Keine Stadt unseres Großherzogthums ist an schönen und interessanten Umgebungen so reich, wie Freiburg. Nach welcher Seite man
sich wendet - allenthalben findet sich auf eine, zwei, drei und mehr
Stunden eine Gegend, deren landschaftlicher Reiz jeden Freund der
schönen Natur fesseln muß. Und allenthalben entfaltet sich ein
überraschender Reichthum an charakteristischer Verschiedenheit und
Eigenthümlichkeit der Landschaft. Hier dehnt sich eine grüne Ebene
gleich einem Garten aus, dort eröffnet sich ein üppiges Thal; hier
erhebt sich eine sanfte Hügelreihe in der wohlgefälligsten Gestaltung,
dort ein Gebirgsstock von imposanter Höhe, und dazwischen ruhen bald
offene, bald verborgene Plätze voll sylvanischen, voll idyllischen
Zaubers.
Alle
diese Umgebungen habe ich oft besucht und durchzogen - der Genuß,
welchen sie mir gewährten, gehörte zu dem reinsten und schönsten Glücke
meiner Jünglingsjahre. Und jetzt, da ich entfernt lebe von ihnen, in
einer an Naturschönheiten armen Gegend, jetzt erfüllet
die süße Erinnerung an sie noch manche Stunde, welche mir sonst wohl
traurig verfließen würde. In solcher Erinnerung habe ich auch
manche Schilderung jener Umgebungen und meiner Ausflüge dahin
niedergeschrieben, von denen die gelungeneren hier am füglichsten ihren
Platz finden. Ich eröffne die Reihe mit der Beschreibung von Sankt
Peter, einer ehemaligen Benediktinerabtei am südlichen Abhange des
Kandel, vier Stunden oberhalb Freiburg.
Der Weg dahin geht über Ebnet zwischen Wald und Wiesen am Eschbach oder am Gebirgsrande hin, wo sich zwischen dem Welchen-
und
Wittenthal das kleine liebliche Attenthal, und endlich, nach einer
Beugung des Eschbachs, das größere Thal dieses muntern Bergwassers
aufthun. Die üppige Fruchtbarkeit der Ebene setzt sich auch in die
Thalgegend fort, bis die Steige beginnt, wo nur noch die hochgrüne
Esche den tiefen Wiesengrund beschattet. Nach etwas mühesamem Steigen
erblickt man endlich Sankt Peter. Es liegt ganz frei in einer
sanften Vertiefung an dem kaum entsprungenen Eschbach, zunächst von
Wiesland freundlich umgeben. Weiterhin dehnen sich die Getreidefelder
der benachbarten Höfe aus, dann folgen einzelne Tannenhaine und sofort
der Kranz der Berghöhen, welche diese Hochebene umschließen. Jenseits
derselben senkt sich das Gebirge hier in die felsige Tiefe des Thals
der obern Glotter, dort in die mildere des Ibenthals.
Die
Höhe von Sankt Peter beträgt etliche über zwei und zwanzig hundert
Fuße, während der Kandel und der Thurner, die beiden höchsten Punkte,
zwischen welchen das Kloster ruhet, jener nahe gegen viertausend,
dieser aber zwei und dreißig hundert erreichen. Bei solcher
Lage ist das Klima vortrefflich; man athmet schon die reine
Schwarzwälderluft und findet noch etwas von der Milde des Breisgaues —
im Pfarrgarten gedeihen alle Blumen und Obstsorten mittlerer Gegenden.
Der Stifter des Gotteshauses hätte also kaum eine geeignetere
Stelle für seine fromme Anstalt treffen können.
Das
Klostergebände, mit seinen zwei schönen Thürmen, präsentirt sich höchst
vortheilhaft. Es ist ziemlich weitläufig und eben so geschmackvoll als
solid gebaut, nur leidet das Innere des Münsters an dem Fehler fast
aller Klosterkirchen, an Ueberladung. Der Hochaltar kann
verhältnißmäßig grandios genannt werden, die Malereien, Stukaturen und
Schnitzwerke mögen für erträglich gelten, bis auf die Bildnisse der
bedeutendsten Glieder aus dem zäringischen Haus, welche in kolossalen
Figuren von Holz die Wände des Schiffes zieren sollen. Der Künstler muß
eine sonderbare Vorstellung von jenen Männern gehabt haben, indem er
ihnen die fürchterlichsten Banditengesichter machte; selbst Bischof
Gebhard und der jugendliche, sanfte, schwärmerisch fromme Markgraf
Hermann blickten mit solchen Abällinoszügen auf mich
herab. Ich flüchtete mein geängstigtes Herz von diesen plastischen
Misgeburten zu den Grabmälern der alten Herzoge, welche zu beiden
Seiten des Chores angebracht sind. Aber man darf sich darunter keine
ehrwürdigen Reste des Alterthums vorstellen, sondern es ist lauter
neue, und leider ebenfalls sehr mittelmäßige Arbeit, welche Niemand
einer Beschreibung Werth finden wird.
Der
Gründer von Sankt Peter war Herzog Berthold der Zweite, welcher seinen
väterlichen Wohnsitz in Schwaben verließ, die Burg Zäringen im Breisgau
bezog und das schwäbische Kloster Weilheim in ihre Nähe verlegte (1).
Die Einweihung des neuen Gotteshauses geschah im Sommer des Jahres
tauseud drei und neunzig durch Bischof Gebhard von Konstanz, den Bruder
des Herzogs, in Gegenwart der Prälaten von Schaffhausen, Hirschau,
Sankt Blasien, Sankt Georgen, Ettenheim und Petershausen. Da die Zelle
zu Weilheim aber nur ein Priorat von Hirschau gewesen, so wurde Sankt
Peter zur selbstständigen Abtei erhoben, unter den unmittelbaren Schutz
des römischen Stuhles gestellt, und vom herzoglichen Hause, wie von
dessen Dienst- und Lehenleuten, sowohl mit der umliegenden Wildniß, als
mit zahlreichen Gütern und Gefällen im benachbarten Breisgau und in
andern Gegenden begabt. Der erste Abt hieß Adelbero, und ihm folgten
bis zur Säkularisation eine lange Reihe von Vorstehern, unter welchen
das Stift an irdischem Besitzthume immer zunahm und auch durch
geistigen Ruhm zuweilen glänzte.
Brünste
und Kriegsstürme zerstörten das Kloftergebäude mehrmals, wie noch im
Jahre sechszehnhundert acht und siebzig, nachdem es von
seinem Untergänge während des Schwedenkrieges kaum wieder hergestellt war. Den gegenwärtigen Bau des Münsters verdankt man
dem Abte Ulrich, und denjenigen des Klosters seinem zweiten Nachfolger
Philipp Jakob. Jener treffliche Mann hatte im Jahre siebzehnhundert
neunzehn die sanklpetersche Inful erhalten. Von seinem Vorweser
übernahm er den Gedanken des neuen Münsterbaues und führte ihn mit dem
Baumeister Peter Thum aus dem Bregenzer Walde so großartig und glänzend
aus, daß in weiter Runde Sankt Peter die schönste Kirche war. Ulrich
aber that noch mehr, er sorgte durch Errichtung einer ansehnlichen
Bibliothek auch für die Wiederaufnahme der Gelehrsamkeit in seinem
Stifte, und zeigte sich überhaupt als einen Vorsteher, der es wohl
verdient, der Nachwelt wieder in Erinnerung gebracht zu werden.
Ulrich
war der einzige Sohn des Schulmeisters Bürgi zu Villingen, der ihn
fleißig in den Anfangsgründen der Wissenschaft unterrichtete, und
alsdann zu den Benediktinern an's Gymnasium schickte. Sein Geist faßte
nicht schnell, er ersetzte diesen Mangel aber durch einen unermüdeten
Fleiß, las und erzerpirte unaufhörlich, wodurch ihm diese Beschäftigung
so zur zweiten Natur wurde, daß er sein ganzes Leben lang nicht mehr
davon lassen konnte. Von Villingen wurde Ulrich auf die Schule nach
Sankt Peter gethan, erhielt daselbst das Noviziat, begab sich sodann an
die Hochschule zu Freiburg, kehrte im Jahre sechszehnhundert sechs und
neunzig wohl unterrrichtet wieder in's Kloster zurück, ward Priester,
erhielt die Lehrstelle der Philosophie in dortiger Schule, hierauf nach
einander die Aemter eines Probstes zu Sölden, eines Pfarrers zu Sankt
Ulrich, eines Küchen- und Novizenmeisters, bis ihn endlich die Wahl zum
Abte traf. Durch sein stetes Lesen hatte er sich eine große Erudition
erworben, und durch sein vieles Schreiben füllte er ganze Schränke mit
Erzerpten, Briefen und Abhandlungen. Unter den letztem verdienen die
„Jahrbücher" und die „Lebensbeschreibungen der Aebte" von Sankt Peter
einer Erwähnung, da sie neben den Schriften des frühem Abtes Peter (2)
die Anfänge des großen Werkes bilden, welches Pater Baumeister über
sein Kloster verfaßt hat. Im Umgange wußte Abt Ulrich die Würde seiner
Stellung mit gesellschaftlicher Jovialität so glücklich zu verbinden,
daß man ihn eben so sehr achtete als liebte. Er war gastfreundlich
gegen Fremde und freigebig gegen die Armen, im Uebrigen aber so sehr
auf den Vortheil des Stiftes bedacht, daß die Unterthanen ihn oft
verwünschten und endlich sogar mit einem Aufstande bedrohten. Der
Münsterbau, der ein Glanzpunkt in seinem Leben ist, hatte wohl diese
Schattenseite zur Folge, da die Kosten ungeheuer waren. Abt Ulrich
verstarb am siebzehnten Juli tausend siebenhundert neun und dreißig, im
acht und sechzigsten Jahre seines Alters (3).
Sein Nachfolger war Benedikt Wilberz, ein geborener Eßlinger,
welcher vom Protestantismus zur katholischen Kirche übergangen. Er
wollte anfangs Jesuit werden, wandte sich aber dann zur
benediktinischen Regel, und empfing im Jahr siebzehnhundert zwölf zu
Sankt Peter
das Mönchsgewand. Als Abt fungirte er ein Jahrzehent, in der spätern Zeit durch die Schmerzen des Podagras und Chiragras für die
Geschäfte leider fast untauglich. Nach seinem Hingange fiel die Wahl
des Kapitels auf den Pater Erasmus Steyerer, der als Abt den Namen
Philipp Jakob annahm. Er war von Freiburg gebürtig, und hatte im Jahr
siebzehnhundert zwei und dreißig zu Sankt Peter das Ordenskleid und
sieben Jahre später die Priesterweihe empfangen, hierauf als
Großkeller, als Professor der Theologie und Archivar, endlich als
Pfarrer zu Sankt Ulrich die ihm obgelegenen Pflichten mit allem Lobe
erfüllt. Er ließ das Klostergebäude, wie es jetzt noch stehet, neu und
dem schönen Münster entsprechend aufführen, den Herzogen von Zäringen
neue Grabmäler setzen (4),
vollendete die Bibliothek, und beförderte als großer Freund der
Gelehrsamkeit, besonders der vaterländischen Geschichte und
Alterthümer, das wissenschaftliche Leben in seinem Stifte, wie ehedem
Abt Ulrich gethan, und trug mit großem Fleiße eine Chronik von Sankt
Peter zusammen (5). Neben ihm aber sammelte und verfaßte der
Archivar Georg Baumeister seine Annale monasterii Sancti Petri, wozu
ihm die Arbeiten der Aebte Peter und Ulrich, wie der Mönche Maucher und Schmiding zur Grundlage dienten. Die erste Abfassung (6)
vermehrte er mit unermüdlichem Fleiße, und gab dann später noch kurze
Auszüge aus dem ganzen Werke, das in drei dicken, klein und reinlich
geschriebenen Quartbänden besteht und mit einer Menge von Zeichnungen
geschmückt ist (7).
Abt
Philipp Jakob war ein großer Verehrer des Markgrafen von Baden-Durlach,
dessen Bildniß er im Kloster aufhängen ließ, als eines Enkels der
Stifter desselben. Dieser Verehrung verdankte Schöpflin bei Abfassung
seiner zäringisch-badischen Geschichte die schätzbarsten Mittheilungen
von Sankt Peter aus, und Karl Friedrich war so erkenntlich dafür, daß
er den Abt seinen Freund nannte und ihm einen besondern Besuch
versprach. Der edle Prälat verstarb am siebten November siebzehnhundert
fünf und neunzig, im ein und achtzigsten Jahre seines Alters, nachdem
er dem Stifte beinahe ein halbes Säkulum als Vater und Wohlthäter
vorgestanden. Man hat von ihm ein Bildniß in Kupferstich mit der
Unterschrift:
Diese
Fata sollte sein Nachweser, Ignaz Spekle von Hausach, der fünf und
fünfzigste Abt seit Adelbero, bald genug erfabren. Die Folgen der
französischen Staatsumwälzung hatten Deutschland zu sehr erschüttert,
und der neu erwachte Geist wollte die veralteten Institute nicht mehr
gedulden. Aengstlich blickte die Klostergeistlichkeit den Gestaltungen
entgegen, welche der Friede von Lüneville veranlassen würde. Nach
seinen Bestimmungen sollten die breisgauischen Abteien dem
Maltheserorden zur Entschädigung für den Verlust seiner überrheinischen
Kommenderien gegeben, die übrigen Breisganer Lande aber an den Herzog von Modena abgetreten werden. Hier galt es nun, mit dem
Grundherrn wegen der Revenuen, und mit dem Landesherrn wegen des
klösterlichen Fortbestehens zu unterhandeln. Es wurde durch
Rechtsdeduktionen, Anerbietungen und Bitten alles Mögliche versucht,
besonders auch das Verdienst hervorgehoben, welches sich namentlich
Sankt Peter und Sankt Blasien durch ihre verbesserten Schulen um die
Bildung der vaterländischen Jugend seit Langem her erworben. Man sandte
Agenten nach Wien, und ließ eine Denkschrift über die Erhaltung der
vorderösterreichischen Abteien an den Kaiser gelangen. Franz, von
Interessenten der Klostersache mehrseitig angeregt, versprach seine
Verwendung, und man faßte die beste Hoffnung.
Ein
Freund aber des Abtes Ignaz blickte tiefer in die Verhältnisse; er
schrieb nach Sankt Peter: „Bei der jetzigen Sachlage sehe ich keine
Möglichkeit der Hilfe mehr. Der Herzog von Modena und selbst der Kaiser
sind gegenwärtig von Gott und der Welt verlassen." Die guten
Herren in ihren Klosterzellen mochten flehend zum Himmel blicken, und
es von Gottes Schickung nicht erwarten, daß er seinen Dienern einen
so traurigen Untergang bereiten werde; sie flehten vergeblich — nur die
Erneuerung des Krieges fristete ihren Stiftern noch einige Jahre des
Daseyns, zwischen täglicher Furcht und Hoffnung, unter steten Chikanen
und Kontributionen, da die Einquartirungen sich öfters erneuerten, und
bald die Maltheser, bald die Wirtemberger erschienen, um zu besetzen
und zu inventiren. So verfloß die Zeit bis zum Preßburger Frieden,
welcher das Breisgau an den Kurfürsten von Baden brachte. Die Prälaten
indeß gaben ihre Sache noch immer nicht verloren; sie setzten ihre
Hoffnung, wie früher auf den Kaiser Franz, jetzt auf den Herrn von
Andlau in Paris.
Aber
auch dieser Hoffnungsanker wollte nicht Grund fassen. Ein anderer
Freund des Abtes von Sankt Peter tröstete den bitter klagenden
Prälaten, am Schlusse des Jahres achtzehnhundert und fünf, mit den
merkwürdigen Worten: „Die alten Formen gehen unter, neue treten an
deren Stelle, und es erbaut sich eine andere Ordnung. So ist es in der
Welt immer gewesen. Sie waren den Folgen des Friedens von Luneville
entgangen, den Folgen des jetzigen Krieges werden Sie schwerlich
entgehen. Ich weiß daher keinen andern Rath, als ein möglichst stilles
Hinwenden an den humanen Fürsten, dessen Vorältern Sankt Peter
gestiftet haben. Baden war immer human und wird es bleiben."
Von
einer Erhaltung der breisgauischen Klöster konnte jedoch damals keine
Rede mehr seyn, sie wurden aufgehoben und ihre Besitzungen
dem Staate einverleibt. Die Sanktblasier zogen größtentheils fort; von
den Sanktpetrinern gingen einige an die Landesuniversität, andere
auf Pfarreien, und im Jahre achtzehnhundert sieben verließ auch Abt
Ignaz das Kloster, um zu Freiburg im Privatstande seinen Lebensrest
zu verbringen.
Mein
Aufenthalt zu Sankt Peter verlängerte sich, da die gute Witterung
ungetrübt fortdauerte und ich meine Lust daran hatte, ganze Tage auf
den benachbarten Höhen umherzutreiben. Es gewährt gewiß auch jedem
Freunde der Natur ein süßes Vergnügen, einige Morgenstunden mit sich
allein die dortige Gegend zu durchziehen. Bald wandelt man über sonnige
Haiden, wo das Auge freien Spielraum hat, bald steigt man in ein
kleines Thal hinab, wo der Waldbach über Felsen rauscht, oder man
betritt einen Hain von hohen, schlanken Tannen, mit deren Wipfel die
Morgenwinde spielen, und hier —
Der
frische Hauch der Bergluft, der blaue, heitere Himmel und die
feierliche Stille, die über den Bergen und Thälern ruht, stimmen die
Seele so rein und so zufrieden, daß man kaum einen andern Wunsch fühlt,
als die ewige Dauer dieses Zustandes. Das Herz wird wirklich edler und
frommer in der Einsamkeit einer Berggegend, als im Geräusch der Städte,
wo man wohl unendlich mehr beobachtet und lernt, aber das Meiste leider
auf Kosten seiner Ruhe und Menschenliebe. Dort aber, unter jenem
stillen und arbeitsamen Volke, gibt es keinen Pöbel, der uns Eckel und
Abscheu vor der bürgerlichen Gesellschaft erregt; man ist frei von den
hundert und hundert erbärmlichen Neckereien und Reibungen kleinlicher
Leidenschaften und Interessen, welche einem hier — wenigstens die gute
Laune verderben; man weiß nichts von Langweile, die in den Städten aus
dem Uebermaaße der Zerstreuung entspringt; man genießt den Tag, wie der
liebe Gott ihn schickt, beginnt
ihn frohen Muthes und beschließt ihn zufrieden mit sich und der Welt.
Diese glückliche Stimmung ist die Frucht des täglichen Umganges mit
der Natur, welche sich dort in großen, ruhigen Formen darstellt, und zu
deren aufmerksamer Betrachtung man eben durch den Mangel einer
rauschenden Umgebung gleichsam genöthigt wird.
Auf
einem meiner Ausflüge bestieg ich auch die Höhe des Kandel. Man hat von
Sankt Peter aus zwei gute Stunden eines zuweilen sehr mühesamen Weges;
doch wird man bei günstiger Witterung durch die gewonnene Aussicht
hinlänglich für seine Anstrengung entschädigt.
Ich, leider, sah damals nichts, weil ein dicker Nebel auf dem
Flachlande lag. Er glich einem weiten See, aus welchem die Vogesen wie
ein
fernes Gestade, die Gipfel des Schamberges und Kaiserstuhls wie Inseln
hervortauchten. Der Kandel ist ein sehr schöner Berg; sein Rücken
dehnt sich frei und breit aus, und auf den Seiten ziehen sich
Buchwaldungen, mit Nadelholz vermischt, in mannigfaltiger Unterbrechung
bis an die umliegenden Thäler hinab. Seinen Namen findet man zuerst in
den sanktpeter'schen Klosterurkunden. Ein Gränzbeschrieb aus der ersten
Hälfte des zwölften Jahrhunderts beginnt mit den Worten: a platano in
monte Kandel, woraus die spätere Volkszunge Kandel und Platte gemacht
hat.
Günstiger
war mir die Witterung, als ich mich endlich in Sankt Peter
verabschiedete und durch das Glotterthal meinen Heimweg nahm. Der obere
Theil dieses Thales, welcher unter den Namen der neuen Welt, des
Sägtobels und der Ränke erscheint, ist eine wildromantische Kluft, der
untere dagegen eine freundliche und besonders fruchtbare
Vorgebirgsgegend. Manche Scene lud mich zu einem Aufenthalte ein, aber
eilends durchwanderte ich die gesegneten Fluren, um noch vor Einbruch
der Nacht das geliebte Freiburg zu erreichen.
(1) Ein alter Koder des ehemaligen Stiftes St.Georgen auf dem Schwarzwalde enthält über die Gründung beider Klöster Folgendes: »Anno MLXXII 8ertholdus Zaringius, abs Henrico IV. Caesare Carinthiae ducatu injuste spoliatus, ad obsequium numinis ferventius sese convertit, ac praeposituram Wilheimensen fundat eamque Welhelmo abbati Hirsaugiensi donat, quae postea ab ejusdem filio Bertholdo II. in abbatiam conversa et ad montem S.Petri in Hercyniam Sylvam translata est."
(2) Von diesem Prälaten, der einer der ausgezeichnetsten
sanktpeter'schen Aebte war, sagen die rvitae D.D. Abbat. monast. S. P.
in Kürze: "Petrus Gremmelsbach, abbas XXXVI, natus Villingae, electus
1496. Praesul optime de monasterio meritus, cujus basilicam a LX annis
dirutam e ruderibus excitavit, illudque papalibus et caesareis
privilegiis munivit. Generalogiam fundatorum, Catalogum abbatum et
Necrologium contexuit, Urbaria restuit. Obiit VII. 1512."
(3)
Sein Epitaphium lautet: "Sta viator et fige oculos in loculum, quo
inclultitur Ulricus praesul sanct-petrinus LIII, qui basilicam hujus
coenobii ecclesiam S. Ursulae et abbatiam a fundamentis aedificavit,
status eceles. A.A. commemdrum et judicii primae instantiae, nec non
judex
in causa canonizationis B. Fildeis mart. , Sigmariensis, a sac. vit.
congreg. per celsiss. ac reverend. S.R.J. principem et episcop.
coustant, subdelegatus.
Quis vigor ingenii fuerit,quae cetera virtus, omnia coenobii nos
documenta docent et lapides loquuntur. Hie virtute vixit gloria viret,
fama per orbem volat, spiritus astra tenet, quo avolavit anno LXVIII,
professionis L, sacerdotii XLIII, praesulatus XX. Christi vero
MDCCXXXIX, die XVII Julii. R.J.P."
(4) Eben diejenigen, von welchen wir oben gesprochen. Es ist wahrhaft
zu bedauern, daß die ursprünglichen so völlig zerstört wurden; denn
erstens wären sie ehrwürdige Denkmäler der alten Herzoge gewesen, deren
es ohnehin höchst wenige gibt, und alsdann hätten sie wohl einigen
Aufschluß über das zäringische Wappen geben können, über welches man
noch immer nicht im Reinen ist.
(5) Sie ist ein reinliches Manuskript in vier mäßigen Quartbänden, und trägt die Ueberschrift: „Jahrgeschichte oder kurze Erzählung, was sich bei der Stiftung des Klosters St.Peter zu Weilheim in der Neckarau, und nach desselben Uebersetzung auf den Schwarzwald bis auf unsere Zeiten in demselben und -anderswo Merkwürdiges zugetragen hat."
(6) Sie wurde im Jahr 1754 in's Reine geschrieben in zwei starken Quartbänden unter der Aufschrift: "Annales monasterii S. Petri in nigra Sylva, a prima sua origine ad haec tempora, Juxta abbatum annorumque seriem deducti, quos cum e monasterii mscts, tum aliis probatis authoribus collegit P. Georg. Baumeister, ejusd. loci professus."
(7) Der Titel desselben ist: „Compendium actorum seu Annales monasterii S. Petir in nigra Sylva, ord. S. Benedicti, in quibus omnia a primaeva ejusdem fundatione notatu digna, quae edax tempus non consumpsit, in compendio continentur, opus in tres tomos dividum, variis et antiquis et novis monumentis, insigniis monetis illustratum. Anno MDCCLVIII.