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Schule und Schüler in Stegen um 1840
von Fridolin Hensler
Der Stellenwert einer flächendeckenden allgemeinen Schulbildung
als Grundlage für eine bessere wirtschaftliche Entwicklung war
zu Beginn des 19. Jh. unbestritten und wurde staatlich gefordert
und gefördert. Die Infrastruktur mußte jedoch in den Gemeinden
erst langsam aufgebaut werden. Es fehlten geeignete Schulräume
und ausgebildete Lehrer. Vor dem Erwerb eines gemeindeeigenen
Schulhauses 1834 fehlen schulspezifische Belege in den
Gemeinderechnungen.
Die allgemeine Schulpflicht bestand theoretisch schon längere
Zeit. Der Mangel an Schulräumen und der Unterricht mit Lehrern,
die ihren Lebensunterhalt neben dem Schulunterricht her durch
handwerkliche Arbeiten oder eine eigene Landwirtschaft verdienen
mußten, war wenig förderlich. Lesen und Schreiben war um 1840
noch nicht selbstverständlich. Viele Unterzeichnungen mit
Handzeichen eines Kreuzes und schriftlicher Bestätigung durch
einen namentlichen Zeugen, waren nicht selten.
Über die „Schulverhältnisse“ früherer Zeit in Stegen geben die
Aufzeichnungen des ehemaligen Bürgermeisters Maximilian Walter
neben Vermutungen auch viele detaillierte Angaben zum Erwerb
eines Schulhauses 1834 und zu den nachfolgenden Lehrkräften und
deren Besoldung. Über die Art und Qualität des Unterrichts, über
Unterrichtszeiten und Klassenstärken, vorhandene Lehr- und
Lernmittel fehlen leider die Angaben. Aus den Gemeinderechnungen
lassen sich einzelne Mosaiksteine des Schullebens um 1840
erkennen.
Vor dem Erwerb des gemeindeeigenen einfachen
landwirtschaftlichen Gebäudes, das nachfolgend für schulische
Zwecke im Lauf der Zeit verschiedentlich umgebaut wurde, sind
keine Ausgaben der Gemeinde für schulische Zwecke nachgewiesen
in den Gemeinderechnungen, die seit 1812 geführt wurden. In der
ältesten Jahresrechnung der Gemeinde Stegen von 1812 sind
die Ausgaben durch die noch bestehenden Kriegslasten beherrscht.
Aber auch im „Verzeichnis der Tagsgebühren“ dieses
Rechnungsjahres, in dem die amtlichen Geschäftsgänge notiert
wurden, ist kein Hinweis auf schulische Einrichtungen oder
Ausgaben. Auch in den nachfolgenden Jahren sind keine Ausgaben
für „Schulbedürfnisse“ zu finden.
Um 1840 war ein entscheidender Schritt im Schulwesen mit einem
staatlich vorgeschriebenen jährlichen Grundgehalt eines Lehrers
von 140 Gulden mit zusätzlich von den Schülern aufgebrachten
jährlichen Schulgeld pro Kopf 30 x. Je nach Vermögensstand
erhielt die Gemeinde einen Zuschuß für die Besoldung des
Lehrers. Für ortsarme schulpflichtige Kinder wurde das Schulgeld
der Kinder aus der Gemeindekasse bezahlt, mancherorts auch aus
einem entsprechenden „Schulfond“. Ein Schulrechner war für die
Abrechnung der schulischen Kosten bestimmt, im Jahr 1839/40 war
es in Stegen Joseph Zähringer,
Im Vorbericht des Jahresrechnung 1840/41 ist die amtliche
Anordnung zu ersehen:
„Nach dem Erkenntnis der Großh. Regierung des
Ober-Rheinkreises Freyburg den 11 te April 1836 ist die
Lehrersbesoldung jährlich auf 140 fl nebst 30 Kreuzern
Kopfgeld pr. Kind reguliert“.
Die Herstellung und Instandhaltung des Schulhauses war Aufgabe
der Gemeinde. Auch für eine angemessene Wohnung eines Lehrers
hatte die Gemeinde aufzukommen. Zusätzliche Angebote für
pachtfreie Überlassung von Grundstücken einer Gemeinde waren
Anreiz für Lehrkräfte, sich um eine Lehrerstelle zu bewerben. In
Stegen wurde die beim Schulhaus befindliche Wiese dem Lehrer
kostenlos überlassen gegen Übernahme der Heizung mit Schulholz.
Das Holz für die Heizung des Schulzimmers mußte auf Kosten der
Gemeinde angeschafft, gesägt und gespalten werden.
Jahresrechnung 1842/43 Beilage Nr. 39
„Quittung
Die Gemeinde Stegen hat mir dem Unterschriebenen 5
Klafter Tannholz zur Schule abgekauft. Das Klafter um 6 fl 15
x. thut
---- 31 fl 30 x.
Stegen den 28 ten März 1842
Joseph Laule“
Beilage Nr. 41
„Forderungszedel
Ich der Unterzeichnete habe für versegen und verspalten
von 5 Klafter Holz zur Schule Stegen zu fordern à 48
x thut --- 4 fl“.
Stegen dem 28 te May 1842
Joh. Mayer
Beilage 42 nachträgliche Rechnung von 1841
„Forderungszedel
An die Gemeinde Stegen wegen Schulverrechnung habe ich
Unterzogener zu fordern:
Für 5 Klafter Holz versegen und verspalten zur Schule à
48 x.
thut ---- 4 fl“.
Für die Anschaffung von Lehrmitteln wie Landkarten, Tafeln,
Tinte, Kreide usw war die Bürgerschaft für diese Kosten
zustimmungspflichtig und mußte deshalb vorher derartige Ausgaben
bewilligen. Eine staatliche Aufsicht war im Landamt Freiburg für
den Unterricht des Lehrers in Stegen bestimmt. Als
Ortsschulbehörde waren jedoch der Bürgermeister und Gemeinderat
in Verbindung mit dem zuständigen Pfarrer, der auch den
Religionsunterricht erteilte maßgebend für den Schulbetrieb und
auch für die zeitliche Festlegung von Ferien. Die Ferien wurden
früher nach dem Bedürfnis der landwirtschaftlichen Mithilfe der
Schulkinder festgesetzt, eventuell auch unterbrochen bei
schlechter Witterung.
Die sachlichen Ausgaben für die Schule waren gering. Die
Schiefertafeln wurden von den Schülern angeschafft. Für 100
Stück Griffel wurden 1843 15 x und für ¼ Pfund
„Dintenpulver“ weitere 15 x bezahlt.
Beilage 45 der Jahresrechnung 1843
„Conto
Der Unterzogene hat aus Auftrag des Bürgermeister Walter
in die Schule Stube Stegen zwey Fenster-Umhange gemacht und zu
fordern
1.
Macherlohn
12 x
2. für 4 Ellen
Zeug
3 fl 24 x
3. für Nägel u.
Schrauben
14 x
-----------
Summa 3 fl 50 x“
Bei den geringfügigen Einzelposten des Schulbedarfs ist die
nachfolgende Rechnung doch etwas erstaunlich hoch:
„Lithographische Anstalt von Philipp Zeller an die Gemeinde
Stegen
Über 1 Exemplar des Stammbaumes des Großherzoglichen
Hauses Baden zum Gebrauch der Schulen; die auch für die Raths
Stuben sehr geeignet im Subcriptions
Preiß 4 fl 50 x“.
Gemeinde und Schulverband
Die Lebensqualität der Dorfbewohner wird wesentlich durch die
Infrastruktur bestimmt. Der früher eingeengte Bereich des
landwirtschaftlichen Lebensgrundlage konnte durch kurze Wege zur
Arbeit und zu sozialen Treffpunkten wie Kirche, Schule und
Gasthaus erleichtert werden. Aus diesem Grund wurden für den
Besuch der Schule und der Pfarrkirche besondere Abmachungen
getroffen.
Flächenmäßig wird eine Gemeinde durch die Gemarkung begrenzt.
Das Grundeigentum ist nicht auf die Gemeindebewohner begrenzt.
Auch die Pfarreizugehörigkeit ist nicht durch die
Gemarkungsgrenze bestimmt. Bei der Gemeinde Stegen waren um 1840
auch noch Schulverbände, die nicht durch die Gemarkung gebildet
wurden, sondern durch räumliche Nähe einer bestehenden Schule.
Der Ortsteil Rechtenbach gehörte um 1840 zur politischen
Gemeinde Eschbach. Mit Rücksicht auf die räumliche Nähe wurden
sie zum Besuch der Schule in Stegen zugeordnet im Schulverband
Stegen.
Die Bewohner des Gebietes am Reckenberg gehörten zwar zur
Gemarkung Stegen, deren schulpflichtigen Kinder besuchten
infolge der räumlichen Nähe die Schule in Eschbach als Teil des
dortigen Schulverbandes. Bei den auf die jeweiligen Dorfbewohner
entfallenden Kosten für schulische Belange wurde deshalb eine
gegenseitige Kostenbeteiligung der beiden Schulverbände
getroffen. Aus den Jahren 1841 und 1843 sind diese Berechnungen
auf Grundlage der Kopfzahl der jeweiligen Bewohner in der
Gemeinderechnung Stegen erhalten und im Wortlaut wiedergegeben:
„Das Bürgermeisteramt in Eschbach an den Löbl. Gemeinderath
in Stegen.
Nach dem Gemeindebedürfnis Ettagt vom 1te Juni 1841 bis
dahin 1842. Betragen die Kosten der hiesigen Schulanstalt 220
fl. Es trift auf die zur hiesigen Schuhl gehörigen Befölkerung
21 558/602 x auf den Kopf. Die Befölkerung der Schulang.
In Eschbach sind 562. Die Befölkerung von Stegen die in
hiesige Schuhl gehen betragt nach einer vom Bgmstr amt in
Stegen den 6 te Merz 1842 aufgestelten Urkund 40 Seelen, und
trift den von Stegen in hiesige Schul gehören 14 fl 37 x
zehn vier Gilden dreißg sieben kreuzer.
Das Lobliche Bürgermeisteramt wolle die 14 fl 37 x als
Bald zur auszahlung an die hiesige Gemeinds Kasse anweisen zu
wollen.
Eschbach den 22 te Merz 1842
Rombach Bgmstr“
Als Beilage Nr. 3 findet sich die Rechnung des Schulverbandes
Stegen an die Gemeinde Eschbach im folgenden Wortlaut:
„Berechnung über die Schulkosten zu Stegen 1842/43
Nach dem Bedürfnis Etat der Gemeinde Stegen 1842/43
betragen die Schulkosten
200 fl
Diese sind von der Schulgemeinde zu tragen; zu welchen
die Eschbacher Bürger in Rechtenbach gehören, und zwar nach
der Seelenzahl.
1. Die Seelenzahl in Stegen, welche zur Schulgemeinde
gehören ist nach er Vokgszählung im Novbr.
1842
-----
309 Seelen
2. Die zu Rechtenbach Lt
Anlage
88 “
-----------
Sa
397 “
An obigen 200 fl trift es auf den
Kopf
30 90/297 Kreuzer
Somit auf
Stegen
155 fl 40 x
Rechtenbach, welches die Gemeindekasse Eschbach zu zahlen
hat 44 fl 20 x
-------------
Egal 200
fl --
Rechner Vogt wird hiemit angewiesen obige 44 fl 20 x zu
erheben und in Einnahme zu stellen.
Stegen, den 26. May 1843
Der Gemeinderath
(Unterschriften vom Bürgermeister und Gemeinderat)
Entsprechend einem Schulverband gab es in Stegen und in Eschbach
auch Bewohner, die verschiedenen Pfarreien als „Pfarrgenossen“
zugeteilt waren und dabei unterschiedlichen
Zahlungsverpflichtungen unterworfen waren. Einige Höfe in
Eschbach gehörten seelsorgemäßig zur Pfarrei St. Peter. Die
Einwohner von Stegen gehörten als Filiale zur Pfarrei in
Eschbach. Die Bewohner in Rechtenbach waren jedoch der Pfarrei
Kirchzarten zugeordnet. Die Funktion des Standesamtes in Stegen
wurde bis 1870 vom Pfarramt in Eschbach ausgeübt.