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Eschbach wehrt sich gegen überhöhte Forderungen für den Erhalt des Pfarrhauses
Aus den 
Annalen der Großherzoglichen Badischen Gerichte
1860 – Band XXVI. – No. 70 – Seiten 295- 296

136.
Die Frohndleistung der Gemeinde zur Unterhaltung eines Pfarrhausbaues, welcher das Bedürfniß einer den Lokalverhältnissen entsprechenden Pfarrwohnung überschreitet, beschränkt sich auf das durch dieses Bedürfniß gebotene Maaß. 
Die Ermittlung desselben und die Entscheidung darüber kommt aber den Verwaltungsbehörden zu. 
Das Kloster St. Peter baute in dem Jahre 1788 ein Pfarrhaus in Eschbach, dehnte jedoch den Bau über Bedürfniß aus, um ihn später als Prioratssitz verwenden zu können.

Schon damals hatte die Gemeinde Eschbach sich gegen die übermäßige Ausdehnung des Baues beschwert, und das Verlangen gestellt, nicht nur von den Frohnden, soweit der Bau seinem Endzwecke nicht einspreche, verschont zu bleiben, sondern auch für das damals schon zu viel Geleistete verhältnißmäßig entschädigt zu werden; überdies verstand sie sich nur zu einem Beitrag von 200 fl. zum Kaufpreis für den Bauplatz statt der geforderten 1100 fl. Nachdem die vorderöstreichische Regierung gegen die Gemeinde zu Gunsten des Anspruchs des Klosters entschieden gehabt hatte, wurde wegen der Beschwerde über die Frohnden in Folge einer kaiserlichen Hofresolution vom 15. Okt. 1789 ein Gutachten des Baudepartements erhoben, welches dahin ausfiel, daß nur zur Auffüllung und Erhöhung des Bauplatzes wenigstens 8000 zweispännige Fuhren Schotter und Erde erforderlich seien, daß der Keller um das Fünffache zu groß, überhaupt der ganze Bau mit zu großem Aufwand angelegt sei.
Hierauf wurde durch kaiserliches Hofdekret vom 15. Oktbr. 1789 einschieden, daß die Kirchspielsgemeinde zur höheren Bezahlung des von dem Stifte St. Peter nur wegen seiner Privatconvenienz gewählten Platzes nicht angehalten werden könne, und daß das Stift hinsichtlich der Hand- und Fuhrarbeiten dasjenige der Gemeinde zu vergüten habe, was wegen des zu weitschichtig geführten Pfarrgebäudes über die gewöhnliche Gebühr gefordert worden.
Nun schloß am 26. des Wintermonats 1789 das Kloster mit der Gemeinde einen Vergleich dahin ab, daß es von nun an keine weitere Frohnden verlange, und für die bereits zu viel geleisteten 600 fl. ersetze.
Der großh. Domänenfiscus, als Rechtsnachfolger des Klosters, verlangte demungeachtet von der Gemeinde Hand- und Spanndienste bei Reparaturfällen am ganzen Pfarrhofe, weßhalb die Kirchspielsgemeinde Eschbach Klage gegen ihn erhob, worin sie das Gesuch stellte, ihre Frohndpflicht auf das Bedürfniß einer Pfarrwohnung zu beschränke.
Das großh. Stadtamtsgerichts Freiburg wies am 6. November 1859. No. 11.069 die Klägerin mit ihrer Klage unter Verfällung in die Kosten ab. Dieses und das bestätigende, die Klägerin auch in die Kosten des zweiten Rechtszuges verfällende, Urtheil des großh. Hofgerichts des Oberrheinkreises vom 27. Juni 1859. No. 2781. I. Sen. wurde aber auf die von der Klägerin ergriffene Oberberufung vom großh. Oberhofgericht am 22. Dezember 1859 dahin abgeändert:
die Kirchspielsgemeinde Eschbach (und Stegen) sei von den Fuhr- und Handfrohnden zur Unterhaltung der Pfarrhausgebäulichkeiten in soweit frei, als diese Gebäulichkeiten nach Maaßgabe der von der Verwaltungsbehörde zu treffenden Bestimmung über das Bedürfniß einer den Localverhältnissen des Kirchspiels entsprechenden Pfarrwohnung hinausgehen.
Die Kosten aller drei Instanzen habe der beklagte Fiscus zu tragen.

Entscheidungsgründe. 
Insoweit die gegenwärtige Klage darauf gerichtet ist, zu erkennen, daß das klagende Kirchspiel bei künftigen Reparaturen der Pfarrhausgebäulichkeiten in Eschbach von Leistung der Hand- und Fuhrfrohnden frei sei, sofern sie das Bedürfniß einer gewöhnlichen Pfarrwohnung übersteigen, und gebaut wird auf die Verhandlungen bei Errichtung der Pfarrei, insbesondere auf ein kaiserliches Hofdekret vom 15. October 1789 und den dessen Vollzug enthaltenden, von der damaligen vorderöstreichischen Regierung am 18. Januar l790 genehmigten, Vergleich, erscheint dieselbe rechtlich begründet und durch die angerufenen Urkunden, über deren Inhalt die Parteien einig sind, auch bewiesen. Zwar will von beklagter Seite dem gedachten Hofdekret die Auslegung gegeben werden, daß es nur vom Neubau handle, und auf die Unterhaltung der Pfarrhausgebäulichteilen keine Anwendung leide, — und aus dem Vergleich wird abgeleitet, daß dadurch jede Beschwerde des Kirchspiels gehoben worden sei. Allein wenn es auch richtig ist, daß jene beiden Akte zunächst den damaligen Neubau zum Gegenstand haben und bezüglich der dazu nöthigen Frohnden eine Bestimmung treffen, so enthalten sie doch auch zugleich für die künftige Unterhaltung der Pfarrgebäulichkeiten insofern einen maaßgebenden Ausspruch, als darin überhaupt bestimmt beziehungsweise anerkannt wird, daß das Kirchspiel nur, in so weit es zum Bau einer gewöhnlichen Pfarrwohnung in Berücksichtigung der Lokalverhältnisse nöthig, Hand- und Fuhrfrohnden zu leisten schuldig sei, daß die aufgeführten Pfarrgebäulichleiten diese Bedürfniß übersteigen und die Leistungsverbindlichkeit des Kirchspiels auf letzteres zu reduciren sei. Es ist kein Grund vorhanden, warum es damit bei der Unterhaltung der Pfarrgebäulichteiten nicht eben so, wie beim Neubau gehalten werden sollte, nachdem einmal in dem Hofdekret der Bau als zu weitschichtig für seinen Zweck erkannt worden ist und es in der Natur der Sache liegt, daß ein zu weitschichtiger Bau auch einen größeren Unterhaltungsaufwand erfordert, wenn dies auch, wegen der in den Verhandlungen hervorgehobenen besonderen Umstände bei dem Neubau, in einem andern (geringeren) Verhältniß der Fall sein mag. Für diese Auslegung spricht auch das Bauedict vom Jahr 1808, welches überall die Hauptreparaturen und die dazu erforderlichen Arbeiten in gleicher Weise wie den Neubau behandelt. §§. l. ff. 18 u. 19 des Bauedicts. Daß aber durch den Vergleich jede Beschwerde des Kirchspiels gehoben, beziehungsweise jeder Anspruch des Kirchspiels auch bezüglich der Unterhaltung der Pfarrgebäulichleiten abgeschnitten sei, widerspricht dem Inhalte desselben.
Dem gegenüber kann es auch nichts ändern, wenn nach dem Vortrag in der Vernehmlassung das klagende Kirchspiel in den Jahren 1810 und l836/38 mit einem Aufwand von 142 fl. 35 kr. und beziehungsweise 774 fl. Frobndarbeiten geleistet hat, zumal da nicht einmal behauptet ist, daß und in wie weit diese Arbeiten über das maaßgebende Bedürfniß hinausgegangen seien.
Wenn daher in diesen Beziehungen das Klagbegehren gerechtfertigt erscheint, so kann dagegen dem Antrage, über die Größe des Bedürfnisses eine richterliche Entscheidung zu geben, nicht entsprochen werden. Das mehrgedachte Hofdekret enthält darüber keinen Anhaltspunkt und der Vergleich ist darüber nicht maaßgebend, weil daraus die Größe der erlassenen Frohndarbeiten nicht ersichtlich ist, überdem aber bei dem Neubau Verhältnisse auf die Größe der fraglichen Arbeiten einwirkten, welche bei der Unterhaltung entweder gar nicht oder in anderer Weise in Betracht kommen. Da auch sonst keine thatsächlichen Verhältnisse in der Klage angeführt sind, welche der Klage in dieser Beziehung eine rechtliche Begründung geben, so kann diese Frage des Bedürfnisses nur nach Maaßgabe der Localverhältnisse des Kirchspiels entschieden werden. Die Ermittlung derselben und die darnach zu ertheilende Entscheidung kann aber nach §§. 5 und 18 des Bau-Ed. und der Verordnung vom 1. Juli 1812. Reg.Bl. No. 21. Abs. 2 und Reg.Bl. von 1810 No. 8. §. 3b nicht vom Richter, sondern nur von den Verwaltungsbehörden ausgeben.
Aus diesen Gründen erscheint das hofgerichtliche Erkenntniß für das klagende Kirchspiel in der Hauptsache allerdings als beschwerend und wurde deßhalb mit Anwendung des §. 168 der Pr.D. wegen der Kosten, wie geschehen, abändernd erkannt.

Stf.