne verweilte er im einsamen Tal der oberen Möhlin. Öfters verspürte er in späteren Jahren Heimweh nach St.Ulrich und vertraute dies auch seinem Tagebuch an. Zeitlebens blieb der hl. Ulrich sein Lieblingsheiliger, und man kann sagen, daß er das Priorat in den Jahren seiner Abtstätigkeit geradezu mit Gunst und Vorliebe überhäuft hat.
Wie der nachfolgende Verweser P. von der Lew berichtet, hat P. Steyrer mehr als drei Jahre das Priorat „laudabilissime“ in geistlichen wie in weltlichen Dingen verwaltet”.
Jäh wurde durch den frühen Tod des Abtes Benedikt die seelsorgerliche Tätigkeit im Möhlintal unterbrochen. Nach langem Leiden schied am 3. November 1749 der geliebte Abt im Alter von 52 Jahren aus dem Zeitlichen. Das Begräbnis hielt Abt H. Schuh von St. Georgen bei Villingen. Ein regulierter Chorherr von St.Märgen hielt die Leichenpredigt.
Die Neuwahl wurde auf den 9. Dezember vereinbart. Um längere Verzögerungen wie bei der letzten Wahl zu vermeiden, beschloß man, den Konstanzer Weihbischof von Fugger zu bitten, den Wahlvorsitz zu führen, um alsbald dem neuen Abt die bischöfliche Bestätigung und die Weihe geben zu können.

6. Abt des Klosters St.Peter  
Am Morgen des 8. Dezember hatte P. Steyrer in St.Ulrich noch das hl. Opfer gefeiert, war hierauf nach Sölden geritten, um mit den dortigen beiden Confratres am Spätnachmittag in St.Peter  einzutreffen. Tags zuvor war schon als Notarius apostolicus Pfarrer Fr. Ant. Winter angekommen. Bald nach ihm erreichten die Äbte H. Schuh mit dem Cellerar P. Cölestin Wahl von Villingen und Columban Blonche mit Küchenmeister P. Paulus Ehrhard das Kloster. Ebenso traf die landesfürstliche Kommission ein, präsidiert vom v.-ö. Regierungskanzler Jakob Stapf, mit Kammerrat Spengler von Löwenfeldt und dessen Sohn als Sekretär und zwei Unterbeamten Pfeiffer und Eberle. Der Syndikus des Prälatenstandes. Joh. Konr. Gleichauf von Gleichenstein erschien pflichtgemäß. Die Nachricht, daß der Weihbischof von Fugger wegen des tiefen Schnees am späten Abend nur noch St.Märgen erreichen konnte und dort Unterkunft genommen habe, wirkte im Konvent erlösend. Unter Vorsitz von P. Prior R. Glenz beschloß man den Wahlmodus nach vielem Hin und Her. „Ille sit abbas, qui non tantum absolute, sed etiam qui respective habet vota maiora.“ So wollte das Kapitel den Kalamitäten der letzten Wahl vorbeugen.
Spät am Morgen traf endlich der Weihbischof mit Kaplan und zwei Dienern auf einem Schlitten ein, nachdem er sich mühselig einen Pfad durch die in der Nacht gefallenen riesigen Schneemassen hatte bahnen müssen. Eine neue Erregung verursachte das Verlangen der v.-ö. Regierungskommission, den Neugewählten in seinem eigenen Abtszimmer in die Regierung und Verwaltung der zeitlichen Güter einzusetzen; unmittelbar nach der Wahl sollte dies geschehen. Der Konvent blieb jedoch fest, wohl wissend‚ was eine solche Forderung
bedeutete.
Den Weihbischof geleitete der Konvent zum Gotteshaus; P. Prior stimmte dort das „Veni, Creator“ an, worauf es in Prozession zum Wahlraum, zum Refektorium ging. Den vollzählig versammelten Kapitularen hielt der Weihbischof „eine kurze und nervöse Ansprache“. Danach verlas P. C. Hildbrandt das 64. Kapitel aus der Ordensregel. Nach der anschließenden Vereidigung und Verpflichtung zur Geheimhaltung verließen alle Wahlberechtigten das Refektorium, um dem Profeßalter entsprechend es einzeln zur Abgabe des Stimmzettels wieder zu betreten. 21 Kapitularen - aus so vielen bestand das Kapitel - machten vom Wahlrecht Gebrauch: Prior R.Glenz, Subprior Cl.Höflinger‚ Senior Äm. Kaufmann, P. G. Meyxner, C. Weininger, P. Weidner, L. Neidinger, G. Klien, C. Hildbrand, M. Schwörer, Ph. J. Steyrer, Gr. Baumeister, F. Dreer, M. Burach, B. Beyer, A. Engist,  N. Maichelbeck, K. Borer, D. Röschl“, Viktor von der Lew.
Nach beendetem Wahlgang konnte nun Abt Schuh den Kapitular P. Philipp Jakob Steyrer zum neuen Abt des Klosters proklamieren. Dieser vermerkte das entscheidende Geschehen im Diarium mit lakonischer Kürze: „Nach Beendigung des ersten Wahlganges wurde ich zum Abt gewählt, obwohl ich doch dessen noch so sehr unwürdig bin.
Alsbald erhielt auch die kaiserliche Kommission über den Wahlausgang Bescheid, die freudigen Herzens das Kapitel zur Wahl eines so gelehrten wie tugendhaften Mönches beglückwünschte. Im Gotteshaus leisteten hierauf alle Patres, Fratres und Conversen froh das Gehorsamsversprechen. Anschließend übergab in der „Prälatur“ der Prior dem Neugewählten in Gegenwart des gesamten Konventes die Schlüssel zum Gotteshaus und zur Abtei und erinnerte ihn an die Verpflichtung, im Falle einer Resignation sie allein dem Konvent und niemand anderem zurückzugeben. Nun wurde der neue Abt zur Regierungskommission geführt, wo Kanzler Jak. von Stapf unter wiederholten Glückwünschen ihm auf einer silbernen Patene die Schlüssel aushändigte, die der Prior diesem für die Zeremonie gegeben hatte, und ernannte ihn zum Mitglied des v.-ö.Prälatenstandes. Damit war er auch in die „Temporalia“ eingesetzt“ Auf der untersten Stufe der Treppe huldigten darauf die Untertanen dem neuen Herrn. Der Vogt vom Seelguth, A. Heizmann, bat in einer kurzen Rede, ihnen gegenüber die alten Rechte zu wahren, wie auch umgekehrt sie bereit seien, ihre Verpflichtungen zufriedenstellend zu erfüllen.
Beim anschließenden Festessen gab es wegen der Sitzordnung bei Tisch zwischen dem Weihbischof und der ehrgeizigen kaiserlichen Kommission Präzedenzstreitigkeiten. Letztere hatte den Vorrang bei der Tafel vor dem Weihbischof beansprucht, worauf dieser im Konklave blieb.
Am folgenden Tage stellte der Weihbischof die üblichen Nachforschungen im Konvent über den bisherigen Lebenswandel des Erwählten an, über Sitten und andere Qualitäten. Alsdann bestätigte er ihn im Namen des Oberhirten Kasimir Anton von Sickingen und händigte ihm das „Wahlinstrument“ aus.
Der Weihetag, der 11.Dezember, führte eine stattliche Anzahl von Gästen auf die Schwarzwaldhöhen von St.Peter . Die Äbte von St.Trudpert und von Villingen assistierten beim feierlichen Weihegottesdienst. Nach dem „Te ergo quaesumus“ des „Te Deum“ gelobten die Religiosen nochmals schweigend Gehorsam, indem sie die Hand des Abtes küßten.
Beim festlichen Mittagsmahle wurde gerne der übliche Rahmen etwas gelockert, um der lebhaften Freude aller Konventualen freien Lauf zu lassen. Musikstücke gaben eine angenehme Umrahmung. In allen zur Wahl berichtenden Archivalien klingt die dankbare Freude des Konventes durch, daß die Wahl gerade auf Steyrer gefallen sei und daß Wahl, Bestätigung und Weihe innerhalb von drei Tagen reibungslos vollzogen werden konnten; lagen doch beim Vorgänger acht Wochen zwischen Erwählung und Weihe. Zudem hatte der St.Petrische Konvent noch einmal die völlige Freiheit und Unabhängigkeit bei seiner Vorsteherwahl zu wahren vermocht.
Abt Steyrer war bei der Wahl noch nicht 35 Jahre alt, zählte somit zu den jüngsten Konventualen. Aus dieser Tatsache spricht eindeutig das Vertrauen und die Achtung von seiten des Kapitels, ein in der St.Petrischen Klostergeschichte einzig dastehender Vorgang.
Der erste Gang des neuen Abtes galt drei Tage nach der Weihe der Mutter, die im Krankenbett lag und deswegen den Feierlichkeiten hatte fernbleiben müssen. Tags darauf stattete er die ersten Höflichkeitsbesuche bei der Regierung und anderen Stellen ab und versuchte vermutlich dabei, die bei der Einsetzung in die „Temporalia" allzusehr erregten Wogen wieder zu glätten. Es folgten Tage der Ausspannung im geliebten St.Ulrich, dem er als Verweser den Senior des Kapitels, P. Kaufmann, und zu dessen Adjunkt P. von der Lew zuwies, den einen „pro spiritualibus“, den anderen „pro temporalibus“. P. Baumeister bekam die Auflage, als Registrator die Kanzlei zu bewohnen, um als ihr Verwalter Angelegenheiten und bestimmte Fälle gleich entscheiden zu können.

II. Philipp Jakob als Abt; seine Bautätigkeit
1. Stellung und Verantwortung eines Benediktinerabtes

Bevor wir darangehen, die Tätigkeit, das Wollen und Vollbringen des neuen Abtes auf den verschiedenen Gebieten darzustellen, wollen wir uns zunächst darüber klarwerden, welche Stellung und welche Verantwortung Vater Benedikt einem Abt zugedacht hat, warum Steyrer sich zuerst gegen die Annahme der Wahl gesträubt hat. In der Tat ist der Abt der geistige Grund und Eckstein eines Benediktinerklosters. Alles geht von ihm aus, auch die kleinste Anordnung. „Wenn im Kloster eine wichtige Angelegenheit zu entscheiden ist, rufe der Abt alle Brüder zusammen und erkläre, um was es sich handelt. Er höre den Rat der Brüder, überlege alles bei sich und tue dann, was er für zuträglich hält . . . Die Brüder sollen in aller Unterwürfigkeit und Demut ihre Ansicht verteidigen. Die Entscheidung bleibe vielmehr dem Abt überlassen; was er für zuträglicher hält, dem sollen alle gehorchen.“
Der Abt ist im Kloster der Stellvertreter Christi. Man geht nicht zu weit, wenn man sagt, daß das ganze Gemeinschaftsleben und das der einzelnen Mönche vom Willen des Abtes abhängig ist. Er ist in jeder Beziehung der alles bestimmende Vater des Konventes. Eine schier unbegrenzte Macht, die sogar in die kleinsten Einzelheiten des persönlichen Lebens und in die Arbeit der einzelnen Mönche hineingreifen kann! Auch muß jeder Konventuale, der ein Amt übertragen erhält, sei es als Prior oder Cellerar, in völliger Unterordnung unter den Abt seine Funktionen ausüben. Wenn auch immer einer etwas braucht, soll er den Abt aufsuchen; ohne seine Erlaubnis darf niemand etwas besitzen.
Die Mönchsgemeinde ist im weiteren Sinne der erweiterte Abt wie die Kirche der erweiterte Christus. Er ist nach Amt und Name das, was „Abbas“ im ursprünglichen Sinne des Wortes bedeutet: geistlicher Vater, und die Mönche sind seine Söhne. Große Macht und Verantwortung liegt fürwahr in den Händen eines Benediktinerabtes, wobei letztere schwerer wiegt und auch auf den Schultern Steyrers schwerer lastet als erstere. Herwegen hat recht, wenn er feststellt: „Die Geschichte des Benediktinertums ist die Geschichte seiner Äbte. Die Autorität und Verantwortung, die Benedikt dem Abte auferlegt hat, sind die Kraft und die Norm, durch die sich die Geschicke des abendländischen Mönchtums vollzogen haben.“
Dies bewahrheitete sich auch in der Geschichte des St.Petrischen Klosters, solange Abt Steyrer dessen Vorsteher war. Denn er wurde. wie Vater Benedikt es von allen Äbten wollte, Kopf und Herz unseres Schwarzwaldklosters.

2. In schwerer Zeit übernommenes Erbe
Neben der primären Aufgabe, Vater des Konventes zu sein, diesen zu benediktinisch-monastischem Leben anzuleiten, ihn religiös, aszetisch und geistig-wissenschaftlich zu fördern, oblag dem Abte auch die Verwaltung der Abtei mit ihren zahlreichen Besitzungen.
St.Peter besaß als Grundherrschaft die Orte St.Peter, Neukirch, Waldau, Glashütten, Hinterstraß, Rohr, Seelguth, Wildgutach, Eschbach teilweise, Oberibental, St.Ulrich, Geyersnest und ab 1756 Zähringen. Es hatte mit Kapitularen die Pfarreien Neukirch, St.Ulrich und Sölden zu besetzen, von wo aus bis zur Errichtung einer selbständigen Pfarrei Bollschweil mitpastoriert wurde. Es hatte zudem in Weilheim/Bissingen eine Expositur. Abt Steyrer errichtete später in Waldau eine Lokalkaplanei, in Bollschweil eine weltliche Pfarrei und in Eschbach eine von einem St.Petrischcn Kapitular zu besetzende Pfarrei.
Die Seelenzahl beziffert sich für das Jahr 1750 in den genannten Seelsorgsbezirken wie folgt: St.Peter 950 Kommunikanten und 225 Nichtkommunikanten; St.Ulrich mit Geyersnest und Hofsgrund 405 Kommunikanten und 113 Nichtkommunikanten; Neukirch mit Waldau hatte 1769 834 Kommunikanten und 165 Nichtkommunikanten; Sölden 137 Kommunikanten und 48 Nichtkommunikanten; Bollschweil 214 Kommunikanten und 45 Nichtkommunikanten.
Zum St.Petrisdien Besitz zählten außer den eigentlichen Gotteshaus-‚ Priorats- und Propsteigütern folgende Besitztümer: Außer vier eigenen vom Kloster selbst bewirtschafteten „Meierhöfen“ besaß die Abtei in der Vogtei Seelguth siebzehn Lehenshöfe, in der Vogtei Oberibental sechzehn Lehenshöfe, in der Vogtei Rohr neun, im Glottertal sechs Lehenshöfe, in der Vogtei Eschbach zweiundzwanzig, in der Vogtei Rechtenbach sechs, in Unteribental neunzehn, in Wildgutach achtzehn, in Simonswald fünf, in Neukirch einundzwanzig Lehenshöfe, in der Vogtei Waldau zehn, in der Vogtei Geyersnest acht und in St. Ulrich einen Lehenshof.
Im vorderösterreichischen Gebiet zählten zum Klosterbesitz fünf Meierhöfe in Ambringen, einer in Bollschweil, ein Lehenshof und sonstige Bodenzinsgefälle in Ehrenstetten, in Eschbach bei Krozingen vier Lehensgüter, ebenso viele in Gündlingen, Gefälle und vier Lehenshöfe in Hausen an der Möhlin. In Hochstetten besaß das Kloster einen Lehenshof, ebenso in Offnadingen, Niederrimsingen. Oberrimsingen und in Schlatt mit sonstigen Gefällen, in Scherzingen zwei Lehenshöfe und in Sölden den im letzten Jahrhundert untergegangenen großen „Heydenhof“. Verteilte Lehen gehörten dem Kloster in Benzhausen, Günterstal, Heitersheim, Gottenheim, Merdingen, Rottweil, Oberbergen, Tunsel‚ Uffhausen und Zähringen, Bötzingen und Schaffhausen. Aus diesen Ortschaften bezog es Abgaben in Weizen, Roggen, Hafer, Gerste und dergleichen.
Im Markgräflich-Durlachschen Gebiet besaß das Kloster St.Peter je einen Lehenshof in Betberg, Dattingen und Seefelden, in Wolfenweiler drei große Lehensgüter. Verteilte Lehen gehörten zum Abteibesitz in Britzingen, Emmendingen, Mundingen, Eichstetten, GundeIfingen, Köndringcn und Opfingen. Aus den genannten Ortschaften wurden vor allem Abgaben in Wein entrichtet. Bodenzinse bezog St.Peter  zudem aus Auggen, Nimburg, Haslach und Mengen, Hügelheim und Ihringen.
Über den Besitzstand im württembergischen Bissingen gibt uns die Hinterlassenschaft des letzten Pflegeverwalters P. Landelin Bieheler ungefähre Anhaltspunkte, denn dieser hinterließ bei der Aufhebung dort ein Pferd, vier Stück Rindvieh, 24 Eimer Wein und das „größere Meublement“.
Gelegentliche Tauschunternehmungen und Grenzbereinigungen veränderten den Besitzstand nur unwesentlich.
Wir sind auch einigermaßen über den Wert der St.Petrischen Güter informiert. Abt Ignaz Speckle, der letzte Abt, vertraute seinem Tagebuch an, wie der lnventierungskommissar Wetzel im Juni und Juli 1806 mit der Bestandsaufnahme und Schätzung der „Revenuen und Gülten“ beschäftigt war, wobei er das Kapital der St.Petrischen Besitzungen im Breisgau und im Schwarzwald „auf beiläufig“ 800 000 fl. berechnete.
Wie waren die Zeitläufte, in denen Abt Steyrer Stab und Inful übernehmen mußte? Wir können kurzum sagen: Eine für die Klöster und das monastische Leben unheilschwangere Zeit war im Anbrechen. Seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts hatte sich die Feindschaft gegen Orden und Klöster in steigendem Maße bemerkbar gemacht. In Büchern, Broschüren, Zeitungen suchte man das Mönchtum immer schärfer zu treffen. In allen Formen wurden die Ideen der sogenannten Aufklärung verbreitet, die schließlich in der Forderung nach der Säkularisation der Klöster und der Vernichtung des monastischen Lebens gipfelten. Viele Lehrer, Professoren, sogar Theologen, darunter auch Exmönche, streuten vom Katheder und in der Belletristik schlimmste Verleumdungen gegen Mönche und Nonnen aus. Es kann freilich nicht im Rahmen unserer Arbeit liegen, ein allgemeines Zeitbild zu entwerfen, sondern wir haben die Zeit nur insofern zu beleuchten, als sie die Welt unseres Abtes berührt. Fast 30 Jahre seiner äbtlichen Tätigkeit fielen unter die Regierung der Kaiserin Maria Theresia. Die persönlich fromme und der Kirche im allgemeinen ergebene Regentin legte dennoch weithin den Grund zum verhängnisvollen System des österreichischen Staatskirchentums. Sie begann eine neue Ära der Kirchenpolitik, die insbesondere der klösterlichen Welt schweren Schaden zufügte. Wohl hatten schon ihre Vorgänger gelegentlich nach dem Kirchengut gegriffen. Da aber die mehr als zwanzig Jahre währenden Kriege, die dadurch hervorgerufenen ungeheuren Schäden, der Ausbau des zentralistischen Beamtenstaates. die Wohlfahrtspflege und die Verteidigungsanstrengungen alle Kräfte aufs äußerste anspannten, erachtete sie es als notwendig, die bisherigen Privilegien der Klöster mit starker Hand zu beseitigen. Bis jetzt waren Kirche und Klöster mit dem gesamten Komplex ihrer Güter steuerfrei. Das nahm unter ihr ein Ende. Schließlich wurde die Berufung des Staatskanzlers Graf von Kaunitz-Rittberg den Klöstern und dem monastischen Leben weithin zum Verhängnis. Zwar war es in Vorderösterreich unter Maria Theresia zu eigentlichen Klosteraufhebungen mit Ausnahme des Jesuitenordens nicht gekommen, doch war die Anschauung durchgedrungen, daß die Klöster nur soweit Existenzberechtigung hätten, als sie dem Staate und der Seelsorge dienlich wären.
Wie wird Abt Steyrer seinen Mann stellen, da sich gleichsam die höchsten Mächte gegen seine Welt verschworen haben? Soll er resigniert die Hände in den Schoß legen, den Dingen ihren Lauf lassen? Abt Philipp Jakob kennt keine Resignation und Müdigkeit. Trotz der dunklen Gewitterwolken verlegt er seine Haupttätigkeit zunächst auf das Gebiet des Bauwesens und wird zum Erbauer der neuen St.Petrischen Bibliothek und des Konventsgebäudes.

3. Vollendung der Bibliothek
(vgl. Ginter, St.Peter , 82-84, 115-118)

Das 18. Jahrhundert verzeichnet auf verschiedenen Gebieten einen Aufschwung des benediktinischen Lebens, vor allem auf dem Gebiet der Wissenschaft und der Baukunst. Nur ganz wenige Klöster setzten nicht ihren Stolz darein‚ ihre alten Kloster- und Kirchengebäude durch neue zu ersetzen; eine Epoche religiöser und geistiger Hochblüte als Niederschlag einer großen Zeit im Orden des hl. Benedikt.
Es dürfte klar sein, daß sich einzelne Abteien auf dem Gebiete des Bauwesens und des Kunstschaffens in reichem Maße angeregt und zu edlem Wetteifer angetrieben haben. S0 ließ sich auch Abt Steyrer vom Geistesflug des frohen Barockschaffens erfassen und wurde zu einem Abte, dem wir zunächst die Vollendung der Klosterbibliothek verdanken. (Da schon Ginter die Entstehung der Bibliothek und der Klostergebäude an Hand der wichtigsten Quellen untersucht hat, verweisen wir bei den einzelnen Überschriften auf die vorzügliche Darstellung in seinem St.Peter-Büchlein.)
Den Beginn der Bauarbeiten vermerkt der Abt mit einer kurzen Notiz in seinem Tagebuch: „In dieser Woche beginnen die Bregenzer Maurer die Bibliothek, die seinerzeit von Abt Ulrich errichtet wurde, aber unvollendet zurückblieb, einzugerüsten und zu vollenden.“ Es war der 15. April 1750. Gerade vier Monate hatte er den Abtstab getragen, als er die Fertigstellung des von Abt Bürgi begonnenen Baues tatkräftig in die Wege leitete. Unter Abt Wülberz war der Plan Peter Thumbs fast völlig zum Erliegen gekommen. Dieser Prälat hatte anscheinend wenig Sinn für die Bibliothek, denn er plante, sie zu Gastzimmern auszubauen. Bald nach dem Beginn der Bauarbeiten traf der Meister Thumb selbst ein, um mit dem Abt die Fortsetzung und Vollendung seines genialen Planes zu besprechen. Vermutlich gab er auch Winke zur Wahl der entsprechenden Künstler.
Was stand bis dort von der Bibliothek? Erst die Mauern“! Ein leichtes Dachwerk wird diese vor Witterungseinflüssen geschützt haben. Die Gewölbe waren ebenfalls noch nicht fertig. Am letzten Julitag 1750 konnte der Abt das Kapitel dahingehend informieren, daß eine teure Decke bereits auf die Mauern gesetzt sei. Die Gipser und Maler könnten bald beginnen. Bereits hatte der Abt mit dem aus Wessobrunn stammenden Stukkator Johann Georg Gigel, einem „insignis gypsator“, einen Akkord vereinbart, in dem dieser für 700 fl. die Gipser- und Stukkierungsarbeiten übernahm. Mit drei Gesellen begann er unverzüglich die Arbeit, stellte sie aber am 19. Oktober wegen des einbrechenden Winters ein. Im Mai des folgenden Jahres war er wieder zur Stelle, „um seine Arbeit in der Bibliothek zu vollenden“. Es ist bezeichnend, daß der Meister nicht nach eigenen Ideen den Raum gestalten konnte. sondern daß er vom Abte auf einen „darüber Verfertigt vorgezeigt übergeben und von seiten des Gotteshauß dahier begnehmigten Riß“ verpflichtet wurde. In gewandtester Stukkierung wand Gigel, der später mit seinem Bruder die noch größere St.Gallener Stiftsbibliothek auszierte, um das Deckengemälde und die übrigen Darstellungen Blumenranken und Girlanden.
Das prachtvolle und viel bewunderte Deckengemälde zu schaffen, ward dem aus dem Allgäu stammenden Kunstmaler Benedikt Gambs vorbehalten. Am 15. März 1751 wurde der Vertrag mit ihm ausgefertigt, das inzwischen hergestellte Deckengewölbe auszumalen. Zum Beginn seiner Arbeit holte ihn der Abt persönlich in Freiburg ab. „In Mitte des Brachmonates fängt berühmter Maler Benedikt Gambs, ein Allgäuer, seine Malerei an dem Gewölbe unseres Büchersaals an. Sie stellet den Vater der Lichter dar, und den hl. Geist, wie sie den Verfassern des Alten und Neuen Testamentes, wie auch den hl. Vätern der Kirche ihre Bücher angeben.“ So hat später der Abt selber des Künstlers Arbeit näher spezifiziert. Die Idee stammte zweifellos von ihm: Vom dreifaltigen Gott, zuoberst im Gemälde dargestellt, muß alle Offenbarung und aller Glaube den Ausgang nehmen. Es bleibt oberste Pflicht der Mönche, dies immer tiefer zu ergründen, darzustellen und zu leben. Steyrers Verdienst ist es, zur Gestaltung dieser Idee einen Meister vom Range eines Gambs gefunden zu haben. Mit größtem Interesse begleitete er sein Arbeiten. Des öfteren verzeichnet das Diarium ihn als Tischgast. Neben dem großen Deckengemälde hatte Gambs auch sechs kleinere Felder in den Zwickeln mit der Darstellung von Kirchenlehrern zu versehen und das große Altarblatt für St.Ulrich „mit der Krönung der allerseligsten Jungfrauen, daß kleinere aber mit dem Heyligen Apostelfürsten Petro und Paulo, seinem vermögen und fleiß nach, sauber, dauerhaft und vollständig, zu dießseithigem Vergnügen, und seinem selbsteigenen Ruehm und Ehr außzumahlen, und herzustellen“. Rüstig schritt die Arbeit voran. Am 25. Oktober 1751 konnte sich der Meister, freilich schon kränklich, verabschieden. Die Gemälde in der Bibliothek wie auch die Altarbilder für St.Ulrich waren vollendet und wirklich zu Gambsens bleibendem Ruhm ausgefallen. „Er bekommt 250 fl. dafür, ein geringer Preis, wenn man es vergleicht mit der Mühe und dem Kunstwert.“ Der Abt gab ihm zusätzlich ein gutes Honorar, denn die Gemälde seien „von solcher Kunst und Eleganz“. daß alle es mit Recht bestaunten.
In der Tat! Meister Gambs hat in dieses Werk seine letzte Kraft hineingelegt. Schon drei Wochen später vermerkte der Abt seinen Tod. Er bewahrte dem „ausgezeichneten Maler Gambs“, der seine Bibliothek mit dem letzten und vermutlich auch dem schönsten seiner Meisterhand entstammenden Gemälde geschmückt hat, ein dankbares Gedenken.
Wenige Wochen, bevor Gambs sein Oeuvre vollendet hatte, wurden Verträge mit Faßmaler Franz Antoni Kummer aus Wurzach in Schwaben und abermals mit J. G. Gigel abgeschlossen. Ersterer verpflichtete sich, das Vergolden und Fassen der Stukkator- und Rahmenarbeiten in der Bibliothek zu übernehmen; Gigel sollte für einen Wochenlohn von 4 fl. 30 kr. die in der Bibliothek stehenden sechs Pilaster und das Portal marmorieren und die übrigen unter der Galerie stehenden Türen „mit sauberer Gipserarbeit auszieren und schleifen lassen“. Auf das Apostelfest Simon und Judae „oder längstens acht Tage darnach“ sollte er die Arbeit erledigt haben. Mit sechs Gesellen war er neun Wochen tätig und quittierte für 313 f1. 561/2 kr. Das Portal mit den Doppelwappen von Bürgi und Steyrer wurde zu einem wirklichen Prachtstück.
Im kommenden Jahre 1752 wurde die Vollendung mit Eifer vorangetrieben. Neue Künstler trugen ihren Teil dazu bei, den Raum zu einem Kleinod zu gestalten: Matthias Faller und Christian Wenzinger. Faller bekam im Akkord vom 10. Juni 1752 den Auftrag, die zwölf Statuen „nach denen ihm zuhanden gestellet und von dem beruehmten Bildhauer Wenßinger in Luth boussirten Modellen fleißig sauber und sobaldt möglich Verfertigen, .. . auch die nöthige Postamenten dazue. ..“ Für jede Statue waren ihm 18 fl. versprochen, für ein Postament 5 fl. Unermüdlich muß er an der Arbeit gewesen sein, denn schon am 18. März des folgenden Jahres waren die zwölf die Wissenschaften und die Künste darzustellenden Statuen vollendet. Bald darauf wurde über die Inneneinrichtung der Bibliothek mit dem Bildhauer Faller ein neuer Akkord vereinbart, der Rahmenwerk und Arbeiten an Bücherkästen usw. betraf. Insgesamt entstanden in seiner Werkstätte 54 Bücherkästen, Auch die elegant geformte Galerie ist Fallers Werk, doch gelangte erst das zweite Modell zur Ausführung.
Faßmaler Johann Martin Menrad von Löffingen brachte die von Faller geschnitzten Statuen zur vollen Geltung und faßte sie „alabastern. Im Vertrag vom 31.3. 1751 verpflichtete er sich, dieselben „weiß anzustreichen, und mit möglichstem Fleiß zu schleiffen, auch die bei solchen sich befindenden lnsignia zu verguldten, nicht minder die dazu gehörigen Postamenter . . . die Galerie sambt denen Ballunsteren und Gesimbts mit einer dem lb. Gotteshauß beliebig und anständige Farb aufzutragen ...“ Für diese Arbeit, einschließlich des Anstreichens der zahlreichen Bücherkästen, versprach ihm der Abt 250 fl.
Nur noch sechs Figuren stehen auf der Galerie in den Zwischenräumen des Geländers. Diese stellen zusammen mit den anderen nicht mehr vorhandenen die sinnbildliche Verkörperung jener Wissenschaften und Künste dar, die zum Klosterleben in ganz besonderer Beziehung standen. Vorhanden sind noch „Askese“, „Philosophie“ mit Pfeil und Schlüssel, „Medizin“ mit Stab, Schlange und Hahn, „Poesie“ mit Leier, Maske und Schwan, „Geschichte“ mit Buch und „Musik“ mit Harfe. Nach den Aufschriften auf den Sockeln waren zudem die Personifikationen folgender Disziplinen aufgestellt: Grammatica, Rhetorica, Mathesis, Jus canonicum, Jus civile und Theologia. Die noch vorhandenen stehen heute auf falschen Sockeln.
Um das Schicksal der sechs verschwundenen herrscht noch Rätselraten. Auf keinen Fall sind sie, wie vielfach vermutet, in den Freiheitskriegen bei der Belegung der Klostergebäude durch Militär verbrannt worden oder abhanden gekommen. Sie Waren samt und sonders im Jahre 1822 noch im Bibliotheksraum vorhanden und wurden dann der Freiburger Universität übereignet.
Der Tod von Benedikt Gambs durdikreuzte zunächst die Pläne des Abtes. Ihn hatte er doch, wie aus dem Vertrag hervorgeht, ausersehen, die ganze Bibliothek malerisch zu gestalten. Nun hatte der Meister gerade das große Deckengemälde mit sechs kleineren Feldern zur Vollendung gebracht. 26 Felder blieben frei. Jetzt galt es, einen Künstler zu finden, dessen Können mit Gambsens Meisterwerk einigermaßen Schritt halten konnte. Die Wahl fiel auf den in Konstanz ansässigen Hofmaler Franz Ludwig Herrmanni. Eine gute Wahl! Mit reicher Arbeit versorgte der Abt den Berufenen viele Jahre hindurch. Er begann 1752 seine Erstlingsarbeit für St.Peter: Am 31. Juli erhielt er den Auftrag, „in die Bibliothek noch abgängige Mahlerey, in 26 Feldteren bestehendt, nach deren Ihm hieretwegen von Ihre Hochwürd-und Gnaden dermahlen regierendten Prälaten genugsam eröffneten Gedanckhen und übergebener schriftlicher Erklärung seiner besitzendt- und durch einige Probstück bereiths erwißener Kunst nach bestens zu Verfertigen . . .“
Daraus ergeben sich zwei nicht unwesentliche Schlußfolgerungen: Steyrer war in der Berufung der Künstler vorsichtig; deswegen mußte Herrmann zuerst Probestücke seines Könnens vorlegen; und er gab selber die Idee an und bestimmte genau die Themen.
Ein aus Konstanz stammender Maler Michael Holzheu war behilflich, so daß beide am 8. Dezember 1752 in ihre Heimat zurückkehren konnten.
Somit waren bis zum Ende des Jahres 1752 die wichtigsten Arbeiten fertig. Nun konnte der Abt über dem Portal des Bibliotheksraumes folgende Inschrift anbringen:
„ANNO 1739 CONSTRUIT ULRICUS PRAESUL
TANDEMQUE PHILIPPUS BIBLIOTHECAE
ISTUD FINIT ET ORNAT OPUS ANNO 1752.“
Darüber ließ er das Wappen von Abt Bürgi und sein eigenes, von zierlichen Putten getragen, anbringen.
So bietet sich uns das Werden dieser Bibliothek als ein Ineinandergreifen vieler Hände dar; zuerst kamen die Maurer, dann Gipser und Stukkateure, die Faß- und Freskomaler und die Bildhauer. Alles zeigt jedoch die zielbewußte Hand und den kunstsinnigen Kopf des Abtes Philipp Jakob. Die Vollendung der Bibliothek ist die erste Meisterleistung des jungen Klostervorstehers. Was die Gliederung und die Dekoration anbelangt, gehört sie zum Schönsten und Besten, „was der Barock des 18. Jahrhunderts im Breisgau schuf“; sie ist ein Raum von entzückendem und begeisterndem Liebreiz, der würdig neben der fünfzehn Jahre später entstandenen Stiftsbibliothek von St.Gallen steht .

4. Neubau der Konventsgebäude
(Ginter, St.Peter , 84-90)
Der Bau neuer Klostergebäude stand für Abt Steyrer von Anfang an fest. Doch zunächst waren nach Vollendung der Bibliotheksgewölbe den Bregenzer Maurern dringend gewordene Reparaturarbeiten an der St-Ursula-Kapelle zugewiesen werden. Schließlich mußten im gleichen Jahre noch für beträchtliche Kosten die Kirchtürme des Gotteshauses und das Propyläum einer Renovation unterzogen werden.
Jetzt waren die Voraussetzungen zum Neubau geschaffen. Schon im Sommer 1750 hatte man in den Klosterwäldern im Rohrer und Eschbacher Wald Bauholz geschlagen“. Der eigentliche Konventsneubau konnte somit seinen Anfang nehmen. Die Wintermonate 1751/52 nützte der Abt, um mit dem Klosterarchitekten Willam den Plan zu besprechen, die einzelnen Bauabsdinitte festzulegen und die Arbeiten zu vergeben, nicht zuletzt auch, um das Kapitel zu dem riskanten Unternehmen hinter sich zu bringen. Am 11. Februar 1752 wurde der entscheidende Beschluß gefaßt. Als Gründe für die Notwendigkeit des Neubaues führte der Abt an: Das alte Klostergebäude sei ruinös geworden, die Mauern seien beim zweimaligen Brande so sehr beschädigt worden, daß selbst die alten St.Petrischen Gebäude in Freiburg noch besser wären. Für die neue Bibliothek müsse zudem ein Peristyl gebaut werden. Das Kloster habe nicht genügend und keine modernen Krankenzimmer. Das gemeinsame Studierzimmer (Museum) und die Refektorien würden zur Förderung des wissenschaftlichen Studiums und zur Erhaltung der klösterlichen Zucht nicht mehr ausreichen; beides würde Schaden leiden. Deshalb sollte jeder eine eigene Zelle haben. Jetzt sei eine friedliche Zeit eingetreten, man dürfe kaum auf eine bessere hoffen. Ferner stünden dem Kloster genügend Mittel zur Verfügung, um das Werk in Etappen vollenden zu können, einen Teil der nötigen Materialien habe er selber schon bereitstellen lassen. Schließlich stehe dem Kloster ein treuer und erfahrener Baumeister, Johannes Willam, Bürger dieses Ortes, zur Verfügung, der mit einem mäßigen Gehalt zufrieden sein werde.
Das auf dem Tisch stehende Modell und die vom Abt geschickt vorgetragenen Argumente taten ihre Wirkung. „Durch diese meine Begründungen bewogen, billigten die Kapitularen einstimmig den gemachten Vorschlag und die Form des künftigen Klosters.“
Was war bis dort schon begonnen? Unter Abt Bürgi war der dem sogenannten Abteigebäude vorgelagerte Trakt mit Dienerschaftsgebäuden, Kanzlei und Pferdeställen nebst dem vorderen Flügel des Klosters einschließlich des Stiegenhauses schon fertig. Im Bau befand sich der Mitteltrakt. Durch den Tod dieses Abtes blieb jedoch das Begonnene unvollendet liegen.
Nun konnten die eigentlichen Neubauarbeiten im Frühjahr 1752 ihren verheißungsvollen Anfang nehmen. „In diesem Frühjahr läßt Abt Philipp Jakob mit Einwilligung des Kapitels den ganzen Teil unseres alten und baufälligen Klosters gegen Mittag niederreißen und dem neuen Gebäude den Anfang machen.“ Regelmäßig verzeichnete jetzt der Abt selber den Stand der Arbeiten und interessante Begleitumstände“. In den Wintermonaten hatten Untertanen schon Kalk aus der Wiehre zu Freiburg zum Bau herbeigefahren, ebenso in den Allmendwäldern im Ibental, Eschbach und Rohr eifrig Bauholz gefällt“. Freudigen Herzens begleiteten Abt und Konvent das Werden der neuen Gebäude. Am 6. Mai wurde die Klosterpartie gen Süden evakuiert und am 10. mit dem Abriß begonnen. Am 27. Mai erhoben sich schon die Fundamente ein wenig über die Erde. An Peter und Paul nahm der Konvent notgedrungen das Essen im Abteigebäude ein. Am 18. Juli konnte bereits die feierliche Grundsteinlegung erfolgen. Die Namen aller Konventualen wurden auf einer bleiernen Tafel eingraviert und eingemauert: Philippus Jacobus, Abbas, Romanus Glenz, Prior, Clemens Höflinger, Subprior, Aemilian Kauffmann, Senior, Placidus Großmann, Gebhard Meyxner, Coelestin Weininger, Peter Weydner, Laurentius Neydinger, Maurus Schwörer, Coelestin Klein, Cajetan Hildbrandt, Gregor Baumeister, Franciscus Dreer, Meinrad Burach, Benedikt Beyer, Anton Engist, Joh. Nep. Maichelbedc, Conrad Borer, Dominicus Rösch, Victor von der Lew, Carolomannus Mayer, Fr. Philipp Jakob Stoll, Berthold Schluede, Br. Fidelis Mathis, Felician Hailig, Hugo Stritt, Florian Neugebauer, Architectus Johann Willam.
Obwohl in der Propsteikirche zu Sölden gleichzeitig dringend gewordene Reparaturen vorgenommen werden mußten, schritt die Bauarbeit rüstig voran. Am 4. September konnten bereits die Balken auf das erste Stockwerk nach Süden hin gelegt werden. Das warme Herbstwetter begünstigte „wunderbar“ das Unternehmen. So begann man am 9. Oktober mit dem Dach, und am 27. Oktober konnte das Richtfest gefeiert werden.
Für die Zimmerarbeit wurde gleichfalls ein Bregenzer Meister, Jodocus Winkler, verpflichtet. Fenster und Türgestelle lieferten ein Thomas Willmer und Johannes Wehrle aus St.Märgen; die Glasarbeiten besorgte ein Hans Georg Thoma aus Bubenbach. Im folgenden Jahre 1753 wurden die Arbeiten am gleichen Längsflügel energisch vorangetrieben. Am 9. April trafen die Bregenzer Maurer wieder ein, die jeweils künftighin bei Wintereinbruch heimgingen und zum Frühjahrsbeginn zurückkamen. Fundamente für den neuen Klosterteil wurden am 11.August gelegt, und am 26. September kann das äbtliche diarium die Fertigstellung eines weiteren Teiles vermelden.
Gleichzeitig wurden 1753 in den weitergeführten Längstrakt und beim Abschluß an den Chor je ein großes Stiegenhaus eingebaut. Den Vertrag dafür und für die Dachstühle darüber und über den Bibliotheksflügel hatte Michael Stather aus dem Bregenzer Wald übernommen.
Für das Jahr 1754 sind keine eigentlichen Außenarbeiten verzeichnet. Wohl trafen die Bregenzer Maurer und Steinmetzen ein und waren das ganze Jahr über in den Diensten der Abtei. Die Weiterführung der Mauer um den Abtsgarten und zahlreiche Innenarbeiten, Verputzen und dgl. harrten ihrer Erledigung. Zudem wurde in diesem Jahre auf Anordnung des weitsichtigen Abtes das erste Schulhaus für St.Peter  erstellt.
Schreiner und Schlosser hinderte der strenge Winter nicht, im Kloster tätig zu sein. Als die Bauleute wiederkehrten, wartete ihrer ein neuer Auftrag: der Neubau eines stattlichen, durch Brand eingeäscherten Klosterhofes, des „Spittelhofes“. Das Frühjahr und den Frühsommer hindurch beanspruchte dieser die Arbeitskrafl der Maurer, die der Abt gelegentlich auf der Baustelle aufsuchte, wobei er mit Lob nicht geizte. 20 Fuhren waren nötig, um Latten und Schindeln zu transportieren. Zum Richtfest fanden sich über 100 Tischgäste ein; so viele hatten mit Hand angelegt, bis endlich am 10. Oktober der „Maierhof“, stattlicher denn je, ganz aus Stein aufgebaut, nicht mehr wie vordem aus Holz, dastand. Alle Ställe, selbst der Futtergang waren mit Gewölben versehen.
In dasselbe Jahr 1755 fällt der Abbruch des Nordtraktes. Ein früher Kälteeinbruch zwang jedoch schon am 27.Oktober zur Einstellung der Bauarbeiten.
Das Jahr 1756 wurde ein produktives Baujahr, obwohl das Kloster zu 25 Prozent an der neuen Dreisambrücke bei Ebnet beteiligt war und, wie später zu berichten sein wird, in Wolfenweiler Pfarrhaus, Zehntscheune und eine neue Kelter zu bauen hatte. Anfangs April begannen die Ausschachtungsarbeiten; am 24. Juni meldete der Abt, daß sich auch der andere Teil des neuen Konventsgebäudes gen Osten hin aus den Fundamenten erhebe. Wenige Tage später ging man bereits daran, den hintersten Teil gen Norden zu, den Abt Ulrich hatte erstellen lassen, abzureißen, weil er nicht mehr in den Rahmen des Neubaues hineinpaßte. Am 9. September konnte bereits der Richtbaum auf den bislang noch fehlenden Schlußteil gesetzt werden; und am Ausgang nach Osten, „zum größeren Garten“, ließ der Abt ein steinernes Propyläum anbringen, die folgende Inschrift dazu allerdings erst im Jahre 1757:
AEDES CLAUSTRALES CLAVUM TRACTANTE PHILIPPO
PRAESULE CONSTRUCTAS MAGNE TUERE DEUS!
TUQUE PETRE TUUM DEFENDE PRECAMUR OVILE
IN COELI AULAM DENIQUE TRANSFER OVES
A MDCCLXVII CAL SEPT
1757 konnten Patres und Novizen die neuen Zellen gen Osten hin beziehen; unter den Novizen befand sich auch der einzige Sohn des Architekten. Im selben Jahr wurde der ursprüngliche Bauplan abgeändert, und zwar wurden zwei Stiegenhäuser abgerissen. Schon am 10. Juli 1755 hatte das Kapitel, allerdings nicht einstimmig, beschlossen, die schon früher errichteten Treppenhäuser, von denen das eine sich beim Refektorium „in angulo peristyli“ befand, das andere in der Nähe des Chores, abzureißen, um weitere Zellen zu gewinnen und an ihrer Stelle ein einziges Treppenhaus im Hauptgebäude gen Osten zu einzubauen. Dies geschah jedoch erst 1757, wo am 22. März der größere Teil des Kapitels erneut den Abriß beschloß, wobei die jetzigen kleineren Aufgänge sie ersetzten.
Das Jahr 1758 sah die Fertigstellung der großen Klostermauer sowie eines heute noch stehenden Rekreationshäuschens für die Patres‚ während für die Fratres eines am anderen Ende geplant wurde.
Dieses Jahr brachte somit die äußere Vollendung des eindrucksvollen Neubaues. Mit Umsicht und Tatkraft hatte der junge Abt sein Ziel erreicht und ein Werk geschaffen, das in seiner Grundstruktur bis heute erhalten blieb.

5. Innenausstattung des neuen Konventes
Wieder wählte Abt Philipp Künstler von bestem Namen, um den neuen Konventsbau auch im Inneren zu einem Kleinod auszugestalten.
Franz L. Herrmann, der um 100 Taler das Ausmalen von 26 Feldern in der Bibliothek zu übernehmen sich eingetragen hatte, bewarb sich auch, um 500 fl. die Bildnisse aller 55 Äbte zu verfertigen. Entsprechend des am 30. Juli 1752 abgeschlossenen Akkordes sollte er aus noch vorhandenen Bildern, und im übrigen die Gesichter der Konventualen als Vorlagen benützend, diese gestalten. Der Abt gab ihm hierzu die Aufschriften, die kurz Leben und Taten der einzelnen enthielten. Über ein Jahr zog sich Herrmanns Arbeit hin, obwohl der aus Konstanz stammende Maler Holzheu wieder behilflich war. Erst im Spätjahr 1753 wurden die vorzüglichen Äbteporträts beendet.
Anschließend begann der Meister das Ausmalen der Krankenkapelle. Faßmaler Kummer übernahm das Vergolden. Herrmann signierte seine ansprechenden Gemälde, die das Sterben Jesu darstellen, den Tod Mariens, den der hl. Scholastika und die Schutzengel, wie sie jeden treuen Gottesdiener nach oben geleiten, mit 1753.
Gigel war vertraglich verpflichtet, die Krankenkapelle sauber und ordentlich zu stukkieren. In der Krankenkapelle, die dem hl. Josef geweiht war, stand auch ein Altar, der Josefsaltar, der aber erst am 4. 9. 1773 vom Abt konsekriert wurde. Durch einen glücklichen Zufall konnte dieser in der Pfarrkirche zu Wieden bei Schönau als rechter Seitenaltar ausfindig gemacht werden. Das Altarblatt, das wahrscheinlich erst vor der Konsekration geschaffen wurde, stellt den Tod des hl. Josef dar. Oben in der Ellipse ist Gott Vater mit der Weltkugel in der Hand erkenntlich, wie er auf den hl. Josef herabschaut, darunter der Heilige Geist, herniederschwebende Engel mit Palme und Lilie. Die Hauptszene zeigt das Sterbezimmer mit dem hl. Josef auf dem Sterbelager, zu Häupten den Heiland, tröstend nach oben zeigend, daneben die Gottesmutter. Ein Engel hält die Sterbekerze, zwei andere weinen in der Ecke. - Über den Maler geben uns die Archivalien keinen Aufschluß. Wahrscheinlich kam der Altar, dessen ursprüngliche Marmorierung wieder freigelegt ist, nach der Aufhebung des Klosters nach Wieden; nähere Angaben finden sich auch nicht in den Wiedener Pfarrakten.
Der vom Abt geschätzte Meister Herrmann übernahm am 5. Juni 1754 einen neuen Akkord über die Ausmalung des Refektoriums und der Stiegenhäuser, wozu ihm wieder ein genaues Konzept übergeben war. Für 225 fl. versah er letztere mit Gemälden, deren Inhalt uns nicht mehr bekannt ist, da sie, wie erinnerlich, 1757 abgerissen wurden. Dasselbe Schicksal erfuhren das große Deckengemälde im Refektorium wie auch die vier kleinen, die Herrmann im Sommer 1754 verfertigte. Beim Umbau der Stiegenhäuser wurde nämlich das Refektorium um zwei Fenster erweitert, so daß eine neue Deckenstruktur erforderlich wurde. Dieser mußten Herrmanns Gemälde leider weichen. Sie wurden auch nicht mehr ersetzt und sind uns inhaltlich nicht bekannt. Dagegen kamen 11 Bilder aus dem Ulrichsleben und zwei größere, auf denen die Patrone von St.Ulrich und Sölden dargestellt sind, von Herrmanns Meisterhand verfertigt, in die jetzt noch vorhandenen Stuckrahmen. 110 fl. hatten sie gekostet. Leider sind auch sie nicht mehr in St.Peter  vorhanden, vielleicht aber sonstwo noch auffindbar.
Zur weiteren Ausschmückung dienten die Darstellungen aus dem Leben des Erzvaters Benedikt‚ die heute noch, 45 an der Zahl, dem Beschauer in Bild und Aufschrift das von Legenden umrahmte Wirken des Ordensgründers zeigen wollen.
Schon vor der Ausstattung der Krankenkapelle wurde das Refektorium von Gigel stukkiert. Auch ihm waren genaue Richtlinien gegeben. 240 fl. rheinisch empfing der Meister dafür. Da er zufriedenstellende Arbeit lieferte, ward mit ihm am 10. August des gleichen Jahres ein neuer Akkord über Gipser- und Stukkierungsarbeiten in der Hauskapelle und im Abtszimmer vereinbart. Die Hauskapelle sollte Gigel „mit einem proportionierten Altärlein von Gibß versehen“, die Prioratsräume und die Zellen stukkieren und dreizehn Stuckrahmen für die Herrmannschen Gemälde im Refektorium anfertigen. Für das Priorat St.Ulrich mußte er acht Engel gießen, die dortigen drei Altäre versetzen und andere kleine Zierarbeiten für 200 fl. übernehmen. Im Frühjahr 1754 versah er das Ausgipsen und Stukkieren der beiden neuen Stiegenhäuser, die aber wieder abgerissen wurden. Insgesamt hatte somit der Abt mit ihm fünf Verträge abgeschlossen".
Der vorzügliche Stuck des Kapitelsaales ist ebenfalls ein Werk des Wessobrunner Meisters, dessen Anwesenheit das äbtliche Diarium am 7. Mai verzeichnet. Im Herbst war er damit fertig, kurz vor Weihnachten mit den am 12. März 1753 übernommenen Gipserarbeiten „im großen Speißsaal“, d. i. der heutige Fürstensaal.
Doch erst wesentlich später wurden die beiden Säle ausgemalt. Der Abt berief hierzu keinen Geringeren als Simon Göser und gab ihm, dem bedeutenden Meister des Spätbarock, damit die Möglichkeit, auch auf dem Schwarzwald Bestes zu hinterlassen. Im Sommer 1770 begann dieser das Gewölbe des Kapitelsaales mit Malereien zu verzieren, wozu wieder der Abt die Themen angab, die das Kreuz verherrlichen und damit den Mönch zur Kreuzesnachfolge aneifern sollten. Das eine größere Deckengemälde stellt die feierliche Entgegennahme der großen Kreuzpartikel dar, die die Äbtissin des Klosters Urspring‚ Hildegard von Sirgenstein, am 30. August 1748 Abt Benedikt II. zum Geschenk gemacht hatte. Das andere stellt die Wiederauffindung der an Abt Gozmann (1137-1154) von Zähringer Herzögen übergebenen, inzwischen aber verlorengegangenen alten Kreuzreliquie dar. Die übrigen kleineren Bilder zeigen mönchische Tugenden. Der kleine Raum, in dem das Kapitel zu seinen entscheidenden Beratungen zusammenkam, wurde ein Juwel des Klosters.
Danach ging Simon Göser an das Ausmalen des sogenannten Fürstensaales. Wieder gab der Abt die Motive zu den einzelnen Darstellungen; alle stehen in einem inneren Zusammenhang zur Aufgabe des Saales und verweisen auf irgendeine Speisung. Es sind zwei große Stücke, zu denen zehn kleinere einen dekorativen Rahmen geben. Das eine ist das Gastmahl im Hause des Pharisäers, das andere die Fußwaschung vor dem letzten Abendmahl, mit großem Können und in würdevoller klassizistischer Art vollendet. Die kleinen Fresken zeigen die neutestamentlichen Szenen: die Versuchung Jesu, Jesus und die Samariterin‚ die wunderbare Brotvermehrung, Jesus mit den Emmausjüngern, das Reichen des Schwammes bei der Kreuzigung. An alttestamentlichen: das Opfer des Melchisedech, Daniel in der Löwengrube, den Mannaregen, den Wasserschlag des Moses aus dem Felsen und die Speisung des Elias durch einen Raben. Diese Malereien dürfen wir zu den überragenden und bedeutendsten Schöpfungen Gösers zählen; sie sind eine Zierde für Steyrers Klosterbau. „Es ist das große Verdienst eines Philipp Jakob Steyrer, der Kunst dieses namhaften Vertreters des frühen Klassizismus in unserer Heimat in seinem Stift Raum für dessen größte Leistung gegeben zu haben.“
In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß Steyrer einem einheimischen St.Petrischen, künstlerisch begabten Knaben in seinem Kloster die Möglichkeit zum Aufstieg und zur Entfaltung und zu vorzüglichen Arbeiten geboten hat: Georg Saum. Er bemühte sich selber, für den Jungen F. Ludw. Herrmann als Lehrmeister zu erhalten. Den zwischen beiden abgeschlossenen Lehrvertrag darf man geradezu als mustergültig betrachten. Der Abt hatte ihn entworfen, ein Beweis für das väterliche und soziale Denken. Im Sommer 1754 hatte Saum die Lehre angetreten. Acht Jahre später rief ihn Philipp Jakob aus Mähren zurück, um ihm das Ausmalen der neuen Lindenbergkapelle zu übertragen. Im Anschluß daran verfertigte er die Deckenfresken im Konventstiegenhaus, die die Jakobsleiter und die vier letzen Dinge darstellen. Eine eigenwillige, gute Leistung Saums.
Wenden wir uns der sogenannten Abtskapelle oder Hauskapelle zu, die sich neben dem Sommerzimmer des Abtes befand, die Steyrer zu einem ganz besonderen Kleinod ausgestalten ließ. Wie erinnerlich, errichtete Gigel darin einen kleineren Stuckaltar. Später setzte der Abt eine bessere Idee in die Tat um und gab Meister Matthias Faller den Auftrag, einen Altar herzustellen. So verzeichnete er am 11. Februar 1760 in seinem Tagebuch, daß Faßmaler Menrad mit dem Marmorieren eines kleinen Altares beschäftigt sei, der von Matthias Faller „artificiose“ gemacht sei. Das Altarbild dazu malte Herrmann: es stellte den hl. Ulrich im Sterben dar.
Dieser Altar sollte ein Schicksal haben, das der Ironie nicht entbehrt, galt er doch als verschwunden; in Wirklichkeit ziert er heute die neue Kirche von Eisenbach bei Neustadt. Allerdings ist er dort zu einem „Benediktusaltar“ geworden. Bestens erhalten, ist er zweifellos das Juwel der Kirche. Der Tabernakel aus der Werkstätte Fallers ist ein sogenannter Drehtabernakel mit vier geschnitzten Darstellungen: Geburt des Erlösers, Kreuzigung, Grablegung und Auferstehung, eine erstaunliche, zierlich-kostbare Arbeit. Das Hauptblatt, das bis jetzt unverständlicherweise als Sterbeszene des hl. Benedikt galt, zeigt in der oberen rechten Hälfte den Ordensvater Benedikt und die hl. Scholastika, ihnen zu Füßen einen sterbenden Mönch, den Mitbrüder umstehen. Ein mit dem Rochett bekleideter Mönch stärkt soeben den Dahinscheidenden mit der letzten Wegzehrung, ein anderer liest aus der hl. Schrift vor. In der oberen Hälfte Engel, die der scheidenden Seele entgegenfliegen, darüber Maria, die Himmelskönigin, mit ihrem göttlichen Sohne. - Wer die Ulrichslegende kennt, weiß, wie der Sterbende und Erblindete gebeten hatte, ihm die Stelle aus dem Hebräerbrief 11, 33 vorzulesen: „Sancti per fidem regna vicerunt.“ Der Mönch Wido hat dies getreu ausgeführt. Abt Steyrer hat diese Tradition festgehalten und Herrmann den Auftrag zum Ausmalen der Szene gegeben, ähnlich wie später, nur viel größer, als Thema eines der großen Deckengemälde in St.Ulrich selbst. Der von Menrad einzigartig marmorierte Altar trägt zudem zwei schöne Statuen: die Apostel Philippus und Jakobus, die Patrone unseres Abtes, der erstere, wie ihn die christliche Kunst immer darstellt, mit dem Kreuzstab in der Hand; der zweite, Jakobus der Jüngere, mit der Walkerstange.
Wie gelangte der Altar nach Eisenbach? Bei der Aufhebung des Klosters beanspruchte der letzte Abt Ignaz Speckle die Hauskapelle. Deshalb konnte er über sie verfügen und sie später seinem in der St.Petrischen Gymnasialschule ausgebildeten Stiefbruder Sales Speckle, Pfarrer in Friedenweiler‚ wozu Eisenbach als Filiale mit Kapelle gehörte, vermachen. Der Pseudo-Benediktusaltar von Eisenbach, dessentwegen die neue Kirche 1933/35 dem hl. Benediktus geweiht werden mußte, ist somit als der ehemalige Ulrichsaltar aus der Abtskapelle des St.Petrischen Stiftes identifiziert, ein Meisterwerk Fallers und Herrmanns.

6. Weitere Außen- und Innenausstattung
Nach der allerdings knappen Schilderung der Innenausstattung, die in die Ära Steyrers fällt, ist es angebracht, auch der zahlreichen äußeren an Steyrer erinnernden Stücke Erwähnung zu tun. Das sind zunächst die drei auf ihn zurückgehenden Brunnen. Der Barock war ein Zeitalter, das die Freude am Leben kannte und liebte, darum die vielen, allüberall entstandenen Brunnen als Symbole des sprudelnden Lebens. So kaufte auch Steyrer am 24. Juli 1753 von einem Breisacher Juden, Philipp Günzburger, für den großen Abteihof um 350 fl. und um ein Quantum Weizen den sogenannten Breisacher Brunnen, den dieser der Stadt Breisach abgehandelt hatte. Dort ward er 1738 errichtet; er funktionierte allerdings nicht, besser jedoch in St.Peter vom 29. Oktober 1753 an bis auf den heutigen Tag aus vier Röhren „zu lieblichem Ergötzen“.
Vier Jahre später ließ er im Garten neben dem Refektorium (Vgl. den Stich) einen weiteren Brunnen erstellen, der allerdings nicht mehr fließt. Der größere Brunnen im Konventsgarten vom Juli 1757 läßt dagegen immer noch zur Freude der Alumnen des Priesterseminars seinen Wasserstrahl in die Höhe schießen.
Viel Liebe ließ unser Abt den um die Klostergebäude herumliegenden Gärten angedeihen. Kaum war der Südflügel erbaut, berief der Abt den Gärtner vom Sickingenschen Schloß zu Ebnet, um den Abtsgarten in einen besseren Zustand zu bringen. Später wurde dieser Gärtner fest angestellt. Zahlreiche Kastanienbäume wurden im Herbst 1759 im Konventsgarten angepflanzt, die heute noch kühlenden Schatten spenden. 1765 wurde ein Elsässer, Antony Ziegler, vertraglich als Klostergärtner engagiert. Selbst Obstbäume ließ der Abt setzen, worüber sich die Bauern in jenen Zeiten sehr verwunderten. Schon nach kurzer Frist konnten Jahr für Jahr viele Körbe voll Äpfel und Birnen geerntet werden.
Wo der Tagesablauf, der Regel entsprechend, so genau geordnet ist wie in einem Benediktinerkonvent‚ muß es auch Uhren geben; um so mehr in St.Peter , wo die Untertanen selber Uhren herstellten und sie in alle Welt hinaustrugen und wo ein Abt regierte, dessen Großvater mütterlicherseits selbst das Uhrmacherhandwerk ausgeübt hatte. Schon Herrmann mußte sich in einem seiner Verträge verpflichten, zwei Sonnenuhren zu malen, eine am Abtei-, die andere am Konventsflügel. Die erste große Schlaguhr stammte von Uhrmacher Lorenz Müller aus Freiburg, kostete 140 fl. und befand sich über dem Stiegenhaus beim Refektorium. Nach dem Abbruch dieses Stiegenhauses 1757 wurde sie von Uhrmacher Reichenbach aus Breisach umgebaut und über dem Abtei-Stiegenhaus angebracht. Seit dem 23. November 1758 schlug sie dort zur Freude des uhrenbegeisterten Abtes die Stunden. Als Verfertiger des zierlichen, viel bewunderten Gehäuses kommt mit aller Wahrscheinlichkeit Faller in Frage. Zuvor schon hatte dieser „hervorragende Künstler“ aus Breisach sich die Zufriedenheit des Abtes mit einer Schlaguhr erworben, die er im August 1758 über dem Konventstiegenhaus einbaute.
In diesem Zusammenhang ist auch der Erwähnung wert, daß der Abt alle nur möglichen Vorsichtsmaßnahmen und Sicherungen traf, um sein ihm anvertrautes Stift vor Feuersgefahr und Katastrophen zu bewahren, durch die St.Peter schon des öfteren im Laufe seines Bestehens in tiefstes Elend gestürzt worden war. So bestellte er zu Beginn des Jahres 1754 einen Nachtwächter mit der Aufgabe, mehrere Male des Nachts wegen der Brand- und Diebesgefahr um die Klostergebäude herumzugehen und die Stunde auszurufen. Tatsächlich wäre am 13. August 1765 das ganze Kloster beinahe ein Raub der Flammen geworden, als ein Blitz in einen der Türme einschlug. Einer neu gegründeten Feuerversicherung trat der Abt alsbald bei und ließ das Kloster und die dazugehörigen Gebäude versichern; auf 33 700 fl. bezifferte sich die Gesamtversicherungssumme. Die vorgenommene Abschätzung der Baulichkeiten gibt einen ungefähren, wenn auch relativen Aufschluß über deren Wert. 1776 kaufte der Abt einer der ersten in Freiburg hergestellten Feuerspritzen für 750 fl. Auch die Bestellung eines Kaminfegermeisters Zanta aus Freiburg und der mit ihm vereinbarte Vertrag beleuchten die ängstliche Sorge Steyrers um die Erhaltung seiner Klostergebäude.

7. Ausstattung des Gotteshauses
(vgl. Ginter, St.Peter , 94 ff.)
Zwar hatte Abt Bürgi das Gotteshaus bauen lassen, doch wurden unter Steyrer immer wieder Reparaturen erforderlich. Zudem fehlte noch weithin die Innenausstattung. Von ersten Erneuerungsarbeiten an den Türmen wurde schon gesprochen. Im Sommer 1765 war eine Innenrenovation fällig, wobei Chor und Langhaus ein strahlend weißes Kleid erhielten.
Kein Opfer schien für die Zier des Gotteshauses zu hoch. So ließ Steyrer auf Fronleichnam 1754 von Fallers Meisterhand einen neuen Tabernakel anfertigen. mit rotem, seidenem Baldachin ausgespannt, vergoldet und mit Cherubinen besetzt. Zwei Jahre später trat er ihn an das Prioratskirchlein St.Ulrich ab. 1769 kamen in den vorderen Chor zwei neue Throne aus Marmor für Abt und Offiziator. Ebenso verdankt der jetzige Hochaltar-Tabernakel, ein hervorragendes Meisterwerk Fallers, seine Entstehung einem Auftrag unseres Abtes. Er dürfte eine der bedeutendsten Schöpfungen Fallers sein. Im März 1770 begann dieser mit einem Bildhauer aus Triberg und einem Lehrling damit. Faßmaler Joh. Bapt. Menrad aus Löffingen besorgte das Fassen, innen und außen. Schon bei seiner ersten Benützung am Fronleichnamsfest 1770 erregte er viel Bewunderung und Anerkennung. Ginter schreibt auch an Hand stilistischer Vergleiche die zahlreichen Rokoko-Rankenornamente an den Mensen der Seitenaltäre, ferner das Positiv der Orgel „mit dem ganz reizvollen Schmuck von Engelskindern“ Faller zu, ebenso die Dekoration der Hochaltarmensa, den Tabernakel des 1761 entstandenen St.Sebastians-Altares, das schöne Gestühl des Kapitelsaales und die Lesekanzel des Refektoriums, obwohl sich dafür keine archivalischen Belege finden ließen. Die Ausstattung der Sakristei mit den schönen Schränken in den Jahren 177l und 1772 schreiben aber die Quellen wieder Faller zu, dem vier Schreiner dabei halfen. Kurz zuvor schenkte er auf Anordnung des Abtes dem Gotteshaus das Chorgestühl und die beiden Orgelgehäuse.
Damit das Gotteslob froh erklingen konnte, bedurfte es auch guter Orgeln. Eine kleine Tragorgel zur Verwendung bei den Prozessionen ließ der Abt schon 1753 für 60 fl. erwerben. Zu Beginn des Jahres 1763 war Orgelbauer Blasius Bernauer im Kloster anwesend, um eine neue Orgel von 12 Registern im unteren Chor zu erstellen. Am 3. Juni 1763 konnte diese aufgerichtet und fünf Wochen später erstmalig intoniert werden. Zudem nahm Bernauer Reparaturen an der Hauptorgel „im oberen Chor“ vor und schuf ein Positiv, „das kleine Werkle unter der großen Orgel“.
Welch breiten Raum die Heiligen- und Reliquienverehrung im religiösen Leben des Abtes eingenommen haben, beleuchtet u. a. die Kapitelsitzung vom 25. November 1776. Dort schlug Philipp Jakob vor, „zur größeren Zier des Gotteshauses“ die zum Teil schlecht untergebrachten Reliquien in kostbaren Schreinen zu bergen. Ein erfahrener Augsburger Goldschmied, Georg Ign. Baur, fertigte infolgedessen für den Hochaltar vier große Reliquienpyramiden, acht andere aus vergoldetem Kupfer mit silbernem Zierrat für die Seitenaltäre, dazu die Kanontafeln des Hauptaltares. 2000 fl. waren der Preis für Meister und Material.
Eine wahre Vorliebe besaß der Abt für die Anschaffung von guten Paramenten, Kelchen und anderen Kleinoden. Dafür gab er bereitwillig hohe Summen aus. Von ihm angeschaffte Kelche bilden heute noch den wertvollsten Besitz der Klosterkirche, des Priorates und der Propstei. Er war ein Abt, dem das „Opus Dei“ über alles ging.
Wir können kaum von der inneren Ausstattung des Gotteshauses unter Steyrer reden, ohne eines bedeutenden Werkes Erwähnung zu tun, der Zähringer Stiftergräber. Als ihr Hüter fühlte sich der Abt verpflichtet, sie neu zu gestalten. Hatten doch einst die Zähringer Herzöge ihre Klostergründung auf dem Schwarzwald als eigentliche Grablege bestimmt. Beim Neubau des Gotteshauses 1727 hatte Abt Bürgi neue Grabkammern im Chor herrichten lassen. Diese erschienen Steyrer ungenügend und unwürdig. Die Beschriftung, die zudem teilweise fehlerhaft war, erwies sich allmählich als unleserlich. Deshalb erhielten die Zähringer Herzöge ein neues stattliches und würdiges Grabmal. Am 24. Juli 1768 wurden die bisherigen Grabkammern geöffnet. In neuen Bleisärgen wurden die vorhandenen Gebeine verwahrt. Schon im März hatten Bildhauer Hör und Vogel die Verträge für die neuen Epitaphien übernommen. Am 16. August wurden diese auf der Evangelienseite angebracht und am 22. August 1768 auf der Epistelseite. Diese, aus schwarzem und grauem Stuckmarmor geformt, erhielten die Gesichter aller dort ruhenden herzoglichen Personen aus Kunstalabaster, dazu ihre Wappen. Der Abt konnte den beiden das gleiche Ruhmeszeugnis ausstellen wie heute der Beschauer‚ daß die Gesichter der Gründer und Stifter „kunstvoll herausgearbeitet“ seien.
War vordem die Beschriftung kümmerlich, so wurde sie jetzt. von Steyrer selbst entworfen, geradezu überschwenglich.
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10. Kirchenbauten in Waldau, auf dem Lindenberg und in Eschbach
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Unter der Regierung von Abt Petrus III. Gremmelspach entstand die erste Lindenbergkapelle auf einem pfarrlich zu Kirchzarten und herrschaftsmäßig zum Besitz der Freiherren von Kageneck gehörigen Gebiet. Da gerade der Barock eine Belebung der Marienwallfahrt brachte, war die Kapelle bald zu klein und zu eng. „Die alte Kapelle konnte den Pilgerstrom nicht mehr fassen.“ So trafen sich am 11.Juli 1760 P. Gr. Baumeister, Architekt Willam und der St-Petrische Amtmann Maichelbeck mit dem Beamten des Freiherrn Johann Friedrich von Kageneck, um Pläne und Grenzen zum Bau einer neuen und größeren Kapelle festzulegen. Der eigentliche Initiator war jedoch Steyrer.
Anfangs April 1761 begannen die Bauleute, die alte Kapelle niederzureißen und eine neue zu errichten. Die Leitung hatte der St-Petrische Klosterbaumeister Willam und ein Freiburger Architekt Dominik Hirschbühl. Graf Kageneck hatte diesem die Bauleitung übertragen; „eine ziemlich große und schöne Kirche mit einer angebauten Meßnerwohnung“ hatten sie zu erstellen. Im Juli konnte bereits das Richtfest stattfinden.
Die Innenausstattung erfolgte 1762. Wieder übernahm Franz A. Vogel das Vergipsen und Stuckieren. Die Kosten dafür gingen zu Lasten des Klosters. Die Malerarbeiten übertrug der Abt dem jungen St-Petrischen, von Herrmann ausgebildeten Georg Saum. Er hatte ihn dazu eigens aus Mähren zurückgerufen. Vor Beginn der Arbeit ging Maler Saum nach Munzingen, um sich dem Frhr. von Kageneck vorzustellen. Die Anweisung für sein Oeuvre gab ihm bis ins Detail der Abt. „Ich habe den Maler Saum instruiert, was er in der neuen Kirche malen muß.“ Die Krönung Mariens wurde im Hauptgemälde verherrlicht.
Im September 1764 verkaufte das Kloster eine alte Orgel mit vier Registern dem Frhr. von Kageneck um 100 Gulden für die neue Lindenbergkapelle. Matthias Faller fertigte auch in der neuen Lindenbergkapelle „kunstvoll“ die Kanzel und drei Altäre an. Diese vergoldete und marmorierte Wittmer aus Donaueschingen. Die Arbeiten zogen sich bis 1763 hin. Der Konstanzer Weihbischof Baron von Hornstein nahm am 1. September 1776 die feierliche Konsekration vor. Über die Schönheit des Neubaues und über die Lindenbergwallfahrt hinterließ uns Abt Michael Fritz von St. Märgen wertvolle Notizen. Kaum 25 Jahre Bestand waren der neuen Kapelle beschieden. Dann wurde sie abgebrochen und zum Bau der Eschbacher Pfarrkirche verwendet, wie im folgenden ersichtlich sein wird.
In E s c h b a c h stand bislang nur eine Kapelle; es gehörte pfarrlich nicht zu St.Peter, sondern mit „Buchenbach, Falkensteig, Gürsperg, Himmelreich, Lindenberg, Oberried, Wagensteig, Weiler und Zarten“ zu Kirchzarten. Dennoch besorgten schon lange St.-Petrische Konventualen die Seelsorge.
Nach der Beendigung des Konventsneubaues wurde im April 1759 die bisherige Jakobuskapelle wegen Baufälligkeit abgerissen; am 1. Juli hatte Willam mit seinen Bregenzer Maurern bereits eine neue vollendet, wozu die Talbewohner eifrig mitgeholfen hatten. Der Abt stellte aus freien Stücken die nötigen Bretter, Ziegel und Bausteine. Dankbar versprachen die Eschbacher, dafür jeden Sommer für Abt und Konvent eine hl. Messe lesen zu lassen. Erst am 30. August 1775 erteilte ihr Weihbischof von Hornstein die feierliche Konsekration.
Den übrigen Ereignissen, die, soweit sie Steyrers Zeit berühren, noch ihre Darstellung finden werden, vorauseilend, wenden wir uns jetzt dem Zeitalter Josefs II. zu, in dem wir den bedauerlichen Abbruch der Lindenbergkapelle schildern und den Neubau von Kirche und Pfarrhaus in Eschbach. Denn nur im Zuge der Josefinischen Reformen ist der Abbruch der Lindenbergkapelle verständlich.
Wiederholt waren die Eschbacher bei der Regierung vorstellig, um die Errichtung einer eigenen Pfarrei zu erreichen. Nach der Abweisung vom Jahre 1783 erwog jedoch die Regierung den Plan und hielt nach einer entbehrlichen Kapelle Ausschau. Schließlich offerierte Graf Heinrich Hermann von Kageneck die Kapelle auf dem Lindenberg, „wohin das Volk als zu einer berühmten Wallfahrt große Zuflucht nehme, welche zur Unentbehrlichkeit ziemlich Vorschub leisten könnte“.
Obwohl St.Peter zu den Verhandlungen hinzugezogen wurde, verursachte das Regierungsdekret vom 30. Dezember 1786 im Konvent lähmendes Entsetzen; denn es bestimmte den Abbruch der neuen Lindenbergkapelle. Aus den vorhandenen Materialien mußte das Kloster eine neue Pfarrkirche und ebenso ein Pfarrhaus in Eschbach erstellen. Am 30. Mai 1787 sollte begonnen werden. In jenen Tagen, in denen wie eine dunkle Wolke die Aufhebung des Klosters drohte, war es nicht schwer, vom Konvent hierzu die Zustimmung zu erhalten, zumal die kaiserliche Regierung dem Stift „ewigen Bestand versprach. „Nach vielem Dafür und Dawider“ entschloß sich der inzwischen fast 72 Jahre alt gewordene Abt schwersten Herzens zur Ausführung des Dekretes. Schon waren die Wallfahrten und Wallfahrtsprozessionen von Josef II. verboten worden.
Am 14. 3. 1787 hatte Sturm mitgeteilt, daß er sich am 15. gegen 9 Uhr auf dem Lindenberg einfinden werde. Am Abend zuvor entschloß sich der Abt, das Gnadenbild am frühen Morgen abholen zu lassen, um es in die St-Ursula-Kapelle zu bringen. Er schickte noch spät Boten herum und gab Anweisungen zur Prozession am frühen Morgen. Um 7 Uhr ging diese von St.Peter nach dem Lindenberg; dort hielt man nochmals ein Hochamt, die Mönche sangen wehmütig das „Ave regina“; und 4 Mann trugen das Gnadenbild auf den Schultern nach St.Peter. „Da gyng das Geschrey und Lärmen von den weyberen überlaut an, sodeß eine schöne Harmonie zwischen dem Singen der H. Patres und dem Weibergeschrey gewesen." Gegen 10 Uhr kam die Prozession in St.Peter an. Der Abt ging ihr entgegen und begleitete sie bis zur St-Ursula-Kapelle. Danach wurden auf dem Lindenberg die Altäre und die sepulcra eingeschlagen. Im Anschluß daran erfolgte der Abbruch der Kapelle. - Die Josefinischen und bischöflichen Anordnungen konnten trotz allem die Wallfahrt auf den Lindenberg nicht ersticken. Speckes Tagebuch berichtet uns davon: „In Menge wallfahrten sie dahin und verrichten ihr Gebet bei den Ruinen der Kirche, indem sie behaupten, der Ort sei ein Gnadenort. Das Bild sei nie ein mirakulöses Bild gewesen. Es läßt sich das Volk nicht seine Meinung nehmen . . .“ „Am vorigen Sonntag (9. Nov. 1796) machte der Vogt von Ibental bei mir den Antrag auf eine solemne Prozession nach dem Lindenberg. Ich schlug es wieder ab und redete es ihm aus . . . Die Bauern meinten zuerst, ich könnte es ja ignorieren; sie ließen sich endlich doch belehren und versprachen zu gehorchen und weder Kreuz noch Fahne mitzunehmen; doch wollten sie für sich dahin gehen, was ich ihnen nicht wehren konnte; . . ‚Nach der Betstunde setzte sich also der ganze Zug nach dem Lindenberg in Bewegung. So viele Leute waren gewiß noch nie bei einem öffentlichen Kreuzgange. Schon waren die ersten bei der Ziegelhütte, als die letzten noch im Abteilhof waren. Das Volk wünscht wieder eine Kapelle auf dem Lindenberg zu haben und sehr viele erbieten sich heute auch, daß morgen sogar von St.Märgen eine feierliche Prozession dahin werde angestellet werden.“ Vgl. Speckle / Braun 128/33.

Am 15. März 1787 nahm der bischöfliche Kommissar Stadtpfarrer Sturm von Freiburg die Exsekration auf dem Lindenberg vor. Zuvor war in aller Frühe das jahrhundertealte Gnadenbild nach St.Peter gebracht werden.
Das Vermögen des Lindenberges wurde dem Religionsfonds zugewiesen, nur die benötigten Altäre, Kirchenbänke, Beichtstühle und Baumaterialien durften zum Neubau verwendet werden. Sämtliche Paramente, die hl. Gefäße und Kirchengerätschaften mußten an die Depositenkommission in Freiburg abgeliefert werden. Die übergebenen Kapitalien bezifferten sich auf 1704 fl. 27 kr. Die Versteigerung der Liegenschaften erbrachte 358 fl., so daß der Religionsfonds aus dem Abbruch der Lindenbergkapelle über 2062 fl. profitierte.
Von einer Regierungskommission, die aus dem Referent in geistlichen Sachen, Universitätsprofessor Will, aus Dekan Binz und Generalbaumeister Zängerle bestand, wurde nach mehreren Inspektionen ein Bauplatz ausgesucht. Im Frühjahr 1788 konnte die Grundsteinlegung erfolgen, die in Vertretung des erkrankten Abtes Prior Dörflinger vernahm. Wieder wurden die Namen der St-Petrisehen Konventualen und des Baumeisters Bilgeri auf einer Bleiplatte eingraviert und dem acht Finger tief ausgehöhlten Grundstein eingefügt. Es waren dies der Abt; 24 Patres und zwei Laienbrüder, der höchste Konventualbestand, den St.Peter  jemals hatte.
Schon im Sommer 1785 wurden die zahlreichen auf dem Lindenberg befindlichen Votivtafeln auf höchsten Befehl weggeräumt. - Am 14. 9. 1787 übergab Graf v. Kageneck die „Finalrechnung der Lindenbergkapelle“, wonach der Barbestand Ende 1786 92 fi. 47 kr. betrug, die Stiftungskapitalien 458 fl. 20 kr.‚ die verwirtschafteten ausgeliehenen Kapitalien 1128 fi. 20 xr. Er legte ein Verzeichnis derjenigen bei, die Lindenberg-Kapitalien ausgeliehen hatten. Es waren meistens Bauern aus der näheren Umgebung. - Die Versteigerung der Liegenschaften fand am 22. April 1788 „in dem neuen Wirtshaus im Ybachtal“ statt. Juden waren zur Versteigerung nicht zugelassen. Für das „alte Haus“, ein bei der Kapelle stehendes Haus, wurden vom Mesner Joh. Schlegel 185 fl. geboten; das kleine „Bruderhäuschen“ wurde für 173 fl. von Andreas Schwarz ersteigert. Für die zu 100 fi. angesetzte Orgel fand sich kein Käufer. Der Kagenecksche Amtmann Ruf und der Vogt vom Unteribental, Andreas Wirbser, leiteten die Versteigerung. Vgl. Fasz. Kageneck Ybental II + III.

Kirche und Pfarrhaus wurden vom Abte größer und schöner erstellt, als dies verlangt war. Um ein Fenster wurde das Gotteshaus verlängert, das im übrigen innerlich und äußerlich der abgerissenen Wallfahrtskirche auf dem Lindenberg gleicht. Darin ließ man die von Faller verfertigten Lindenberg-Altäre aufstellen, ebenso die Kanzel, die der in Sölden ganz ähnlich ist. Simon Göser, der in St.Peter zur besten Zufriedenheit gemalt hatte, erhielt den Auftrag, fünfzehn größere und kleinere Fresken aus dem Marienleben zu malen. Das gut gelungene Deckenfresko zeigt die Aufnahme Mariens in den Himmel, vom Meister 1790 signiert. Der gesamte statuarische Schmuck stammt aus  Fallers Werkstätte. Die Pfarrkirche selber ist 35X11X 9 m groß. Es fällt auch auf, daß das Pfarrhaus besonders groß gebaut wurde. Es ist ein starker, zweistöckiger Bau, mit etwa zehn zu Zimmern benützbaren Räumen, mit einem guten, geräumigen Gewölbekeller und mehreren Nebengebäuden. Vermutlich dachte der Abt an ein Ausweichquartier für Katastrophenzeiten. Zum Pfarrhausbau mußten ebenso wie zur Kirche die Eschbacher Untertanen beschwerliche Hand- und Zugfronden ausführen. Das gab bei der übermäßigen Ausdehnung des Pfarrhofes Streitigkeiten (Fasz. Pfarrarchlv Eschbach IX b, 1857.)
Die feierliche Konsekration nahm der Konstanzer Weihbischof Wilhelm Josef Leopold von Baden am 9. September 1791 vor. Tags darauf spendete er über 700 Knaben und Mädchen die hl. Firmung. (Quellen zu Eschbacher Bauten: PRC II, 413/34; APSU III, 204. 195 APSU III)
Am Tage vor der Konsekration ward das Gnadenbild vom Lindenberg, das über drei Jahre auf dem Hochaltar der St.-Ursula-Kapelle in St.Peter gestanden und auch dort größter Verehrung sich erfreut hatte, in feierlicher Prozession von den Eschbacher Pfarrkindern abgeholt und von den St.Petrischen dorthin begleitet. Beim Wegzug stellten sich allerdings die Frauen aus dem Ibental dagegen und wehrten sich gegen den Abtransport. Das jetzige „Gnadenbild“ auf dem Lindenberg ist eine Kopie.
Die Bauten in Eschbach, die sich für das Tal und die umliegenden Weiler zum größten Segen entwickelten, bürdeten Abt und Konvent schwere finanzielle Lasten auf. Auf über 24 000 Gulden beliefen sich die Unkosten. Dazu mußte das Kloster einen Konventualen als Pfarrer nach Eschbach abstellen; als ersten schickte der Abt seinen Neffen P. Franz Steyrer.
Von weiteren Veränderungen in der Kirche ist lediglich bekannt, daß bei einer Restauration im 19. Jahrhundert der Kreuzaltar als „störend“ entfernt wurde; man verschenkte ihn nach Obersäckingen. (Vgl. Fasz. Ptarrarchiv Eschbach IX a + d.)

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16. Straßen und Brücken
Der rastlose Abt kümmerte sich auch um das Anlegen neuer und guter Straßen und Brücken. War doch gerade sein Herrschaftsgebiet von Natur aus auf solche angewiesen. Beim Bau einer Dreisambrücke bei Ebnet 1757 übernahm das Stift ein Viertel der Kosten, die sich auf 1700 Gulden beliefen, wovon also 425 Gulden von ihm zu begleichen waren. Großangelegte Straßenerneuerungsarbeiten und -neubauten ließ der Abt in den Jahren 1761- 65 durchführen. Ein neuer Weg in das Ibental und in das Seelgut waren notwendig geworden. ln den Tagebucheinträgen und in den Verträgen mit den Untertanen wurde ausdrücklich festgehalten, daß Straßeninstandsetzungsarbeiten rechtlich allein Aufgabe der Untertanen seien. Dennoch half das Kloster unter großen Unkosten wesentlich mit; es stellte jeweils einen Bauleiter, der vom Kloster den Lohn erhielt ferner das Sprengpulver, Verpflegung für die Arbeiter und die nötigen Werkzeuge. Mit regem Interesse begleitete der Abt die angeordneten Arbeiten, insbesondere das Werden einer neuen Straße durch das Eschbachtal. Diese wurde, schöner, breiter und bequemer als bisher, 1761 begonnen. Beim Winteranbruch konnte den Bauern das Lob ausgesprochen werden, mehr erreicht zu haben, als je einer für möglich gehalten hätte. Am 22. Mai 1761 hatte Steyrer über den genannten Straßenneubau mit den Untertanen einen Vertrag geschlossen, der einen nicht unbedeutenden Einblick in die rechtlichen Verhältnisse und in das friedliche, harmonische Zusammenarbeiten zwischen Abt, Stift und Vogteien gewährt. Die unterzeichneten Vögte erkannten die tatkräftige und kostspielige Mithilfe des Klosters dankbar „als eine pure Gnad“ an.
Am 20. April 1762 wurden zwei neue Steinbrücken begonnen, die eine in der Nähe der kleinen St.Ursula-Kapelle, die andere an der Straße Richtung Eschbach. Nach Vollendung der letzteren begannen Klosterarchitekt und Maurer, die eifrig mitgeholfen hatten, den neuen Kirchenbau zu Waldau. Auch für das folgende Jahr vermeldet der Abt die Fortsetzung des Straßenbauprogramms und der Erweiterungsarbeiten durch das Eschbacher Tal und einen neuen breiten Weg durch das „Schirrwäldele.
1765 waren abermals die Bauern von Rohr, Eschbach und Seelguth beim Wegebau, wozu das Kloster wieder Material und Verpflegung stellte.
Aus dem Jahre 1771 liegt eine Nachricht vor, wonach der Abt allen Vögten ernsthaft einschärfte, die Straßen und Wege, die jetzt mit großem Kostenaufwand hergestellt seien, gut instand zu halten. In späteren Jahren, so 1779, wurden vom Kloster zwei neue Brücken in fremdem Territorium errichtet, die eine im Sickingenschen Gebiet, die andere auf Kageneckschem Boden bei Stegen. Da sie aber von St.Petrischen Untertanen benützt wurden, übernahm das Stift die Bezahlung der anfallenden Kosten.
Wir dürfen die Tatsache, daß das Benediktinerstift St.Peter, wie der abgeschlossene Akkord zur Genüge zeigt, den zum Bauen und Instandhalten allein verpflichteten Untertanen so wesentlich und aktiv geholfen hat, nicht gering anschlagen. Eine solche Haltung dürfte bei anderen Herrschaften recht selten gewesen sein. Damit ist die soziale Gesinnung des Abtes aufs neue ins rechte Licht gerückt.

III. Abt Philipp Jakob als Gründer der Bibliothek
1. Welche Bestände fand der Abt vor?
Philipp Jakob gilt vor der Geschichte als Erbauer und Vollender einer der schönsten Bibliotheksräume unserer süddeutschen Heimat. Nicht nur das! Er ist auch der Begründer der eigentlichen StPetrischen Bibliothek. Denn ein solch einmaliger Bibliotheksraum war für ihn Verpflichtung. Es ist das unbestrittene Verdienst unseres Abtes, diesen großartigen „Büchersaal“ nicht nur geschaffen zu haben; es ist seine noch größere Leistung, eine der prachtvollsten Bibliotheken seiner Zeit begründet zu haben. Dies ist zugleich ein Beweis für die Wertschätzung, deren sich die Studien in Steyrers Stift und Konvent erfreuen durften. Dafür zeugen nicht nur die äußere Gestaltung, sondern auch besonders der kostbare Schatz an Büchern, den unser Abt für seine Stiftsbibliothek erwarb.
Das Bauen hat er nur geplant, Richtlinien gegeben, Ideen und Motive den einzelnen Meistern vorgeschrieben: den Auf- und Ausbau der Bibliothek aber leitete er ganz allein. Er wählte die Bücher aus, er verhandelte mit den einzelnen Buchhändlern, er ging auf die Suche nach antiquarischen Beständen, er ließ die Bücher nach seinem Geschmack binden, er ließ die großen Kataloge schreiben; mit Stolz konnte er daher seine zahlreichen Gäste jeweils in die Bibliothek führen.
Wir wollen nun zunächst versuchen, aufzuzeigen, was Steyrer vorfand und übernehmen konnte; dann, wie er die eigentliche Bibliothek begründete und vermehrte, nach welchen Richtlinien er sie aufbaute, welch reichhaltige Bestände sie enthielt, und schließlich, welches Schicksal der St.Petrischen Bibliothek in der Säkularisation zuteil geworden ist.
Bei der dreitägigen Feuersbrunst in den letzten Junitagen des Jahres 1678 wurden auch sämtliche Bücherbestände zu Asche. Erst der wissenschaftlich und geistig sehr rührige Abt Bürgi konnte wieder die ersten Bestände für eine Hausbibliothek beschaffen. Schon vor 1736 datiert die Erwerbung der etwa 600 Bände umfassenden Bibliothek des am Münster tätigen Freiburger Präsenzherren Franz Xaver Hauser. Auch im Jahr 1736 erfolgte ein größerer Bücherkauf. Beide Erwerbungen fanden ihre vorläufige Unterkunft im Peterhof zu Freiburg. Ebenso wurden 1735 bei den drohenden Kriegswirren die wohl geringen Bestände der klösterlichen Hausbibliothek dorthin verlagert. Weil sie in Eile und fahrlässig verladen wurden, gingen auf Grund des Leichtsinns der Diener viele Bücher verloren. Nicht unwesentlich zur Klärung der Frage nach den vorhandenen Beständen ist auch die Bemerkung P. Maichelbecks über den Zustand des bei seinem Eintritt vorgefundenen Konventes . . . „Nach dißer Uhre kamen einige biß oben vergitterte Kästen, worin der ganze Bücherschatz aufbehalten ware. Diße Bücher bestanden in alten Prediger, Mediciner, Bodaniker, alte gebundene Zeitunge, und Salzburger Kalender. Die besten Bücher waren damals in Freiburg als Kriegsgefangene und wurden um keinen Preiß aus ihrer Gefangenschaft losgelassen. . .“
Wir werden nicht fehlgehen, wenn wir die vor Steyrer vorhandenen Bücherbestände als gering veranschlagen. Wenn zudem von diesem, wie P. Baumeister berichtet, „viele“, zugrunde gegangen sind - ein Vermerk, den man freilich nicht pressen darf - so dürfte die Annahme berechtigt sein, daß unser Abt kaum 1000 Bände angetroffen haben mag. Das legen auch die Bemerkungen vom Rücktransport nahe, da es insgesamt nur zwei Fuhren gab. Von den insgesamt 196 in der Karlsruher Landesbibliothek verwahrten ehemaligen St.Petrisehen handschriftlichen Werken wurden nur drei vor 1750 erworben.
Unter Abt Benedikt II. Wülberz, der sparsam und haushälterisch, ja beinahe knauserig geschildert wird, wurden vermutlich keine nennenswerten Anschaffungen getätigt. Es liegen keinerlei diesbezügliche Nachrichten vor. Der Mangel an finanziellen Mitteln war nicht allein Ursache für die Einstellung des vom Vorgänger Bürgi begonnenen Bibliothekbaues. Wäre ein beachtlicher Bücherbestand vorhanden gewesen und hätte er selber besondere bibliophile Neigungen besessen, dann hätte er mehr Sinn für die Weiterführung des Bibliotheksbaues gehabt. Anstatt dessen trug er sich ja, wie erinnerlich, mit dem Gedanken, aus dem großen Raum Gästezimmer herrichten zu lassen.
Aus der Tatsache, daß Abt Bürgi einen Bibliotheksbau begann, darf man nicht schließen, daß dies geschehen sei, um Raum für vorhandene Bücherbestände zu schaffen. Abt Ulrich hatte eine Vermehrung des Bücherbestandes wahrscheinlich erst geplant. Es war damals die hohe Zeit der Bibliotheken. Wenn große Mengen Bücher vorhanden gewesen wären, hätte das Kapitel sich besser hinter den Abt gestellt und unter dessen Nachfolger den Weiterbau der Bibliothek durchgesetzt. Keine einzige Stimme ließ sich aber dafür vernehmen. Im Gegenteil! Da eben der Abt das Zeitliche gesegnet hatte, entließ das Kapitel die beiden schon bestellten Künstler Spiegler und Feuchtmayer und ließ in der Folge das angefangene Werk mehr als zehn Jahre lang kläglich im Stich.
2. Wie vermehrte Abt Steyrer die vorhandenen Bestände?
Zunächst sei bemerkt, daß Philipp Jakob keine Gelegenheit versäumte, auf seinen Dienstreisen jede größere Bibliothek zu besuchen. Von Anfang an hatte er mehrere Buchhändler an der Hand, vor allem den Ulmer Verleger Joh. Konr. Wohler. Fast jedes Jahr erschien dieser im Frühjahr und Herbst in St.Peter, war Gast des Abtes und unterbreitete seine Bücherangebote. Leider vermerkte der Abt nie, was und wieviel er von ihm und durch ihn bezogen hat. Gelegentlich kam auch der Freiburger Buchbinder Hagenbuch mit Wohler, bei dem letzterer eine geheime Niederlage errichtet hatte. Die Gebrüder Ignaz und Anton Wagner, Buchhändler zu Freiburg, standen dem Abt ebenfalls des öfteren zu Diensten. Mehrere andere Buchhändler finden bei der Schilderung einzelner Aufkäufe Erwähnung.
Schon für das erste Regierungsjahr vermerkt die Chronik: „Er kaufet auch in diesem und den folgenden Jahren sehr viele Bücher, um denselben (Büchersaal) damit anzufüllen.“ Wie verschiedene kleine Mosaiksteinchen ein Gesamtbild ergeben, so sollen auch mehrere in den Quellen überlieferte Bücherkäufe uns einen Abt zeichnen, der jede Gelegenheit nützte und keine finanziellen Opfer scheute. um den schönsten Raum, den St.Peter neben dem Gotteshaus sein eigen nennen kann, damit zu füllen. Im September 1752 nahm er beim Basler Buchhändler Thurneisen einen größeren Einkauf vor. Gegen Ende des Jahres 1753 gelang ihm ein wertvoller Erwerb. Mit dem Kunstmaler Franz Ludw. Herrmann fuhr er zum Kloster der Zisterzienserinnen nach Günterstal bei Freiburg und kaufte von der Äbtissin, die vielleicht in Not geraten war, ein zehnbändiges Bibelwerk „und viele andere Bücher von sehr seltener und sehr alter Ausgabe“, darunter einen Kodex, in dem in Handschrift das „theologicum dictionarium“ des Alanus enthalten war, dazu sehr viele alte Bibeln. Nur sechs Goldkarolinger brauchte der Abt zu seinem Erstaunen dafür zu bezahlen. Seine übergroße Freude über den seltenen und wertvollen Erwerb vertraute er, der sonst spärlich mit der Wiedergabe der eigenen Stimmung und Gefühle umging, seinem Tagebuch an: „Ich empfand eine übergroße Freude darüber, daß ich so unverhofft einen solchen Schatz von Büchern entdecken und so billig erwerben konnte. Vor allem aber freuten mich so viele Bibelausgaben ältester Herkunft, wo bis jetzt keine einzige dieser Art in der Klosterbibliothek zu finden war. Je unverhoffter, desto willkommener und angenehmer war mir des Schicksals Gunst. Allzulange kam mir die Nacht vor. So sehr brannte in mir der Wunsch, die gekauften Bücher mit nach Hause zu nehmen, um sie sorgfältiger durchsehen zu können.“ Tags darauf: „Wie im Triumphzug nahm ich die gestern erworbenen Bücher dankbarsten Herzens mit nach St.Peter. Der Wagen war voll beladen.“
Bald nachdem die vorhandenen Bestände in die von Faller gelieferten Büchergestelle eingeräumt waren, wurde ihm vom Freiburger Adelhauserkloster ein Angebot gemacht. Er beauftragte P. Borer mit der Inspektion und dem Kauf. Außerdem fielen in jene Zeit noch andere größere Erwerbungen, sonst hätte der Chronist nicht schreiben können: „In diesem wie auch im vorigen Jahre hat er kostbare Bücher, seltene alte Schätze gekauft und die Bibliothek damit vermehrt.“ - „Unser Abt fährt fort, den Büchersaal mit raren und schönen Büchern anzufüllen. Anläßlich eines Besuches des Dieners der gallisch-kalvinischen Gemeinde zu Basel, Bartholomäus Himmele, im Juni 1754 vermerkte der Abt, daß dieser ihm schon „seit einigen Jahren sehr viele und ausgezeichnete und seltene Bücher für die neue Bibliothek“ besorgt habe. Gelegentlich gelangten auch durch Tausch Bücher in den Besitz des Abtes. Nicht unwesentlich ist eine Notiz vom 14. Juli 1758, wonach schon länger als 14 Tage Buchbinder Hagenbuch aus Freiburg damit beschäftigt sei, die Archivschriften zu binden. Und am 16. Juli 1762 vermerkte der Abt: „Heute wurde die Arbeit eines ganzen Jahres vollendet, indem von dem erfahrenen Kalligraphen P. Maurus Schwörer und Bruder Fidelis die Titel unserer Bibliothek in Bücher eingetragen worden sind. Die Gesamtleitung hatte P. Konrad Borer, der Präfekt der Bibliothek.“ Zum Glück sind uns diese überaus wertvollen handschriftlichen Kataloge, die uns in der Folge noch öfters Auskunft geben werden, auf der Freiburger Universitätsbibliothek erhalten. Wertvolle Handschriftenerwerbungen fallen in das Jahr 1763: „Indessen hab ich abermahl unsere bibliothec mit einig raren editionibus und mss. vermehret...“, so in einem Brief an Lamey.
Im März 1766 trat ein bis jetzt unbekannter „ignotus bibliopola" namens Otto aus Lindau zum erstenmal in St.Peter als Gast auf. Im folgenden Jahre besorgten ihm die Freiburger Kapuziner wieder einige wertvolle Bände, eine ganze griechische Bibelausgabe, einige lateinische Bibeln aus dem 15. Jahrhundert, also Wiegendrucke, vor allem einen ganz besonders prächtig handgeschriebenen Kodex, der einst dem hl. Fidelis von Sigmaringen gehört hatte, und auf dessen Deckel dieser mit eigener Hand seinen Geburtsnamen geschrieben hatte: „Marcus Roye,  J.U.D.“ Im Frühjahr 1768 war Buchbinder Eisenlohr von Emmendingen im Kloster anwesend, um mit einem Laienbruder aus Ettenheim Bücher einzubinden. Ein Jahr später wurden zwei Patres, P. Steigmüller und P. Dörflinger, von ihren Klosterdiensten entlastet, um ungestört Bücher in die Bibliothek einräumen zu können. Vermutlich handelte es sich um die Einordnung der Anfang November 1768 erworbenen Boriéschen Bibliothek von 300 Bänden, fast lauter seltene und kostbare Stücke, die 600 Gulden gekostet haben. Die Bücher würden wertmäßig den Preis um das Dreifache übersteigen.
Der Sekretär des Straßburger Professors Schöpflin, der mit dem Abt befreundet war, begegnet uns 1769 zum erstenmal bei der Mithilfe, Steyrers Bibliothek zu vermehren. Es ist Lizentiat Christoph Wilh. Koch. Die Post brachte eine von ihm vermittelte Kiste voll mit Büchern aus Straßburg, äußerst seltene und kostbare Werke.
Buchhändler Wagner belieferte den Abt auch 1770 noch mit Büchern. Da die nach 1772 geschriebenen Tagebücher des Abtes verschwunden sind, versagt eine der wichtigsten Quellen für den Büchererwerb. Doch geben uns die Bestände der Abt. 102 GLA einige wichtige Hinweise. So liegen aus dem Jahre 1771 zwei Briefe des Bibliothekars P. Borer an den Basler Domkapitular Freiherrn Karl von Eberstein vor. Ein Zeitgenosse jener Jahre schrieb: „So sorgfältig nun dieser Abt für die Zierde seiner Kirche und für die Ausbreitung des göttlichen Dienstes ist; ebenso läßt er sich auch die Aufnahme der Gelehrsamkeit bey den Seinigen angelegen seyn. Er sucht zu diesem Ende die Schätze seines Büchersaales täglich zu vermehren; und es ist derselbe wirklich mit sehr vielen alten Handschriften und Büchern von seltener Auflage auf das reichlichste versehen (die man vielleicht zu seiner Zeit in den Nachträgen unter den Beylagen dem gelehrten Publikum mitteilen wird)“.
Ein Gelehrter von Rang, der wiederholt die St.Petrische Bibliothek durchstöberte und Eindrücke schriftlich hinterließ, Abt Martin Gerbert von St.Blasien, widmet in „Iter Alemanicum“ auch Steyrers Stift und Bibliothek einen gewichtigen Abschnitt. „Vor allem wurde eine Bibliothek eingerichtet, die sehr geziert ist und zugleich vor gefräßigen Flammen gesichert, ein literarischer Kirchenschatz für unbeschaffenbare Schätze, die zu erhalten Abt Steyrer mit allen Kräften wachsam bemüht ist, damit er diesen seinen Parnaß den Musen angenehm und geneigt mache.“ Verschiedene kostbare Werke wurden von Gerbert näher geschildert.
Über die Hälfte aller Handschriftenerwerbungen fallen in das Jahr 1781; die noch vorhandenen Kaufvermerke bezeugen dies. Wieder war es Professor Koch von Straßburg, der auf verschiedenen Büchermärkten wertvollste Werke für unseren Abt ersteigerte. Schon am 15. Dezember 1780 teilte er dem Abt mit, daß die in Brüssel ersteigerten Bücher bereits abgeschickt seien. Meistens seien sie teurer gekommen als vermutet. Für das gleiche Jahr 1780 liegt ein Briefwechsel mit einem nicht näher bekannten Bruno Neuling vor, der gleichfalls aus Straßburg Bücher übersandte. „Habe die Ehre, die bewußte Bücher zu überschicken.“ So am 14. Oktober 1780; nochmals am 14. März 1781, da er mitteilte‚ daß er von Straßburg „zwei Säck voll“ abgeschickt habe. Er werde nochmals eine Sendung zusammenstellen. Am 19. März 1781 informierte Chr. Wilh. von Koch den Abt über bevorstehende Auktionen. „Mit morgen abgehendem Postwagen überschicke ich einen schönen Catalogum von Bücheren‚ welche nächst kommenden Monath Junius in Leipzig versteigert werden sollen. Haben Euere Durchlaucht zu dem einen oder anderen Lust, so belieben Sie mir solches anzuzeigen und den Preis der Bücher beizusetzen. . ‚ Während von den 1807 nach Karlsruhe abgelieferten Handschriften neun einen Kaufvermerk für das Jahr 1780 tragen, sind es insgesamt 95, die im Jahre 1781 angeschafft wurden; für die Bereicherung der Bibliothek demnach eines der fruchtbarsten Jahre. Deshalb mußte der Bibliothekar auch daraufhin einen „Catalogus Manuscriptorum“ anfertigen, der allerdings nicht mehr aufzufinden ist.
Auch aus Wien ließ der Abt noch 1787 Bücher kommen, also doch zu einer Zeit, da drohend das Damoklesschwert der Klosteraufhebung über den österreichischen Konventen hing. Wir können sagen, daß Abt Steyrer überall Zugriff, wo Angebote vorlagen, die eine Bereicherung seiner Bibliothek versprachen. Erstaunlich ist auch die Anzahl von 25 bibliographischen Werken, die unser Abt rege benützte‚ ja in denen heute zum Teil noch Notizblätter mit Korrekturen und Kaufwünschen zu finden sind. Es fehlten nicht die Kataloge berühmter Bibliotheken, wie z. B. der „Bünaviana“, der „Bibliotheca Uffenbachiana“, der „Bodleiana“ (Oxford), ebensowenig die Verzeichnisse von seltenen und schwer erhältlichen Büchern.
Mit welcher Freude der Abt an seiner Bibliothek hing, zeigt die Gewohnheit, in viele der von ihm gekauften Bücher den Anschaffungsvermerk eintragen zu lassen. Wie Bibliotheksfachleute sagen, stellt die Art und Weise der von Steyrers Bibliothekaren auf dessen Geheiß eingeschriebenen Einträge etwas Einmaliges dar. Die Bibliothek wurde so sein Stolz. Gerne öffnete er sie fremden Patres zum Exzerpieren, so z. B. Jakob Danzer, der mehrere Tage beim Abt auf Besuch war: „War aber die meiste Zeit in der unvergleichlichen Bibliothek und sammelte mir ein ziemliches Päckchen, das Sie zu seiner Zeit wohl auch lesen werden. Nur muß ichs erst auskochen . . .“ Franziskaner und Kapuziner hielten sich nicht selten zum Studium in der Bibliothek auf. Professor Engelbert Klüpfel konnte so seinem Freunde Philipp Jakob im Nachruf bestätigen: „Als der Abt sein Amt antrat, war nichts vorhanden als der Zahl nach wenige Bücher, und diese von nicht großem Wert und Nutzen . . . Als aber der Abt starb, wie herrlich der Bibliotheksraum, welche harmonische Gliederung der Büchergestelle, welch eine Fülle von ausgewählten Werken jeder Art und nicht minder seltenen wie nützlichen! Diese hatte er mit großen Unkosten von überallher erworben, um die Bücherei von St.Peter zur besteingerichtetsten aller Bibliotheken zu machen.“
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VII. Verwaltung — Ökonomie — Streitigkeiten — Untertanen
1. Verwaltung des Klosters und des Besitzes
„Wie er dieses alles und noch so vieles andere konnte, war oft auch denjenigen unbegreiflich, welche Wirtschaft verstehen und seine Fonds kannten; allein hierin war er kein gewöhnlicher Mensch: Ordnung, Zweckmäßigkeit und Austheilung verstand er wie wenige.“
Der eigene Klosterbesitz‚ die Stiftungsgüter, waren die Quellen, aus denen die finanziell-wirtschaftliche Seite aller Unternehmungen sichergestellt wurde. Wenn Abt Philipp Jakob nicht einen tadellos und einwandfrei, für jene Verhältnisse modern funktionierenden Verwaltungsapparat eingerichtet und unterhalten hätte, wäre dies beim nicht allzu großen herrschaftlichen Besitz unmöglich gewesen. Auch auf dem Gebiete der Verwaltung führte er lohnende Reformen und Neuerungen ein. Als Sohn eines Verwaltungsbeamten brachte er alle Voraussetzungen dafür mit.
Eine der ersten Amtshandlungen des neugewählten Abtes war die Ordnung der Administration. Bisher hatte der Bruder des verstorbenen Abtes, Petrus Wülberz, als Steuereinnehmer oder Landschaffner (Rezeptor) ziemlich selbständig gehandelt. Über neun Jahre hatte er dem Kloster gegenüber keine Rechenschaft mehr abgelegt. Viele einlaufende Klagen bestätigten dem neuen Abte die schlechte Amtsführung. Da er über die letzten zehn Jahre keine Rechenschaft ablegen konnte und eine ihm vom früheren Abt geliehene Summe nicht zurückzuerstatten vermochte, enthob ihn der Abt seines Amtes. Im gleichen Jahre noch, am 11. November 1750, ernannte Steyrer seinen bisherigen Sekretär Maichelbeck zum „Amtmann“. Das Kloster hatte bislang noch keinen Beamten in dieser Stellung. Als Begründung für diese Neuerung, die vermutlich bei älteren Kapitularen Verwunderung hervorrief, gab der Abt die ständig sich mehrenden Aufgaben und Arbeiten im Kloster und Herrschaftsgebiet an. Frühere Äbte hätten mit dem P. Culinarius und einem „Secretarius“ alles gut bewältigen können; doch in jetziger Zeit, da die Rechte und Freiheiten der Klöster so sehr bekämpft werden und zudem der Abt oft abwesend sein müsse, wäre dies unmöglich geworden. „Mögen meine Nachfolger machen, was sie wollen; ich jedenfalls kann das schwere Amt mit weniger als drei Mitarbeitern nicht bewältigen.“
Aus dem Jahre 1783 erfahren wir über die genaue Tätigkeit und die Bezahlung eines St.-Petrischen Amtmannes.
Amtmann Maichelbeck, über dessen Geschäftsführung sonst nie Klagen kamen, wurde in den letzten Lebensjahren ein „ungetreuer Verwalter“. Im Dezember 1766 kam ihm der Abt auf die Spur großer Unterschlagungen. Insgesamt betrog er das Kloster um 3700 fl. „Die Nachfolger mögen keinem Beamten mehr trauen“, ist das verständliche Urteil des enttäuschten Abtes. Nach des ersten Amtmanns Tod versah ein Sekretär Josef Hülz aus Schwaben über ein Jahr diese Stelle. Wegen schlechter Eignung mußte der Abt ihn entlassen. Am 5. Juli 1768 holte Steyrer in Freiburg einen neuen Amtmann ab, Andreas Leonhard Schmid aus Frastanz in Rhätien, der in Wien die höheren Studien absolviert hatte, Erfahrung in juristischen Dingen besaß und schon auf eine dreijährige Praxis hinweisen konnte.
Gegen Ende des Jahres konnte das Kloster einen besseren verpflichten, der vier Jahre lang treue Dienste geleistet hat. Es war dies Carolus Enroth. Derselbe beanspruchte den Titel „Oberamtmann und Rat“, den man nur ungern bewilligte, und ein Jahressalär von 1000 fl. Enroth besaß französische und italienische Sprachkenntnisse. Die feierliche Verpflichtung und Amtseinführung des neuen Oberamtmannes erfolgte am 8. Mai 1769. Die Rede, die der Abt dabei hielt, ist aufschlußreich. Nicht immer verstand es Enroth mit den Untertanen. Nach fast vierjähriger Tätigkeit quittierte er den Dienst im Kloster, um in Buchau Kanzleidirektor zu werden“.
Im Januar 1773 wurde ein Vertrag mit Thaddäus von Weinzierl abgeschlossen, der ebenfalls „Examinat der Rechten“ war. Elf Jahre war dieser „des Klosters Würdigster Oberamtmann“. Am 26. April 1783 nahm er eine Regierungsdirektorenstelle an.
Am 16. April 1783 hatte sich der Abt an das Kloster Petershausen gewandt mit der Bitte, ihm den dortigen Oberamtsrat Mercy zu überlassen. Dieser wurde im Kapitel vom 26. April einstimmig angenommen. Mercy versah den Dienst in jenen schweren Jahren treu und zuverlässig bis zur Aufhebung des Klosters 1806.
In Zähringen, St. Ulrich und Geyersnest setzte Steyrer einen eigenen Amtmann ein. Bald nach dem Erwerb der Zähringer Heimat erhielt des Abtes eigener Bruder Franz Anton diese Stelle, vermutlich nur nebenamtlich‚ denn mit dem mageren Gehalt von jährlich 100 fl. wäre er sonst nicht ausgekommen. Am 10. Januar 1794 starb des Abtes Bruder. Darauf wurde dessen Schwiegersohn, der bisherige Regierungsadvokat Schlaar‚ auf diese Stelle verpflichtet. Pro Jahr erhielt er für sein Amt als Präfekt von Zähringen, Geyersnest und St.Ulrich 250 bis 300 fl.

2. Klosterärzte
In vorbildlicher Weise sorgte der Abt durch die Anstellung eines eigenen Klosterarztes für die Gesundheit seiner ihm Anvertrauten. Diesem war streng zur Pflicht gemacht, zweimal im Jahr zum Aderlaß zu kommen und am Tage darauf das „Examen medicum“ vorzunehmen.
Am 16. April 1750 wurde Universitätsprofessor Dr. Philipp Josef Strobel als Hausarzt mit festem Gehalt angestellt. Zwanzig Jahre übte er zur Zufriedenheit von Abt und Konvent das übertragene Amt aus. Nach seinem Tod am 17. Februar 1769 wurde Universitätsprofessor Dr. Rodecker verpflichtet. Nachdem dieser am 28.Februar 1791 das Zeitliche gesegnet hatte, betraute das Kapitel am 8. März 1791 Professor Georg Karl Staravasnig mit der frei gewordenen Stelle.
Den Klosterärzten zur Seite stand ein „chirurgus“. Als Nachfolger des aus St.Märgen stammenden Caspar Rombach, der seit dem 25. Februar 1747 im Kloster tätig war, wurde am 17. Mai 1757 der ehemalige „Kämmerling“ Caspar Schienle zum Barbier und Chirurgus verpflichtet. Diesen löste am 19. August 1782 ein Johann Nepomuk Blank ab. Die erhaltenen Verträge geben Einblick in die Aufgaben der Verpflichteten.

3. Wiedererwerb der Kastvogtei
Kurz vor dem Tode der Monarchin Maria Theresia konnte der Abt nach langwierigen Verhandlungen ein wertvolles Gut zurückerwerben: die Kastvogtei, d. i. „Jus advocatiae“ über St.Peter, Eschbach, Rohr und Ibental.
1526 hatten die beiden Markgrafen Ernst und Philipp von Baden-Hachberg die Kastvogtei dem Haus Österreich vermacht. Da dies die Kaufsumrne nicht gleich bezahlen konnte, streckte St.Peter 1000 fl. vor und übernahm sämtliche Rechte und Einkünfte der Kastvogtei als eine „wiederlösige Pfandschaft“. Kurz vor Weihnachten 1778 machte deshalb die österreichische Regierung diese dem Kloster streitig und wollte sie an sich reißen. Doch unter allen Umständen trachteten Abt und Konvent danach, in diesen gefahrvollen Zeiten das Kastrecht zurückzuerhalten und selbst als Eigentum es zu besitzen. Man war zunächst bereit, eine Summe von 3000 fl. zu erlegen. In hartnäckigen Verhandlungen schraubte die Regierung die Kaufsumme immer höher, zuletzt waren es 7500 fl. Am 15. Juni 1780 wurde schließlich der Vertrag unterzeichnet; gerne bewilligte das Kapitel die stattliche Summe. „Dies ist zwar viel Geld, allein: die Freiheit ist teurer als Gold.“ Der Abt hatte kaum mehr an die Rückgabe der Kastvogtei geglaubt, um so größer war jetzt seine Freude. Für die Freiheit scheute er nie ein Opfer.
Neue Lebensfreude brachte dem Abte auch die Bestätigung des Klosters durch Josef II. Das Kloster hatte bei jedem Regierungswechsel die „Bestätigung“ zu erbitten. Auch Josef II. verweigerte sie nicht.

4. Vermessung des Klosterterritoriums
Philipp Jakob Steyrer, überall auf Ordnung und auf klare Verhältnisse bedacht, ließ wiederholt die Grenzen seines Gebietes neu aufnehmen. Am 17. Oktober 1765 begannen der P. Cellerar und Schreiber Schienle Pachtfelder und Pachtwiesen neu zu beschreiben, um Feldsteine setzen zu können zur Verhütung etwaiger Grenzüberschreitungen.
Zwei Jahre später ließ der Abt ein heute noch bewundernswertes Werk in Angriff nehmen: die Vermessung des gesamten dem Kloster unterstellten Territoriums. Ein bekannter Geometer namens Johann Adam Diezer aus Alzey, kalvinischen Bekenntnisses, begann am 1. Juli 1767 mit Sohn und P. Cellerar die Vermessung beim Lindenberg. Gelegentlich wurde P. Gregor Baumeister, der erfahrene Klosterhistoriker und derzeitige Prioratsverweser in St.Ulrich, gerufen, um dem „Feldmesser“ beim Bezeichnen und Aufschreiben der Hof- und Gewannenamen für die geographische Karte des Stiftsterritoriums behilflich zu sein.
Am 28. Februar 1768 konnte der Abt nach der Vesper die Kapitularen ins „Museum“ rufen und ihnen die verfertigten topographischen Karten des gesamten St.Petrinischen Klostergebietes, eine große und eine kleinere, auf denen nach Länge und Breite das Stiftsterritorium verzeichnet war, zeigen, die Geometer Diezer mit größtem Fleiß und Geschick hergestellt hatte.

5. Ökonomie-Einkünfte - Wälderbewirtschaftung
Auf dem Gebiete der Landwirtschaft nahm Steyrer einige Neuerungen vor, die nicht von großer Bedeutung waren, die ihn aber doch als einen fortschrittlichen, mit allen modernen Errungenschaften seiner Zeit vertrauten Ökonomen zeigen. So zum Beispiel, wenn er zur besseren Aufzucht seines Viehbestandes aus der Schweiz, aus dem Solothurner Gebiet, drei junge Zuchtkühe und einen Farren für große Summen anschaffen ließ, oder wenn er im Juni 1756 auf dem Berggipfel in der „neuen Welt“, in der Nähe des Kandels, einen Stall für sechzehn Stück Klostervieh errichten ließ, um diese zur Sommerszeit „zum größten Nutzen des Klosters“ auf die Weide treiben zu können. Für das Jahr 1759 liegt eine Aufschlüsselung der Einkünfte und der Ablieferungssummen der verschiedenen zehnt- und lehenspflichtigen Gemeinden vor. Diese Tabellen mußten für die Fassionen zur Dezimationssteuer angefertigt werden. Sicherlich wurde deshalb nur das Minimum angegeben, so daß die wirklichen Einnahmen höher lagen.
Demnach bezog das Kloster aus den Besitzungen im Markgräflerlande 1783 Malter Frucht. Davon blieben für verschiedene Verpflichtungen 386 Malter zurück, so daß dem Gotteshaus 1397 Malter verblieben. Der Wert dieser Fruchtgefälle betrug 2794 fl. An Wein bezog man in jenem Jahre aus dem Gebiete des Markgrafen 206 Saum, wovon nach Abzug mehrerer Posten rund 145 Saum verblieben, die, zu 5 rhein. fl. gerechnet, eine Summe von 728 fl. ergaben. Dazu kamen 36 fl. Geld-Bodenzinsen‚ 23 fl. Kapitalzinsen, 9 fl. Heuzehnt und 6 fl. Kapaunen, Hühner und Eier. Die Einkünfte aus dem Markgräfler Gebiet erbrachten demnach etwa 3600 fl.‚ wovon nach Bestreitung verschiedener Baupflichten und sonstiger Ausgaben dem Gotteshaus 2688 fl. verblieben.
Die Einnahmen aus der Pflegerei Bissingen ergaben 2000 fl. netto. Die Einnahmen aus dem v.-ö. Gebiet ergaben an Frucht 1094 Malter, wovon 862 nach Abzug aller Ausgaben übrig blieben. Das bedeutete eine Summe von etwa 1725 fl. An Weineinnahmen bezog man im allgemeinen 80 Saum; wegen großen Mißwachses konnte 1759 nur die Hälfte geerntet werden, so daß eine Restsumme von 40 Saum im Werte von 200 fl. verblieb. Bodenzins und kleiner Zehnt ergaben weitere 76 fl.; also Einnahmen von etwa 2000 fl., wovon nach allerlei Unkosten 1901 fl. netto übrigblieben. Davon mußte das Kloster 190 fl. Dezimationssteuer bezahlen.
Der genannten Aufstellung ist ein Verzeichnis der jährlichen Ausgaben des Klosters beigegeben, das sehr aufschlußreich ist.
Vor allem bildeten die Waldungen eine der wichtigsten Geldquellen für das Kloster und stellten das Bauholz für die vielen Unternehmungen wie auch das nötige Brennmaterial für die großen und geräumigen Konventsgebäude. Dem Abt genügte die bisherige Einrichtung, daß der Klosterjäger zugleich Waldhüter war, nicht mehr. Er setzte eigens Waldhüter ein. 1766 wurde den Untertanen ein neuer Befehl bekanntgegeben, wonach sie nicht mehr wahllos Holz schlagen durften, sondern zur Schonung des Waldes nur solche Bäume, die zuvor von den Klosterförstern oder dem Cellerar gezeichnet waren. Regelmäßig besichtigte künftighin der P. Cellerar mit den Waldhütern die Wälder und markierte schlagreifes und schlagbares Holz.
Große Mengen Brenn- und Bauholz gelangten jährlich zum Verkauf. Genaueres erfahren wir für das Jahr 1771, da der Ständekonseß für das Militär 3000 Klafter Holz als jährliche Lieferung erbat. Für das Jahr 1780 sind längere Verhandlungen um die Holzlieferungen belegt. Ursprünglich sollte das Stift 24 000 Klafter Holz, auf fünfzehn Jahre verteilt, an die Freiburger Garnison verkaufen. Oberamtmann von Weinzierl machte der Regierung klar, daß diese Forderung nur erfüllt werden könne „mit Zugrunderichtung der hiesigen Waldung, mit Schmälerung der eigenen Notdurft und gewisser Vorhersehung künftigen Mangels bey meinem Gotteshause und seinen Unterthanen, so muß man das für unmöglich halten ....“ Er schlug ein jährliches Kontingent von 400 Klaftern vor, „jedes zu 6 Schuh deutschen Maaß, in der Höhe und Breite, die Scheiter zu per drei und ein halben Schuh in der Länge, um 4 Gulden rheinisch auf der Achse bis nach Freyburg“ zu bringen. Der Vorschlag wurde von der Regierung gutgeheißen; die Lieferungen sollten 1782 beginnen. Gleichzeitig fanden größere Holztransporte für das Bergwerk nach Kollnau statt.

6. Fürsorge für die Armen und Wohltätigkeit unter Abt Philipp Jakob
In großem Maßstabe wurden die irdischen Güter vom Abte benützt, um damit der Not, der Armut und dem Elend zu steuern. Es ist erstaunlich, wie viele Arme täglich an der Klosterpforte anklopften, um dort gespeist zu werden. Obwohl gerade die Wohltätigkeit in der Regel des Erzvaters Benedikt als etwas Selbstverständliches vom Mönch verlangt wird und darüber in einem Kloster relativ wenig für die Nachwelt verzeichnet ist, sind wir doch durch verschiedene beiläufige Notizen in der Lage, uns ein ungefähres Bild von der Armenpflege unter Steyrer zu machen. Auch in dieser Beziehung übertraf er seine Vorgänger.
Am 5. Januar 1751 ordnete er an, daß pro Jahr 36 Scheffel Getreide für die Armen bereitgestellt werden müssen. „Almosen ließ der Abt in reichstem Maße austeilen aufgrund seines angeborenen Mitleides für die Armen. In dieser Zeit (innerhalb von zwei Wochen) zehn Muth Weizen und fünfzehn rhein. fl.“
Schon im ersten Amtsjahre kamen täglich mehrere hundert Bettler, um an der Klosterpforte und an der des Schweighofes, einem der vier Klosterhöfe, ein Almosen zu begehren; am 19. Juni 1750 mehr als 400. P. Baumeister bezifferte die Zahl derer, die täglich gespeist wurden, mit 600. Weil das Brot rar sei, sei der Zulauf so groß. Am 9. November 1751 vermeldet das äbtliche Diarium: Es käme eine solch große Anzahl von Armen, daß an diese täglich 24 Brotlaibe im Wert von 6 fl. verteilt würden. „Dies schreibe ich nicht aus eitler Ruhmsucht‚ sondern um zu zeigen, daß die väterliche Fürsorge für die Armen im Kloster gut versehen ist und daß großzügig ausgeteilt wird, was auch immer die reichen und böswilligen Weltmenschen sagen mögen. Diese träumen von nichts anderem als von den ungeheuren Reichtümern der Klöster und möchten sie auffressen. Denen muß man antworten: Die einen verteilen ihr Eigentum und werden reich, die anderen rauben von dem, was ihnen nicht gehört, und werden in Armut und Elend immer verbleiben.“ Am 29. August 1756: „Die Menge der Armen ist in dieser Zeit so groß, daß neulich an einem Tage 700 gezählt wurden, von denen jeder eine Portion Brot an der Pforte wie auch im Schweighof erhielt.“ Ab Ostermontag 1767 ließ er eine neue Almosenordnung einführen. Danach bekam jeder Arme an der Klosterpforte künftighin zwei Portionen Brot; dafür wurde keines mehr wie bisher am Schweighof verabreicht“.
Das Jahr 1771 war ein ungewöhnliches Not- und Hungerjahr. „Eine ungeheure Menge von Armen aus der Schweiz, aus Schwaben und aus anderen Gebieten kommt täglich an die Klosterpforte, denen allen das gewöhnliche Almosen, entweder Brot oder Geld, gereicht wird. Der Scheffel Weizen kostet teilweise 5-6 fl.“  Anläßlich der 700-Jahr-Feier 1773 war das Stift außerordentlich freigebig“.
Auch im Peterhofe zu Freiburg wurden bedürftigen Studenten Brot und Lebensmittel ausgeteilt.
Vor allem aber wurde der Jahrtag des Todes von Abt Benedikt Wülberz mit besonders reichlichem Almosengeben begangen. Weil an diesem Tage den Armen jeweils ein Laib Klosterbrot verabfolgt wurde, hieß er bald im Volksmund der „Laibletag“. Über tausend Laibe verteilte das Kloster jeweils.
Nicht nur die Armen kannten die freigebige und hilfsbereite Hand des Abtes; auch andere Institutionen, fremde Klöster, die Mendikantenorden insbesondere, nahmen die stets gern gewährte Hilfe in Anspruch“.
In den letzten Lebensjahren des Abtes, als Frankreich im April 1792 an Österreich und Preußen den Krieg erklärt hatte, half auch unser Schwarzwaldkloster tatkräftig mit St.Blasien und Schuttern dem kaiserlichen Heer. Am 13. März 1793 faßte das Kapitel auf Anraten Steyrers den Beschluß, in die kaiserliche Kriegskasse 3500 fl. zu spenden. Abermals am 11. September 1794 stiftete das Kloster 1000 fl.
Es darf nicht übersehen werden, daß Abt Philipp Jakob zeitlebens eine vorbildliche Gastfreundschaft pflegte. Fast täglich waren angesehene Gäste im Kloster. Die Namenstagsfeiern des Abtes oder die Schlußfeier des Gymnasiums brachten bis zu 100 Gäste auf die Schwarzwaldhöhen. Man rühmte stets die Gastfreundschaft des Abtes und nahm sie gerne in Anspruch. Der St.Blasianer P. Roman Kuon hielt fest: „Er (Steyrer) bewirtet die Gäste herrlich und ist Haushälter zugleich, aber ohne Kargheit." Professor Klüpfel weiß zu rühmen, wie der Abt „gütig, leutselig und gefällig gegen jedermann stets“ gewesen sei.

7. Abt und Untertanen
Wie schon dargestellt, gehörten zum St.Petrischen Stiftsterritorium mehrere Dörfer und Vogteien. Der Abt war deren unmittelbarer Vorgesetzter. Man kann sagen, daß Steyrer auch seinen Untertanen ein besorgter, guter und hilfsbereiter Vater gewesen ist. Sie achteten und liebten ihn.
Des Abtes Verdienst ist es, daß in St.Peter schon 1754, also lange vor der pflichtmäßigen Einführung der Normalschule in den österreichischen Landen, eine Volksschule gebaut und ein eigener Lehrer dafür angestellt wurde. Mit den Vogteien des St.Petrischen Gebietes schloß er am 24. September 1754 über den Bau eines zweistöckigen Schulgebäudes einen Vertrag. Diese Einrichtung sollte dazu dienen, „das ganze Jahr die so copiose Jugend im leßen, schreiben und anderen einem Christen ohnumbgänglich zu wissen nöthigen Dingen“ zu unterrichten. Aus freien Stücken stiftete der Abt zu diesem „so heylsamben Werck“ das Bauholz; ebenso stellte er ein Klostergrundstück als Bauplatz zur Verfügung. Bis zum Winterbeginn war das Gebäude erstellt. Die Baukosten übernahmen „auf kräftiges Zusprechen des Abtes“ die Untertanen. Gleichzeitig errichtete man auf stiftseigenem Gelände beim Schürhof eine Lehrerwohnung.
Am Fortschritt der Volksschüler war Steyrer sehr interessiert. Gelegentlich hielt er mit dem Amtmann und dem Cellerar Schulinspektionen und belohnte fleißige Kinder. Die St.Petrische Schulordnung diente später dem Abte von Petershausen als Vorbild, denn er erbat sich „eine Abschrift dem in St.Peter so trefflich und nützlich eingeführten Schulordnungen.
Vor allem war der Abt auf Zucht und Ordnung in seinen Gemeinden bedacht. Um diese sicherzustellen, übertrug er den Vögten so viel Vollmachten wie nur irgend möglich. Deren Autorität auf jegliche Weise zu fördern, dienten einige kleinere Maßnahmen.
Während seine Vorgänger die Vögte nur dann an Neujahr eingeladen hatten, wenn diese im Laufe des Jahres für das Kloster tätig waren, führte er die Gewohnheit ein, alle Vögte zum Neujahrs- und Fastnachtsfestessen regelmäßig zu Gast zu laden. Gerne leisteten diese Folge und brachten ihrerseits dem Abte kleinere Aufmerksamkeiten mit.
Die Oberhäupter der Gemeinden wurden vom Abt selbst ernannt, ob ganz ohne Einfluß und Vorschlag der Untertanen, ist nicht bekannt. Zum Jahresbeginn 1758 bekamen alle Vögte und Untervögte „als Zeichen ihrer Vorstehergewalt“ neue Vogtsstäbe. Die Stäbe der ersteren waren mit silbernen Aufschriften versehen, in denen die Insignien des Klosters mit Jahreszahl eingeschnitzt gewesen sind; die der Untervögte hatten aus Messing hergestellte Aufschriften.
Kamen Untertanen in Not, so gewährte man sofort Hilfe, bei Bränden den geretteten Bewohnern Unterkunft in den Klosterhöfen. Gerne kamen Jahr für Jahr zum Jahresschluß und Jahresbeginn Gruppen der Bauernjugend mit Gesang und Musik zur Gratulation zum Abt.
Eine stolze Freude bedeutete es für Steyrer, daß die Untertanen, besonders die Waldauer, selbstverfertigte kunstvolle Uhren bis in die entferntesten Provinzen der österreichischen Lande trugen und verkauften, sogar nach Holland, Polen und Rußland. „Sie machen große hölzerne Zimmeruhren‚ auch kleine hölzerne Sackuhren.“ Ja, das St.Petrische Gebiet ist die Heimat der Schwarzwälder Uhrenfabrikation und des Uhrenhandels. Eine Glashütte in Neukirch soll nämlich dazu trotz kurzer Dauer den ersten Anstoß gegeben haben. Wie erinnerlich, hatten St.Petrische Konventualen, P. Rinderle und P. Franz Steyrer, maßgeblich zur Förderung der Schwarzwälder Uhrenindustrie beigetragen.
Allerdings, Abt Steyrer hielt und sah streng auf Ordnung und Zucht. Wo es nicht anders ging, konnte er unerbittlich durchgreifen. Nur zu gut kannte er die geheimen Brunnen, die den Frieden in den Vogteien zu zersetzen vermochten, wenn sie nicht kontrolliert würden: die Schenken und Wirtschaften. Am 24. Juli 1754 bekamen die Wirte und Krämer die Anweisung, an Sonn- und Feiertagen gleich nach dem ersten Glockenzeichen zur Predigt Häuser und Wohnungen zu schließen, keinen Fremden oder Einheimischen mehr darin zu dulden, während der Predigt und der Pfarrmesse Türen nicht mehr zu öffnen, geschweige denn etwas zu verkaufen, sonst erfolge Bestrafung. Am 8.8.1754 schickte er sogar den P. Cellerar in verschiedene Ortsteile, um geheime und verbotene Schenken aufzustöbern.
In einer Zeit, wo von allen Seiten gegen Klöster und gegen Mönchtum gehetzt wurde, konnte es nicht ausbleiben, daß auch gelegentlich einige Untertanen gegen ihre Herrschaft aufbegehrten, zumal Maria Theresia und noch mehr ihr Sohn Josef II. eine betont bauernfreundliche Politik eingeschlagen hatten und, wenn es irgendwie ging, im Streitfalle immer auf der Gegenseite der Klosterherrschaften standen. Zudem waren wirklich Reformen dringend vonnöten. Hartnäckig hielt aber auch hier Steyrer vielfach an den überkommenen Rechten gegenüber den Untertanen fest, auch wenn er viel weniger Streit und Prozesse mit ihnen hatte als seine Vorgänger. Wo er sich im Recht wußte, gab er nicht nach. Abt Philipp Jakob selbst hat keinen einzigen Prozeß angestrengt; es ist auch nicht bekannt, daß er einen verloren habe. Mehrere Male suchte er um des Friedens willen den Ausgleich, gab nach oder führte gütliche Vereinbarungen herbei.
1776 verloren mehrere Seelguther Bauern einen Prozeß, den sie selber gegen das Stift inszeniert hatten. Sie wollten ihre Höfe, die seit alter Zeit „Erb-Zins-Lehengüter“ waren, ganz zu eigen haben.

Einen erneuten langwierigen Rechtsstreit brachte das Jahr 1782 mit den Bauern von Rohr, Eschbach und Ibental betreffs der sogenannten Allmendwälder. Nach langem Hin und Her suchte der Abt am 13. August 1784 eine gütliche Vereinbarung. (Diese Wälder gehörten nach dem 1528 von der Ensisheimer Regierung bestätigten „Rotulus Sanpetrinus“ zum Kloster. Nach einer Vereinbarung von 1739 durften die Bauern zum eigenen Bedarf Brenn- und Bauholz schlagen: bei Holzverkäufen durften sie mit Erlaubnis des Klosters zwei Drittel des Erlöses behalten. Da nun das Kloster an das Kollnauer Bergwerk 4000 Klafter Holz liefern mußte, wollten die Untertanen auch davon nur ein Drittel des Erlöses abliefern. Sie gingen selber vor das Gericht, um ihr vermeintliches Recht durchzusetzen. Am 16.1.1784 legte der Abt dem Kapitel dar, daß nach seinen Informationen das Kloster den Prozeß mit den Bauern verlieren könne, weil die Rechtslage zweifelhaft sei, und in solchen Fällen würde die Regierung immer gegen die Klöster zugunsten der Untertanen entscheiden. Man würde also guttun, den Bauern entgegenzukommen. )
Auch die Fronden wurden unter Abt Philipp Jakob abgeschafft bzw. in Naturalgaben umgewandelt. Im übrigen kann man sagen, daß das, was Steyrer verlangte, oft hinter dem zurückblieb‚ was er hätte fordern können. Der reformfreudige Monarch Josef II. beseitigte den Rest der bestehenden Fronden. Eine Kommission unter Leitung des Kommissars von Blank hatte den Auftrag, in allen Kameralherrschaften geistlichen und weltlichen Stiftungsgütern, die Fronden abzulösen und in jährliche laufende Abgaben zu verwandeln. Schon am 13. August 1784 hatte das Kapitel beschlossen, als Ablösungssumme für eine Mäderfron 12 xr.. für jede Holzfuhr 56 xr., für eine Ackerfron mit 12 Stück Vieh 1 fl. 54 xr. zu verlangen. Tags darauf traf Kommissar Blank ein und versuchte mit aller Überredungskunst die Bauern zur Annahme der Vorschläge zu bewegen. Diese wollten aber lieber wie bisher die Fronden ausführen, da sie bis jetzt keinerlei Schwierigkeiten dabei gehabt hätten. Dies ist ein hohes Lob für Steyrer. Kommissar Blank mußte sich unverrichteter Dinge, doch mit Drohungen den Bauern gegenüber, verabschieden. Erst in den Jahren 1787 und 1788 kam es zwischen dem Gotteshaus und den Gemeinden Seelguth, Eschbach, Oberibental, Rohr, Rechtenbach, Waldau, Hochstraß, Wildgutach, Glashütte und Hinterstraß zu einem Ablösungsvertrage. Für eine Pflugfron erhielt demnach das Stift 1 fl. 54 xr., für eine Holzfuhr 45 xr., für eine Mäderfron 10 xr. und für eine Heu- und Haferfron 5 xr. Am 23. Dezember 1788 wurde mit denselben Vogteien vereinbart, daß sich diese Abgaben nach dem eben zu Freiburg geltenden mittleren Fruchtpreise richten solle. Lediglich die Baufronden blieben bestehen.
Die St.Petrischen Untertanen wußten, was sie an ihrem Abte hatten, einen Garanten für Ordnung und Frieden in ihren Gemeinden und einen gerechten Herrn, der allen gegenüber gut und korrekt war. Die Wertschätzung, deren sich Kloster und Konvent erfreuten, kam auch darin zum Ausdruck, daß mehrere Söhne St.Petrischer Untertanen sich zum Eintritt in Steyrers Stift entschlossen und tüchtige Mönche wurden.
Selten waren Abt und Kloster in nachbarliche Prozesse verwickelt. Wenn dies trotzdem der Fall war, dann lag die Schuld nicht bei Steyrer 52.
Mit dem protestantischen Dorfe Wolfenweiler gab es gelegentlich Differenzen, an denen St.Peter unschuldig war.
Da gerade im Breisgau die einzelnen Territorien so sehr ineinander übergriffen, ließen sich Irrungen mit benachbarten Herrschaften nicht immer umgehen. Stets suchte der Abt Ausgleich und Frieden.
Um Zwistigkeiten zu verhüten oder solche wieder beizulegen fanden mehrere Grenzerneuerungen statt. Solange Abt Steyrer regierte, herrschte Frieden mit den Untertanen und mit den Nachbarn in einem Maße, wie es vordem schon lange nicht mehr der Fall gewesen war.

VIII. Novizen - klösterliches Leben und Zucht
1. Nachwuchs - klösterliche Zucht
„Ein Mann, über alles Lob erhaben, von dem ich ins Kloster aufgenommen worden bin. Unter den Augen dieses Abtes wurde ich dort erzogen, in aller Frömmigkeit unterrichtet und am meisten durch sein Vorbild und Beispiel geformt. Was auch immer ich an Fortschritten machte, verdanke ich nach Gott diesem Abte und den Männern, die in diesem Kloster leben. O wenn doch auch die Weltpriester auf eine solche Weise unterrichtet werden könnten! Wieviel Früchte würde dies beim Volke zeitigen! Welch’ gewichtige Hebung der Sitten würde daraus sich ergeben!“ So schrieb, stellvertretend für alle, die durch Steyrers Noviziat gingen, P. Basil Meggle. Seinen Worten brauchen wir nichts mehr hinzuzufügen.
Insgesamt waren es 34 Religiosen, die unter Abt Philipp Jakob Profeß ablegten. Von diesen starben elf vor dem Abte. Neunzehn hatten ihre Heimat im Gebiete des heutigen Baden; fünf im jetzigen Württemberg. Weitere fünf stammten aus Hessen, zwei aus Bayern, einer aus Österreich, einer aus der Schweiz und einer aus dem Elsaß. (Es legten unter Steyrer Profeß ab: 1751 Philipp Jakob Stoll, Bernhard Schluede, Laienbruder Florian Neugebauer; 1755 Ulrich Moest; 1756 Josef Lippert, Gebhard Katzenberger, Paulus Hendinger; 1758 Augustin Steigmüller, Sebastian Willam, Clemens Ketterer, Markus Hiller; 1762 Anselm Dörflinger, Placidus Heckle, Bernardus Bader (von diesen dreien liegen gedruckt vor „Positiones selectae ex universa Theologia“, die unter den Auspizien des Abtes am 31. 8.1767 verteidigt wurden; 24 Seiten in UB Freiburg, Katalog Wirth, Diss. 279); 1767 Thaddäus Rinderle, Franziskus Steyrer, Beda Litschgi, Hermannus Heckle; 1773 Maurus Schneider, Laienbruder Bernhard Reitler (aus Altshausen in Schwaben, 25.11.1748 - 4.6.1784; vgl. Nekrolog in Diss.‚ 39); 1774 Laienbruder Heinrich Rauscher; 1775 Carolus Martini, Ignatius Speckle; 1776 Gregorius Buchegger, Petrus Daum, Othmar Brogli; 1778 Carolomannus Lang, Landelinus Bieheler, Basilius Meggle; 1780 Clemens Rößler; 1791 Bernardus Burg, Placidus Schick, Josef Sevin (aus Hatten/Elsaß, geb. 20. 2. 1768, gest. 28. 7. 1809, Nekroiog in Diss.‚ 47), Philipp Jakob Weigel.)
Von einem eigentlichen Novizenmeisteramt erfahren wir nie; daraus dürfen wir schließen, daß Abt und Prior sich selbst darum bemühten.
In den ersten Jahren der äbtlichen Tätigkeit Steyrers baten viele Studenten um Aufnahme ins Noviziat. Vielleicht hat der jugendliche, aus Freiburg stammende Abt die Berufswahl manches jungen Menschen nach St.Peter gelenkt. Jedenfalls konnte er am 16. Juli 1750 dem Kapitel bekanntgeben, daß mehr als 15 sich um das hl. Ordenskleid bewerben. Im allgemeinen nahm man nur alle drei bis vier Jahre neue Novizen an. Es waren gewöhnlich fünf bis sechs, von denen oft keiner das Ziel erreichte. Die Ursache sah Steyrer darin, daß St.Peter zu nahe bei Freiburg liege, wo entlassene Novizen immer einen bequemen Unterschlupf fänden, um dort vor anderen Studenten das Kloster auf jede Weise zu verunglimpfen. Die Jesuitenpatres würden diese Situation ausnützen. Zudem seien besonders die aus Freiburg stammenden verwöhnt und sehr wählerisch, in Zügellosigkeit und zum Lebensgenuß erzogen. Überdies sei das Kloster im Gegensatz zu St.Blasien doch zu wenig bekannt. Eine Hauptursache liege aber darin, daß der Orden eben strenges Fasten, Exerzitien, Vigilien und dgl. verlange. „Und das ist auch, wenn ich mich nicht täusche, der Grund, warum weder Kapuziner noch Franziskaner, weder Dominikaner noch Augustiner den Orden mit unserem tauschen würden, so wie sie selbst, wenn sie bei uns sind, dies bezeugen, weil sie sich einer größeren Freiheit erfreuen. Deshalb haben sie mehr Nachwuchskandidaten‚ als sie aufnehmen können.“
Zeigten sich bei einem Novizen körperliche Defekte oder mangelnder Eifer im Studium, ließ das aszetische Streben zu wünschen übrig, dann wurde dieser entlassen, was des öfteren geschah. Die Früchte, die durch Steyrers unerbittlich strengen Maßstab aufgingen, waren eine echt benediktinische, klösterliche Zucht inmitten einer teilweise dekadenten Zeit.
„Der Abt denke immer daran, daß über beides, über seine Lehre und den Gehorsam der Jünger, beim furchtbaren Gerichte Gottes Untersuchung angestellt wird. Der Abt soll auch wissen, daß die Schuld auf den Hirten fällt, wenn der Hausvater an den Schafen zu wenig Nützliches findet.“
Gewissenhaft war darum Philipp Jakob um eine gute monastische Disziplin in seinem Konvent besorgt. Monat für Monat verzeichnete er im Diarium das „Kapitel“, in dem er als Vater seinen geistlichen Söhnen Exhorten und Vorträge über die mönchischen Tugenden und das monastische Leben hielt. Er selber hat überdies durch seine literarische Tätigkeit, die zum großen Teile der Förderung des aszetischen Lebens gewidmet war, nicht wenig dazu beigetragen. Wir können sagen: Die Zucht und die Disziplin in Steyrers Konvent waren gut.
Einige kleinere Maßnahmen geben Zeugnis von der festen Vaterhand, mit der Abt Philipp Jakob Zucht und Disziplin sicherstellte. So wurden vor ihm nur alle zwei Jahre Exerzitien gehalten. „Weil aber der jetzt mit allgemeinem Ruhme regierende Herr Prälat gleich mit Eingang seiner Regierung die Zucht suchte in besseren Stand zu bringen, machen wir nun auf Befehl dessen wechselweise die Exerzitien, das eine Jahr drei, das andere acht Tage.“ Bald nach Amtsübernahme ordnete er auch das Küchenwesen neu, das er „ab inhabitatione feminarum“ säuberte. Des öfteren beklagte er sich über Angehörige von Mendikantenorden, weil diese durch ihr arrogantes Auftreten die Klosterdisziplin störten. Selbst bei der Äbtekonferenz ließ er einen nach seiner Meinung bestehenden Mißbrauch, der sich nicht mit der Ordensregel vereinbaren ließ, im Jahre 1771 abstellen. Geradlinig ging der Abt selber seinen Weg; seine Religiosen sollten selber nichts tun, was sie an ihm nicht selber erfüllt sahen. Darum finden wir im Steyrerschen Konvente nicht einen einzigen Versager; im Gegensatz zu anderen Klöstern jener Epoche ist nie von einem Abfall die Rede oder auch nur von einem Vergehen irgendeines Religiosen.
„Im Hause war er ernst und streng, aber billig. Es war daher eine mustergültige Ordnung darin, die sich über die ganze Verwaltung, die Behandlung der Untertanen und die Gerichtspflege verbreitete. Er verlangte nichts von seinen Chorbrüdern‚ was er nicht selbst als der erste that; er hielt sie gut, und er war vielleicht der einzige, an dem gespart wurde . . . Dieser Geist des Vorstehers hauchte ein neues Leben in seine Klostergenossen und unter den jüngeren Chorbrüdern keimte eine neue Literatur auf, deren Blüthen den Greis späterhin hätten entzücken können, wenn er die Tendenz der Zeiten weniger wahrgenommen und die Zukunft nicht so richtig geahnet hätte. Er konnte sich zuweilen, wenn er den schönen Anwuchs seiner jungen Leute sah, der Seufzer nicht enthalten, weil sie nicht mehr wie Er ihre Augen im Gewande des hl. Benedikt schließen würden . . .“
Die Bestätigung für die gute Disziplin im St.Petrischen Stift erhalten wir von den einzelnen Visitatoren.
Der Abt von Weingarten, Dominicus Schnitzer, und der von St.Georgen, Hieronymus Schuh, hielten am 16. Mai 1753 die erste Visitation ab. Steyrer bat sie in den Begrüßungsworten um ehrliche, ernste Ermahnungen. „Wir sind Menschen und nichts Menschliches ist uns fern.“ Wenn man entdecken sollte, daß die Struktur der klösterlichen Disziplin wankend geworden sei, solle scharf dagegen eingeschritten werden. Anstatt dessen beglückwünschten ihn nachher beide Äbte zum Wachsen der klösterlichen Disziplin, zur Eintracht und zum Frieden unter Konventualen, Vorgesetzten und Untergebenen. Sie ließen keinen schriftlichen Visitationsbescheid zurück, sondern bemängelten nur Nebensächliches. Auch die drei Jahre später folgende Visitation erbrachte keinen schriftlichen Vermerk, da dies nicht nötig war, um so erfreulicher, da gerade in jenen Jahren durch den Neubau der Konventsgebäude unvermeidliche Störungen das monastische Leben belasteten. Nach der Visitation am 6. April 1761 bezeichnete Abt Coelestin Wahl von St.Georgen das Kloster als „ein festes Haus auf einem festgebauten Felsen“. Am 26. September 1764, kurz nachdem der St.Petrische Abt vom neunmonatigen Aufenthalt in Wien zurückgekehrt war, hielt Abt Dominikus Schnitzer von Weingarten als Präses der Kongregation die fällige Visitation. Auch er hinterließ keinen schriftlichen Bericht, sondern gratulierte dem Abt „zur blühenden klösterlichen Disziplin“. Er hielt es nicht einmal für nötig, mündliche Mahnungen zu erteilen. Spätere Visitationen werden im Protokoll ohne jegliche Stellungnahme für die Jahre 1774, 1778 und 1783 verzeichnet.
Steyrers Nachfolger Ignaz Speckle rühmte bei seinem Vorgänger die Art, wie er die Disziplin erhalten und verbessert habe und sah großzügig über kleinere Mißstände hinweg, die sich in Steyrers letzten Lebensjahren während der Krankheitszeit eingeschlichen hatten. Wenn in den unsicheren schweren Monaten vor der Aufhebung des Stiftes die Kapitularen treu zu Abt Ignaz standen, wenn diese zeigten, „daß sie Männer und Religiosen sind“ (im Gegensatz zu anderen, ebenfalls aufgehobenen Konventen), dann ist dies mithin noch das Verdienst des Abtes Philipp Jakob; denn die allermeisten der letzten Kapitularen waren noch in seine Schule gegangen, hatten in seine Hände die Profeß abgelegt und besaßen vor allen Dingen an ihm selber das beste Beispiel eines Ordensmannes von echt benediktinischem Format.

2. Vater des Konventes
„Ein Abt, der würdig sein will, ein Kloster zu leiten, muß stets eingedenk bleiben des Namens, den er trägt, und durch sein Tun den Namen eines Oberen wahrmachen. Denn der Glaube sieht in ihm den Stellvertreter Christi im Kloster; man redet ihn ja mit dessen Namen an nach dem Worte des Apostels: ‚Ihr habt den Geist der Kindschaft empfangen, indem wir rufen, Abba, Vater.“
In diesem Sinne „Abbas“ zu sein, betrachtete Philipp Jakob als die schönste Aufgabe. Seine geistlichen Söhne wußten sich bei ihm wohl geborgen.
Speise und Trank in rechtem Maße den Konventualen zu besorgen, ließ er sich angelegen sein. Schon nach sechswöchentlicher Amtsführung konnte der Protokollist erwähnen, daß der neue Abt sich sehr um ein gutes Essen sorge, ebenso auch um gute Kleidung der Mönche, was der Vorgänger, Abt Benedikt, vernachlässigt habe.
Auch in ökonomisch-finanziellen Angelegenheiten erwies der Konvent seinem Abte Vertrauen. Des öfteren heißt es, nachdem Steyrer in wirtschaftlich-finanziellen Dingen die Kapitularen um Vorschläge gebeten hatte: „Dies überließen sie dem Abte zur Regelung, weil der am besten wisse, was zu tun sei.“
Besondere Anlässe, den Konventualen väterliche Liebe zu erweisen, waren das Nikolausfest und der Namenstag. Gerade letzterer wurde im Konvent feierlich begangen. Auch der Jahrestag der Abtswahl nahm innerhalb der Klosterfeste einen hervorragenden Platz ein. „Daß der jetzige würdigste Abt nichts von dieser Feierlichkeit zulassen will, ist seine Demut.“
Wie selten ein Abt, konnte Philipp Jakob inmitten seiner Klosterfamilie mehrere Jubelfeste begehen. Am 20. Jahrestag der Abtswahl, an dem er jegliche Musik verbot, schrieb er in Demut: „Zwanzig Jahre sind von meiner unglücklichen Regierungszeit vergangen, in der die Immunität und andere Rechte des Klosters verlorengingen; fürwahr nicht durch meine Sorglosigkeit und Schuld, sondern durch die Bosheit der Zeit und Lehren, die immer mehr zunehmen.“ Am 1. Mai 1772 beging das Schwarzwaldstift das 40jährige Profeßjubiläum seines Vorstehers. Besondere Feierlichkeiten durften nicht stattfinden. „O daß ich doch bisher treuer gelebt hätte oder wenigstens in Zukunft leben würde! . . . Verschiedene gefahrbringende Übel, die den Religiosen, besonders unserem Kloster drohen, betrüben mich fast zu Tode; deshalb sind mir die Glückwünsche lästig.“
Im Herbst des folgenden Jahres 1773 galten große Feierlichkeiten dem Erinnerungstage der 700jährigen Klostergründung. „Am 17. Oktober, also am 20. Sonntage nach Pfingsten, fängt zu St.Peter das dreitägige Jubelfest an, welches nach verflossenen 700 Jahren von der ersten Stiftung unseres Klosters begangen wird, um dem barmherzigen Gott den schuldigsten Dank abzustatten, daß er dasselbe durch so viele Jahrhunderte unter so vielen Unglücksfällen und Gefahren bis auf diese Zeit gnädigst hat erhalten wollen.“ Selten sah St.Peter eine solche Anzahl von Gästen, darunter hohe Persönlichkeiten, wie beim 700jährigen Jubiläum. Fürstensaal und Speisesaal waren zur Festtafel überfüllt.
Zehn Jahre später, am 1. Mai 1782, jährte sich der Tag, da der Abt vor einem halben Jahrhundert die Treue auf die Ordensregel des hl. Benedikt gelobt hatte. Der Konvent wollte dieses Ereignis feierlich begehen. Im Blick auf die schwere Zeit und die drohenden Gefahren seitens Josefs II. verbot dies der Abt. Man hatte schon ein größeres Schauspiel eingeübt, „Das Opfer Abrahams“; Steyrer untersagte dessen Aufführung, dafür wurde es anläßlich der Preisverteilung zum Schuljahresende dargeboten. An diesem Tage werde er in Zukunft keine andere Zeremonie gelten lassen, als selber nach Beendigung der Matutin in Gegenwart aller Konventualen ohne „floccum“ zum Hauptaltar zu schreiten, um dort beim Brennen der Kerzen mit feierlicher Stimme die Gelübde zu erneuern.
Einen Monat später, am 3. Juni 1782, reiste der St.Petrische Prälat nach St.Blasien, „Vielleicht von seinen Kummern und Sorgen auszuschnaufen, die ihm die kaiserlichen Verordnungen verursachen“. Bei dieser Gelegenheit verzeichnete P. Kuon einige wertvolle charakterisierende Notizen: „Herr Prälat reisete wieder nach St.Peter ab. Den ersten May an dem Namen und Professionstage erneuerte dieser würdige Abt seine Klostergelübde, die er vor 50 Jahren abgelegt hatte. Er ist im 67. Jahre seines Alters, und 34 hat er wirklich mit größtem Ruhm und Nutzen seinem Kloster vorgestanden. Unter ihm haben die Wissenschaften recht zu blühen angefangen, und ist der große Büchervorrath meistenteils ihm zu verdanken. Seine Söhne haben Ursache genug, den Himmel um die Verlängerung seiner Tage anzuflehen. Er bewirthet die Gäste herrlich und ist Haushälter zugleich, aber ohne Kargheit. Er liebt die Seinigen, und die Seinigen lieben, fürchten und schätzen ihn. Dies habe ich selbst mehr als einmal mit Augen gesehen, und mich an der guthen Ordnung erbaut, die in selbem herrschet.“
Am 9. Dezember 1788 konnte das 40jährige Abtsjubiläum begangen werden. Das Kapitel plante, diesen Freudentag festlich zu begehen und in Stuttgart eine kleine Gedenkmünze prägen zu lassen, auch einer Zeitung einen Festartikel zu übergeben. Der Abt erhielt Kenntnis vom Vorhaben und untersagte „ernst und streng, daß etwas geschehe, was öffentliches Aufheben machen und dem Kloster unnützige Ausgaben verursachen könnte“. Er beschwor die Kapitularen sehr nachhaltig, daß im anderen Falle er keine Freude hätte, „sondern nur maßlose Trauer“. - „Unwillig und sehr betrübt“ sahen die Konventualen von ihrem Vorhaben ab.
Von der Feier des 50jährigen Priesterjubiläums 1789 und vom 60jährigen Profeßjubiläum liegen keine Berichte vor. Es bleibt zu vermuten, daß auch diese Tage in aller Stille begangen wurden.
Es ist im Laufe der Ausführungen schon des öfteren aufgefallen, mit welcher Einfachheit und Schlichtheit Philipp Jakob sein Ordensleben und seine hohe Würde erfüllte. Er begegnete uns nicht anders als bescheiden und geformt von einer echten Frömmigkeit. Norm war ihm die Anordnung des Erzvaters Benedikt: „Wer die Abtswürde annimmt, muß seine Jünger in doppelter Weise belehren; er muß alles, was gut und heilig ist, mehr durch sein Tun als durch seine Worte zeigen.“
Was er nicht selbst Vorlebte, verlangte er auch nicht von den Seinen. Abt Ignaz Speckle konnte seinem Vorgänger kein schöneres Denkmal setzen als mit dem Wort: „Er selbst lebte so simpel als der geringste Religios.“ Auch Professor Klüpfel traf das Richtige: „Es lebte in ihm eine Religion zu Gott, die nicht geschminkt war. Es war in ihm eine aufrichtige Liebe zu anderen Menschen lebendig ohne ein Vorurteil, am meisten zu den Armen. Deshalb flossen aus seinem Wesen jene unglaubliche Leutseligkeit und Zuvorkommenheit, mit der er alle, die zu ihm wollten, so aufnahm, daß er keinen traurig entließ. So liebenswürdig und sympathisch verhielt er sich zu allen, ohne dabei etwas vom Ansehen und der persönlichen Würde zu Verlieren . . .“

IX. Einführung des St.-Ulrichs- und des St.-Bernhardus-Festes in der Diözese Konstanz - Seelsorge
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2. Steyrers Anteil an der Einführung des St.Bernhardus-Festes in der Konstanzer Diözese
Der um 1428 oder 1429 zu Baden-Baden geborene und am 15. Juli 1458 zu Moncalieri im Rufe der Heiligkeit verstorbene Bernhard, Markgraf von Baden, wurde auf Betreiben des letzten katholischen Markgrafen von Baden, August Georg, und dessen Agenten in Rom, Abt Josef Callist von Gentili, am 16. September 1769 von Papst Clemens XIV. seliggesprochen. Als Festtag bestimmte man den 24. Juli bzw. den darauffolgenden Sonntag. In den Bistümern Straßburg, Speyer und Turin wurde darauf sein Fest eingeführt, nicht aber in Konstanz. Da die Zähringer Herzöge, die Stifter des Schwarzwaldklosters, die Vorfahren des Seligen waren, konnte der Abt es nicht verstehen, daß in der Konstanzer Diözese das Fest nicht gefeiert werden sollte. Darum wandte er sich an den Agenten in Rom, Abt Aureliano de Angelis‚ und erhielt Weisungen, wie er es bewerkstelligen könne, um Messe und Offizium zu erlangen. Davon muß die Tochter des letzten katholischen Markgrafen August Georg Kunde erhalten haben, denn am 16. März 1777, am Passionssonntag, konnte Steyrer dem Kapitel freudig mitteilen, daß Markgräfin Elisabetha Augusta ihm ein „herrliches Reliquiar“ geschenkt habe. Er wolle nun in Rom die Erlaubnis erwirken, das Fest am 24. Juli in St.Peter feierlich begehen zu können. Gleichzeitig erbat sich die Markgräfin als Gegengabe Reliquen der hl. Ursula und ihrer Gefährtinnen.
Alsbald wandte er sich in einem Schreiben gleichzeitig nach Rom und nach Konstanz, um die Mithilfe des Bischofs zu erhalten, wie auch an den Gemahl der Markgräfin Elisabetha, den Grafen von Althann, um auch ein Bittgesuch vom Fürstenhaus in der gleichen Angelegenheit zu erwirken. Wenn irgend möglich, sollte das Fest noch im gleichen Jahre 1777 begangen werden. Bischof Maximilian Christoph antwortete schon am 24. Mai, nahm die Anregung dankbar an und wandte sich seinerseits auch nach Rom, um die Erlaubnis zur Einführung des Festes in seiner Diözese zu erlangen.
Das Bittgesuch des Abtes erlitt eine weitere leidige Unterbrechung und Verzögerung durch die Vergeßlichkeit des bischöflichen Sekretärs Rolle, der Steyrers Gesuch dem Promotionalschreiben des Bischofs beizulegen unterließ. Sich entschuldigend, bat dieser den Abt, sich unverzüglich an den römischen Agenten selber zu wenden. Dies tat der Abt am 12. Juni. Er bat de Angelis inständig, die Sache noch zu einem guten Ende zu bringen. Tatsächlich entsprach die Ritenkongregation am 4. Juli 1777 der Bitte des St.Petrischen Abtes, der Prinzessin Elisabetha Augusta und des Diözesanbischofs. Demnach wurde die Festfeier in der ganzen Konstanzer Diözese sub ritu semiduplici, für St.Peter  sogar sub ritu duplici majori gestattet.
So hatten Abt Philipp Jakob als erster Anreger und Prinzessin Elisabetha Augusta in klugem, gemeinsamem Vorgehen die Einführung des Festes erreicht; der Konstanzer Bischof brauchte lediglich die Gesuche befürwortend weiterzureichen. Dabei benützte er die Gelegenheit, die Festesfeier des seligen Bernhard auch auf seine Diozese ausdehnen zu lassen.
Abt und Konvent freuten sich sehr. Denn, was kaum erwartet wurde, geschah: Das Fest konnte am 24. Juli zum erstenmal in der Klosterkirche feierlich begangen werden.
Wenn unser Abt sich so intensiv für die Einführung zweier heute noch beliebter Feste einsetzte, dann war der Beweggrund letztlich ein seelsorglicher. Es ist von jeher im St.Petrischen Bereich eine relativ gute Seelsorge ausgeübt worden, doch brachten auch hier Steyrers Abtsjahre einen Höhepunkt. Es gereichte dem kleinen Konvent zum großen Segen, daß nahezu ein Drittel der Kapitularen in der aktiven Seelsorge auf den Außenposten standen. Das förderte die Zucht im Kloster, das geistige Niveau und die Volksnähe und Volksverbundenheit, die dieses Kloster von jeher auszeichneten. (Aus GLA 102/110 ergibt sich der Seelenstand vom 3.1.1784, Danach wohnten in der Vogtei Seelguth 660 Katholiken, im Ibental 273, Rohr 388, Eschbach 458, Lautterbach (2 Höfe im Glottertal) 20 Seelen, St.Ulrich 79, Geyersnest 109, Glashütte 201, Wildgutach 149, Hinterstraß 170, Waldau 346, Rechtenbach 72; von der Vogtei Eschbach gehörten außerdem 121 zur Sickingenschen Herrschaft, 18 zu Stegen.) Kleinere Maßnahmen und Anordnungen kennzeichnen den pastoral aufgeschlossenen Abt. Mit welchem Seeleneifer St.Petrische Patres insbesondere der Krankenpastoration oblagen‚ bezeugen verschiedene Einträge in den Totenbüchern.
Besonders festlich wurde das Jubeljahr 1751 begangen. „Eine ungeheure Zahl von eigenen und fremden Pfarrangehörigen kommen, um den Jubiläumsablaß zu gewinnen, scharenweise, zu 30, 40 und 50 täglich, aus Kirchzarten, Eschbach, Glottertal, besonders aus Simonswald, Waldkirch, Elzach, Bleibach, Gutach, Nieder- und Oberwinden, Sinsbach, Kollnau. Sie legten die Generalbeichte ab und kamen wie an einem von Wundern verherrlichten Ort. “
Alljährlich ging die Pfarrgemeinde in der Kreuzwoche die traditionellen Prozessionswege. Am Montag nach Eschbach zur St.Jakobus-Kapelle, am Dienstagmorgen ins Glottertal, am Mittwoch auf den Lindenberg, an Christi Himmelfahrt „blieb man daheim“, am Freitag nach St.Märgen.
Jeden Sonntag, außer Ostern und Pfingsten, war Christenlehre vor dem Mittagessen in der St.Ursula-Kapelle für die entfernt Wohnenden‚ für die aus der näheren Umgebung um 12.45 Uhr in der Kirche. Sonntag für Sonntag wurde gewissenhaft das Gotteswort verkündet, an hohen Festtagen oft von Geistlichen der Umgebung. Im Jahre 1760 wurde in Bollschweil von Vikar P. Franz Beyer die Ewige Anbetung eingeführt, in St. Ulrich die Bruderschaft zu Ehren der hl. Barbara für die Erzgräber auf Bitten des Bergwerksbesitzers Johann Franz Litschgi aus Krozingen.

X. Des Abtes letzte Lebensjahre
1. Gesundheitszustand
Wenn wir hören, daß Steyrer zeitlebens ein kränklicher Mensch gewesen ist, wird unsere Achtung vor ihm und seinem Lebenswerk steigen. In der Tat! Ein so lebendiger, unermüdlich tätiger und vielseitiger Geist, wie er uns in Abt Philipp Jakob begegnet, wohnte in einem schwächlichen, oft von Krankheiten heimgesuchten Leibe.
Wir erinnern uns, daß Steyrer schon bei der Abtswahl die Kommission und die Mitbrüder gebeten hat, mit Rücksicht auf den schlechten gesundheitlichen Zustand von ihm absehen zu wollen. Trotzdem übernahm er damals das schwere Amt, das 46 Jahre lang an ihn nicht geringe gesundheitliche Anforderungen stellte und ihm viel Kummer, vor allem in der Zeit der zunehmenden feindlichen Politik, und auch gesundheitliche Schäden bis ans Lebensende einbrachte.
Fast monatlich finden wir im Diarium den Vermerk, wie er von Kopfschmerzen geplagt, ja geradezu von solchen „gemartert“ wird. So sehr suchten ihn Kopf-und Rückenschmerzen heim, vielleicht eine Art Migräne, daß er oft zu Bett liegen mußte. „Guter Jesus, nimm ein wenig von dem, was ich erleide‚ hin für meine unzähligen Sünden . . .“ Nachdem er das 45. Lebensjahr überschritten hatte, plagten ihn oft rheumatische Schmerzen. Aus der Korrespondenz mit Fürstabt Gerbert erhalten wir von einer anderen schweren Krankheit Kenntnis. Im Jahre 1779 war es eine Fußkrankheit, die ihm sehr zusetzte. Gleichzeitig litt er an Gallen- oder Nierensteinen.
Die den Bestand des Klosters bedrohenden Josefinischen Anordnungen raubten ihm Ruhe und Zuversicht. Er wurde zu sehr Pessimist und sah kaum mehr einen Hoffnungsschimmer für die Zukunft. Die Verzagtheit und die Schwermut steigerten sich so sehr, daß ihm nichts mehr schmeckte, er nicht mehr schlafen konnte, „den Tag hindurch hörte man nichts als Jammern und Klage“.
Am 21. Juni 1783 schrieb er an Kanonikus von Reibelt u. a.: „Ein längeres Leben darf ich nicht erhoffen, vorgeschrittenes Alter und verschiedene Krankheiten . . .“ Er sei von der Bibliothekstreppe herabgestürzt und habe sich den Nerv des rechten Fußes schwer verletzt und gleiche dem Patriarchen Jakob. Im Herbst des gleichen Jahres waren körperliche und seelische Verfassung immer noch nicht besser. 1785 lag der Abt vier Wochen in Freiburg in ärztlicher Behandlung. 1792 muß er erneut schwer krank gewesen sein, denn der Prior zu Villingen, P. Gottfried Lumper, gratulierte ihm zur glücklichen Genesung und Wiederherstellung. Am Jahresende 1792 schrieb der vielfach heimgesuchte Abt an P. Beda Litschgi, den Leiter der Gymnasialschule zu Freiburg: „. . . Was mich anbelangt, kann ich natürlicherweise aus vielen Ursachen kein längeres Leben erhoffen und wünsche nichts sehnlicher als ein glückseliges Ende . . .“ Dieser Wunsch ist verständlich, denn gerade die letzten Lebensjahre brachten Abt und Kloster neue Lasten und neue Leiden.

2. Klostergebäude als Lazarett
Die Französische Revolution brachte mit ihren Folgen neue Kriegswolken über Europa. Das Grenzland Breisgau, das schon so oft in den Auseinandersetzungen zwischen Österreich und Frankreich geblutet und Zerstörungen aller Art erduldet hatte, wurde wieder Kriegsschauplatz. Das Korps des Prinzen Conde, das auf österreichischer Seite kämpfte, lagerte im Breisgau und zog sich später in den Schwarzwald zurück.
Am 29. Mai 1792 trafen kaiserliche Kommissare im Kloster ein, die es mit den angeschlossenen Bauten auf der Suche nach einem Lazarett musterten. Sie beschlagnahmten darauf für 230 Mann Platz im Kloster und requirierten das ganze Hofgebäude, also die Abtei und das Gesindhaus‚ das waren die äußeren Gebäude, die Amtmann, Sekretär, Knechte und Mägde bewohnten. Im Kapitel erwog man verschiedene Möglichkeiten, um diese Belastung ertragen zu können.
In einem Schreiben an die Regierung teilte der Abt mit, daß das Stift zwar bereit sei, auf jede mögliche Weise dem öffentlichen Wohle zu dienen; man wolle keineswegs kranke Soldaten vom Kloster fernhalten. Doch wolle er auf die Schwierigkeiten hinweisen, die mit der Einrichtung der Klostergebäude als Lazarett verbunden seien, die schlechten Wege von Freiburg nach St.Peter, große Schneemengen zur Winterszeit; zudem könnten aus dem unausbleiblich entstehenden Eitergeruch so vieler in der Abtei einquartierter Soldaten die Gottesdienstbesucher der unmittelbar daran angebauten Kirche gesundheitliche Schäden erleiden. Es sei darum nicht ratsam, den Abtsflügel zu belegen.
Am 13. Juni verhandelten Oberamtmann Mercy und P. Ökonom Lang über die Angebote des Abtes mit dem militärischen Befehlshaber Graf von Wallis. Dieser ging auf den Tausch des Abtei- mit dem Klausurflügel ein. Eine erneute Kommission beschlagnahmte hierauf den Konventsflügel.
Während sich vorläufig für St.Peter den Sommer über noch keine Belegung zeigte, quartierten sich am 20. Juli 1792 im Peterhof zu Freiburg Offiziere und Soldaten ein 15. Am 16. Oktober kam die Nachricht von der unmittelbar bevorstehenden Belegung. Am folgenden Tage geschah dies auch, indem 50 Kranke und verwundete österreichische Soldaten auf Leiterwagen angefahren wurden. Nach der Terz mußten die Konventualen die Zellen räumen, in die die kranken Soldaten der Legionen Hohenzollern und Neugebauer eingeliefert wurden. Der Abt verteilte nun seine geistlichen Söhne auf die Pfarrhäuser Eschbach, Sölden, St.Ulrich und Neukirch. Nur sechs, die der Ökonomie dienen mußten und im Abteiflügel wohnten, blieben zurück. P. Landelinus Bieheler wurde vom Kloster Gengenbach als Mathematiklehrer erbeten und von Steyrer dorthin entlassen. „Da so unsere Mitbrüder verstreut sind, erlischt im Kloster jeglicher Psalmengesang." Doch schon nach wenigen Tagen, am 21. Oktober. wurden die Soldaten aus nicht näher bezeichneten Gründen aus dem Klostergebäude wieder abtransportiert.
Am 27. Oktober erhöhte sich die Gefahr eines Franzoseneinbruchs im Breisgau. Das Land geriet in Bestürzung. Wer fliehen konnte, ergriff die Flucht. Auch die Regierung und die Bessergestellten flohen aus Freiburg. Da entschloß sich der hochbetagte Abt ebenfalls zur Flucht und wandte sich mit dem Klosterökonom P. Carolus Martini nach dem Kloster Petershausen bei Konstanz. Dort hielt er sich 14 Tage auf. Schon am 9. November kehrte er wieder nach St.Peter zurück; ebenso trafen die Konventualen ein. Am 1. Adventssonntag, dem 2. Dezember 1792, konnte das Gotteslob wieder angestimmt werden, „aber in einem tieferen Tone und eher betend als psalierend“. Nach der Rückkehr schrieb der Abt an den Prioratsverweser von St.Ulrich: „Ich erhielt zwar in Petershausen mehrere Ehre und Gutthaten als ich verdienet, und mir anständig waren, weil ich Nachricht erhielt, daß von dem Überfall der Franzosen nichts mehr zu befürchten sey, eilte ich mit Freuden wieder nach Hause, und ich kann genugsam Gott danken, daß ich diese beschwerliche und gefährliche Reise überstanden habe, nachdem ich wegen meiner Krankheit nicht anders glaubte, als daß ich dem Tode entgegengehe.“
Am Ende des Jahres 1792, das so viel neues Elend brachte, klagte der Chronist vom Priorat St.Ulrich: „Am oberen, auch unteren Rhein befinden sich kayserliche Soldaten. Die Franzosen spielen den Meister. Mainz, Frankfurt sind in ihren Händen. Die unseren Benachbarten am oberen Rhein haben vieles zu leiden und sind niemals sicher vor dem Überfall der Franzosen. Im Elsaß sind bald alle Geistlichen vertrieben, die Klöster geplündert und zerstört. Maxima miseria! Zu Freyburg haben viele nach Konstanz sich geflüchtet. Gott wende alles zu seiner Ehre und gebe uns den lieben Frieden!“
Aus den Jahren 1793 und 1794 liegen kaum Quellen vor, die Persönliches über unseren Abt enthalten. Der letzte Eintrag des oft zitierten Chronisten von St.Ulrich, der mit dem Jahre 1794 seine Tätigkeit beendet, lautet: „Es sind schlimme Zeiten! Die Armen müssen mager leben!“
Das allerletzte Lebensjahr, 1795, brach mit neuer Betrübnis durch Kriegsereignisse an. Am 15. Januar konnte Steyrer sein 80. Lebensjahr vollenden, wohl in aller Stille, da davon nirgends etwas erwähnt wurde. Am 15.September teilte der österreichische Rittmeister Christian Ernst dem Kloster mit, daß wieder ein Transport kranker österreichischer Soldaten nach dem Stift unterwegs sei. Am 16. trafen bereits mehrere Ärzte und Sanitäter ein. Tags darauf mußte abermals, wie drei Jahre zuvor, der Konventsflügel in aller Eile geräumt werden. „Heute werden wir zu unserem größten Seelenschmerze gezwungen, unsere geliebte Einsamkeit zu verlassen und alle Klausurzellen den ankommenden Soldaten zu übergeben.“ Die Konventualen belegten den Abteiflügel; dieses Mal verließ niemand das Kloster, so daß das Chorgebet bei Tag und bei Nacht keinerlei Unterbrechung erlitt. Am 14. Oktober wurden 200 kranke Soldaten gebracht.

3. Tod und Begräbnis
Wahrscheinlich war der Abt in den letzten Jahren öfters an das Krankenbett gefesselt, denn das letzte Kapitel, das unter seinem Vorsitz stattfand, hielt man am 11. September 1794 im Abtskonklave.
Der 7. November brach an. Während das Kloster immer noch als Lazarett beschlagnahmt war, legte sich Abt Philipp Jakob zum Sterben. Versehen mit den hl. Sterbesakramenten, entschlief er „sehr sanft und friedlich“. Schon lange hatte er täglich Krankheit und Schmerzen zu ertragen. Es war eine Verschleimung der Atmungswege eingetreten, so daß er allmählich den Schleim nicht mehr heraufbrachte. Die eigentliche Todesursache war vermutlich eine Alterslungenentzündung. Als Steyrer an jenem Tage nachmittags um 4 Uhr die Augen schloß, stand er im 81. Lebensjahr, im 63. seiner Profeß und im 54. seines Priestertums. Fast 46 Jahre trug er die Bürde eines Abtes des Klosters St.Peter.
Der Leichnam des toten Abtes wurde, mit Chorrock, Pektoral und Ring bekleidet, im Konklave auf ein Ruhebett gelegt. Zunächst mußte man den Tod einige Zeit hindurch verheimlichen. Dann rief P. Prior Anselm Dörflinger die anwesenden elf Kapitularen zusammen und bat sie, da mit dem Tode des Abtes die Ämter erlöschten, diese vorläufig beizubehalten. P. Steigmüller wurde ausersehen, während des Interregnums als Actuarius zu fungieren, die Trauernachricht zu verschicken u. dgl. Man beschloß, das Ableben des geistlichen Vaters erst einen Tag später nach der Vesper im Gotteshaus bekanntzugeben. Der 10. November wurde zum Tag der Beerdigung bestimmt. Den Abt von St.Märgen wollte man bitten, die Beisetzungsfeierlichkeiten zu halten. Da das Kapitel die Freiheit besaß, den Tag der Neuwahl selbst festzulegen, wurde der 23. November dafür benannt. Zum Versiegeln der Abtszelle wurden Prior, Subprior und P. Konrad Borer beauftragt. Im Freiburger Peterhofe sollten dies die Patres Rinderle und Litschgi tun. P. Landelinus Bieheler sollte die Todesnachricht dem Bischof zu Konstanz und der vorderösterreichischen Regierung, die dorthin geflohen war, überbringen und dort den Wahltag bekanntgeben, damit ein vom Bischof ernannter Wahlpräses und ein kaiserlicher Kommissar zur Stelle sein könnten.
Man wurde sich ferner darüber einig, aus der Klosterkasse 3000 fl. zur Deckung der Unkosten herauszunehmen und das übrige versiegelt dem P. Cellerar zu übergeben. Dies taten die beauftragten Konventualen im Archiv zur Abendstunde. Man entnahm aus den Schränken alles Geld, ebenso die Münzen, die in besonderen Kassetten lagen. Das übrige Geld außer der festgelegten Summe kam in einen mit dem Konventssiegel versehenen Sack, wie auch die Brustkreuze und die Ringe, in Kapseln eingeschlossen, dem P. Cellerar übergeben wurden.
In der Morgenfrühe des 8. November ritt bei stürmischem Wetter und Regenschauern P. Bieheler in Begleitung des jungen Bauern Josef Heitzmann vom Hornhof nach Konstanz. Am gleichen Tage schickte man einen Boten nach Bissingen in Württemberg, um den dortigen Pflegeverwalter P. Ignaz Speckle zu benachrichtigen, der aber bei der Beerdigung nicht anwesend war.
Während des Mittagessens richtete ein Schreiner die Schlafkammer des Abtes, das Sterbezimmer, zum Aufbahrungsort für den Entschlafenen her. In der Hauskapelle war nämlich Militär einquartiert. Nach dem Vespergesang der Mönche wurden Todes- und Begräbnistag des Abtes dem Volke bekanntgegeben; im Anschluß daran sang der Konvent die Totenvesper. Hierauf trugen die Glocken des Gotteshauses die Trauerkunde über Berg und Tal. Jedermann konnte hierauf vom Verewigten Abschied nehmen. Dies taten in großer Anzahl die Untertanen, von denen einige nach alter Tradition Tag und Nacht Totenwache hielten.
Am 9. November ritt bei kaltem Wetter P. Lang nach St.Märgen, um Abt Michael Fritz um die Vornahme der Beerdigung zu ersuchen. Aus Freiburg ließ man den Maler Hochsinn kommen, um Klosterwappen und Abtsnamen auf die Totenbahre zu malen. Lange schwarze Gewänder wurden an Oberamtmann, Schreiber, Arzt, Hausdiener, Architekt und an die sechs Vögte verteilt, die die Ehre hatten, den Sarg zu tragen. Abends trafen Propsteiverweser P. Hendinger aus Sölden und die in Freiburg studierenden Religiosen Burg, Schick und Sevin ein.
Am Begräbnistag selber kamen aus Freiburg Gymnasialprofessor P. Litschgi, Universitätsprofessor P. Rinderle, der Subprior für die ihren Studien obliegenden Fratres P. Basilius Meggle, ferner P. Markus Hiller, Prioratsverweser zu St.Ulrich, der Neffe des verstorbenen Abtes, P. Franz Steyrer, Pfarrer zu Eschbach, und P. Ottmar Brogli‚ Pfarrer in Waldau. Als Verwandte fanden sich Amtmann Schlaar, der Gemahl der Nichte des Abtes, und Theresia Steyrer, eine andere Nichte, ein.
Kurz vor 8 Uhr wurde der Sarg bei brennenden Kerzen am äußeren Hoftor, wo eine große Menschenmenge harrte, aufgebahrt. Um 8.45 Uhr läutete die große Glocke allein, und nach 9 Uhr fielen alle anderen mit ein. Der Abt von St.Märgen ging zur Leiche, sprach die Gebete; darauf setzte sich der Zug Richtung Kirche in Bewegung. Sechs Vögte trugen ihren toten Herrn zur letzten Ruhe ins Gotteshaus. Im Anschluß an den Trauergottesdienst beteten die Mönche vor dem offenen Sarge für den Verstorbenen die Laudes. Nach Beendigung aller Zeremonien wurde der Leichnam in der von Abt Ulrich Bürgi unter dem Chor der Kirche errichteten Gruft beigesetzt. In die Grabnische Nr. 6 gen Osten hin wurde die sterbliche Hülle eingemauert. Die Grabplatte erhielt als Aufschrift:
Rms. D. Philippus Jacobus
Abbas obiit 7. Nov. 1795
R. I. P.
Unmittelbar nach der Beerdigung rief der Prior die Kapitularen zusammen, um über die zu benennenden Wahlskrutatoren zu beraten. Man einigte sich auf die Äbte Anselm Schababerle von St.Georgen und Columban Christian von St.Trudpert.
Dekan Paul Lutz von St. Märgen hielt am 16. November das zweite Seelenamt; das dritte der Prior von Oberried, P. Carolus Kahl, am 19. November, wobei Prior Dörflinger vor einer großen Volksmenge die Gedächtnispredigt auf den teuern Entschlafenen hielt.
Zum kaiserlichen Kommissar bei der Neuwahl ernannte die Behörde den Regierungsrat Will und brachte ihre Hoffnung zum Ausdruck, „daß ein solcher Nachfolger gewählet werde, der die Eigenschaften und den Willen besitzt, in die Fußtapfen seines würdigen Vorfahrers zu treten“.
21 Kapitulare wählten am 23. November im zweiten Wahlgang P. Ignaz Speckle zum letzten Nachfolger.
Der St.Petrische Chronist widmete Steyrer einen beachtenswerten Nachruf: „Was an Achtung unser Kloster besitzt bei den Außenstehenden, was an Religion und Gelehrsamkeit blüht unter den Religiosen, was immer an Schönem enthält das Gotteshaus, die Bibliothek und das ganze Kloster in seinen Gebäuden, Büchern und den übrigen wertvollen Gegenständen, das verdanken wir fast alles der wachsamen Sorge und der Frömmigkeit Philipp Jakobs, dem Abte‚ der nicht minder durch Gelehrsamkeit als auch durch Tugend so über alles hell hervorleuchtet. Er kann und darf dem Vergessen nicht anheimfallen.... Einen Bericht aller Leistungen des hochverehrten Abtes und eine Würdigung derselben können diese Zeilen nicht fassen . . .“