Sankt Wilhelm
und Sankt Bernhard
in der städtischen Sammlungen zu Freiburg im Breisgau
zwei Holzreliefs aus dem Wilhelmstal
von Doktor E. Krebs
Anderthalb
Stunden oberhalb von Oberried lag im Wilhelmstal die schmucklose Sankt
Wilhelms Kapelle, die Städte bezeichnend, wo im Jahre 1252 und (nach
kurzer Pause von 1262-66) wieder im Jahre 1266 die Wilhelmiten ihr
Klösterl eingebaut hatten. Bis 1507 bestand jenes Kloster.
Seitdem war es mit dem Freiburger
Wilhelmitenhaus vereinigt, 1682 wurde dieses nach dem heutigen Dorfe
Oberried verlegt. Aus der Kapelle im Wilhelmstal rettete vor ihrer
Niederlegung ein Bauer die beiden Reliefs, welche dann in neuerer Zeit
von der Stadt Freiburg angekauft wurden. In den "Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden" Bd. VI, Landkreis
Freiburg, Seite 319f., werden sie als gute Arbeiten aus dem Anfang
des 16. Jahrhunderts bezeichnet.
Auf Anfrage teilte der Stadtpfarrer
Gießler in Riegel über den über die Bedeutung der beiden Bilder sein
reichliches Material übersandt St.Wilhelm und die Wilhelmiten mit,
welches er inzwischen in seiner lesenswerten Schrift: die Geschichte
des Wilhelmiten Klosters in Oberried (Freiburg 1911) in populäre
Form veröffentlicht hat.
1202 wurde durch Innozenz III. der Stifter des jungen
Wilhelmiten-Eremitenordens, Wilhelm Maleval (Stabulum Rhodis) in
Etruiren, heilig gesprochen. Der heilige war ein vornehmer Franzose,
wahrscheinlich aus gräflichem Geschlecht der Provinz Poitou,
welcher, um seine Sünden abzubüßen, auf den Rat des Papstes nach
Jerusalem, dann auf Gottes Geheiß nach Etrurien wanderte und hier,
nach mancherlei Leiden und Gefahren, in einer Hütte, im Tale Stabulum
Rodis - heute Maleval bei Grosseto, unfern Siena -, am 10. Februar
1157 starb.
Sein einziger unmittelbarer Schüler Albert und dessen in Wilhelms
Todesstunde zu Albert gekommener alte Jugendfreund Raynald gründeten
dann den Wilhelmitenorden.
Gegen Ende des 13. Jahrhunderts verfasste
ein Wilhelmit Theobald eine fantastische Biografie des Heiligen, die
seit ihrer Aufnahme in die Surius´sche Legendensammlung im 16.
Jahrhundert für alle Wilhelms Legenden maßgebend geworden. Darin wird
Wilhelm mit dem berühmten Grafen Wilhelm von Aquitanien identifiziert
und erzählt, daß S. Bernhardt zu zur Zeit des Schismas des Pier Leone
(1130-38) bekehrte, indem er den Leib des Herrn zu dem vor der
Kirche haltenden trotzigen Anhängern des Gegenpapstes
hinaustrug und, ihm in Patene vor Augen haltend, im Namen
Gottes selbst befahl, den von ihm vertriebenen Bischof von Pointiers zu
umarmen und auf seinen Stuhl zurückzuführen. Die Bekehrung des Grafen
wird nun in der Wilhelmslegende als
vollkommene geschildert, der Graf legt sich einen Kettenpanzer um und
Walfahrtet ins Heilige Land, kehrt nach langen Pilgerfahrten und
Bußwerken endlich nach Europa heim, nimmt in Etrurien Wohnung und
gründet den Wilhelmitenorden. Diese Verwechslung der beiden
Wilhelme, welche erst durch die Untersuchung des Bollandisten Pater Heschen (+ 1681) als solche
erkannt wurde, ohne aber deshalb aus der Legende zu verschwinden,
erklärt die Zusammenstellung unserer beiden Reliefs.
Der heilige Wilhelm
in Kettenpanzer und mit einem der vielen französischen Lilienwappen,
die im Mittelalter von den verschiedensten Grafschaften Frankreichs
geführt wurden, in der linken Hand Paternosterschnur und
Pilgerstecken zur Erinnerung an die Fahrt nach Jerusalem, hat als
natürlichen Partner den hl. Abt Bernhard von Claivaux bei sich,
der
in der apokryphen Legende ihn, in Wirklichkeit einen von
Wilhelmitenstifter grundverschiedenen Grafen Wilhelm von Aquitanien
geklärt hat.
Besucher der Wallfahrts- und Pfarrkirche Oberried können übrigens die
Bekehrungsgeschichte heute noch auf einem 1892 im Chor eingesetzten
Glasfenster dargestellt sehen. Nichts ist eben unausrottbarer als
die Legende.