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Besuch beim goldenen Marti im Oberried
Schau-ins-Land 1873


Es war an einem heiteren Märzmorgen als ich mit zwei Freunden, angelockt durch die erwachenden Reize der Natur, die dunstige Stadt verließ um dem schönen Kirchzartener Thale einen Besuch abzustatten. Heiter strahlte die Sonne, mild schon wehten die Märzlüfte. Wie gieng uns erst das Herz auf, als wir auf der Dreisambrücke mit trunkenen Augen den wundervollen Bergrahmen betrachteten, und je weiter wir hinauf kamen, um so genußreicher wurde der Anblick, und die lieblichen uns mit ihrem nach schneeigen Kopfputzerei gar einladend entgegen. Eine Lerche schwang sich wie neugeboren in der Thalweite dem blauen Aether zu, dann ertönten die reinsten Melodien auf dem scheinbar schwellenden Herzen dieses Geschöpfes, ein würdiges Lied am Tage des Herren. In stummer Andacht vertieft, in Lauschen der Stille, sahen wir diesem immer höher steigenden Frühlingsboten nach und fühlten uns wie hinaufgehoben in Regionen wo man keinen Erdenstaub mehr sieht. Endlich mahnte uns des Freundestreues Hündchen zum Weitscherschreiten, und so gieng es denn munter vorwärts, links die Karthaus liegen lassend, kamen wir an Littenweiler mit seinem Kirchlein auf der Wies vorbei und nach 2 ½ sündigem Marsche hatten wir Kirchzarten erreicht, als wir der Fortuna nur einen kleinen Besuch machten um unser Hauptziel, Oberried, baldigst zu erreichen, was nach ¾ Stunden auch geschah.

Wenn man die Straße über Oberried den Nothschrei in´s Wiesenthal wandelt, so hört man überall vom goldenen Marti von Oberried erzählen, diesen schatzlustigen Bauern so gern auf Kosten ihres Beutels dafür, daß diese Sage lebendig erhalten bleibt, trotzdem der Marti immer mehr unergründlich wird. Jedenfalls muß aber hinter dieser Sage wie hinter jeder anderen Volkssage ein haltbarer, geschichtlicher Kern stecken, und eben dieses Geheimnis hat mich schon lange bewegt, fleißige Nachfragen nach thatsächlichen Anhaltspunkten für diese Sache zu erhalten.

Dass Zarduna (Tarodunum) alt sei, sogar aus römischer Zeit, weiß jeder Knabe aus der Geographie und daß im Thale früher klösterliche Niederlassungen, sehen wir an den geschichtlichen Bauten welche beifolgend scizziert wiedergegeben werden. Der Sachverhalt ist folgender: schon früher hatten die Römer eine Heerstraße von der Schweiz über den Schwarzwald, östlich des Feldbergs, nach Breisach angelegt, und scheint es daß sie bei diesen Arbeiten den Schwarzwald als metallreiches Gebirge kennenlernten.

Urkundlich fest läßt sich die Geschichte des Bergbaues seit dem ersten Drittel des 11. Jahrhunderts verfolgen; es ergibt sich, daß die Bergwerke in Kirchzarten und Hofgrundangangs zu St.Gallen, dann zu Freiburg und später zu Oberried gehörten; überhaupt hängt der Bergbau im Kirchzartener und Todtnauer Thale eng mit Freiburgs Münzgeschichte zusammen.

Nicht umsonst heißt der höchste Punkt oben in der Scheide zwischen Münster- und Oberriederthal, „Erzkasten“! Die Gruben auf dem Erzkasten gehörten s.Z. der Familie Schnewelin.) Im Jahre 1028 erhielt das Hochstift Basel alle breisgauischen Bergwerke vom Kaiser Konrad II. zum Lehen welch Ersteres später die Grafen von Freiburg damit belehnten. Margraf Hermann IV. von Baden erhob, als ein Zugehör in der Landgrafschaft im Breisgau, Anspruch auf dieselben, allein der Basler Bischof bewies urkundlich, daß die Silberbergwerke im Breisgau zu seinem Stifte gehörten, und den Grafen von Freiburg zum Lehen gegeben worden seien, worauf Kaiser Friedrich dieselben 1234 dem Grafen Egon von Freiburg zusprach.

Im Jahre 1368 kam bekanntermaßen die neuentstandenen Markt- und Handelsstadt Freiburg in freier Selbstübergabe an das Haus Oesterreich, was im Breisgau wichtige Veränderungen nach mancher Seite zur Folge hatte. Im Jahre 1387 kamen die Bergrechte an die Hochberger Markgrafen, und wurden diese von den Herren in Basel 1412 endgültig darin bestätigt. Drei Mark Silber und ein Habicht mussten dem Hochberger jährlich geliefert werden, was immer von Todtnau aus, wo ein gräfliches Bergamt oder eine Filiale der Freiburger Münze bestand, geschah, welches natürlich im engsten Verkehr mit Hofsgrund, Oberried und Kirchzarten stand.

Über Oberried und Hofsgrund hatte das Gotteshaus Oberried die Oberhoheit, während solche im hintern Wiesen- und Münsterthal St.Blasien. Im 14. Jahrhundert war in den Fronbergen im Oberriederthal ein reges Leben und Schaffen, da die Stadt Freiburg staken Handel pflegte und daneben das Münzrecht lehenweise ausübte. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts als eine Reihe mehrfacher Wirren ausgebrochen, die Grafen von Freiburg gegen Ludwig den Baiern sich hielten, als im Wiesenthal Seuchen die Bergcolonie entvölkert hatte, da schien es auch im Kirchzartenerthale tot geworden sein. Im Jahre 1372 führte Graf Egon IV. von Freiburg eine neue Bergordnung ein und am Ende des 14. Jahrhunderts entstand am Oberrhein eine Münzgenossenschaft, bei welcher die Städte Basel, Colmar und Freiburg an der Spitze stunden.

Es war das ein Versuch in engeren Grenzen, der Münzverwirrung des 13ten und 14ten Jahrhunderts zu steuern. Oesterreich gab dem Bergwesen im Sundgau und Breisgau eine neue Ordnung, und steuerte, unterstützt durch die Todtnauer Verabredung welche 1438 zu Stande kam, der sinnlosen Ausholzung der Hochwälder durch die Frohner. Im Jahre 1517 gab Kaiser Maximilian einer neuen Bergwerkordnung. Im 16. Jahrhundert sollen Oberried und Todtnau die Hauptbezugsquellen für die Freiburger Münze gewesen sein und aus dieser Zeit datiert auch die Sage vom goldenen Marti. Kriege und Seuchen nahmen den Breisgau arg mit, und plündernde Banden zerstören und zerschlagen die Schmelzöfen. Aus amtlichen Urkunden, und einem hinterlassenen Schriftstücke eines gewissen David Ludau, geht hervor, daß man zu Anfang des 16. Jahrhunderts im Oberrieder Thale reiche Erzlager fand, so daß man das Schweigen der Arbeiter mit drei Mark Goldes erkaufte (Ob diese Schriftstück aecht, stehet sehr in Frage. Wenn es der gemessene Raum zuläßt, lassen wir dasselbe in einem der nächsten Monate in Originalschrift folgen).

Ludau selbst will das reiche Lager entdeckt haben und er spricht in erwähntem Schriftstück von einem goldenen St.Martin, 300 Mark schwer, den er hinter einer eisernen Thüre habe verbergen helfen. Er hofft, wenn der Krieg aufgehört und das Sterben, welches auch ihm das Eheweib, drei Kinder und die Geschwister entrissen, nachgelassen haben, von Solothurn aus, wohin er allein mit einem Mitbauer entflohen war, den goldenen Marti wieder aufsuchen zu können. Ausführlich beschreibt er den Ort, wo er sei und wo man ihn auch wirklich zur Zeit noch sucht. An dem Ganzen scheint mehr wahr zu sein, daß eine Erzgrube St.Martin kiess, dieselbe vielleicht ein Bild ihres Patrons barg, und dass hieraus die phantasievolle Sage vom goldenen Marti entstund. Es ist umso weniger denkbar, daß die Bergknappen mit Gold bezahlt und daß Bilder aus diesem Metalle verfertigt wurden für 300 Mark, als in den Oberrieder Gruben stets  nur Silber und Bleierze gefunden wurden, und überhaupt waren hunderte Mark Summen, mit denen die kleinen Landherren kaum rechnen konnten.

Kehren wir zum geschichtlichen Gange zurück! Hinten, am Fuß des Feldberges, im Thale, hatten im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts die Klosterfrauen von Güntersthal ein kleines Tochterklösterchen gebaut, mußten aber die Gegend ihren Unwirtlichkeit halber bald wieder aufgeben. Die Herren von Schnewlin und Munzingen überliessen es 1252 den Wilhelmitenbrüdern, das Thal heißt jetzt St.Wilhelmsthal. Diese Brüder zogen aber bald nach Freiburg ab und erst ein dritter Versuch es im Thale auszuhalten gelang einem Johann von Urberg und seinem Bruder Burckhard. Bemittelte Jünglinge brachten mit ihrem Eintritte manche Güter und Ende des 13ten Jahrhunderts gelang es im Tauschwege in Oberried ein günstig gelegenes Gut zu erwerben. Um die selbe Zeit erhielten sie auch die heutige Hofsgrundergegend am südöstliche Abhang des Schauinsland´s. Durch immer weitere Erwerbungen im ganzen Kirchzartener Thale und im Breisgau überhaupt, kamen sie nach und nach zu Einfluß und reichen Besitzungen.

Im 16. Jahrhundert finden wir denn starke Klagen, daß die Bergleute aus dem gotteshäuslichen Waldungen mit dem Holze übel umgiengen, und sich solches in Zeiten wo der Bergbau schlecht gieng, zu ihren nebenerwerblichen Holzarbeiten beliebig halten. Im Jahre 1566 schloß der Bergrichter Barthold mit dem Priorat einen Vertrag, daß gegen Lehenszinsen rechte Erblehen an einzelne Bergleute vom Gotteshaus abgegeben würden.  Daraus und wegen der Noth der Zeit und den brodlosen Bergleuten entstanden unaufhörliche Reibereien zwischen Oberried und den Bergämtern. Schrecklich hauste man in jener Zeit mit den Wäldern überhaupt, wie aber erst in den Gegenden wo die Oefen des Fronberges standen. Während des 30jährigen Krieges gieng es wieder gar grauenlich zu, und hausten Schweden wie Franzosen wie Wilde im Breisgau und seinen entlegendsten Thälern, die Oefen werden zerschlagen, was zu plündern war geplündert. Wegen der Verkürzung der Allmendinteressen der Matten und Wälder war das Priorat Oberried dem Bergbau in späterer Zeit nie hold. Oberried und St.Peter hatten es vertragsmäßig übernommen Freiburg, Festung und Garnison und Einwohner mit Holz zu versehen und solches auf dem Holzplatz (Negelesee) abzuliefern. Bald aber klagte Oberried, daß die Bergleute die Wälder so arg plünderten, daß sie die Verträge kaum halten könnten.  Erst im 18. Jahrhundert konnte der Bergbau wieder ordentlich betrieben werden, und wurde 1731 eine neue Bergwerkordnung vereinbart.

Als jedoch das Erträgnis in den Bergwerken ein sehr geringes war, geht daraus hervor, daß in den Jahren 1728-1732 nur 246 Zentner Erz ausgeschmolzen wurden, was nach dem damaligen Werthe kaum 2000 Gulden representirt.

Wenn man die einzelnen Acten durchgeht, so muß man sich gestehen, daß bloß die fieberhafte Gier nach Reichthum , die damaligen Betreiber der Berwerke vor Entmuthigung schützte. Ein gewisser Hermann, verbunden mit dem Ingenieur Korporal Hueber, betrieb die St.Trutbertischen Werke im Storen, und der Tyroler Maderspacher jene in Hofgrund, allein, da die Regierung die Sache wenig oder gar nicht unterstützte, kam die Sache in die Hände der Brüder Litschgi von Krozingen. Durch das immer weitere Umsichgreifen der Ausholzung wurde der Bergbetrieb immer schwieriger, da sich die Bergbewohner wegen der Wertheneuerung des Holzes von Zeit zu Zeit empörten und den armen Bergleuten die Kartoffelfelder verwüsteten, keinen mehr als Miethmann in ihre Häuser aufnahmen und sogar das von den Bergwerken angekaufte Holz stahlen.

Im Jahre 1753traten die Erben der Gebrüder Litschgi den Betrieb des Bergwerkes an, allein auch diese hatten mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen.

Im Jahre 1770 brachte eine Hungersnoth den Bergbetrieb ins Stocken, und mußten gerade die Bergleute hart leiden, umso mehr als damals ein Gesetz bestund, nach welchem die Beetfrüchte nur auf den Märkten Freiburg und Staufen verkauft werden durften. Im Jahr 1783 nahm die Regierung die Sache wieder in eigene Hände und da gieng es bis in die 90er Jahre etwas besser, allein 1794 beschwerden sich die Bauern abermals, da die Bergleute Geißen hielten und der Vogt Wissler auf den Halde bat die Regierung das Bergwerk ganz aufzuheben, da die Knappen doch nur Bettler seien. Der Hofsgrunder riss den Bergleuten ihre schlechten Baracken ab und als im Jahr 1806 das Kloster Oberried mit dem oesterreichischen Breisgau an das Fürstenhaus Baden kam, nahm das Freiburger Bergamt ein Ende.

Dies wäre nun in kurzen Zügen was sich geschichtlich an die Sage vom goldenen Marti knüpft, und will ich den Leser wieder zu meinen beiden Begleitern zurückführen. Nachdem wir die noch vorhandenen, aber mit Wasser angefüllten Stollen besichtigt hatten, machten wir der Kirche und dem Kloster Oberried einen kurzen Besuch. Das Archiv des Klosters ist in Carlsruhe aufbewahrt. Erquickt und neu gestärkt durch ein bescheidenes Mahl und einen kräftigen Labetrunk zogen wir endlich mit Einbruch der Nacht über Kirchzarten, allwo uns die Besichtigung des malerischen gothischen Kirchleins noch einige Augenblicke aufhielt, wieder der alten Zähringerstadt zu. So schön und reizend dieser Märztag gewesen, so großartig war auch die Nacht. Schäumend wälzten sich die Wasser der Dreisam durch ihr noch ungeschmücktes, von geisterhaften Weidenstämmen begrenztes Bett, und rauschen zog die noch winterlich frische Nachtluft durch die spärlich belaubten Bäume. Unwillkürlich erinnert ich mich der Worte des Dichters: „Horch wie brauset der Sturm und der schwellende Strom in der Nacht hin! Schaurig süßes Gefühl! Lieblicher Frühling du nahst“!

Nachstehend geben wir einige Abbildungen von Bergleuten aus dem Ende des 13ten Jahrhunderts. Erstere sind teils den älteren Glasmalereien im Langhause des Freiburger Münsters, teils den Kostümwerke von „Hefner“ entnommen. Letztere einem mit zahlreichen Holzschnitten versehenen „Berckwerk Buch“ vom Jahre 1580.

Von nachstehenden Figuren ist die Erste ein Maulmeister, welcher auf einem Kerbholz die Zahl der aus dem Schacht ausfahrenden Karren einschneidet. Die nächste ist ein Bergmann mit Wünschelruthe. Die übrigen sind gewöhnliche Bergleute aus dem Ende des XVI. Jahrhunderts.

Nachfolgend geben wir eine Copie der bereits erwähnten Urkunde. Da dieselbe nicht nachdem, so viel und bekannt im Privatbesitz befindlichen Originale, sondern nach einer vielfach in der Schreibweise verbesserten Abschrift gefertigt ist, so läßt sich in dieser Hinsicht kein Schluß auf ihr Alter, beziehungsweise ihre Echtheit, ziehen. Dagegen stehen auch in anderen Beziehungen, wie bereits erwähnt, ihrer Echtheit heftige Gründe entgegen, so daß man zuverlässig behaupten kann, daß die ganze Sache nur Betrug und Prellerei, und die Goldsucherei mehr auf den vollen Beutel bethörter, goldgieriger Bauern abgesehen ist, Angeblich in den Oberrieder Stollen vorgefundenes Gold, hatte sich durch die Untersuchung als californisches Gold erwiesen.

Die Urkunde lautet folgendermaßen:

Anno 1511 habe ich, David Ludau, in der Gruben St.Georgen gearbeitet und bin bin daselbst Hauer gewesen, da ist mir mien Vater durch einen Eingang zu tod gequiest worden, da bin ich von dieser Gruben abgestanden, und bin zum Thomas Hochherr, Thomas Freund gekommen. Da hab ich gearbeitet bis 1519, unterdessen ist unser Gruben Katharina sehr schwach geworden und die Gruben St.Georg haben sich sehr reich vermehrt, so daß man schier von Ellenbogen zu Ellenbogen gewachsenes Gold gefunden. Dieses in schmalen Splitten wie Pergament dick und einer Bommel breit, das Erz ware ohnehin schon sehr reich und man hat alle Quart größere und reichere Quellen gefunden so daß ich mich in dessendwegen ihrer schonen Floßen und guter Bezahlung dahin in Arbeit begeben habe. Solche Gruben laufen in drei der reichsten Flühren (: werden vermuthlich die Felder verstanden sein :) von wo die der rechten Seite die reichste ist. Ich hatte das Glückdurch einen Keil den Vorhang der uns lange hindert zu sprengen und hinter diesem fanden wir si reiches Erz, so daß man jeden Bergmann mit 3 Mark Gold das Stillschweigen befohlen. Ich aber, der den Vorhang gesprengt bekam 3 Mark Gold mehr als die Anderen zum Geschenk und so arbeiteten ich und mein Bruder noch 3 Jahre in dieser Grube zu St.Martin, bis endlich der Krieg so weit um sich gefressen, daß Niemand mehr sicher zu sein schien, da hat unser hochwerther Meister aus Furcht der Krieger den Befehl gegeben diese St.Martinsgruben von der Mündung 12 Ellenbogen an dem Eingang mit einer Thüre von Eisen beschlagen zu beschließen und alle Schachten wohl zu verwahren und mit Schutt zu verhüllen, so daß es Niemand findet bis wieder Ruhe und Frieden im Land sei. Wir sind alle hernach in die Flucht und haben uns 4 Jahre im Zastler und Feldgebirg aufgehalten, alle 7 Tage hat einer von uns nach dem Schmelz und Pochswerk gesehen. Endlich ist solches im 2. Jahre im Monat November von den Soldaten ausgetautzt und verbrannt worden, dieses war alles was sie thun konnten, den St.Martini haben sie nicht gefunden; dieser ist in der Grube aufbewahrt, der ist von lauter Gold und wiegt 300 Mark, ich freue mich öfters wegen diese Stück, denn ich gedenke, wann ich das Leben davonbringe so weiß ich St.Martin zu finden. Nun ist der Krieg etwas still geworden, als dann fangt bei uns die Forcht an, da starben bei uns in 8 Tagen 12 Mann, Kinder und Weiber, darunter mein Geschwister, mein Eheweib und 3 Kinder, so daß ich mich noch alleinig mit einem Mitheuer flüchtig in die Schweiz nach Solothurn begab, und hoffe wieder zu St.Martin zu kommen, allein getraute mir nicht da man neuerdings hörte, daß das Sterben noch immer fort in dem Breisgau dauerte. So hab ich dieses zu Solothurn aufgeschrieben und bei mir verwahrt.

Der diese Schrift nach meinem Tod findet, gehe auf Oberried, neben diesen zwei Linden, alwo St.Wilhelmer und Zastler Thal zusammenfällt gegen Mittag liegt am rechten Ufer am St.Wilhelmer Wasser an dem Rabespitz rechts, unten auf der Fläche geht die Mündung hinein und zieht sich gegen Mittag in 11 Stunden oder Schirm.

Das ist wahrhaft, den ich es mit meinen Augen gesehen und 3 Jahr dahin gearbeitet. Bite den der diese Schrift in seine Hände bekommt St. Georgen dadurch finden, meine Seele auf der Ewigkeit zu gedenken und allen Abgestorbenen mit Hülfe beizustehen.
Solothurn den 19. März 1527. (gez.) David Ludau
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Frankfurter Postzeitung 1852 7/9
Aus dem kírchzartener Thal (Gr, Baden), 27. Juli. Seit 7 Monaten erdröhnt hin und wieder în unseren Bergen der Schlag des bergmännischen Spitzhammers. Eine Actiengesellschaft läßt emsig nach Gold forschen. Ob die Sage vom goldenen Martin, welche hier unter dem Landvolke verbreitet ist den Impuls zu dieser Kaliforniade gab, oder ob sonstige Spuren und Kennzeichen vorhanden waren, können wir nicht angeben, So viel wir hörten, wird so ziemlich wild in den Tag hinein geschürft und somit ist bis jetzt natürlich das erwünschte Ergebnis nicht erreicht worden. Es scheint, das wahre Gold
ist uns dieses Jahr schon geworden: es bestand und besteht dies in unserer reichen und gesegneten Ernte. (B. L. Z.)

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GYßER (1819) führt nur an, daß vor Zeiten bei Oberried Gold gegraben wurde, und hiervon der Name „Goldberg” herzuleiten sei. Erhebliche Zweifel an vielen Einzelheiten der Urkunde werden von GIEßLER (um 1911, vergleiche hier) geäußert.
Auch SCHLAGETER (1996, schriftliche Mitteilung) äußert sich zum Urkundeninhalt wie folgt skeptisch:
„Die Ludauschen Angaben in der im Abdruck wiedergegebenen Form sind m.E. nicht stimmig, und zwar sowohl im Hinblick auf die angeblichen kriegerischen Ereignisse, die in jenen Jahren nicht in den Freiburger Raum passen, als auch auf die von Ludau angedeutete Epidemie. Eine solche gab es tatsächlich 1511/12, vor allem aber 1519/20, als gerade in der Oberrieder Nachbarschaft, nämlich im Grubenrevier auf dem Todtnauer Berg der Bergbau durch die Pest nahezu zum Erliegen gebracht wurde, auch der Bergrichter umkam.
Daß sich die örtliche Bevölkerung bei kriegerischen Auseinandersetzungen tatsächlich in die hohen Weidegebiete des Feldberggebietes zurückzog, ist vom Ende des Dreißigjährigen Krieges bekannt. Aber selbst wenn der Ludausche Bericht auf 100 Jahre später in diesen Krieg datiert würde, stimmten die Fakten über Kriegshandlungen nicht mit den Daten des Berichtes überein.
Zum Oberrieder Goldberg gibt es in den von mir durchstudierten Archivmaterialien nirgends Hinweise auf älteren Abbau, wenngleich die Dokumentationslage von 1600 im gesamten Bereich auch beim Silberbergbau schlecht ist. Die zahlreichen Versuche zwischen 1740 und 1870 hat R. Metz in der 1966 erschienenen und Ihnen sicher bekannten Monographie 'Der Schauinsland' auf den Seiten 133 und 134 behandelt.”

aus: Die Goldvorkommen im Variszischen Gebirge. Teil III. Das Gold im Schwarzwald Heft 1: Goldhinweise und -nachweise im Schwarzwald - von der Römerzeit bis zur Gegenwart Wolfgang HOMANN, Dortmund. Dortmunder Beitr. Landeskde. naturwiss. Mitt. 32 113-182 Dortmund, 1998
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GIEßLER äußert sich ausführlich und kritisch zum [Gold-]Bergwerk im Goldberg bei Oberried, und hier insbesondere zum Dokument des Bergmannes David LUDAU vom 19. März 1527:
"... Es ist mir nicht möglich, die Echtheit dieses Schriftstückes zu prüfen. Jedenfalls ist sehr viel Unrichtiges darin enthalten. So ist z. B. nicht glaubwürdig, daß dieser Ludau selbst ein reiches Lager von Gold entdeckt hat, denn in den oberriedischen Gruben wurden nur Silber und Bleierze gefunden. Wenn Ludau von einem „goldenen St. Martin”, 300 Mark schwer, den er hinter einer eisernen Türe verborgen habe, schreibt, so kann es in keinem Falle ein massives goldenes Bild sein, denn 300 Mark repräsentieren (da 1 Kilogramm Feingold = 2790 Mark sind), einen Wert von 195 690 Mark nach unserem jetzigen Geldwerte. Es ist auch schwer glaublich, daß man jedem Bergmann mit 3 Mark Gold = 1600 Mark Stillschweigen geboten habe. Wahrscheinlich hieß die Erzgrube im Goldberg „St. Martin” und barg vielleicht ein vergoldetes Bild dieses Heiligen. Daß dieses Schriftstück nur eine Prellerei für gierige Goldsucher war, glaube ich nicht. In jeder Sage steckt gewöhnlich ein geschichtlicher Kern. Im Goldberg war eine Erzgrube. Das geht daraus hervor, daß man auf dem sogen. „Schmelzacker” gegenüber dem Gäsenhof heute noch die Ueberreste der ehemaligen Erzschmelze findet, daß ferner im Jahre 1661 (laut Akten im Pfarrarchiv) „der Prior Jakob Maier dem Vogt Mathias Gäsensohn, Hans Weber, Michael Müller und Georg Steinhardt da, wo vor alten Zeiten die Erzschmelze gestanden, eine Sägemühle zu bauen erlaubte, daß ferner im Jahre 1671 Prior Schechtelin „dem M. Gäsensohn den Schmelzplatz samt dem darauf stehenden Hause und Hofstatt zu kaufen gab”. Die Bergwerksakten des Großh. Landesarchivs enthalten weiter folgendes: Im Jahre 1747 wollte die Zähringer Gewerkschaft das „alt verlegene Bergwerk im Goldberg auf Glück oder Unglück eröffnen, weil einige alte Bauern vorgeben, daß vor ungefähr 150 bis 200 Jahren im dortigen Revier ein reichhaltiges Erz gefunden worden sei”, der vorderösterreichische Bergrichter und Waldmeister Fr. Josef Hermann berichtete auf dieses Gesuch um Belehnung an die Regierung: „daß nicht die wenigste Spur von einem reichen oder mittelmäßigen Erze zu finden sei”. Die Gewerkschaft erhielt wohl die Erlaubnis zu graben mit der Bedingung: „Sollte ein reichhaltiges Erz gefunden werden, so soll ein Drittel der Herrschaft Vorbehalten werden” - sie machte aber davon keinen Gebrauch. Vor 40 Jahren suchte ein Bauer von St. Märgen, im Volksmunde „der Schweighöfler” genannt, vergeblich nach dem „goldenen Marti”....”

aus: Die Goldvorkommen im Variszischen Gebirge. Teil III. Das Gold im Schwarzwald Heft 1: Goldhinweise und -nachweise im Schwarzwald - von der Römerzeit bis zur Gegenwart Wolfgang HOMANN, Dortmund. Dortmunder Beitr. Landeskde. naturwiss. Mitt. 32 113-182 Dortmund, 1998