Aus: Badische Zeitung 9
Februar 2012
Zwei Datumsangaben im Rotulus 900 Jahre Eschbach:
der Begriff "Acelinisbach" erscheint im Rahmen einer
ersten Grenzbeschreibung des jungen Klosters St.Peter
STEGEN-ESCHBACH.
Das beschauliche Eschbach im Schwarzwald gedenkt in diesem
Jahr seiner Gründung vor 900 Jahren. Siegfried Thiel auf der
Suche nach Zeugnissen der ersten urkundlichen Erwähnung in der
Chronik geblättert.
Das Gebiet des heutigen Ortes Eschbach im Schwarzwald, das
seit 1975 zusammen mit Wittental und Stegen die Gesamtgemeinde
Stegen bildet, gehörte zu einem großen Teil zur
Gründungsausstattung des Klosters St. Peter im Jahr 1093.
Bertold II. hatte damals das Hauskloster St. Peter von
Weilheim/Teck (Schwäbische Alb) auf seinen Besitz im
Schwarzwald verlegt, weil er wegen des Investiturstreits, wo
er auf Seiten des Papstes stand, dem politischen Druck
Heinrichs IV. ausgesetzt war.
Als St. Peter im Jahr 1111 Zähringische Grablege wurde,
schenkte Bertold III. am 27. Dezember 1111 eine größere Anzahl
von Gütern dem neuen Schwarzwaldkloster. In diesen Schenkungen
(meist auch Besitzbestätigungen) taucht nun zum 1. Mal der
Begriff „Acelinisbach“ auf, mit welchem entweder eine Siedlung
Eschbach oder das entsprechende Gewässer gemeint sein kann.
Damit fällt der Zeitraum, wann der Name Eschbach seine erste
urkundliche Nennung erfahren hat, in den Bereich um die Wende
vom 11. zum 12. Jahrhundert. Niedergeschrieben wurden diese
Schenkungen erst 1240 durch Rückdatierung auf den echten
Zeitpunkt des 27. Dezembers 1111. Das schriftliche Dokument
dafür bildete das Güterverzeichnis im Rotulus Sanpetrinus,
welches aus einem 630 Zentimeter langen aufgerollten
Pergamentstreifen in einer rohrförmigen Holzkapsel
bestand.
Der Begriff „Acelinisbach“ erscheint im Rahmen einer ersten
Grenzbeschreibung des jungen Klosters St. Peter. In diesem
Zusammenhang werden noch die Grenzpunkte Rohrberg (Rohr),
Flansen (Flaunser), Staffilegga (Waseck?), Wisinegga
(Wiesneck), Twerinbach (Zweribach) und Glottronsprinc
(Glotterursprung) genannt.
Welches Jahr ist gemeint, 1111.oder 1112 ?
Manche Chronisten vermuteten bei diesem Begriff „Acelinisbach“
eine Streusiedlung Eschbach, aber neuere Untersuchungen legen
nahe, dass damit nicht eine Siedlung, sondern der Bach als
Grenzpunkt gemeint sein könnte (Heribert Saldik 2008). So
bleibt die Frage zunächst offen. Vielleicht wird sie in
hundert Jahren bei der Jahrtausendfeier Eschbachs im Jahre
2112 beantwortet werden können.
Im Rahmen der Belege für eine vorhandene Streusiedlung
Eschbach, die im Rotulus Sanpetrinus genannt werden, sind die
von einer Mühle in Asschebach (Eschbach) noch am
eindeutigsten. Deren Erträge sollten für die Kerzenbeleuchtung
einer Marienkapelle dienen. Fielen diese Einnahmen durch
irgendein Ereignis weg, so sollte durch Tausch der Zinsertrag
eines Hofes (Hufe) bei Ebnet (Freiburg) dafür verwendet
werden.
Dieser Vorgang hat sich nun in der bekannten Amtszeit des
Abtes Eppo (1108 bis 1132) zugetragen. Deshalb kann ein
Zusammenhang des Hofes in Ebnet und der nahe gelegenen Mühle
in Eschbach relativ sicher vermutet werden. Damit ist auch die
erste Nennung von Eschbach dem Datum des 27. Dezembers 1111
zuzuordnen. Außerdem vergab in der Amtszeit des Abtes Eppo
laut Rotulus ein Diemo von Eschbach „zwei eben in diesem Dorf
gelegene Wiesen“ an das Kloster St. Peter. Da aber jeder Bezug
des Diemo zum Dreisamtal fehlt, könnte auch das Eschbach bei
Staufen im Markgräflerland gemeint sein.
Bestätigt werden die Schenkungen vom 27. Dezember 1111
überraschenderweise durch zwei Datumsangaben im Rotulus:
„Geschehen an den 6 Kalenden (Anfang des Monats, d.V.) des
Januar, das ist das Fest des heiligen Evangelisten Johannes
(27.11.1111 d.V.) im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1112,
im sechsten Jahr des Königs Heinrich, des fünften dieses
Namens (...) vor der Kirche des heiligen Petrus.“ (Quelle:
Generallandesarchiv Karlsruhe 14/Nr. 4, Rotulus Sanpetrinus,
Neuausgabe 2011).
Welches Jahr ist nun gemeint, 1111 oder 1112? Hier spielt nun
die damalige römische Zeitrechnung eine Rolle, in welcher man
einen Zeitpunkt sowohl vor- als auch zurückbestimmen konnte.
Als Beispiel aus heutiger Sicht: 11.45 oder drei viertel 12
Uhr. Zum 27. Dezember befindet man sich am Ende des Jahres
1111, das neue Jahr 1112 ist aber schon im Blick.
Für die Festsetzung des Termins eines Jubiläumsjahres ist aber
von Bedeutung, dass seit dem Jahr 1111 eben 900 Jahre
vergangen sind oder Eschbach sich im neunhundertsten Jahr
danach befindet (2012). Hier entscheidet dann die Gemeinde
nach Auskunft des Gemeindetags allein darüber, welcher
Zeitpunkt am an $gemessensten ist. Nach heutigem Stand des
Wissens (Heiko Wagner, 2009) kann davon ausgegangen werden,
dass die Streusiedlung Eschbach im Schwarzwald wahrscheinlich
durch eine noch frühere Talbesiedlung (Schwabenhof, Reckenberg
und Berlachen) schon vor diesem Datum des 27. Dezember 1111
bestanden hat.
ZUR PERSON
DER AUTOR
Siegfried Thiel, von 1969 bis 2004 Professor für Heimat- und
Sachunterricht an der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Dort
auch Beauftragter für die schulpraktischen Studien (1978 bis
1983 und 1995 bis 2003). Kommunalpolitisch tätig als
Ortschaftsrat in Wittental, Gemeinderat und
Bürgermeisterstellvertreter in Stegen. Vorträge und
Veröffentlichungen zur Gemeindegeschichte von Eschbach,
Wittental und Stegen.
Siegfried Thiel ist am 6.11.2023 mit 85 Jahren verstorben