Reprint von Freiburger
Echo Verlag 2000
..... Merkwürdiger sind die Ausflüge ostwärts von Freiburg,
das Thal von Kirchzarten hinauf. Von hier aus läßt sich uns
der Weg entweder nach den ehemaligen Klöstern St.Märgen und
St.Peter einschlagen, oder gegenüber, das sogenannte
Himmelreich hinauf, und durch die Schluchten der Hölle. Die
großartigsten Naturscenen stellen sich hier dem Wanderer
dar; Gemälde, wie er sie nur in der Schweiz anzutreffen und
zu bewundern gewöhnt ist.
Anfänglich trifft er auf frische, mit Heerden bedeckte
Wiesengründe, und zerstreute von malerischen Baumgruppen
halb versteckte Höfe, an denen ein schäumender Waldbach
vorüberbraust. Nach und nach wird das Thal enger, der Bach
wilder, von beiden Seiten drängen sich gewaltige
Felsenmassen oder steile Abhänge hervor. Jetzt betritt der
Wanderer die sogenannte Hölle, eine Schlucht., welche ihn
mit Bewunderung und Schauer erfüllt. Auf keinen Punkt des
Schwarzwaldes hat die Natur so viel Erhebendes und
Schreckendes zusammengedrängt. Auch der Mensch blieb nicht
zurück; er erhob auf den hier ganz unbesteigbaren
Felsenwänden ein Raubschloß, den Falkenstein, deren Trümmer
noch jetzt gewaltig und finster in die Schlucht herabdrohen.
Allmählig erweitert sich das Thal wieder, und der Weg führt
weiter zum Posthause oder dem Wirthshause unter der Steig.
Gewöhnlich wird bei Letzterm Halt gemacht, wo man den
übrigen Merkwürdigkeiten näher ist. Vorerst wird der unsern
sich bildende sehenswerthe Wasserfall besucht; dann geht es
die mühsam und kunstreich gewundene Schlangenlinie der
Steige hinan auf die Hochfläche des Schwarzwaldes. Hier sind
noch die Spuren der Verschanzungen sichtbar, welche im Jahre
1815 dazu bestimmt wurden, diesen Engpaß, bei einem etwa
nöthigen Rückzuge der verbündeten Heere zu vertheidigen.
Unverkennbar hat sich auf diesen Höhen (besonders in einer
größern Entfernung von der Straße) noch das Leben der alten
Deutschen erhalten, wie es schon von Tacitus geschildert
wird. Wir finden hier noch die ursprüngliche
patriarchalische Traulichkeit; den Urgroßvater in der Mitte
seiner Enkel. Die Wohnungen sind von den Heerden umschwärmt,
vereinzelt, wie da und dort den Erbauer ein schicklicher
Platz, eine Quelle, oder ein Wiesengrund anzog. Die Bauart
der Häuser selbst ist eigenthümlich, und überrascht
denjenigen, welcher zum erstenmale damit bekannt wird.
Gewöhnlich bestehen sie ganz aus aufeinanderliegenden
Baumstämmen, sind in mehrere Stuben abgetheilt und sauber
ausgetäfelt. Auf der Ost- und Südseite sind eine Menge
nebeneinander stehender kleiner Fenster angebracht, welche
die Licht- und Sonnenstrahlen, wie in ein Treibhaus
auffangen, und dem Innern in hohem Grade Heiterkeit und
Wärme mittheilen. Eine hölzerne Gallerie (Laube) läuft
mitten um das Haus und die Fenster. Sie wird durch das weit
hervorragende Dach von Stroh oder Schindeln gegen Wind und
Regen, und gegen die ungeheure Last des Schnees geschützt,
den die winterliche Jahreszeit in diesen Gebirgen
niederwirft. Der Anblick eines Hauses mit seinen
schimmernden Fenstern, seiner Gallerie, die oft mit
Blumentöpfen und blühenden Pflanzen besetzt sind, sammt
seinen Vordächern, gewährt ein einladendes Bild des Friedens
und des Schutzes, nach welchem sich der müde Wanderer schon
in der Ferne sehnt. Unter dem Vordache und auf der Gallerie
findet er, nach Belieben, Schatten oder Sonnenschein, Luft
oder Luftstille, je nachdem er seinen Sitz und Ruhepunkt
wählt. Eine muntere Gruppe von Kindern umgiebt und begrüßt
ihn bald mit traulichem Händeschütteln. (Mehreres in v, Ittners Naturgemälde des
Breisgaues. Freib, Wochenbl, 1809, S. 98, u, ff.)
Von der Steig führt ein Weg rechts nach dem
sogenannten Titisee, dem gewöhnlichen Endpunkte von
Ausflügen, welche nur auf einen Tag berechnet sind. - Doch
wird auch bisweilen noch von hier aus die Wanderung auf den
Feldberg ausgedehnt , welcher seinen Rücken in einer
ungeheuern Bogenlinie hieher absenkt. Auch hat der weitere
Weg von hier aus besondere Reize, wenn es auch nur um der
Felder willen wäre, auf welchen die mächtigsten Granitblöcke
unordentlich, wie eine zufällige Saat aus Riesenhänden
umhergestreut sind.
Gewöhnlich wird der Feldberg von Oberried aus bestiegen.
Ganze Gesellschaften fahren zu diesem Behufe an schönen
Sommerabenden nach diesem 5 Stunden von Freiburg gelegenen
Dorfe, und treten hierauf den Weg auf den Berg im Verlaufe
der Nacht unter Fackelschein zu Fuße an. Gelangt man nach
mühsamem Steigen, und mit dem frühesten Morgen zur Höhe, so
verweilt man sich entweder noch in den zerstreuten
Sennhütten, oder trägt einen Holzstoß zusammen, und labt
sich um das lodernde Feuer gelagert. Begierig erwartet jeder
den Aufgang der Sonne und das einzige Schauspiel, das sich
bald vor ihm entfalten soll. Welche Feder vermöchte es aber
auszumalen, wenn sie nun wirklich hervortritt, und der weite
Schleier der Natur abrollt, fern von den Gebirgen des
Voralbergs bis über die Vogesen hinaus; wenn der ferne
Bodensee zuerst wie eine Silberfläche schimmert, und die
Häupter der noch ferneren Gletscher wie Flammensäulen
aufglühen! Ein unnennbares Gefühl bemächtiget sich eines
jeden Zuschauers, die Gesellschaft verstummt, vertheilt
sich, und entrichtet in Einsamkeit und heiliger Stille dem
Allmächtigen ihr Morgenopfer.
Noch sind uns die Ausflüge südwärts von Freiburg übrig....