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         Schule und Lehrer 1834 unter dem Auge des Gesetzes
von Fridolin Hensler

Naturvölker haben keine Schule und brauchen sie auch nicht. Das einfache Leben in der Natur erfordert praktisches Tun und Handeln, Einfühlungsvermögen in das natürliche Gedeihen der Pflanzen und Tiere, Kraft und körperliche Geschicklichkeit für Jagd und Fischfang. Diese Kenntnisse und Fähigkeiten werden in der Familie, in der Sippe oder in einer Dorfgemeinschaft erworben. Dabei wird auch die soziale Kompetenz erarbeitet.

Die moderne und hochtechnisierte Arbeitswelt unserer Zeit ist in steigendem Maß auf vielseitiges theoretisches Wissen angewiesen, dessen Erwerb nicht ohne den Wissensspeicher im Schriftgut in einer Schule mit Lehrern möglich ist.

Die Erkenntnis der Notwendigkeit einer allgemeinen Schulbildung mit dem Ziel über Lesen, Schreiben und Rechnen auch wirtschaftliche Verbesserung der Lebensverhältnisse zu erreichen, führte im 19. Jahrhundert zur allgemeinen staatlich verordneten Schulpflicht. Bis dahin war die Alphabetisierung trotz Erfindung des Buchdrucks nur auf einen kleinen Bruchteil der Bevölkerung beschränkt geblieben und vor allem durch Kirchen und Klöster gepflegt worden.

Die gesetzlich verankerte Schulpflicht, die den Gemeinden aufgetragen wurde, stand jedoch nur auf dem Papier, da keine ausgebildeten Lehrer vorhanden und auch geeignete Räumlichkeiten für „Schulstuben“ nur schwer zu finden waren. Nicht weniger leicht war die Bestreitung des Unterhalts für einen Lehrer durch die Gemeinde zu bewältigen. Anfänglich waren meist ortsansäßige Handwerker als Mesner zugleich auch noch als Lehrer tätig, die vor allem im Winter, wenn die Feldarbeiten ruhten, Kindern Schreiben, Lesen und einfaches Rechnen beibrachten. Bibel und Katechismus waren dabei die üblichen Lesebücher.

Im Regierungsblatt 1834 Nr. XXV wurden nähere Bestimmungen zur allgemeinen Schulpflicht bekannt gemacht.

Die Schulpflicht wurde auf das Alter von 6 Jahren, für Knaben bis 14 Jahre, bei Mädchen bis 13 Jahre festgesetzt. Der Schuljahrsbeginn wurde auf Ostern des Jahres bestimmt. Wer das vorgegebene Lernziel am Ende der vorgesehenen Schulzeit nicht erreicht hatte, mußte ein Jahr länger die sog. „Volksschule“ besuchen. Es waren regelmäßige, jährliche öffentliche Prüfungen der Schüler vorgesehen in Anwesenheit des Schulvorstandes mit Gemeinderat und Bürgerausschuß.

Es waren 8 Wochen Ferienzeit vorgesehen. Deren Verteilung wurde unter Berücksichtigung von Festzeiten und landwirtschaftlichen Arbeiten örtlich beantragt und war vom „Schulvisitator“ zu genehmigen.

Die schulentlassenen Knaben hatten nach dem Besuch der Volksschule während des Winterhalbjahrs ein- oder zweimal wöchentlich zu je 2 Stunden den Unterricht als „Fortbildungsschule“ zu besuchen.

Von großer Bedeutung war außerdem die sog. „Sonntagsschule“. Sie war an jedem Sonntag (Festtage und Ferien ausgenommen) und mußte nach der Schulentlassung 3 Jahre lang besucht werden. In der Sonntagsschule waren Knaben und Mädchen getrennt im wöchentlichen Wechsel verpflichtet.

Die schulische Aufsicht hatte der jeweilige zuständige Pfarrer als „Schulinspektor“. Mit dem Bürgermeister zusammen bildeten beide den Schulvorstand, der über alle schulischen Angelegenheiten und die schulischen Bedürfnisse zu entscheiden hatte. Der Ortspfarrer hatte aber auch die Aufgabe, zweimal wöchentlich Religionsunterricht zu erteilen.

Für alle in einem Amtsbezirk vorhandenen Schulen in den verschiedenen Gemeinden wurde von höherer Stelle ein Geistlicher jeweils auf 6 Jahre als „Schulvisitator“ bestellt. Das gesamte Schulwesen im Großherzogtum Baden unterstand 1834 dem Innenministerium. Dort war als beratendes Gremium aus geistlichen und weltlichen sachkundigen Vertretern die „Oberschulbehörde“.

Zum Lehrplan ist 1834 gesetzlich vorgegeben:
"Religionsunterricht, welcher der wichtigste Gegenstand der Volksschule ausmacht, ist zu trachten, daß der Schüler nicht bloss Sprüche und Sätze auswendig lerne, sondern daß seine Erkenntnis klar und sicher, sein Gefühl erwärmt und sein Wille zum Guten gestärkt werde.
Ergänzend fordert dazu § 35: „. . . . auch soll der Unterricht an jedem Tag mit einem kurzen Gebete oder Gesang angefangen und geschlossen werden  . . . . . .
Die Schulkinder sind zum regelmäßigen Besuch der Kirche anzuhalten und an dem darauf folgenden Tag ist bei dem Religionsunterricht auf die gehaltene Predigt zurückzukommen und die Kinder über den Hauptinhalt zu befragen“ . . . . .
Auf den Religionsunterricht ist täglich beiläufig eine halbe Stunde zu verwenden.

                          Gewerbeschule
Solche wurden 1834 nur in gewerbereichen Städten eingerichtet.

                         Die Industrieschule
wurde erst einige Zeit später eingeführt. Meistens wurde diese Art der Unterrichtung von der Frau des jeweiligen Dorflehrers übernommen. Damit versuchte man der schulentlassenen weiblichen Jugend nützliche haushaltstechnische Arbeiten, vor allem Stricken, Häkeln und Nähen beizubringen. Diese Beschulung wurde später mit der Bezeichnung „Nähschule“ auch noch im 20. Jahrhundert fortgesetzt in Person einer „Handarbeitslehrerin“.

                        Die Lehrerbesoldung
war lange Zeit dem Ermessen der Gemeinden überlassen und dürftig. Teilweise wurde der Lehrer reihum in Verpflegung gehalten, um dessen Lebensunterhalt zu gewährleisten. Später bekam der Lehrer einen Anspruch auf eine gemeindeeigene Wohnung und ab 1836 eine staatlich garantierte Besoldung von jährlich 140 Gulden, die von der Gemeinde auszuzahlen waren. Dazu erhielt der Lehrer jährlich noch 30 x Kopfgeld pro Schüler.

Je nach Vermögen der Gemeinde erhielt diese zum Lehrergehalt einen Staatszuschuß. Im Rechnungsjahr 1841/42 z.B. war dieser Staatszuschuß in Stegen 21 fl 52 x.