„Schwitzers“ im Attental
(nach dem Familienname
Schweitzer),
dieser Hausname ist heute noch den älteren Dorfbewohner
Ölgemälde nach 1950, privat |
Badische Zeitung vom April 1985 |
Das Anwesen steht östlich an der vorbeiführenden Ortsstraße und an der Abdachung am alten Flurnamen „Holzhau“ (Gemarkungsatlas der Gemeinde Wittental von 1889/1892). Auf der westlichen Seite begrenzt durch den mit frischem Quellwasser vorbei fließenden Attentäler Bach.
Ursprünglich
war der Standort dieses Taglöhnergütchen auf der östlichen Straßenseite
hinter der Stegmatt in ca. 60 Meter
Entfernung, rechts der Attentäler Straße und am Fuße des früheren Flurnamen
„Rindsheid“. In einem von Franz, Josef, Keller 1774 aufgenommen
geometrischen Plan, Attental
(H1 GLA Karlsruhe), ist das Anwesen im Besitz von Andreas Raufer. Heute
steht das Häuschen etwa 100 Meter weiter entfernt
vom „Vogten-Hisli“ ebenfalls an der vorbeiführenden Attentäler Straße
und dem dort vorbeifließenden Attentäler Bach.
Zur
Baugeschichte
Das
Taglöhnergütchen stand auf dem Grund und Boden des Rauferhofes. Die Erbauer
waren sicher Söhne
vom
Rauferhof, die es vermutlich Ende des 18. Jahrhunderts errichtet haben. Weitere
historische oder urkundliche Nachweise hierzu fehlen. Zum Anwesen gehörten
im Jahr 1774 1 Jauchert und 167 Ruthen Acker. Das um 1833 neu, zweistöckig,
von Stein erbaute Häusle (s. Foto), untergliedert sich in ein Wohn- und einen
Ökonomiebereich. Der Wohnbereich enthält im Erdgeschoss ein Zimmer mit dem
darunter liegenden Balkenkeller zur Lagerung von Feld und Gartenfrüchten. Unter
dem Eingangsbereich ist eine Quelle
gefasst die den Haushalt, mittels Handpumpe, mit Wasser versorgt. Der 1. Stock
enthält das Wohnzimmer mit Kachelofen und Schlafzimmer. Ein weiteres Zimmer
befindet sich über dem Wohn- und Schlafraum. Der Flur trennt den Wohnteil vom
Stallbereich (Kleinviehstallungen) und Heubühne ab. 1879 wurde ein Wagenschopf
neu angebaut und genehmigt. Am Berghang, hinter dem Stallbereich, wurde 1928 ein
Schweinestall neu angebaut. Am Haus auf der Südseite befindet sich der Gemüsegarten.
Welches Ereignis um 1833 zum Neubau an anderer Stelle geführt hat, ist nicht
bekannt.
Zur
Besitzergeschichte
Bewohnergeschichtliche
Fakten sind bereits im Kaufbrief vom 30. Oktober 1760 bekannt. Der minderjährige Andreas Raufer erwirbt von seiner
verstorbenen Mutter, Agatha Raufer geb. Walter (Tochter des Michael Walter vom
Michelehof in Stegen), „ein Häuslein, Gärtlein und Plätzlein Feld im
Attental“ (Stadtarchiv Freiburg). Andreas ist minderjährig und sein Vater,
Andreas Raufer, ist ebenfalls
verstorben. Beim Vertragsabschluß wird er von
Peter Priß in Zarten als Pfleger gesetzlich vertreten. Das Anwesen wird
im Kaufvertrag wie folgt beschrieben: .........„stoßt unden hinden und oben
an Andreas Raufer, vornen an Hans Helmlin, wie auch
dreij viertel Feld deren Recht und Gerechtigkeith, mit übernamb des
herrschaftlichen Fahls“ (Stadtarchiv Freiburg). Beim Kauf übernimmt er weiter
ein Tisch mit Tischtuch und ein Laib Brod darauf. Dazu gehören auch „Handzwehlen“
(Handtücher) an der Tür, für einen Kaufpreis von 278Gulden, 7 Batzen und 5
Pfennig. Am 23. Juli 1784 wird vom Talvogt Josef Ruffin in Kirchzarten
protokolliert und bezeugt, dass Andreas Raufer sein Taglöhnergut, der in Günterstal
wohnenden und verheirateten Schwester, Margaretha, eigentümlich überlassen
hat. Sie verkaufte das Taglöhnergut am 07.04.1811 wieder an ihren Vetter,
Andreas Raufer (Rauferhof- Bauer), für 335 R.(= Rheinische Gulden). Dieser übergab
es wieder an seinen Sohn Mathias
Raufer. Mathias heiratete Magdalena geb. Hug. Sein Sohn Joseph, geb. am
23.01.1780, verehelichte sich mit Maria geb. Zipfel, am 28.01.1811. Ihre Eltern,
Lorenz Zipfel und Ursula geb.
Simon, sind Eschbacher Bürger
(heute Stegen). Aus der Ehe hatten sie 4 Buben und ein Mädchen. Am 16. November
1829 verkauft Joseph Raufer an seinen Bruder, Johann Raufer, sein Haus und ein
Stück Bergfeld mit ungefähr 1 ½ viertele
Feld aus Not und großer Schuldenlast, für die Summe von 744 Rheinische Gulden.
Die rückständigen Schulden sind vom
Bruder ebenfalls zu übernehmen. Sie behalten sich das Recht vor die Nebenkammer
und Kammer oben, solange beide
leben, eigen zu nutzen. Dies gilt auch für den Ein- und Ausgang
zu diesen Räumen. Weitere damals übliche Mitbenutzungen wurden
vertraglich festgehalten, sowie das Recht zum Kochen in der Küche, den Platz im
Keller, ein Schwein zu halten, Platz und Grund im oberen Garteneck, 8 Schuh groß
und das Holz das er in seinem Stüble aufbewahren
will. Johann Raufer war verheiratet mit Anna geb. Walter, Tochter des Jacob
Walter (Michelehof Stegen) und der
Maria geb. Andris aus Stegen. Am 03.06.1830 verstarb Johann Raufer. Der Sohn aus
erster Ehe, Johann, geb. 1819, wohnt in Stegen. Die Tochter Theresia, geb.1829,
ist am 23.12. 1849 im Kindbett verstorben und war in Merdingen und Haslach in
Diensten. Ihr Kind, geb. am 22.12.1849, ist am Leben und heißt
Anna. Der Vater ist nicht bekannt. Die Witwe Anna Raufer geb. Walter hat
mit ihrem verstorbenen Ehemann im
Ehevertrag vereinbart, dass die Besitzgerechtigkeit den beiden Kindern zu kommen
soll, wenn eines der Eltern vorzeitig sterben und der andere Ehegatten wieder
heiraten sollte. Wegen der Minderjährigkeit ihrer Kinder und Schulden
verhandelt sie am 20.Januar 1832 mit dem Großherzoglichen Landamt in Freiburg, wegen der
Unteilbarkeit des Taglöhnergütchens, dass sie wieder heiraten möchte. Sie trägt
auch vor, dass sie „wirklich gezwungen zur besseren Wirthschafts Führung und
zur Erziehung der noch minderjährigen Kindern“
(GAST/W1/172), wieder zu heiraten. Sie hatte sich bereits dem Joseph
Brunner aus Wittental versprochen. Der Hochzeiter erklärt, dass er das Häuschen
für 700 Gulden übernehmen will, auch mit den Verbindlichkeiten. Den beiden
Kindern aus erster Ehe möchte er eine Entschädigungssumme von je 100 Gulden
zahlen, falls die Mutter vorab sterben sollte. Außerdem bietet er dem Sohn aus
erster Ehe an, das Schreinerhandwerk zu erlernen. Die vorhandenen Schulden von
ca. 400 Gulden die auf dem Gütchen lasten und die hierfür fälligen Zinsen übernimmt
er ebenfalls. Der Bruder seiner zukünftigen Ehefrau, Georg Walter (Michelehof
Stegen), hat die Bürgschaft zugesagt. Das Großherzogliche Landamt in Freiburg
ist mit dem eingereichten Gesuch einverstanden und genehmigt die Vereinbarung
mit Beschluss vom 25. Januar 1832 (GAST/W1/172). Die Witwe heiratet nun zum
zweitenmal den oben erwähnten, aus dem Wittental stammenden ledigen, Joseph
Brunner geb.17.02.1800 (Bachmättle). Die zweite Ehe blieb Kinderlos. Joseph
Brunner und seine Ehefrau verkaufen am 31.03.1834 ein neu, aufgebautes zweistöckige
Wohnhaus, mit Bruchsteinmauerwerk ,
an den Joseph Schweizer aus Höfen
(Kirchzarten) für 1450 Gulden (GAST W1/238). Josef Brunner ist ohne
Staatserlaubnis nach Amerika ausgewandert, wie viele in jener Zeit, um den
sozialen Elend zu entkommen. Ob seine Ehefrau mit ihm ausgewandert ist, ist
nicht bekannt.
Der
neue Besitzer Joseph Schweizer,
geb. am 19.03.1808, heiratet am 28.04.1834 die ledige Gertrud Maier (Mayer) geb.
am 14.03.1809, Tochter des Georg Maier,
wohnhaft in Bollschweil, und seiner
Ehefrau Maria geb. Mäder von Stegen. Aus der Ehe gingen 8 Kinder hervor: Marcus geb. am
1829 (vorehelich) Helena, Eleonora geb. am 23.02.1831 (vorehelich),
Johann, geb. 1835, verstorben mit 51/2 Jahren, Georgius geb. am
12.04.1838, Franz, geb. am 04.10.1840, Kunigunde, geb.am 04.03.1843 ,
ausgewandert nach Ohio/Amerika, Anton geb. 1847, Ziegler, ausgewandert nach
Amerika, , Joseph, geb. am 14.03.1852. Die Tochter Helena, Eleonora
hat ein unehelichen Sohn Nikolaus, geb. am 08.09.1857,
der beim Gemeinderechner Johann Maier
(Mayer) in Dietenbach (Kirchzarten) als junger Hirtenbub angestellt war. Die
Freiburger Zeitung berichtet am 05.04.1870, dass Nikolaus Schweizer dem
Gemeinderechner Joh. Gg. Maier
(Mayer) in Dietenbach (Kirchzarten) die Scheune in Brand gesteckt hat. Er war
dort als Hirtenbub beschäftigt. Nach Feststellung des Gerichts war er
Unzurechnungsfähig und wurde freigesprochen. In der Nacht
auf den 18.04.1870 hat er sich
durch Erhängen das Leben genommen. Nach dem Ableben von Joseph Schweizer am
21.05.1874 übergab die Witwe ihrem Sohn Franz am 15.01.1878 das elterliche
Anwesen. Die Mutter ist am 12.02.1883 verstorben.
Der Sohn Franz verheiratete sich am 29.03.1881 mit Johanna Mäder,
Tochter des Ignaz Mäder und seiner Ehefrau Theresia geb. Fehr vom Recklehof in
Wittental. Aus der Ehe gingen 3 Kinder hervor, Theodor, geb. am 02.01.1885,
Sophia, geb. 23.04.1888, Heinrich, geb. 12.07.1890.
Theodor
war Musketier im (6. Ostpreuss. Nr. 43) Königlich
Preußischen Infanterieregiment und
ist am 24.06.1915 bei Zurawno/Ukraine (südöstlicher Kriegsschauplatz)
gefallen. Am 06. Juni 1893 verstarb ihr Ehemann. Die Witwe verkauft das Taglöhnergut
am 21. Januar 1920 zu je ½
Anteil an die Eheleute Stefan Klingele, gebürtig von Eschbach heute Stegen Er
verheiratete sich mit Marie geb. Schweizer am 07. Januar 1918. Aus der Ehe
gingen 4 Buben und 6 Mädchen
hervor. Eine Tochter, Sophie, verheiratete sich mit
Friedrich Sumser, Sohn des
Wirts vom Gasthaus Falken in Wittental. Am 29. Mai 1929 verkaufte Stefan
Klingele das Taglöhnergut an Friedrich
Raufer und wurde Pächter auf dem Birkenreuter Hof in Kirchzarten. Friedrich
Raufer geb. am 14.04.1905, vom Rauferhof in Wittental, verheiratete sich am
16.07.1926 mit Wilhelmine geb. Steinhart (Urbershof Zarten), geb. am 21.02.1898.
Seine Ehefrau verstarb am 22.10.1948. Nach dem Tod seiner Frau heiratete er am
02.06.1952 Rosa geb. Schwär von
St. Peter, geb. am 05.05.1916. Sie stammte aus St. Peter vom Nazihof (Abkürzung
für Ignatius). Ihr Bruder Peter, Paul war Gastwirt auf dem Bank`schen Hof im
Attental.
Die
Eheleute hatten 5 Kinder. Josef,
Alfons, Franz, Erich aus 1. Ehe und Rosmarie aus 2. Ehe. Der Vater war
Teilnehmer im 2. Weltkrieg und kam im Frühjahr 1948 aus russischer
Kriegsgefangenschaft wieder in seine Heimat zurück. In den Jahren 1956-1974 war
er Gemeinderatsmitglied der Gemeinde Wittental. Aktives Mitglied im Musikverein
Wittental und nach 1940 passives
Mitglied und Ehrenmitglied, bis zu seinem Tod am 30.04.1998.
Am
17.09.2003 verstarb auch seine zweite Ehefrau. Das
Anwesen ging nun am 21.04.2004 durch Vermächtnisvertrag
an die Tochter Rosemarie über. Die kleine Landwirtschaft wurde bereits
vorher schon nach und nach aufgegeben. Das Häuschen kam
im Juni 2008 durch Kauf an
den Handwerksmeister Andreas Roher. Auf den Erhalt der alten Bausubstanz legt er
viel Wert und wird von ihm zum Teil behutsam saniert um die Besonderheit und die
Wertigkeit zu erhalten.
Stegen,
14. April 2010
Oskar Steinhart