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Claudius Heitz
Ein “Hort der politischen Wühlereien”
Das Dreisamtal in der Revolution von 1848/49

In seinen Erinnerungen an die ersten Revolutionsmonate 1848 in Freiburg äußert Wilhelm Chezy, ein zu seiner Zeit bekannter Journalist, seine Ansicht über die ländliche Bevölkerung während der Aufstände von 1848/49, indem er feststellt, “daß die Bauern sich dergestalt für etwas und dann wieder gegen etwas ereiferten, ohne nur im Entfemtesten zu wissen, was Eines oder das Andere bedeute“1. Wie Chezy urteilten damals viele bürgerlich-liberale Zeitgenossen. So wird den Bauern aus dem Umland von Freiburg vorgehalten, sie hätten sich dem Heckerzug nur angeschlossen, weil sie dachten, es springe dabei ein herrschaftliches Haus in der Stadt oder luxuriöse Möbel für sie heraus.2 Man sprach vom dummen, trägen und politisch ungebildeten Landvolk.
Bis heute ist die Rolle der ländlichen Bevölkerung 1848/49 nur unzureichend bekannt, vielmehr wird die Revolution in erster Linie als städtisches Ereignis dargestellt. Die großen Volksversammlungen in Mannheim, Offenburg und Freiburg, Konstanz als das radikale Zentrum der Revolutionäre im Bodenseeraum oder die Meuterei der Soldaten in der Rastatter Festung waren für die revolutionäre Entwicklung im Großherzogtum Baden gewiß entscheidend. Doch konnte eine umfassende Aufstandsbewegung in einem Land, dessen Bevölkerung zu drei Vierteln außerhalb der Städte lebte, nicht auf die städtische Einwohnerschaft beschränkt bleiben. In der Tat kam ein Großteil der Teilnehmer aus ländlichen Gebieten.3 Am Beispiel des Dreisamtales östlich der Stadt Freiburg, das sich auf die heutigen Gemeinden Buchenbach, Kirchzarten, Oberried und Stegen erstreckt, soll im folgenden gezeigt werden, was die revolutionären Ereignisse für eine ländliche Bevölkerung bedeutete. Es sollen Antworten gegeben werden auf die Fragen nach den Beteiligten unter der Einwohnerschaft und nach dem besonderen Charakter der revolutionären Bewegung in dieser Region.4
Der Anstoß kam von außen. Dem politischen Umsturz in Paris im Februar 1848 folgten zunächst große Versammlungen in Mannheim, Offenburg und anderen Städten. Für das Dreisamtal war die 15 000-Einwohner Stadt Freiburg das nächste und richtungweisende Zentrum der revolutionären Bewegung.5 Mitglieder der - überwiegend aus Studenten bestehenden - Freiburger Turnerschaft, deren radikaldemokratische Gesinnung im März 1848 offenbar wurde, ließen sich des öfteren auch in den Wirtsstuben des Dreisamtales sehen.6 Sie waren es, die in den ersten Wochen revolutionäres Gedankengut in die Talgemeinden trugen. Da und dort äußerten sich dann auch einheimische Bauern verärgert über die herrschenden politischen Zustände; so wird Christian Steinhard beispielsweise, einem Gemeinderat und Landwirt aus Wagensteig, vorgeworfen, er habe “in öffentlichem Wirthshaus auf gemeine Weise über unsere Regierung geschimpft."7 Besonders empörend empfand Pfarrverweser Faller von Kirchzarten allerdings die Meinungsäußerungen des Lehrers Andreas Heck von Zarten. Mit ihm hatte er schon seit längerem ständige Auseinandersetzungen 8 nun sei der Lehrer “ein intimer Freund des oft u. viel in Zarten u. Kirchzarten Lärm machenden Turner-Vereins von Freyburg geworden und habe “im [Gasthaus] RößIe zu Zarten öftere Reden im Sinne dieser Brüder vor Bürgern u. Burschen daselbst aus dem Orte Zarten" gehalten.9 Die radikalen Demokraten, zu denen Heck sich zählte,10 wandten sich nicht nur gegen die bestehende politische Ordnung, sondern auch gegen Bevormundung seitens der Kirchen. Sie forderten eine konsequente “Demokratisierung” der staatlichen Organisation, manche von ihnen sogar eine republikanische Verfassung für Deutschland, und die unbedingte Trennung von Kirche und Staat. So ist zu vermuten, daß es vor allem die kirchenkritischen Äußerungen Hecks waren, die den Pfarrverweser erregten und zu bösen Anklageschriften anstifteten.11
Neben Lehrer Heck und dem Wagensteiger Gemeinderat fand die radikaldemokratische Partei weitere Anhänger im Dreisamtal. So dürfte es nicht überrascht haben, daß man als Veranstaltungsort für eine überregionale Volksversammlung am 2. April 1848 das Dorf Kirchzarten im Zentrum des Tales wählte.12 Auf dem dortigen Schulplatz versammelte sich nach dem sonntäglichen Gottesdienst eine größere Menschenmenge: “Sämtliche Bürgermeister und sonstigen Bürger aus dem Kirchzartner Thal", wie das Dreisamtal damals hieß, zahlreiche Lehrer, der gesamte Gemeinderat von Kirchzarten, Honoratioren wie zwei Ärzte und ein Steueraufseher, selbst Teilnehmer aus den nahen Ortschaften Littenweiler und Hinterzarten folgten den Einladungen. Und schließlich erschienen auch einige Freiburger Turner. Sie waren vermutlich die Veranstalter der Versammlung und hielten, ebenso wie Lehrer Heck, vom Schulhaus herab revolutionäre Ansprachen an die Menge. Festlichen Charakter verlieh der Zusammenkunft die örtliche Musikkapelle.
Ausdrücklich knüpften die Redner an die Beschlüsse der zwei Wochen vorher, am 19. März, in Offenburg abgehaltenen gesamtbadischen Versammlung an und verpflichteten die Anwesenden damit auf den radikalen Kurs: Hier trafen sich die “Ganzen”, man wollte keine halbherzigen Reformen, sondern die Revolution. Und Revolution, das heißt radikale Umgestaltung der Verhältnisse, sollte vor der eigenen Haustür beginnen. So beriet man in Kirchzarten über eine Petition um Aufhebung der bäuerlichen Lasten, forderte die “Abschaffung des Amtsboten Meder von Freiburg und des Straßenmeister Lickert von St. Märgen “ - wegen der ihnen zustehenden hohen Gebühren und verlangte freihals: “Weg mit dem Herrn Geheimrat Jägerschmitt von Freiburg”. Gustav Jägerschmid, der greise Vorstand des für das Dreisamtal zuständigen Bezirksamts “Freiburg-Land”, war seinen Untertanen weniger persönlich als in seiner Eigenschaft als obrigkeitlicher Vertreter der badischen Regierung verhaßt. Ähnlich wie im Dreisamtal wurden in diesen Tagen in vielen Gegenden des Landes wachsende Bürokratiekritik und Klagen über “Vielregiererei” und “Bevormundung” durch die staatlichen Beamten laut; vielerorts wurden die Amtmänner im März und April 1848 sogar gezwungen, ihre Stellen zu räumen.”13 Tatsächlich sprach am Tag nach der Volksversammlung “eine Deputation von 15-20 Bürgern aus dem Kirchzarterthale wegen der [ . . .] Angelegenheit im Großherzoglichen Landamt bei dem Amtsvorstand Herrn Jägerschmid” vor. Doch fehlten ihr die nötigen Zwangsmittel, um ihrer Forderung den entsprechenden Nachdruck zu verleihen: “Geheimer Rath Jägerschmidt soll derselben geantwortet haben, daß er nicht von ihnen angestellt worden sei, daher sie auch nicht das Recht hätten, ihn abzusezen, worauf sie sich entfernten.“14 So blieb damit die Volksversammlung vom 2. April ohne konkrete Folgen; für die lokalen Demokraten bedeutete sie jedoch eine Demonstration ihres neuerworbenen Einflusses und die Möglichkeit, ihre Ziele vor einem großen Forum zu artikulieren. lndem sie kommunalpolitische Fragen und das Problem der Ablösung feudaler Lasten ansprachen, hofften sie, die Zuhörerschaft für sich zu gewinnen.
Zwei Wochen später zeigte sich, daß es der radikalen Partei gelungen war, sich in der Bevölkerung und in den politischen Entscheidungsgremien des Dreisamtales Unterstützung zu sichern. Am 12. April 1848 war nach der Verhaftung des radikaldemokratischen Redakteurs der Tageszeitung “Seeblätter”, Joseph Fickler, in Konstanz der sogenannte Heckerzug gestartet. Über das Kinzigtal, das Höllental und das Rheintal sollten vier bewaffnete Kolonnen in Richtung Karlsruhe vordringen, um in der Residenzstadt die Macht zu übernehmen. Doch der erhoffte Zuzug aus der Bevölkerung blieb weitgehend aus, und nach der Niederlage der Heckerschar gegen badische und hessische Linientruppen am 20. April bei Kandern konnte der Zug als gescheitert gelten. Davon unbeirrt zog jedoch die Abteilung unter Leutnant Sigel von Todtnau aus weiter mit dem Ziel, Freiburg einzunehmen und den Zug fortzusetzen. Am 22. gelangten die Aufständischen nachmittags über die verschneiten Berge an den Schauinsland und beanspruchten Nachtquartier in Grießhübel. Auch Hofsgrund sollte 900 Einquartierungen erhalten. Wie berichtet wird, wiesen die Hofsgrunder das Begehren anfangs ab, “als man aber nachher vernahm, daß eine ziemliche Macht dieser Freischaaren von Muggenbrunn her anrückte und dieselben ihre Anforderungen mit Drohungen und Gewalt auslühren wollten, so willigte man endlich in ihr Begehren, um die Gemeinde vor Mord und Brand zu retten.“15
In Freiburg bereiteten unterdessen die verschiedenen Parteien die Ankunft des Sigel'schen Zuges vor. Zur Sicherung der Stadt kamen hessische und badische Einheiten unter dem Oberbefehl des badischen Generalleutnants Hoffmann an, erhielten aber Befehl, sogleich ins Dreisamtal abzumarschieren, dort Stellung zu beziehen und die Kontrolle über die Straße durchs Höllental zu übernehmen.16 Vermutlich wurden die Truppen vor allem deswegen aus Freiburg abgezogen, weil die Stimmung in der Stadt auf Seiten Heckers lag. Auf Karsamstag, den 22. April, lud der Kreisausschuß der (radikaldemokratischen) Volksvereine zu einer bewaffneten Versammlung auf den Freiburger Karlsplatz ein. Obwohl die Stadt Freiburg erklärt hatte, im drohenden Konflikt neutral zu bleiben, beschloß man nun, die Kolonne Leutnant Sigels unbedingt und mit Waffengewalt zu unterstützen. Freiburg war in der Hand der radikalen Demokraten.
Zur gleichen Zeit schickte die Leitung des städtischen Vaterländischen Vereins schriftliche Mitteilungen an die umliegenden Gemeinden mit der Aufforderung, sich den Freischaren bewaffnet anzuschließen und nach Freiburg zu kommen, wo das Gefecht gegen die bereitstehenden Linientruppen in den folgenden Tagen erwartet wurde. Daraufhin berief der Kirchzartener Bürgermeister Andreas Schweizer, “veranlaßt durch Drohungen“  wie er später vorgab,17 eine Gemeindeversammlung ein. Es wurde der Beschluß gefaßt, das  Erste Aufgebot von Kirchzarten - die ledigen 18- bis 30jährigen Männer - bewaffnet unter der Führung des jungen “Fortuna” -Wirts Lorenz Riesterer nach Freiburg zu schicken; jedem Teilnehmer wurde der Betrag von einem Gulden zugesagt. Ähnlich gelang es in Oberried dem Gemeinderat Hermann Josef Ertel, “viele bewaffnete Bursche” dafür zu gewinnen. Aufgebote stellten weiterhin die Gemeinden Stegen und Wagensteig.19 Ohne Zweifel verfügten die örtlichen Radikalen zu diesem Zeitpunkt über größten Einfluß auf die politischen Gremien der meisten Dreisamtalgemeinden.
In Zarten versammelten sich am Abend des 22. April die wehrfähigen Männer im Gasthaus “Rößle” . Dort ergriff Lehrer Heck, der bekanntermaßen “schon damals als ein Anhänger der republikanischen Parthei galt”,20  das Wort und drang darauf, daß auch Zarten sich am bevorstehenden Gefecht beteiligte: “Man nennt Euch ,Buben ', sprach der begeisterte Republikaner Lehrer Heck; aber ihr seyd Männern mehr Männen als manche Verheirathete, die das nicht wagen, für die goldene Hecker-Freyheit ihre Stimme abzugeben und das Gewehr zu ergreifen",21 so zitiert der Kirchzartener Pfarrverweser Faller die einprägsame Rede des Dorflehrers. Und mit solchen Worten konnte Heck seine Zuhörer für die Ziele der Aufständischen gewinnen: Am folgenden Tag zog die Zartener Abteilung wie die anderen aus dem Dreisamtal nach Freiburg, um für die Revolution zu kämpfen. Auf ein Haus in der Stadt oder luxuriöse Möbel aber dürften sie dabei nicht spekuliert haben. Sie unterstützten die Sache Heckers aus ideellen und politischen Motiven, sie kämpften - nach den Worten des Zartener Lehrers zu urteilen - für eine Freiheit, in der auch der einfache Mann, unabhängig von seinem sozialen Rang, geehrt und geachtet werden würde.
Am Ostersonntag, den 23. April, gelangte die Kolonne Leutnant Sigels in Günterstal an. In Freiburg, das sich nun vollständig in Händen der bewaffneten Freischaren befand, außerhalb jedoch von den regulären Truppen eingeschlossen war, mußte eine Entscheidung fallen. Die Bürgerwehrabteilungen aus dem Dreisamtal, die am Vormittag angerückt waren, bezogen wohl geschlossen Stellung am verbarrikadierten Schwabentor.22 Mit Erscheinen der Vorhut der Sigel-Schar entbrannte der Kampf, den die Parteien, ohne daß er entschieden war, bei Anbruch der Dunkelheit unterbrechen mußten. Am folgenden Ostermontag mißlang der Versuch Sigels, sich mit den Freischaren in der Stadt zu vereinigen; er wurde von den aus dem Dreisamtal heranrückenden badischen und hessischen Einheiten angegriffen und vernichtend geschlagen. Gleichzeitig drangen die Regierungstruppen von mehreren Seiten in die Stadt ein, am Abend des 24. April war Freiburg wieder unter ihrer Kontrolle. Die Freischärler dagegen flohen in die umliegenden Wälder; ein großer Teil wandte sich wieder über Hofsgrund seiner jeweiligen Heimat zu.23



Gasthaus “Rößle” in Zarten um 1900. Der Wirt Johann Georg Bank war Parteigänger der radikalen Demokraten und Mitglied des Volksvereins. Hier kehrten die Freiburger Turner ein, Lehrer Heck hielt hier seine Reden. Am 11. Februar 1849 wurde im “Rößle” der Volksverein für Zarten-Kirchzarten gegründet, und vor dem Gebäude exerzierte im Juni 1849 die Zartener Bürgerwehr.

Die Folgen der Niederlage des Aprilaufstandes waren für die radikaldemokratische Partei in Baden verheerend. Während sich die Führer des Aufstandes, ins Ausland geflohen, nur allmählich wieder organisierten, begann die konsolidierte Landesregierung mit der Verfolgung derjenigen, “welche aus freiem Willen Antheil [genommen hatten, der] Anstifter; Anführer und Aufwiegler, 24 soweit sie gefaßt werden konnten. Aus dem Dreisamtal sind die Namen von zehn Teilnehmern bekannt, gegen die gerichtliche Untersuchungen eingeleitet wurden. Acht davon waren Handwerker und Bauern, drei bekleideten das Amt des Bürgermeisters und wurden vermutlich, wie der Kirchzartener Bürgermeister Schweizer, dafür zur Verantwortung gezogen, daß sie eine Gemeindeversammlung abhielten, in welcher der bewaffnete Auszug beschlossen wurde.25
Der Einfluß der Radikalen war indes nicht nur in Frankfurt und Karlsruhe geschwächt, auch auf kommunaler Ebene hielten sie sich im Sommer 1848 sehr zurück. Das waren günstige Voraussetzungen für die Konservativen, nun ihrerseits die Initiative zu ergreifen. Pfarrverweser Martin Faller von Kirchzarten, erklärter Gegner der demokratischen Revolution, erkannte die günstige Situation und betrieb im Juli 1848 die Gründung eines katholischen Vereines für das Gebiet der Pfarrei Kirchzarten. Sein Bemühen, die politische Führungsschicht in diesen Verein einzubinden und damit auf den eher konservativ ausgerichteten politischen Katholizismus Buß'scher Prägung zu verpichten, war erfolgreich: Den Vorstand des Kirchzartener Katholischen Vereins stellten - mit einer Ausnahme - sämtliche Bürgermeister der Pfarrei. Auffällig ist, daß auch Bürgermeister Schweizer von Kirchzarten und sein Stegener Kollege vertreten waren, die wegen ihrer Beteiligung am Aprilaufstand in gerichtlicher Untersuchung standen. Haben sie sich desillusioniert von der demokratischen Partei abgewandt? Jedenfalls ist nichts davon bekannt, daß sie in den folgenden Monaten die Revolution wieder unterstützt hätten. Mit der Vereinsgründung schien es nun Pfarrverweser Faller gelungen, das konservative Lager zu organisieren. Allerdings wurde der Katholische Verein von Kirchzarten nie politisch aktiv; neben dem Gründungsprotokoll und einem Antwortschreiben des erfreuten Franz Joseph Buß sind keine weiteren Unterlagen überliefert.26
Mit dem Erstarken der konservativen Kräfte beruhigte sich auch die Stimmung im Dreisamtal; für die Zeit zwischen Mai 1848 und Januar 1849 gibt es nur spärliche Nachrichten über revolutionäre Aktivitäten in dieser Region. Aufmerksam verfolgte man dagegen die Entwicklungen im restlichen Deutschland, vor allem die Verhandlungen in der Frankfurter Paulskirche. Auf reges Interesse stießen außerdem die Diskussionen um eine Amnestierung der Beteiligten am Heckeraufstand; das am 15. August 1848 auf großen politischen Druck hin verkündete Amnestiedekret wurde letztlich auf alle Angeschuldigten aus dem Dreisamtal angewandt.27 Doch sagt dies wenig über die tatsächliche Straffälligkeit der einzelnen Personen aus: Die meisten von ihnen beteiligten sich im Mai 1849 abermals an der revolutionären Erhebung.
Zurückhaltend, aber nicht tatenlos verhielten sich die badischen Radikaldemokraten im Herbst und Winter 1848/49. Insbesondere der Mannheimer Zollamtsassistent Amand Goegg machte sich in diesen Wochen an die Neuorganisation des demokratischen Vereinswesens. Mit einem dichten, das ganze Land überspannenden Netz von Volksvereinen schufen sich die Republikaner eine schlagkräftige Waffe gegen die alten Gewalten. Auf einer Versammlung in Renchen riefen sie im Dezember 1848 den provisorischen “Landesausschuß der badischen Volksvereine” ins Leben, an dessen Spitze Lorenz Brentano stand. Anfang Januar 1849 wandte sich dieser an “erprobte Volks-Freunde” mit dem Auftrag, vor Ort für die Gründung von Volksvereinen Sorge zu tragen und über die Einrichtung von Kreisvereinen Verbindung unter den einzelnen Gruppen zu schaffen.28 In Freiburg setzte man diese Anweisungen sofort um: Am 29. Januar gründete sich der Freiburger Volksverein unter dem Vorsitz des Advokaten Karl v. Rotteck, eines Sohnes des bekannten liberalen Staatsrechtlers und Historikers. Karl v. Rotteck übernahm gleichzeitig die Leitung des Kreisausschusses der Volksvereine im Oberrheinkreis 29 und bemühte sich eifrig um die Gründung weiterer Vereine in diesem Gebiet.
Schon knapp zwei Wochen nach der Gründung des Freiburger Volksvereins setzte v. Rotteck eine Versammlung in Kirchzarten an, auf der auch ein Zweigverein für das Dreisamtal gegründet werden sollte.30 Er beauftragte den ehemaligen Bürgermeister von Zarten, Josef Tritschler, und den “Fortuna” -Wirt Lorenz Riesterer mit der Organisation und ließ ein Zirkular mit den entsprechenden Einladungen verschicken: Am 11. Februar 1849 sollten sich die Teilnehmer um 11 Uhr - wiederum nach dem sonntäglichen Gottesdienst- im Gasthaus “Fortuna” einfinden.31 Doch dazu kam es nicht: In Kirchzarten formierte sich unerwartet - und für viele unerklärlich - eine starke Opposition gegen das Vorhaben. Kaum waren die Absichten v. Rottecks bekannt geworden, berief Bürgermeister Schweizer eine Gemeindeversammlung ein; dort faßten die Kirchzartener Bürger mit überwältigender Mehrheit den Beschluß, “daß die Gemeinde jene ,Volksversammlung“ nicht zulassen werde“.32 Auch die Gemeinde Burg habe sich, wie die “Neue Freiburger Zeitung” später berichtete, “gegen ein solches Treiben energisch ausgesprochen und sich mit jener in Kirchzarten zu gegenseitiger Unterstützung verabredet".33 Der Freiburger Volksverein wurde aufgefordert, “zur Vermeidung von Unannehmlichkeiten” von seinem Vorhaben abzusehen. V. Rotteck, im Bewußtsein der wachsenden Macht der radikalen Partei, gab sich damit nicht zufrieden. Energisch protestierte er beim Freiburger Landamt und forderte militärischen Beistand gegen die Kirchzartener Bürgerwache: lm Vorgehen der Kirchzartener sah er das Grundrecht der Versammlungsfreiheit verletzt. Amtsvorstand Jägerschmid wies die Beschwerde zurück und versprach lediglich, für Ruhe und Ordnung zu sorgen ohne anzudeuten, was er darunter verstand. Weiter wurde nichts unternommen.
Am 11. Februar stellten sich am frühen Vormittag “etwa 60 handfeste Kirchzarter Bürger, um ihrem Gemeindebeschluß einigen Nachdruck zu verschaffen, mit Stöcken bewaffnet in der Nähe des Ortes auf”,34  auf keinen Fall sollte die geplante Versammlung in Kirchzarten stattfinden. “Auch war auf dem Glockenthurm [der Kirchzartener Pfarrkirche] ein Mann postiert um, sollte militärische Hilfe, welche in Burg bereit stand, nöthig werden, diese hievon durch ein Zeichen mit der Glocke schnell benachrichtigen zu können.“35 In Burg hatte nämlich mit einer Abteilung von 36 Dragonern Amtmann Jägerschmid, trotz seiner 65 Jahre, persönlich Stellung bezogen. Das so abgesicherte Gasthaus “Fortuna”, in welchem der Wirt mit mehreren Gesinnungsgenossen die Freiburger Abordnung erwartete, war für sie nicht mehr zugänglich. Noch auf dem Weg nach Kirchzarten entschieden sich die Freiburger daraufhin, die Versammlung nach Zarten zu verlegen.



Am folgenden Tag konnte ein Beobachter melden, daß die Volksversammlung von Kirchzarten “durch die energische Haltung der Gemeinde gänzlich mißglückt ist”.36 Der Vorfall wurde daraufhin von der konservativen und liberalen Presse aufgegriffen und leidenschaftlich kommentiert: “Unser Landvolk erwacht wieder aus dem Taumel, in den es theilweise durch das von den Wühlern ihm beigebrachte Gift versetzt worden ist. Die kräftigen Naturen unserer Gebirgsbewohner konnten nicht auf lange von demselben niedergehalten werden: der in ihnen wohnende gesunde Verstand kommt wieder zum Erwachen.“ 37 Liberale und Konservative sahen in der verhinderten Volksversammlung von Kirchzarten einen Beleg dafür, daß das Volk an der Basis nicht mehr hinter der revolutionären Partei stand. Für Kirchzarten trifft diese Feststellung zu diesem Zeitpunkt sicher zu; Bürgermeister Schweizer und die Bürger von Kirchzarten demonstrierten mit ihrem ungewöhnlichen Auftreten unmißverständlich ihre Ablehnung gegenüber der radikaldemokratischen Partei. Ihr Ziel war es, den Ort von “radikaler Wühlerei”, wie die Tätigkeit der republikanisch gesinnten Demokraten abschätzig bezeichnet wurde, freizuhalten. Doch das gelang ihnen auf Dauer nicht, da sowohl in Kirchzarten selbst als auch in mehreren anderen Gemeinden des Dreisamtales das radikale Lager mehr und mehr Einfluß zurückgewann.
Gerade am Fortgang der Ereignisse des 11. Februar zeigt sich, wie wenig die lokalen Demokraten bereit waren, angesichts der militärischen Übermacht zu resignieren. In kleinerem Rahmen zwar und nicht wie geplant in Kirchzarten, wurde die Versammlung nun im Gasthaus “Rößle” in Zarten abgehalten. Nachdem sich die Freiburger Abordnung - mehrere führende Mitglieder des Freiburger Volksvereins - und die Demokraten aus Kirchzarten und Zarten im “Rößle” eingefunden hatten, wurde die Gründung zweier Volksvereine vollzogen: eines für den unteren Teil des Dreisamtales (“Zartener Volksverein”, für Kirchzarten und Zarten) und eines für das obere Dreisamtal (“Eschbacher Volksverein”, für Eschbach und St. Peter).38 Über den letzteren ist nicht mehr bekannt als die Namen der Vorstandsmitglieder. Der Zartener Volksverein war mit angeblich 60 Mitgliedern 39 allerdings eine ernst zu nehmende politische Größe. Geleitet wurde er von einem Geometer aus Kirchzarten, Karl Wilhelm Reber, und dem ehemaligen Zartener Bürgermeister Josef Tritschler. Im Vorstand engagierten sich außerdem die Wirte der Gasthäuser “Fortuna” und “Rößle” sowie Lehrer Heck von Zarten; vier der acht namentlich bekannten Mitglieder standen 1848 bereits wegen Beteiligung am Aprilaufstand in Untersuchung. Wer also diesem Verein beitrat, zählte sich zu den entschiedenen Demokraten.
Anfangs traf man sich regelmäßig “bald in der Fortuna zu Kirchzarten u. bald im Rößle zu Zarten”.40 Bei den Zusammenkünften wurde Zeitung gelesen und diskutiert, der Kontakt mit dem Kreisverein und den Größen des Freiburger Volksvereins dürfte immer aufrecht erhalten worden sein. Daneben wurde auch Geselligkeit gepflegt; so erinnert sich später ein Mitglied, daß die Versammlungen regelmäßig mit einem Tarock-Spiel endeten.41 Die Stimmung im Verein war, nach den Ereignissen am 11. Februar, gegen Bürgermeister und Gemeinderat von Kirchzarten gerichtet. Dem allgemeinen Unmut der Mitglieder wollte Geometer Reber mit einem offenen Brief Luft verschaffen, den er als “Angriff auf den Kirchzartener Gemeinderath” verfaßte und drucken lassen wollte. 42 Allerdings kam sein Vorhaben nicht zur Ausführung.
Das war allerdings völlig neu und wahrlich revolutionär, daß eine Organisation außerhalb des in der Gemeindeordnung festgeschriebenen verfassungsmäßigen Bodens eigenmächtig Politik betrieb und nicht nur neben den, sondern sogar gegen die etablierten Gemeindebehörden arbeitete. Die Gründung des Volksvereins wie seine öffentliche Wirksamkeit sprengte die bestehende politische Ordnung, sie war ein revolutionärer Akt. Derartige Entwicklungen im Dreisamtal hatte Amtmann Gustav Jägerschmid im Blick, als er unmittelbar nach der Niederschlagung der Revolution urteilte: “Bekanntlich ist Kirchzarten und Zarten der Hort , der politischen Wühlereien im Laufe des vorigen Jahres [1848] gewesen, und es haben sich mehrere Einwohner dieser Gemeinden sehr thätig erwiesen und den Saamen der aufrührerischen Bewegung im Kirchzarter Thal damals ausgestreut. Manche ... hielten den einmal betretenen Weg auch in diesem Jahre ein, nur daß sie mit mehr Vorsicht zur Werke gingen und im Versteck desto mehr operierten.43
Die Ereignisse um die Gründung des Volksvereins für Zarten und Kirchzarten erhellen, wie dargestellt, schlaglichtartig das politische Macht- und Kräfteverhältnis zwischen dem radikalen und dem konservativen Lager im Dreisamtal. Wie stand es jedoch um den gemäßigten Liberalismus, der andernorts große Bedeutung hatte, in den Parlamenten von Karlsruhe und Frankfurt sogar dominierte? Von ihm war bisher nicht die Rede, und er wird auch im folgenden nicht im Mittelpunkt stehen: Im Dreisamtal war der gemäßigte Liberalismus keine ernstzunehmende politische Kraft. Anders stand es in Freiburg. Dort rief Bürgermeister Joseph v. Rotteck Anfang Februar 1849 zur Gründung eines konstitutionellen Vaterländischen Vereins auf. Es gelang ihm, zahlreiche angesehene Bürger in diesen Verein einzubinden; sogar Erzbischof Hermann von Vicari ließ sich als Mitglied einschreiben. Zwar traten auch zwei Kirchzartener Bürger, der Bezirksförster Friedrich Gerwig und Landwirt Josef Schweizer, dem Freiburger Vaterländischen Verein bei, 44 doch sie können nicht als repräsentative Vertreter der Dreisamtäler Bevölkerung gelten. So läßt sich in diesem Rahmen nur thesenartig festhalten, daß der gemäßigte Liberalismus überhaupt eher ein städtisch-bürgerliches Phänomen war und mit seinen Inhalten und Zielen auch in erster Linie diese Bevölkerungsgruppe ansprach. Die radikale Partei dagegen wandte sich bewußt und engagiert auch an ländliche Adressaten; das spiegelt sich wider in der Vereinszugehörigkeit der Dreisamtäler: zwei Mitgliedern des Freiburger Vaterländischen Vereins standen 60 Personen im Volksverein von Zarten-Kirchzarten gegenüber.
Der weitere Fortgang der Ereignisse wurde wesentlich von der gesamtbadischen Entwicklung bestimmt. Die radikale Partei unter Lorenz Brentano gewann mehr und mehr an Einfluß, nicht zuletzt über das gut organisierte Netz von Volksvereinen im ganzen Land. Auslöser für die letzte und erfolgreichste revolutionäre Erhebung war die Ablehnung der Kaiserkrone durch König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen. In der Folge lancierten die linken Demokraten in Sachsen und der Pfalz revolutionäre Aufstände. Anfang Mai 1849 errang ein provisorischer Landesausschuß die Macht in der Rheinpfalz, große Teile der pfälzischen Armee meuterten. Auch in Baden formierte sich das radikale Lager. Der provisorische Landesausschuß der Volksvereine rief zur Unterstützung der pfälzischen Erhebung auf und ordnete die Mobilmachung und Ausrüstung der Bürgerwehren in den Gemeinden an. Am 12. und 13. Mai 1849 veranstaltete er in Offenburg einen Landeskongreß und eine vielbesuchte Volksversammlung - zum Abgeordneten für den Kongreß wurde im Bereich des Freiburger Landamts Karl Wilhelm Reber aus Kirchzarten bestimmt, der Vorsitzende des dortigen Volksvereines.45 Zur gleichen Zeit meuterten in der größten badischen Garnison, der Rastatter Festung, die Soldaten. Angesichts dieser Entwicklungen oh Großherzog Leopold am Abend des 13. Mai außer Landes, der größte Teil seiner Regierung folgte ihm. Feierlich zog am folgenden Tag der Landesausschuß in Karlsruhe ein, benannte und bevollmächtigte eine “Exekutivkommission” mit Lorenz Brentano an der Spitze, aus der sich dann die provisorische Regierung für das revolutionäre Baden bildete.


Aufforderung des Oberkommissars für den Oberrheinkreis, Karl Friedrich Heunisch, zur Organisation der Kirchzartener Bürgerwehr (Gemeindearchiv Kirchzarten IX/1402)

Innerhalb kurzer Zeit erfolgte daraufhin die politische und administrative Neugestaltung Badens: So wurden auf Anfang Juni Wahlen zu einer verfassunggebenden Versammlung angesetzt. Noch am Abend des 13. Mai traf von der Offenburger Versammlung im Auftrag des Landesausschusses der Advokat Karl Friedrich Heunisch in Freiburg ein, um das neugeschaffene Amt des “Civil- und Militärkommissärs des Oberrheinkreises” zu übernehmen. Für den Bereich des Stadt- und Landamts Freiburg wurde der erst 25jährige Jurastudent Josef Schinzinger aus Freiburg zum Zivilkommissar ernannt.
Nachdem der geflohene Großherzog die Frankfurter Zentralgewalt und den preußischen König um militärische Hilfe gegen die Revolutionäre gebeten hatte, rückten preußische und reichsdeutsche Einheiten an die badischen Grenze. Die provisorische Regierung mußte sich auf einen Verteidigungskrieg einstellen und drang daher nachdrücklich auf die Ausrüstung und Mobilisierung der Bürgerwehren in allen Gemeinden. Sie beauftragte damit die Zivilkommissare in ihren jeweiligen Amtsbezirken und setzte sogenannte “Rekrutierungskommissäre” ein. Im Dreisamtal scheint Geometer Reber ein solches Amt bekleidet zu haben: Von ihm wird berichtet, daß er “die Volkswehr sich zur besondern Angelegenheit machte, für ihre Bewaffnung in öffentlicher Versammlung sprach, sich wie ein Rekrutierungsoffizier im ganzen Thal benahm, Instructionen beischaftte, den Exerzierplatz eigenmächtig anwieß...“ 46 Auch in anderen Orten wurden nun Wehrmannschaften aufgestellt und, meist unter der Anleitung erfahrener Soldaten, militärisch ausgebildet. Für die Bezahlung dieser lnstrukteure mußten die Gemeinden ebenso selbst aufkommen wie für die Ausrüstung und den Kauf von Waffen für die Mannschaften; häufig überstieg das ihre finanziellen Möglichkeiten. So bezeichnete sich die Gemeinde Falkensteig als für die “Anschaffung der Armantur für Bürgerwehr zu arm“ und bat den Zivilkommissar, dafür Staatsgelder zu beschaffen.47 Doch statt dieser Bitte zu entsprechen, erhöhten die revolutionären Behörden den Druck auf die Gemeinden: Ende Mai und im Juni befahl der Oberkommissar die Wehrabteilungen zur Inspektion vor seinen Amtssitz nach Freiburg, wo Ausrüstung und Bewaffnung kontrolliert wurden.48 Bei einer solchen Gelegenheit kam es Mitte Juni zum Eklat, als die Mannschaft von Zarten unbewaffnet erschien; unter Strafandrohung forderte Heunisch die sofortige Bewaffnung der Wehrmänner.49 Die Zartener, denen die offiziellen Gewehrpreise zu hoch erschienen, organisierten sich daraufhin eigenständig Waffen: Am 19. und 20.Juni beschaffte eine Abordnung aus Zarten in Basel 24 Gewehre zu einem billigeren Preis - 450 Gulden mußte sie immerhin noch dafür bezahlen.50 Mehrere Gemeinden nahmen im Glauben, die Ausgaben würden ihnen bald von der Staatskasse ersetzt werden, hohe Kredite für den Kauf neuer Waffen auf. 51
Der Machtwechsel veränderte schlagartig auch die Situation auf kommunaler Ebene: Nun standen die Republikaner und ihre Gesinnungsgenossen wieder obenauf, im Dreisamtal entfalteten sie in den folgenden Wochen noch einmal rege Aktivität. Das zeigte sich nicht nur bei den Bemühungen um die Bürgerbewaffnung. Auch im Wahlkampf Ende Mai engagierten sich die lokalen Radikaldemokraten erfolgreich; bei einer Wahlversammlung in Kirchzarten hielt beispielsweise Geometer Karl Wilhelm Reber, seit der Offenburger Versammlung die herausragende revolutionäre Führungspersonlichkeit im Tal, eine Rede, “in welcher er die Führer der revolutionären Parthei als Candidaten zu empfehlen suchte”.52 Natürlich kam in der Bevölkerung die Frage auf, weshalb man die neue Regierung unterstützen sollte und was man sich von ihr erwarten konnte. Auf eine solche Frage gab Gemeinderat Hermann Josef Ertel in Oberried eine eigenwillige Antwort, indem er behauptete, daß, “wenn der Zweck [die politische Umgestaltung] erreicht werde,'keine Steuern mehr gezahlt werden dürfe“53 Die Aussicht auf Steuerfreiheit, so unrealistisch sie war, mag auf einige Bewohner großen Reiz ausgeübt haben. Doch es existierten auch andere Argumentationen. Auf dem Exerzierplatz in Zarten hielt Mitte Juni Lehrer Heck der Bürgerwehrmannschaft eine Ansprache, die sehr an seine Rede vom April 1848 erinnerte. Er forderte die Männer auf “zu kämpfen für die Freiheit indem man [euch] nicht als Buben sondern als Männer betrachten werde."54Man achte die Leute jetzt besser als früher; man sei wenn
[. . .] einer vom Pferde gefallen, jezt besorgter um den Mann als um das Pferd während es früher umgekehrt war. Es sei ein Vortheil, wenn auch nicht unmittelbar für uns, doch für die Zukünftigen, für die Freiheit einzustehen,55 so gaben zwei Bürgerwehrmänner die Rede des Dorflehrers später wieder. Heck verband mit seinen politischen Auffassungen, für die das Schlüsselwort “Freiheit” steht, Vorstellungen von einem verbesserten gesamtgesellschaftlichen Klima, welches die Errichtung einer Republik mit sich bringen würde. Mündigkeit und Würde des Menschen, wie sie von der Aufklärung gefordert worden waren, stehen als Ideal hinter solchen Anschauungen.
Unterdessen hatte die militärische Intervention in Baden begonnen. Am 15. Juni überquerten preußische Einheiten die badische Grenze bei Weinheim und rückten siegreich vor. Die entscheidende Schlacht am 21. Juni bei Waghäusel konnten sie für sich entscheiden; unter den zahlreichen Toten der badischen Revolutionsarmee war auch Soldat Karl Rombach aus Eschbach zu beklagen.56 Nach den Niederlagen an der Murg waren die badischen Streitkräfte in ständigem Rückzug begriffen; Anfang Juli sammelten sie sich in Freiburg - desillusioniert, erschöpft, vielfach ohne Waffen und Ausrüstung. Leutnant Sigel, seit dem 1. Juli Oberbefehlshaber über die revolutionären Truppen, plante noch die Verteidigung des Schwarzwaldes.57 In aller Eile ließ er die Truppen notdürftig ausrüsten und ordnete Zwangsrequirierungen an. So drangen am 3. und 4. Juli Bürgerwehrmannschaften in das Schloß des Grafen v. Kageneck in Stegen ein und verlangten von den Bediensteten “in barschem Tone” Pferde und Lebensmittel.58 Erst unter Drohungen bekamen sie das so dringend benötigte Kriegsmaterial - mußten sich jedoch nach der Niederschlagung der Revolution wegen dieser “Plünderung” , “Lebensmittelerpressung” und “Requisition von Pferden” vor Gericht verantworten.

Am 4. Juli marschieten die meisten der in Freiburg befindlichen badischen Streitkräfte durch das Höllental in Richtung Neustadt ab. Vielen war klar, daß dieser Krieg nicht mehr zu gewinnen war; sie versuchten, sich abzusetzen. Dagegen gingen die Gewalthaber und ihre Gesinnungsgenossen im Dreisamtal mit aller Schärfe vor: So habe der Bürgermeister von Falkensteig “verloffene Soldaten etc. arretiert [. . .] und an die Freischärler befördert” 59 Zahlreiche weitere Demokraten im Dreisamtal beteiligten sich an derartigen Aktionen und versuchten, die Soldaten vom Desertieren abzuhalten.
Den Vormarsch der Preußen konnten sie damit jedoch nicht mehr aufhalten. Am 7. Juli 1849 rückten diese mit Prinz Wilhelm, dem späteren deutschen Kaiser, und General von Hirschfeld an der Spitze siegreich in Freiburg ein und übernahmen die Kontrolle über Stadt und Umfeld. Die Reste der badischen Armee leisteten keinen Widerstand mehr und flohen größtenteils über die Schweizer Grenze. Mit ihnen brachten sich auch die Führer des Maiaufstandes und zahlreiche Parteigänger in Sicherheit. “Aus Furcht vor militärischer Gefangenschaft“ wie er später aussagte, begab sich, zusammen mit “Fortuna” -Wirt Lorenz Riesterer und Schneider Josef Frei aus Kirchzarten, Geometer Karl Wilhelm Reber vorübergehend ins Schweizer Exil.60 Preußische Einheiten, im Dreisamtal in Privathäusern untergebracht, führten bald nach ihrer Ankunft eine vollständige Entwaffnung der Bevölkerung durch; was die Gemeinden im Juni mit teurem Geld angeschafft hatten, verloren sie damit kaum einen Monat später ersatzlos wieder.
So ging die Revolution auch im Dreisamtal als unerfüllter “Traum von der Freiheit” zu Ende.61 Die Bilanz der aufregenden Monate war ernüchternd. Karl Wilhelm Reber und der Zartener Lehrer Andreas Heck landeten wegen ihrer “Theilnahme am Hochverrath” von 1848/49 im Bruchsaler Zuchthaus.62 Gegen weitere 15 Bürger wurden Untersuchungsverfahren eingeleitet, und 23 Gemeindebeamte sahen sich wegen ihrer Beteiligung der Stellen enthoben. Insgesamt sind 65 Personen aus dem Dreisamtal als Teilnehmer an den Aufständen von 1848/49 in den Akten erfaßt. Die meisten von ihnen waren Landwirte und Handwerker. Auffällig ist die hohe Beteiligung von Gemeindebeamten: von den 65 Beteiligten waren mindestens 26 (40%) aktive Bürgermeister, Gemeinderäte, Rechner oder Ratschreiber. Sie hatten die besten politischen Vorkenntnisse und Erfahrungen und bildeten sowohl die gesellschaftliche wie auch die politische Elite in den kleinen Landgemeinden.
Die Gruppe der fünf Hauptbeteiligten im Dreisamtal (Hermann Josef Ertel aus Oberried, Andreas Heck und Josef Tritschler aus Zarten, Karl Wilhelm Reber und “Fortuna” -Wirt Lorenz Riesterer aus Kirchzarten) zeichnete sich durch ihren hohen Bildungsstand aus: Zwei von ihnen hatten ein Studium an der Freiburger Universität, Andreas Heck eine gründliche Lehrerausbildung hinter sich. Sie waren diejenigen, die der Bevölkerung des Dreisamtales die revolutionären Inhalte nahebrachten.
Somit stellt sich die Bevölkerung des Dreisamtales, besonders der Teil, der sich an der Revolution von 1848/49 beteiligte, nicht als dummes, träges oder politisch ungebildetes Landvolk dar - gerade die Revolution brachte ja einen beträchtlichen Politisierungsschub. Die Träger der revolutionären Erhebung waren größtenteils die politische und intellektuelle Elite. So findet sich das eingangs wiedergegebene Urteil des liberalen Zeitungsmannes Wilhelm Chezy in keiner Weise bestätigt. Stattdessen könnte man, in Abwandlung des Zitats, formulieren: Es ereiferten sich große Teile der ländlichen Bevölkerung für die Sache der Revolutionäre, und sie wußten, worum es dabei ging.

Anmerkungen * Der folgende Aufsatz basiert auf einer Examensarbeit, die der Autor im Frühjahr 1997 bei Herrn Prof.Dr. Hans Fenske am Historischen Seminar der Universität Freiburg i. Br. angefertigt hat. Sie trägt den Titel: Die Revolution von 1848/49 im Dreisamtal. Wissenschaftliche Arbeit für die Zulassung zur Prüfung für das Lehramt an Gymnasien, 1997. Für einzelne Nachweise und Argumentationsgänge sei darauf verwiesen. Exemplare dieser Examensarbeit sind bei Herrn Prof. Dr. Fenske sowie bei den Gemeindeverwaltungen Buchenbach, Kirchzarten, Oberried und Stegen einzusehen.

1. Chezy, Wilhelm. Erinnerungen aus meinem Leben. 2. Buch 4. Bd.: Freiburg im Breisgau vom Frühjahr 1847 bis zum Herbst 1848. Schaffhausen 1864, S. 30.
2. So formuliert in einem Zeitungsartikel mit dem Titel Die republikanische Bewegung im badischen Oberrheinkreis. ln: Morgenblatt für gebildete Leser (Intelligenzblatt), Jahrgang 1848, Nr. 126-132, hier Nr. 132. Vgl. ganz ähnliche Berichte aus dem Stuttgarter Raum bei Scharfe, Martin: ... Die Erwartung, daß “Nun Alles Frei Sey”  ... Politischrechtliche Vorstellungen und Erwartungen von Angehörigen der unteren Volksklassen Württembergs in den Jahren 1848 und 1849. In: Das Recht der kleinen Leute. Beiträge zur rechtlichen Volkskunde. Festschrift für Karl-Sigismund Kramer, hrsg. von Konrad Köstlin und Kai-Detlev Sievers. Berlin 1976, S. 188.
3. Genaue Zahlenverhältnisse ließen sich etwa anhand der Revolutionskartei Heinrich Raabs ausmachen. Angaben aus dieser Computerdatei, die sämtliche in Akten des Generallandesarchivs Karlsruhe erwähnten Teilnehmer an der Revolution zu erfassen sucht, liegen der vorliegenden Arbeit zugrunde. Mehr als 50 000 Namen von Teilnehmern aus ganz Baden, aus Stadt und Land, aber auch von außerhalb des Großherzogtums sind dort zusammengetragen.
4. Zur Sprache kommen sollen im folgenden die Besonderheiten der Entwicklung im Dreisamtal; die Revolution von 1848/49 wird dabei verstanden als Ereigniskette und Wandlungsprozeß für die Einwohner dieser Region, eingebettet in ihre ganz spezifische Lebenswelt. Die allgemeine revolutionäre Entwicklung wird dagegen nur angesprochen, wenn sie für das Verständnis wichtig ist.
5. Vgl. Haumann, Heiko: Traum und Wirklichkeit. Die Revolution von 1848/49 in Freiburg. ln: Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau, hrsg  von Heiko Haumann und Hans Schadeck. 3. Bd.: Von der badischen Herrschaft bis zur Gegenwart. Stuttgart 1992, S. 93-110; Chezy: Erinnerungen (wie Anm. 1), S. 1-125; Beleuchtung der Ereignisse und Zustände in Freiburg während der Monate April und Mai 1848. Freiburg 1848.
6. Vgl. GLA 255/362: 173 u. 176; GLA 255/364: 27.
7. GLA 234/2058: 110.
8. Vgl. GLA 240/1716; GLA 255/362; GLA 255/363.
9. Zitate aus GLA 255/362: 176.
10. Hecks Äußerung bezeichneten ihn “als einen Mann, dessen sich die Radikalen von reinsten Wasser nichtzu schämen haben” , wie es Fallers Nachfolger Pfarrer Bilharz ausdrückte; was der Lehrer von sich gab, käme einer “radikalen Negation aller Religion “ gleich. GLA 255/364: 15.
11 So GLA 255/362: 174-177.
12. Vgl. GLA 255/364: 27f.; GLA 255/362: 176; GLA 76/3894 (Schreiben vom 9. und 10. April 1848); GLA 236/ 2244 (Bericht des Gendarmen Hangs von Kirchzarten vom 3. April 1848); GLA 240/1716: 38ff. (Bericht des Lehrers Heck).
13. Vgl. Eibach, Joachim: Der Staat vor Ort. Amtmänner und Bürger im 19. Jahrhundert am Beispiel Badens (Historische Studien 14). Frankfurt, New York 1994; Wunder, Bernd: Die badische Beamtenschaft während der Revolution von 1848/49. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 135 (1987), S. 273-290; auch eine derzeit in Konstanz entstehende Dissertation von Maciejewski, Jürgen: Die badischen Ämter im März 1848 - Bürokratiekritischer Protest in Baden bei Ausbruch der Revolution von 1848/49 (Arbeitstitel).
14. GLA 236/2244 (Schreiben vom 4. April 1848).
15. GLA 313/3860 (Bericht des Bürgermeisteramts Hofsgrund vom 25. April 1848).
16. Vgl. z. B. Bekk, Johann Baptist: Die Bewegung in Baden. Vom Ende des Februar 1848 bis zur Mitte des März 1849. Mannheim 1850, S. 166; Erlebnisse aus dem Jahre 1848, mitgeteilt aus den Aufzeichnungen eines alten Freiburgers. ln: Heimatklänge aus alter und neuer Zeit. Beilage zur Freiburger Tagespost (1916) Nr. 5, S. 6f.; Taddey, Gerhard: Württemberger in Baden 1848. Die militärischen Operationen beim Aufstand Heckers.  In: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 31 (1972), S. 330; Hess, Gustav: Südbaden vor und während der Revolution im Frühjahr 1848. Phil.-Diss. Freiburg 1922, S. 194 ff.
17. GLA 234/ 2058: 333.
18. GLA 76/6599 (Meldung des Gendarmen Hertig vom 11.Juli 1850).
19. GLA 234/ 2058: 110 f.; Gemeindearchiv Wagensteig IV/2, Fasc. 3.
20. GLA 255/362: 203.
21. GLA 255/362: 177.
22. GLA 234/2057: 146; GLA 255/362: 176f.; GLA 234/1912: 39; GLA 236/8535: 236; GLA 234/2058:
216; GLA 234/10199; 49f. Vgl. auch Groll, Karin: Eine verpaßte Chance? Das Gefecht bei Günterstal in Augenzeugenberichten und Erinnerungen. In: Badische Heimat 70 (1990). S. 567-576.
23. Wie Anm. 15.
24. Zitiert aus der großherzoglichen Verordnung über die Verhängung des Kriegsrechts vom 23.April 1848, Gemeindearchiv Hofsgrund XIII/2.
25. GLA 234/2058: 333.
26. Pfarrarchiv Kirchzarten XIX/421.
27. GLA 234/2057: 154; GLA 234/2058: 110f., 216f_, 324f., 333f., 370 u. 379; GLA 240/1912: 39; Gemeindearchiv Wagensteig IV/2, Fasc. 3.
28. Stadtarchiv Freiburg, Dvd 7680: Flugblatt vom 8. Januar 1849. Vgl. dazu Canevali, Ralph Chester:
Revolution in Baden 1848-1849. The role of political associations_ Phil.-Diss. Cambridge/Massachusetts 1984, bes. S. 268 fl.
29. Vgl. Haumann: Traum und Wirklichkeit (wie Anm. 5), S. 105.
30. GLA 236/2246 (Schreiben vom 12. Februar 1849); Neue Freiburger Zeitung vom 13. und 14. Februar 1849; Karlsruher Zeitung vorn 14. und 15. Februar 1849; Oberrheinische Zeitung vom 17. Februar 1849; GLA 255/364: 15, 21-27, 29; GLA 255/362: 48,137; Canevali: Revolution (wie Anm. 28), S. 272.
31. Neben der Gründung des Vereins sollten am 11. Februar in Kirchzarten auch Unterschriften unter eine Petition gesammelt werden, mit der die Auflösung der badischen Kammern gefordert wurde. Seit Sommer 1848 versuchten die radikalen Demokraten, eine Neuwahl der Karlsruher Parlamente zu erzwingen, die nicht, wie in anderen Ländern, während der Märzrevolution neu besetzt worden waren.
32. Oberrheinische Zeitung vom 17. Februar 1849; vgl. Neue Freiburger Zeitung vom 14. Februar 1849:
“Von den 79 Mitgliedern der Bürgerversammlung erklärten sich 72 mit eigenhändiger Namensunterschrift, ,daß sie von einer Volksversammlung nichts wissen und sich gar nicht betheidigen (betheiligen) wollen . 7 haben ihre Stimmen nicht abgegeben.” Das erwähnte Protokoll ist nicht erhalten.
33. Neue Freiburger Zeitung vom 13. Februar 1849.
34. Karlsruher Zeitung vom 15. Februar 1849.
35. GLA 236/2246 (Schreiben vom 12. Februar 1849).
36. Ebd.
37. Karlsruher Zeitung vom 14. Februar 1849.
38. GLA 255/364: 26-29; GLA 255/362; Oberrheinische Zeitung vom 17. Februar 1849; GLA 236/
8509: 25; GLA 236/8208: 90.
39. GLA 255/362: 146 (Aussage des amtierenden Bürgermeisters Bank von Zarten).
40. GLA 255/362: 140.
41. GLA 255/362: 138.
42. Ebd.
43. GLA 255/364: 32.
44. Vgl. die Mitgliederliste dieses Vereins in der Flugblattsammlung der Universität Freiburg, Hp 4542, p.
45. GLA 234/1912: 39 u. 67; GLA 240/2164: 14.
46. GLA 240/2164: 14.
47. Gemeindearchiv Falkensteig, Bücher C VIII 1 (Bürgerversammlungsbuch), 1. Bd. S. 121, Eintrag zum 17.Juni 1849.
48. Neue Freiburger Zeitung vom 29. Mai und vom 1. Juni 1849; Staatsarchiv Freiburg B 702/ 13, Fasc. 169: 4, Fasc. 161: 3; GLA 255/362.
49. GLA 255/ 362: 70-106, 147, 191.
50. GLA 255/362; Gemeindearchiv Zarten, Gemeinderechnungen 1849 (Beilage 109).
51. Oberried nahm einen Kredit von 900 fl. auf; Gemeindearchiv Oberried 191.8, Schreiben vom 13. November 1857. Eschbach verschuldete sich in einer Höhe von 700 fl.; Staatsarchiv Freiburg B 702/13, Fasc. 28: 4.
52. GLA 234/1912: 67; auch GLA 234/1912: 39; GLA 240/2164: 14.
53. Wie Anm. 18.
54. GLA 255/362: 18.
55. GLA 255/362: 31.
56. Eintrag ins Familienbuch von Eschbach: Karl Rombach (geb. am 15. 7. 1827), Sohn des Georg Rombach und der Anna geb. Pfaff, “kam als Soldat nach der Aussage eines Augenzeugen bei der badischen Mairevolution 1849 in einem Gefechte gegen die Preußen [ . . .] bei Waghäusel [um] und ist dort begraben."
57. Vgl. dazu Hoch Franz X.: Freiburg unter dem Militäraufstand 1849. In: Breisgauer Chronik 7 (1916), S. 68ff.; Voß, Wilhelm: Der Feldzug in der Pfalz und in Baden im Jahre 1849. Berlin 1903, S. 365 ff.
58. GLA 234/1692; GLA 240/1521; GLA 236/8213: 119f., 134; GLA 200/1929: 45 f.; GLA 234/1683: 4.
59. GLA 255/362: 2.
60. GLA 234/1912: 3. Vgl. auch GLA 234/10211; 29; GLA 236/8577: 117.
61. Vgl. den Buchtitel von Franz Xaver Vollmer: Der Traum von der Freiheit. Vormärz und 48er Revolution in Süddeutschland in zeitgenössischen Bildern. Stuttgart 1983.
62. Das Urteil gegen Reber in GLA 234/ 1912: lff. sowie GLA 240/2164: lff. Das Urteil gegen Heck in GLA 255/362: 233 sowie GLA 240/1716: 2f. Beide wurden vorzeitig aus der Haft entlassen.

(erschienen in: Badische Heimat 77 (1997), S. 489-502)