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Thal von Kirchzarten
aus: Freiburg im Breisgau mit seinen Umgebungen
Geschichte und Beschreibung
Reprint von 1825
Heinrich Schreiber

                                
..... Merkwürdiger sind die Ausflüge ostwärts von Freiburg, das Thal von Kirchzarten hinauf. Von hier aus läßt sich uns der Weg entweder nach den ehemaligen Klöstern St.Märgen und St.Peter einschlagen, oder gegenüber, das sogenannte Himmelreich hinauf, und durch die Schluchten der Hölle. Die großartigsten Naturscenen stellen sich hier dem Wanderer dar; Gemälde, wie er sie nur in der Schweiz anzutreffen und zu bewundern gewöhnt ist.

Anfänglich trifft er auf frische, mit Heerden bedeckte Wiesengründe, und zerstreute von malerischen Baumgruppen halb versteckte Höfe, an denen ein schäumender Waldbach vorüberbraust. Nach und nach wird das Thal enger, der Bach wilder, von beiden Seiten drängen sich gewaltige Felsenmassen oder steile Abhänge hervor. Jetzt betritt der Wanderer die sogenannte Hölle, eine Schlucht., welche ihn mit Bewunderung und Schauer erfüllt. Auf keinen Punkt des Schwarzwaldes hat die Natur so viel Erhebendes und Schreckendes zusammengedrängt. Auch der Mensch blieb nicht zurück; er erhob auf den hier ganz unbesteigbaren Felsenwänden ein Raubschloß, den Falkenstein, deren Trümmer noch jetzt gewaltig und finster in die Schlucht herabdrohen. Allmählig erweitert sich das Thal wieder, und der Weg führt weiter zum Posthause oder dem Wirthshause unter der Steig. Gewöhnlich wird bei Letzterm Halt gemacht, wo man den übrigen Merkwürdigkeiten näher ist. Vorerst wird der unsern sich bildende sehenswerthe Wasserfall besucht; dann geht es die mühsam und kunstreich gewundene Schlangenlinie der Steige hinan auf die Hochfläche des Schwarzwaldes. Hier sind noch die Spuren der Verschanzungen sichtbar, welche im Jahre 1815 dazu bestimmt wurden, diesen Engpaß, bei einem etwa nöthigen Rückzuge der verbündeten Heere zu vertheidigen. Unverkennbar hat sich auf diesen Höhen (besonders in einer größern Entfernung von der Straße) noch das Leben der alten Deutschen erhalten, wie es schon von Tacitus geschildert wird. Wir finden hier noch die ursprüngliche patriarchalische Traulichkeit; den Urgroßvater in der Mitte seiner Enkel. Die Wohnungen sind von den Heerden umschwärmt, vereinzelt, wie da und dort den Erbauer ein schicklicher Platz, eine Quelle, oder ein Wiesengrund anzog. Die Bauart der Häuser selbst ist eigenthümlich, und überrascht denjenigen, welcher zum erstenmale damit bekannt wird. Gewöhnlich bestehen sie ganz aus aufeinanderliegenden Baumstämmen, sind in mehrere Stuben abgetheilt und sauber ausgetäfelt. Auf der Ost- und Südseite sind eine Menge nebeneinander stehender kleiner Fenster angebracht, welche die Licht- und Sonnenstrahlen, wie in ein Treibhaus auffangen, und dem Innern in hohem Grade Heiterkeit und Wärme mittheilen. Eine hölzerne Gallerie (Laube) läuft mitten um das Haus und die Fenster. Sie wird durch das weit hervorragende Dach von Stroh oder Schindeln gegen Wind und Regen, und gegen die ungeheure Last des Schnees geschützt, den die winterliche Jahreszeit in diesen Gebirgen niederwirft. Der Anblick eines Hauses mit seinen schimmernden Fenstern, seiner Gallerie, die oft mit Blumentöpfen und blühenden Pflanzen besetzt sind, sammt seinen Vordächern, gewährt ein einladendes Bild des Friedens und des Schutzes, nach welchem sich der müde Wanderer schon in der Ferne sehnt. Unter dem Vordache und auf der Gallerie findet er, nach Belieben, Schatten oder Sonnenschein, Luft oder Luftstille, je nachdem er seinen Sitz und Ruhepunkt wählt. Eine muntere Gruppe von Kindern umgiebt und begrüßt ihn bald mit traulichem Händeschütteln. (
Mehreres in v, Ittners Naturgemälde des Breisgaues. Freib, Wochenbl, 1809, S. 98, u, ff.)

Von der Steig führt ein Weg rechts nach dem sogenannten Titisee, dem gewöhnlichen Endpunkte von Ausflügen, welche nur auf einen Tag berechnet sind. - Doch wird auch bisweilen noch von hier aus die Wanderung auf den Feldberg ausgedehnt , welcher seinen Rücken in einer ungeheuern Bogenlinie hieher absenkt. Auch hat der weitere Weg von hier aus besondere Reize, wenn es auch nur um der Felder willen wäre, auf welchen die mächtigsten Granitblöcke unordentlich, wie eine zufällige Saat aus Riesenhänden umhergestreut sind.

Gewöhnlich wird der Feldberg von Oberried aus bestiegen. Ganze Gesellschaften fahren zu diesem Behufe an schönen Sommerabenden nach diesem 5 Stunden von Freiburg gelegenen Dorfe, und treten hierauf den Weg auf den Berg im Verlaufe der Nacht unter Fackelschein zu Fuße an. Gelangt man nach mühsamem Steigen, und mit dem frühesten Morgen zur Höhe, so verweilt man sich entweder noch in den zerstreuten Sennhütten, oder trägt einen Holzstoß zusammen, und labt sich um das lodernde Feuer gelagert. Begierig erwartet jeder den Aufgang der Sonne und das einzige Schauspiel, das sich bald vor ihm entfalten soll. Welche Feder vermöchte es aber auszumalen, wenn sie nun wirklich hervortritt, und der weite Schleier der Natur abrollt, fern von den Gebirgen des Voralbergs bis über die Vogesen hinaus; wenn der ferne Bodensee zuerst wie eine Silberfläche schimmert, und die Häupter der noch ferneren Gletscher wie Flammensäulen aufglühen! Ein unnennbares Gefühl bemächtiget sich eines jeden Zuschauers, die Gesellschaft verstummt, vertheilt sich, und entrichtet in Einsamkeit und heiliger Stille dem Allmächtigen ihr Morgenopfer.

Noch sind uns die Ausflüge südwärts von Freiburg übrig....

Reprint des Freiburger Echo Verlag 2000