Die Chronik des
Musikvereins Eschbach
100 Jahre musikalisches Wirken
und Vereinsleben im Wandel der Zeit
1905
wird der Verein und die Kapelle am 31.
Dezember 1905 im Gasthaus „Löwen" gegründet.
Bürgermeister Pius Rombach wird zum 1. Vorsitzenden
gewählt.
1906
an Fronleichnam tritt die Kapelle zum
ersten Mal öffentlich in Eschbach unter Dirigent M. Koch
aus Freiburg-Littenweiler auf,
1913
wird die erste Vereinsfahne feierlich
eingeweiht
1914-1918
muss der Verein seine musikalische
Tätigkeit während der Dauer des 1. Weltkriegs
unterbrechen, da die Musiker an die Front berufen
werden.
1915
versenden Eschbacher Bürger und
Vereinsmitglieder Feldpostschachteln mit Landjägern und
Zigarren an die Vereinsmitglieder an der Front.
1919
formiert Wilhelm Läufer die Kapelle
wieder neu und bildet junge Musikanten aus: Gemeinsam
mit den zurückgekehrten Musikern wird die Probenarbeit
wieder aufgenommen. Der Verein hat den gefallenen
Kameraden Pius Schweizer zu beklagen.
1931
feiert der Verein sein 25-jähriges
Stiftungsfest im Gasthaus „Löwen"
1933
übernimmt Karl Schuler aus Kirchzarten
das Dirigat der Kapelle. Eine neue und besondere
musikalische Ära findet ihren Anfang.
1939
wird dem Verein von den
Nationalsozialisten verboten, an Fronleichnam zu
spielen. Unter Protest stellt daraufhin der Verein das
Musizieren ganz ein. Der 1. Vorstand, Ratschreiber Josef
Helmle sammelt die Instrumente ein und bringt sie in
Sicherheit.
1939-1946
wird die Vereinstätigkeit aufgrund der
Wirren des 2. Weltkrieges ganz unterbrochen. Wieder
müssen aktive Musiker in den Krieg ziehen, einige kommen
gar nicht mehr, andere erst nach langer Gefangenschaft
wieder nach Hause.
1946
im Winter ruft Karl Scherer als
Initiator und bisheriger Vizedirigent die
zurückgekehrten Musiker zur Wiederaufnahme der
Vereinstätigkeit und der Probenarbeit zusammen. Junge
Musiker lernen unter seiner Anleitung das Spielen eines
Blasinstrumentes.
1947
spielt die neu aufgestellte
Musikkapelle an Fronleichnam Prozessionsmärsche. Der
Verein gibt sich eine neue Satzung, die 1948 in Kraft
tritt. Max Spitz wird zum 1. Vorsitzenden gewählt.
1948
kehrt Karl Schuler aus russischer
Gefangenschaft zurück und übernimmt wieder die Leitung
der Kapelle.
1955
erzielt die Kapelle beim Wertungsspiel
in Freiburg-St. Georgen die Note „vorzüglich”,
1955
feiert der Verein sein 50-jähriges
Bestehen mit einem eindrucksvollen Jubiläumsfest.
1958
nehmen die Musiker am Bundesmusikfest
in Karlsruhe teil und erhalten bei der Teilnahme am
Wertungsspiel ebenfalls die Note „vorzüglich‘.
1965
wird das 60-jährige Vereinsjubiläum
beim neuen Feuerwehrgerätehaus gefeiert.
1967
umrahmt der Musikverein die
Einweihungsfeier der neuen Eschbacher Halle. Die Musiker
haben nun ein neues Aufführungsdomizil, auch für das
jährlich stattfindende Weihnachtskonzert.
1970
beginnen über 25 „Zöglinge" die
Ausbildung an einem Instrument unter Anleitung einiger
Aktiver, Bald darauf hat die erstmals in der
Vereinsgeschichte gegründete Jugendkapelle ihren ersten
Auftritt.
1971
gibt es erstmals einheitliche
Uniformen.
1972
zieht der Musikverein vom alten Rathaus
in sein neues Probenlokal im Untergeschoss des neu
erbauten Kindergartens.
1978
wird durch viele Neuzugänge in der
Kapelle abermals eine neue Uniform erforderlich und u.
a. aus dem Erlös eines „Zeltmusikfestes" angeschafft.
1980
feiert der Verein sein 75-jähriges
Jubiläum mit einem Festakt und einem Festwochenende.
1981
nimmt der Verein am Bundesmusikfest in
Villingen-Schwenningen teil.
1983
kann Karl Schuler sein 50-jähriges
Dirigentenjubiläum in Eschbach feiern.
1984
gibt Max Spitz nach 34 Jahren als 1.
Vorsitzender sein Amt an seinen Stellvertreter
Georg Mayer ab.
1984
Nach 52 Jahren als Dirigent in Eschbach
übergibt Karl Schuler den Taktstock an Manfred Gimbel.
1985
veranstaltet der Musikverein ein
Festkonzert anlässlich des 80-jährigen Bestehens.
1986
nimmt der Verein am 6. Bundesmusikfest
in Freiburg mit einem Sternmarsch teil.
1987
wird die erste große Konzertreise nach
Berlin als offizieller Vertreter des Landes
Baden-Württemberg bei der
750-Jahr-Feier durchgeführt.
1989
am Karfreitagmorgen ist der Musikverein
zum ersten Mal im Radio beim „Morgenläuten" des
Südwestfunks zu hören.
1992
unternimmt die Kapelle eine
Konzertreise zum 9. internationalen Trachtentreffen in
Bliesransbach/Saarland.
1995
blickt der Verein bei einem großen
Musikfest auf sein 90-jähriges Bestehen zurück.
1997
veranstaltet der Verein ein
Wunschkonzert anlässlich der Ehrung zweier seit 50
Jahren aktiver Musiker.
1998
führt der Verein unter Dirigent Dirk
Müller das Weihnachtskonzert wegen Neubaus der Halle in
der Pfarrkirche St.Jakobus durch,
1999
nimmt der Verein am „Eschbach-Treffen”
in Eschbach/Loreley teil und gestaltet die
Festlichkeiten musikalisch.
1999
umrahmt der Musikverein die
Feierlichkeiten zur Eröffnung der neuen Halle in
Eschbach. Das neue Probenlokal im Obergeschoss der Halle
wird bezogen.
2001
gibt der Verein das „Konzert der
Generationen" mit Aufführungen der Jugendkapelle und des
Gesamtorchesters unter Manfred Gimbel und ehrt
langjährig aktive Musiker.
2003
führen einige Aktive des Vereins
erstmals ein Theaterstück in der Halle Eschbach
auf, mit musikalischer Unterstützung in
den Pausen durch ein vereinseigenes Bläserensemble.
2003
wird mit dem Konzert „Rhapsodie in Air"
bei Musikalischem und Kulinarischem im
Pfarrhof ein neuer Veranstaltungsrahmen
erfolgreich eingeführt.
Die Gründer und das
Gründungsprotokoll
Gründungsprotokoll
(Umschrift) No. 1
Nachdem mehrere hiesige Einwohner
bestrebt waren, hier eine Musik zu errichten, so hat man
für gut befunden zu diesem Zweck einen Musik-Verein zu
gründen. Zu diesem Zweck wurden auf den heutigen Tag
alle Freunde und Gönner einer Musik zu einer Versammlung
im „Löwen" eingeladen. Diese Versammlung war sehr gut
besucht, und in der Versammlung wurde die Gründung eines
Vereins beschlossen. Es traten zu diesem Verein
vorläufig 52 „nichtausübende” und 14 „ausübende"
Mitglieder bei.
Die bereits schon entworfenen Satzungen
wurden in der Versammlung verkündet, ergänzt und durch
Versammlungsbeschluß angenommen.
Auch wurde mittels geheimer Wahl der
Verwaltungsrat dieses Vereins gewählt. Der
Verwaltungsrat besteht somit aufgrund des
Wahlergebnisses aus folgenden
Mitgliedern:
I. Vorstand:
Pius Rombach, Bürgermeister
Il. Vorstand:
Albert Rombach, Landwirt von Stegen
Schriftführer:
Josef Helmle
Rechner:
Wilhelm Scherer, Gemeinderechner
Inventarier:
Karl Ihringer
Musiker:
Joseph Tritschler
Joseph Maier
Karl Walter
Die Rechnungsführung beginnt
ordnungsgemäß mit 1. Januar 1906.
Der Verwaltungsrat beschließt: Die
aufgestellten Satzungen der zuständigen Behörde
vorzulegen und dieselben in das Vereinsregister
eintragen zu lassen.
Eschbach, den 31. Dezember 1905
Der Verwaltungsrat
Pius Rombach, Bgstr.
Josef Helmle, Schriftfhr.
Wilhelm Scherer
Karl Ihringer
Joseph Tritschler
Joseph Maier
Karl Walter
Die Fahnenweihe
1913
Auszug aus der Vereinschronik und
Denkschrift anlässlich der 25-jährigen
Stiftungsfeier am 14. Juni 1931 als
Originaltext:
Umschrift: (Bezug auf die
Generalversammlung vom 21. Juli 1912)
„.. In dieser Versammlung wurde die
Anschaffung einer Musikvereinsfahne beschlossen. Die
Mittel zur neuen Musikvereinsfahne wurden durch
freiwillige Spenden gedeckt, eine Versammlung im Jahre
1913 an der sich 157 Personen des Kirchspiels
beteiligten, erbrachte die schöne Summe von 293 Mk 36 d.
Besonders gedenken wir heute an dieser Stelle den beiden
Vorständen | u. Il Bgstr. Rombach mit 10 Mk und Karl
Ihringer mit 50 Mk.
Allen diesen 157 Stiftern zur Fahne
nimmt die Vereinsleitung heute an dieser Stelle nochmals
Anlaß, allen aufs herzlichste dafür zu danken. Die neue
Fahne wurde von Herrn Rud. Dischler in Freiburg
geliefert komplett für 258 Mk, und es verdient an dieser
Stelle festgehalten zu werden, dass durch freiw. Spenden
bereits 40 Mk mehr eingingen als die Fahne kostete und
folgedessen nun der Musikverein an der Fahnenweihe am 4.
August 1913 in sehr angenehmer Lage an 85 anwesende
Vereinsmitglieder 61 Liter Bier pro Person 2 Würste mit
Kartoffelsalat (Musiker pro Person 3 Würste mit
Kartoffelsalat) aus der Musikvereinskasse zu bezahlen.
(61 l Bier a 27 d 85 Essen 42 x 55 d 54,12 Mk)"
(Anmerkung der Red.: d stand damals für
Pfennig)
Aufwendungen der
Gemeinde Eschbach für den Musikverein von 1924 bis
1949
03.11.1924
Der Gemeinderat beschließt, dem
Musikverein zur Beschaffung und Reparatur von
Musikinstrumenten ein Darlehen von 200 RM zu bewilligen.
Dieses Kapital wird dem Rechner Josef Helmle sofort
ausgezahlt und ist innerhalb von drei Jahren (auf den
1.12.1927) zurückzuzahlen. Das Darlehen ist bis zu
diesem Termin zinslos.
1925
Die Gemeinde spendet ein Fass Bier für
17,55 RM wegen Mitwirkung des Vereins beim
Dienstjubiläaum des Ratschreibers Hug.
Die Gemeinde bewilligt 50 RM für Noten
und Reparatur von Instrumenten und gewährt eine
Zuwendung von 50 RM für das Mitwirken bei kirchlichen
und weltlichen Festen. Die 100 RM werden nicht bar
ausgezahlt, sondern sind für die Tilgung des 1924
gewährten Darlehens zu verwenden.
1926
Die Gemeinde bewilligt 50 RM zur
Anschaffung von Noten sowie zur Instandsetzung von
Musikinstrumenten, außerdem 50 RM für die Mitwirkung bei
weltlichen und kirchlichen Festen. Auch diese insgesamt
100 RM werden für die Tilgung des 1924 bewilligten
Darlehens verwendet.
1927
Die Gemeinde kauft für den Musikverein
einen gebrauchten Aktenschrank für 40 RM.
1927-1930
Die im Haushaltsvorschlag der Gemeinde
für die genannten Jahre eingestellten 50 bzw. 100 RM für
Spielen bei Festen und 50 RM für Musik und Gesang wurden
nicht ausgezahlt.
1932
Die Gemeinde stiftet für das Spielen am
Tag der Nationalen Arbeit (1. Mai) ein Fass Bier für
13,30 RM.
1933
Die Gemeinde stiftet dem Musikverein
für das Spielen anlässlich der Reichtagswahl am
12.11.1933 Bier für 6 RM.
1937
Der Musikverein erhält von der Gemeinde
für das Spielen bei verschiedenen politischen Anlässen
20 RM.
1948
Die Gemeinde gewährt zur Unterstützung
der Musikkapelle einen Beitrag von
50 DM.
1949
Für Getränke an Fronleichnam zahlt die
Gemeinde der Musikkapelle 9 DM. |
100 Jahre Musikverein Eschbach - Ein Kulturträger im Wandel der Zeit
von
Prof. Siegfried Thiel
100 Jahre
welch ein kurzer Zeitraum im Verlauf der Weltgeschichte, aber
welch lange Zeit im Leben eines Vereins. Das 20. Jahrhundert hat
den Verein geprägt, ein Jahrhundert, welches in der ersten
Hälfte von zwei Weltkriegen bestimmt wurde und in der zweiten
Hälfte sich eines Wohl» Standes erfreuen durfte, wie er noch nie
da gewesen war.
Heute, am
Anfang des neuen Jahrhunderts, werden aber Entwicklungen und
Umwälzungen sichtbar, die neue Anforderungen bringen und
hoffentlich auch neue Möglichkeiten eröffnen. Darauf wird sich
der Verein einstellen die Erfahrungen aus der Vergangenheit
machen Mut dazu.
Als der
Musikverein Eschbach am 31. Dezember 1905 auf Anregung von
Joseph Tritschler gegründet wurde, war Eschbach eine Gemeinde
von ca. 600 Einwohnern. Diese Zahl blieb bis 1950 fast gleich,
stieg aber danach sprunghaft auf heute (2005) 1.375 an.
Die alten
Bilder und Flurkarten von damals zeigen eine kleine
Streusiedlung rund um die Kirche, umringt von einer Gemarkung‚
die von Einzelhöfen bestimmt und gegliedert wird hinauf bis fast
900 m Meereshöhe. Das Gebiet um den Reckenberg war noch
unbebaut, das Unter-, Mittel- und Obertal säumten einige Häuser
und Gehöfte entlang der ViIlinger Landstraße nach St. Peter
hinauf. Viele Höfe waren noch strohgedeckt, verfügten über eine
eigene Wasserversorgung und waren noch weitgehend
Selbstversorger. Die Äcker liefen die Bergflanken auf der
Sommer- und Winterseite hinauf und hinunter wo heute vorwiegend
Wald und Wiese zu sehen sind, stand damals die „Frucht“.
Aber auch
die ersten Zeichen der Moderne waren erkennbar, nicht zuletzt
durch die verstärkte Industrialisierung des Deutschen Reiches
nach dem Krieg mit Frankreich von 1870/71. 1903 wurde das Schul-
und Rathaus errichtet und die erste zentrale Wasserversorgung
der Gemeinde gebaut ursprünglich als Schulbrunnen gedacht, an
die sich nach und nach 15 Häuser anschlossen. Beispielhaft lässt
sich dies an der zunehmenden Verwendung des Fahrrades ablesen,
die eine größere Mobilität und damit auch Unabhängigkeit im Dorf
brachte. Von den Pfarrern wurde dies nicht gerne gesehen, vor
allem die Benutzung des Rades durch die „WeiberIeut".
Wahrscheinlich kann auch die Gründung des Musikvereins auf dem
Hintergrund größerer Selbstständigkeit und erhöhter Mobiiität
betrachtet werden, die neueren ldeen und Organisationsformen
Raum gaben.
‘l.
Vorsitzender des Vereins wurde 1905 Plus Rombach, der Löwenwirt.
der seit 1901 auch Bürgermeister war und dieses Amt bis 1931
innehatte. lm Hinblick auf die Entwicklung des Vereins war diese
Wahl besonders wichtig, weil er die gesellschaftliche
Anerkennung vermitteln konnte und dazu auch eine finanzielle
Förderung leistete.
Diese war
deshalb besonders wichtig, weil bei den meist jungen Musikern in
der Regel kaum Geldmittel für den Kauf von Instrumenten
vorhanden war. Hier ist auch der damalige Pfarrer Gustenhofer zu
nennen, der 1.000 l\/lark aus seiner privaten Schatulle zur
Verfügung stellte und damit zur "Anschubfinanzierung" beitrug.
Pfarrer Gustenhofer war auch sonst ein großzügiger und
selbstloser Spender. Ein Satz aus seinem Testament zeigt dies
deutlich: „Vermögen wird sich bei meinem Tode nicht finden“. So
hatte er u. a. seine Lebensversicherung beIiehen‚ um immer
wieder helfen zu können, wobei er sich, wie einer seiner
Nachfolger, Pfarrer Joseph Hog berichtete, manchmal auch von
Durchreisenden ausnutzen ließ. Aber diese Unterstützung für den
Musikverein war richtig und auch in kirchlichem Interesse, denn
schon im Jahr darauf betrachtete es der Musikverein als seine
vornehmste Pflicht, bei der Fonleichnamsprozession zu
spielen. Natürlich nicht nur da, sondern bei fast allen
öffentlichen und kirchlichen Anlässen der nächsten Jahre.
Aber schon
wetterleuchtete es am Horizont. Europas Nationalstaaten konnten
mit ihren wachsenden technischen Möglichkeiten und
imperialistischen Machtansprüchen anscheinend nicht umgehen. Das
deutsche Kaiserreich wollte mit Frankreich und England im
Hinblick auf Weltgeltung gleichziehen und begann deshalb 1913
einen Krieg, der mit der Katastrophe von 1918/19 endete. Die
weitere Entwicklung des Vereins wurde zwangsläufig unterbrochen,
weil viele Musiker Kriegsdienst leisten mussten. lnsgesamt
verloren 22 Eschbacher ihr Leben in diesem unsinnigen Krieg,
darunter der aktive Musiker Pius Schweizer.
Nach dieser
nationalen Katastrophe, die die Begriffe Nation und Vaterland
fragwürdig erscheinen ließ, rückte der Begriff der Heimat als
zentrale Orientierungshilfe in den Mittelpunkt der Gesellschaft.
Nicht nur als Richtschnur für die Weimarer Republik, sondern
auch für den badischen Staat und damit auch für die einzelne
Gemeinde. In Eschbach zeigte sich dies u. a. daran, dass die
Musikkapelle wieder schnell neu aufgestellt werden konnte.
Treibende Kraft dabei war Wilhelm Läufer vom Peterhof, der sich
gleichzeitig um die Ausbildung des Nachwuchses sorgte. Beinahe 5
Jahre Krieg hatten eben jede sinnvolle Weiterentwicklung
empfindlich gestört die Lücken in der Besetzung der Kapelle mussten
so schnell wie möglich geschlossen werden. Aber die
Weltwirtschaftskrisen der 20-er Jahre wirkten zwangsläufig auch
auf den Musikverein zurück. Besonders die Anschaffung und
Instandhaltung der Musikinstrumente (Umstimmungen etc.)
erforderte wieder finanzielle Beträge in einer Höhe. die in
bäuerlichen Gesellschaften mit ihrer Naturalwirtschaft und
Selbstversorgung nicht so leicht aufzubringen sind. Aber die
Eschbacher Einwohner ließen ihre Musiker nicht im Stich. und die
Chroniken berichten von der Großzügigkeit der Eschbacher
Waldbesitzer, die über einen außerplanmäßigen Holzeinschlag die
notwendigen Mittel zur Verfügung stellen konnten.
Am 14. Juni
1931 wurde das erste Jubiläumsfest des Vereins gefeiert. d. h.
man beging die 25. Stiftungsfeier, wenn auch ein Jahr später
vielleicht aus Termingründen. lm selben Jahr war der Mitgründer
und erste Vorstand, Altbürgermeister Pius Rombach. gestorben.
Ihm folgte als Bürgermeister Wilhelm Läufer, der Peterbauer. Er
sorgte zusammen mit Ratschreiber Josef Helmle, der 30 Jahre von
1926 bis 1956 im Dienst war und den Vorstand im Musikverein
innehatte. dafür, dass die Gemeinde Eschbach nicht zu sehr von
untragbaren Entscheidungen der nationalsozialistischen Diktatur
betroffen wurde. Manches aber ließ sich nicht verhindern und auch
der Musikverein war davon betroffen. Einerseits war man durchaus
bereit bei nationalen Anlässen zu spielen. Als aber im Verlauf
der zunehmend kirchenfeindlicheren Politik der
Nationalsozialisten dem Musikverein verboten wurde, bei der
Fronleichnamsprozession zu spielen. stellte dieser protestierend
am 9. Juli 1939 die aktive Tätigkeit ein. Außerdem waren im
Zweiten Weltkrieg die meisten Musiker Soldaten, so dass wie
schon im ersten Weltkrieg, keine Aktivitäten möglich waren.
Bewundernswert die Risikobereitschaft einzelner Mitglieder wie
des 1. Vorstandes Josef Helmle, der noch die meisten
Musikinstrumente einsammeln konnte, um sie dem möglichen Zugriff
eifriger Materialsammler für Kriegszwecke zu entziehen.
Es folge
die Nachkriegszeit mit ihrer unbeschreiblichen Not. Einquartiert
waren Ausgebombte aus Freiburg, dazu Teile der Bevölkerung von
Gündlingen bei Merdingen, die sich schon 1944 vor der
französischen Artillerie nach Eschbach geflüchtet hatte. Dazu
noch 16-jährige Jungen vom Volkssturm, die in Schule und
Bürgersaal einquartiert waren. Wie sollte es da mit dem
Musikverein weitergehen? Aber gerade in solch schwierigen und
dunklen Zeiten wächst auch die Sehnsucht nach Normalität, nach
gemeinsamem Tun, nach Kommunikation auf möglichst unbeschwertem
Gebiet.
So fanden
sich wie nach dem ersten Weltkrieg am raschesten die Vereine
wieder zusammen. lm Winter 1946/47 rief Karl Scherer (Tenorhorn)
die verfügbaren ehemaligen Aktiven wieder zum Spielen auf.
Dazu kamen die
später aus der Gefangenschaft Heimkehrenden. So konnten schon
1947 bei der Fronleichnamsprozession wieder die vertrauten
Prozessionsmärsche von den Musikern gespielt werden, wenn auch
unter der wachsamen, weil misstrauischen Beobachtung der
französischen Militärbehörden, die alle gesellschaftlichen
Aktivitäten überprüften. Ein Beispiel dafür ist die 1948 von der
Militärregierung erlaubte „Gründungsversammlung", die eigentlich
nur die „Neukonstitution" des alten Vereins darstellte, der sich
schon 1947 eine neue Vorstandschaft und Satzung gegeben hatte.
Der neu
aufgestellte Verein konnte die allgemeine positive Entwicklung
vor allem nach der Währungsreform von 1948 nutzen. Es wurde nun
überhaupt erst möglich, neue Musikinstrumente zu
kaufen, Dirigenten ein kleines Salär zu bezahlen, Gastvereine
einzuladen und an Wertungsspielen teilzunehmen.
Einer der
Höhepunkte zum Abschluss der Nachkriegszeit war 1955 das Fest
zum 50jährigen Vereinsjubiläum, von dem heute noch die dabei
Gewesenen berichten, es sei das schönste Fest gewesen, das in
Eschbach jemals stattgefunden hatte. Die junge Bundesrepublik
Deutschland mit ihrem Wirtschaftswunder und der Gewinn der
Fußballweltmeisterschaft von 1954 bildeten dafür den
optimistischen Rahmen‚ der auf europäischem Feld durch die
Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1957 in Rom
einen weiteren institutionellen Abschluss fand. Bei Max Spitz
als erstem Vorstand und dem 1948 spät aus der Gefangenschaft
heimkehrenden Dirigenten Karl Schuler sowie verdienten
Mitstreitern wie Karl Scherer war der Musikverein Eschbach in
guten Händen, direkt abzulesen an den Erfolgen, die bei
Wertungsspielen erreicht wurden und dem zu beobachtenden ständig
steigenden Niveau. Dazu ermöglichte die 1967 neu gebaute Turn-
und Festhalle an der Schule neue Formen der Festgestaltung, die
vorher im Gasthaus „Löwen" stattgefunden hatten.
Das
60-jährige Vereinsjubiläum 1965 beim Feuerwehrhaus war
gleichzeitig Abschluss und Neubeginn, denn Eschbach begann sich
massiv zu verändern. im selben Jahr wurde mit der Bebauung des
Gebietes "Sommerberg" begonnen, dessen Erschließung erst den Bau
der Schule mit Halle ermöglicht hatte. Weitergebaut wurde in
Richtung L127 (Villinger Landstraße) einschließlich des
Baugebiets Reckenberg. Durch den massiven Zuzug von Neubürgern
aus Freiburg und dem übrigen Bundesgebiet wurde eine Entwicklung
in Richtung „Verstädterung" eingeleitet.
Der
Musikverein Eschbach hat diese Entwicklung bewusst und positiv
aufgenommen. Das war auch notwendig, denn gesellschaftiiche
Probleme, die sich bei einer solchen Zuwanderung besonders
zeigen, können nur dann bewältigt werden, wenn sie öffentlich
gemacht werden. Die Gründung der Jugendkapelle Anfang der 70er
Jahre war so eine Entscheidung, die auch der Eingliederung der
Neubürger dienen konnte und sollte. Die weiter zunehmende
Aufnahme von Mitgliedern aus anderen Gemeinden und
Gemeindeteilen zeigt die Öffnung des Vereins (und der Gemeinde)
in eine neue Zukunft. wobei aber die Funktion des Vereins als
integrations- und ldentifikationsfaktor innerhalb der Gemeinde
erhalten blieb. Das 75-jährige Jubelfest im Jahr 1980 zeigte
diese beginnende Entwicklung überdeutlich, wobei der grandiose
Festumzug, das Festbankett und der große „Bunte Abend" das
Wirken des Vereins in der Gemeinde und sein Hineinwirken in den
größeren regionalen Raum verdeutlichten.
Diese
Entwicklung hat sich in den 90-er Jahren fortgesetzt, wobei vor
allem sichtbar wird, wie jung die Kapelie des Musikvereins ist
und wie gleichzeitig die stattliche Schar von fördernden
Mitgliedern eine zusätzliche Verankerung in der Gemeinde
darstellt.
Welche
erzieherische Aufgabe ein solcher Verein hat, kann mit einem
sarkastischen Ausspruch von Napoleon umschrieben werden: „Ein
Pfarrer erspart mir 10 Gendarmen”. Übertragen könnte man heute
sagen: Was die Vereine für die Erziehung, Sozialisation und
Integration der Jugendlichen und der Erwachsenen leisten, kann
nicht hoch genug geschätzt werden und wäre von staatlicher Seite
auch gar nicht zu leisten.
So geht der
Verein gut aufgestellt ins Jubiläumsjahr 2005. Die hundert Jahre
seiner Geschichte in Verbindung mit den Ereignissen in
Gesellschaft, Kirche, Gemeinde und Staat haben gezeigt, wie sich
der Musikverein immer wieder auf die wechselnden Zeitläufe
eingestellt hat, waren sie auch noch so schwierig. Möge dies
auch in Zukunft gelingen auf dem Weg durch die Zeit im neuen 21.
Jahrhundert.
Eschbacher Musikkapelle nach einem Auftritt im Frühjahr 1928
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Vorstanschaft und Kapelle des Musikvereins Eschbach beim
25-jährigen Stiftungsfest 1931
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Die Vereinsgeschichte der ersten 50 Jahre
Der
Musikverein Eschbach e. V. feiert im Jahr 2005 sein 100-jähriges
Jubiläum. Die ersten 50 Jahre der Vereinsgeschichte sind
anlässlich des 50-jährigen Stiftungsfestes vom ehemaligen 1.
Vorstand Josef Helmle im Jahr 1955 so ausführlich erfasst und
beschrieben worden, dass wir diese Niederschrift als schon
historisches Dokument im Original wiedergeben möchten.
Originalabschrift
aus der Festschrift 1955
„Lange
schon bestand unter den Einwohnern von Eschbach der Wunsch, eine
eigene Musikkapelle zu besitzen, da man bei Bedarf immer auf
auswärtige Kapellen angewiesen war. Diesem Wunsche zu
entsprechen, hat sich ein hiesiger Bürgersohn namens Joseph
Tritschler, Schreiner, im Jahre 1905 entschlossen, eine
Musikkapelle zu gründen. Er verständigte hiervon einige
gleichgesinnte, musikliebende junge Männer, die sich ihm willig
anschiossen. Diese brachten ihr Vorhaben alsbald bei dem
damaligen Bürgermeister Pius Rombach, Löwenwirt, zum Ausdruck.
Dieser begrüßte das Vorhaben und stand den unternehmungslustigen
jungen Leuten mit Rat und Tat zu Seite. Es wurde dann auf den
31. Dezember 1905 alsbald eine Versammlung aller Musikfreunde in
das Gasthaus „Zum Löwen", einberufen. Die große Anzahl der
Erschienenen rechtfertigte das Vorhaben in vollstem Maße. Von
den Anwesenden wurde sofort die Gründung des Musikvereins
beschlossen. Der Kapelle traten alsbald 14 ausübende Mitglieder
bei. Es war dies folgende:
1. Joseph
Tritschler +
2. Joseph
Maier, ausgewandert
nach Amerika
3. Karl
Walter. Stegen +
4. Pius
Schweizer +, im ersten Weltkrieg gefallen
5. Konrad
Hug
6. Wilhelm
Läufer
7. Max
Rombach +
8. Otto
Andris, Stegen
9. Karl
Andris +, Stegen
10.
Andreas Rombach +
11. Albert
Hug +
12.
Emanuel Scherer +
13. Otto
Helmle +
14.
Wilhelm Faller
Von diesen
sind 9 gestorben.
52 der
Anwesenden ließen sich als passive Mitglieder aufnehmen. Durch
die Wahl des Vorstandes und des Verwaltungsrates wurde die
Gründung des Vereins endgültig besiegelt und damit der jungen
Kapeile Rückhalt und Fortbestand gewährleistet. Bei der Wahl des
Verwaltungsrates wurden folgende gewählt:
Als. 1.
Vorstand Pius Rombach. Bürgermeister,
2. Vorstand
Albert Rombach, Stegen,
als
Schriftführer Josef Heimle,
als Rechner
Wilhelm Scherer, Schneidermeister,
als
Beisitzer Karl lhringer, Joseph Tritschler‚ Joseph Maler und
Karl Walter.
Mit großer
Liebe und Hingabe widmeten sich nun die jungen Leute ihrer
Ausbildung als junge Musikanten. Auch kirchlicherseits wurde
in Anbetracht der Mitwirkung der Kapelle bei kirchlichen
Anlässen dem Unternehmen Verständnis gezollt. Schon beim
nächsten Fronleiehnamsfest im Jahr 1906 trat die junge Musik mit
gutem Erfolg an die Öffentlichkeit. Als 1. Dirigent war Herr
Koch von Littenweiler bestellt. der jeweils zu den Proben am
Bahnhof Kirchzarten mit dem Fuhrwerk abgeholt und wieder
hingebracht werden musste, weil es damals noch keine
motorisierten Fahrzeuge gab. Dies war für die einzelnen Pferde-
und Fuhrwerksbesitzer eine opfervolle. schwere Aufgabe,
besonders zur Winterszeit. Aber dieser edlen Kunst zuliebe haben
sie sich dieser Aufgabe unentgeltlich unterzogen.
lm Laufe
des Jahres hatten verschiedene Dirigenten die Leitung und
Ausbildung der Musikkapelie übernommen. Nach dem 1. Weltkrieg
war es Herr Wilhelm Läufer. der die Musikkapelle wieder neu
formierte. Unter zuzug etlicher junger Leute für die durch den
Krieg aus der Kapelle ausgeschiedenen Musikanten nahrn er die
Leitung und Ausbildung derselben als Dirigent bis auf weiteres
seibst in die Hand. Herr Schuler von Kirchzarten leitete die
Kapelle seit 1933 bis zum Beginn des 2. Weltkrieges.
Große
Schwierigkeiten bereitete dem jungen Verein die finanzielie
Seite. Schon die Anschaffung der Instrumente und Musikalien
erforderten große Opfer von der Einwohnerschaft, da dem Verein
die Anschaffung aus Vereinsmitteln nicht möglich war. Ebenso
veranlasste die Anschaffung einer Vereinsfahne, die Mildtätigkeit
der Allgemeinheit in Anspruch zu nehmen. Die Erwartungen haben
vollauf befriedigt und die neue Fahne wurde am 4. August 1913
geweiht. Die Umstimmung der Musikinstrumente verursachte
wiederum große finanzielle Sorgen. ln lobenswerter Weise haben
aber die Waldbesitzer durch Hoizspenden die fehlenden Mittel zum
Teii gedeckt, so dass die Instrumente ausgebessert und
umgestimmt werden konnten.
Während des
50-jährigen Bestehens der Musikkapelie und des Vereins
fungierten als Vorstände und Vereinsleiter die folgenden:
Von der
Gründung [31.12.1905] bis 23.2.1919 Pius Rombach, Bürgermeister.
Er wurde nach dem 1. Weltkrieg zum Ehrenvorsitzenden ernannt.
Vom
23.2.1919 bis 20.7.1924 Wilhelm Scherer, Schneider jr.
Vom
20.7.1924 bis 19.7.1925 Emanuel Scherer. Wagnermeister
Vom
19.7.1925 bis 2.9.1928 Wilhelm Läufer, Peterhof
Vom
25.11.1928 bis 15.8.1930 Hauptlehrer Walch
Vom
15.8.1930 bis 24.2.1935 Wilhelm Saum, Schneidermeister
Vom
24.2.1935 bis 24.1.1937 Karl Scherer, Wagnermeister
Vom
24.1.1937 bis 10.10.1937 Josef Spitz, Landwirt
Vom
10.10.1937 bis Ausbruch des 2. Weltkrieges Josef Helmle,
Schriftführer seit Gründung bis 1931.
Die beiden
Weltkriege haben dem Vereinsleben große und unerwartete Opfer an
Gut und Blut auferlegt, die die Vereinstätigkeit fast völlig zum
Erliegen brachte. Mit der Genehmigung der Militärregierung ist
der Verein am 18.1.1948 wieder neu konstituiert und die Neuwahl
des Verwaltungsrats vorgenommen worden, wobei der jetzige
Vorstand Max Spitz zum 1. Vorstand gewählt wurde. Mit neuem Mut
und Ausdauer wurde die Tätigkeit wieder aufgenommen.
Nach dem 2.
Weltkrieg war es ganz besonders der unermüdliche Musikfreund und
stellvertretende Dirigent Karl Scherer, der die alten Kameraden
zu neuem Tatendrang anspornte und ermunterte. Durch Vorbildung
jungen Nachwuchses hat er sich um den Fortbestand der
Musikkapelle besonders verdient gemacht. Am 14. Juni 1931
feierte der Verein im Gasthaus „Zum Löwen" im schlichten Rahmen
das 25-jährige Stiftungsfest. Rechner Hug verfasste eine
umfangreiche Denkschrift, die zur Verlesung kam. Am
Pfingstmontag 1954 war die Kapelle beim Musikfest in
Pfaffenweiler vertreten und beteiligte sich am Wertungsspielen
in der Mittelstufe. Sie erheilt die Note gut bis sehr gut nebst
einem schönen Pokal.
Am gieichen
Tag und tags darauf spielte sie beim Feuerwehrfest in Stegen. Am
10. Juli 1954 beteiligte sie sich an dem Musikfest in Kappel. Am
15. Mai 1955 war sie beim Musikfest in Bingen und Ihringen. Am
22. Mai 1955 war sie in St. Georgen beim dortigen Musikfest und
beteiligte sich am Wertungsspiel in der Mittelstufe. Sie erhielt
die Note „vorzüglich“ nebst einer Urkunde. Herr Karl Schuler von
Kirchzarten
leitet die Kapelle nun wieder seit Kriegsende bis heute. Es muß
dankbar anerkannt werden, dass er die Kapelle zu hohen
Leistungen befähigte und zur respektablen Höhe brachte. Möge er
noch recht lange an der Spitze der Kapelle ausharren."
Verfasst
von Josef Helmle anläßlich des 50-jährigen Stiftungsfests 1955