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Reste altdeutscher Frühlingsfeierlichkeiten im Breisgau
Das Scheibenschlagen
Von Diaconus Maurer
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aus: Schau-ins-Land 1876, Seite 21-23 |
Sitten und Gebräuche, welche in einem
Volke einmal eingewurzelt sind, erhalten sich, auch wenn die
Anschauungen, denen sie ihre Entstehung verdanken, sich verändert haben
und sogar ihre Bedeutung dem Bewußtsein des Volkes entschwunden ist.
Deshalb werden noch gegenwärtig von unserem Volke Feste gefeiert, deren
Ursprung in der Religion der alten Gemanen, im Glauben an Wodan und die
anderen altdeutschen Götter und in der Verehrung der Sonne und des
Feuers zu suchen ist. Durch die Einführung des Christenthums am
Oberrhein wurde zwar im Laufe des achten und neunten Jahrhunderts die
alte Religion beseitigt, ihre Wurzeln konnten aber nicht gänzlich
ausgerottet werden und manche religiöse Feierlichkeiten blieben
bestehen, welche entweder von der Kirche kluger Weise aufgenommen und
ihres heidnischen Charakters entkleidet, oder von der geistlichen
Polizei jener Zeit unbeachtet gelassen worden sind.

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Zu den letztern gehören die beiden altdeutschen Frühlingsfeste, deren
eines gegen Ende des Monats Februar, das andere im Mai gefeiert wurde.
Die Spuren des letzteren haben sich nur noch an wenigen Orten des
Breisgaues erhalten. Das erstere jedoch, eine Art Vorfeier des
Frühlings, wird gegenwärtig noch in vielen Gemeinden unserer Gegend
namentlich in der früheren Herrschaft Hochberg und Wiesenthal in
unsprünglicher Weise abgehalten. Es ist das Scheiben- oder Funkenfest.
Am Funkensonntag, dem ersten Sonntag nach Fastnacht, werden gleich nach
Eintritt der Dunkelheit zahlreiche Feuer außerhalbdes Ortes, wo möglich
auf einer Anhöhe, angezündet. Die ganze Schuljugend ist um die
brennenden Holzstücke versammelt. Das Holz dazu wurde tags vorher von
Haus zu Haus erbettelt. Abseits von den Feuern sind Bretter in schräger
Richtung vom Boden aufsteigend befestigt, auf welchen brennende
Holzscheiben mittels eines langen Haselsteckens in die Höhe geschlagen
werden. Dei Scheiben haben einen Durchmesser von 5 bis 6 Zoll, sind
einen halben Zoll dick, am Rande etwas dünner und in der Mitte
durchbohrt, damit sie bequem auf die Spitzen des Stockes gesteckt
werden können. Sie müssen aus Buchenholz verfertigt sein. Jeder Knabe
besitzt davon einen großen Vorrath, den er auf einer Schnur um die
Schulter trägt. Die Scheibe wird auf dem Stock im Feuer in Brand
gesetzt, einige male im Kreis geschwungen und mit einem kräftigen
Schlag vom Brett in die Höhe geschnellt, daß sie in feurigem Boden
durch die Luft fliegt. Jede Scheib gilt einer Person, deren Namen stets
laut ausgerufen wird, mit den Worten:
"Schiboh, Schiboh !
"Wem soll die Schibe go ?"
und weil der Flug derselben von Vorbedeutung ist, stets mit dem
Anfügen, sie solle dem Genannten "eben recht fahren," denn "fährt sie
nicht, so gilts sie nicht."
Das letztere kommt bei ungeschickten Händen allerdings häufig vor. Ist
aber der Wind günstig und der Schlag kräftig, so erhebt sich die
Scheibe zu bedeutender Höhe und fällt erst in weiter Entfernung nieder.
Von Ferne betrachtet gewähren die lodernden Feuer und die
ununterbrochen aufsteigenden Scheiben ein recht angenehmes Schauspiel.
Die letzte Scheibe wird nicht geschlagen, sondern als Wahrzeichen mit
nach Hause genommen. Sie muß noch glühen, wenn der Träger zu Hause
ankommt. Manche besuchen noch die Häuser derjenigen, denen sie Scheiben
geschlagen haben, um ihren Lohn, bestehend in runden "Küchle" mit den
Worten zu heischen:
"Wir haben heut euch Schibe g´schlage,
Ihr were uns d´Küchle nit versage;
Küchle her, Küchle rus
s´ist e schöne Jungfer im Hus !"
Der Zusammenhang des Scheibenschlagens mit der altdeutschen Religion
ist leicht zu ersehen. Die Scheibe ist den alten Deutschen geläufiges
Bild der Sonne. Diese wurde nebst dem Feuer und dem Monde von ihnen,
wie Cäsar berichtet, in vorzüglichen Grade verehrt. Auch die in Oel
gebackenen runde Küchle haben eine ähnliche Bedeutung, wie die Scheibe.
Das Steigen der letzteren bedeutet das Siegen des Lichtes, der
sommerlichen Sonne über den Winter. Derselbe wird an manchen Orten noch
durch eine Strohpuppe dargestellt, welche auf einer Stange steckt, die
über den brennenden Holzstoß hervorragt. Sobald die zündelnde Flamme
des Holzstoßes die Puppe auf der Stange ergriffen hat, erschallt
allgemeines Jubelgeschrei.
Das Scheibenschlagen am Funkensonntag ist nur bei den Allemannen
gebräuchlich. Die Franken feiern den "Sommertag" (erster Sonntag im
März) durch Darstellung eines Kampfes zwischen Sommer und Winter, jener
in grünem Laub, dieser in Stroh gekleidet. Das Backwerk des Tages sind
die "Sommerbrezeln". Die Brezel, ursprünglich ein Rad mit 4 Speichen,
hat eine ähnliche Bedeutung, wie die Scheibe.
Dorfabend in Attental
Dr. Karl Motsch in der Freiburger Zeitung vom 14.03.1938
Die NS-Gemeinschaft „Kraft
durch Freude“ in der deutschen Arbeitsfront veranstaltete am Sonntag
für Attental im „Bank´schen Hof“ einen Dorfabend, der namens der
Gemeinde von Hauptlehrer Eigeltinger geleitet wurde. Der Kreisreferent
des Deutschen Volksbildungswerkes, Professor Pg. Satler, Freiburg,
sprach über Sinn und Bedeutung der Dorfabende als Einrichtung zur
Pflege der Erwachsenenbildung, vor allem auf dem Gebiet der
Heimatgeschichte und des dörflichen Brauchtums. Zur Mitarbeit an dem
„Dorfbuch“, das die Grundlage dieser Volksbildungsarbeit auf dem Lande
bildet, sind alle Volksgenossen aufgerufen.Die Leitung der
Arbeitsgemeinschaft zur Führung des Dorfbuches hat Hauptlehrer
Eigeltinger übernommen.
Sodann gab Pg. Dr. Motsch Freiburg, einen Überblick über die
wechselvollen Schicksale des Dorfes, in dess Besitz ritterliche
Herrschaften, Klöster und die Stadt Freiburg sich ablösten. Eine
eingehende Behandlung erfuhr die Geschichte der vier Höfe des Attentals
(Bankischer Hof, Hugen,- Raufer- und Albrechtenhof), sowie die
Geschichte der Schule des Dorfes. Auch die Frage abgegangener Flurnamen
wurde berührt: ebens fielen interessante Streiflichter auf
volkskundliche Dinge. U.a. ist der Brauch des Scheibenschlagens im Dorf
schon für das Jahr 1776 urkundliche belegt.
Pg. Satler zeigte in seinem Schlußwort, wie gerade solch altes
Brauchtum, das sich besonders beim Landvolk erhalten hat, uns über
Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg mit der Vergangenheit unseres
Volkes, mit Glauben und Sitte unserer bäuerlichen Vorfahren verbindet.
Als die Besucher des Dorfabends auseinandergingen, leuchteten von den
Anhöhen des oberen Dreisamtales schon die Funkenfeuer auf.
Auch die Musikkapelle von Wittental hatte sich in den Dienst der
Veranstaltung gestellt und erfreute mit ihren schneidigen, sauber
vorgetragenen Weisen die Teilnehmer der Veranstaltung.