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Montanhistorische Untersuchungen im Attental

 Auszug aus:
Montanhistorische Untersuchungen im Breisgau- Welchental, Attental, Ehrenstetter Grund, Stohren

Von:
Dr. Klaus-Peter Burgath
Mit dessen freundlicher Genehmigung wir diese Arbeit hier veröffentlichen

Erschienen in :
Festschrift für Wilhelm Schüle zum 60. Geburtstag.
Veröffentlichung des Vorgeschichtlichen Seminars Marburg,
Sonderband 6. Internationale Archäologie 1. 1991. 63-79

 

…Die geologische Literatur verzeichnet in der Nordflanke des Dreisamtales östlich von Freiburg keine Erzgänge - im Gegensatz zum südlich anschließenden, geologisch ähnlich aufgebauten Schauinslandgebiet mit seinen zahlreichen alten Erzrevieren.
Ein aus dieser Widersprüchlichkeit entwickeltes "Prospektionskonzept" auf bisher unbekannten oder in Vergessenheit geratenen Bergbau führte in der Kombination von geologischen Befunden, Flurnamen-Studium und Durchsicht schriftlicher Belege (Beraine, Urkunden, Akten) zu überraschenden Ergebnissen:

- Bergbau im hinteren Welchental bei Ebnet östlich von Freiburg, bisher zurückdatierbar bis in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts.
- Bergbau (vermutlich im vorderen Welchental) auf den Gruben "Maria Theresia" und "St. Johannis" im 18. Jahrhundert.
- "Aertzgrüben" im hinteren Attental bei Stegen; bisher zumindest zurückdatierbar in den Beginn des 16. Jahrhunderts.
- Eisenerzbergbau im hinteren Attental zumindest schon in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts.

2. Bereich Attental (Abbildung).

  Dieses Tal gilt, zumindest nach dem Fehlen jeglicher Hinweise in der geologischen Literatur zu schließen, ebenfalls als "erzleeres und bergwerksfreies" Gebiet. In der amtlichen Beschreibung des Landkreises Freiburg (1974) findet sich unter "Wittental" (S.1189) hingegen die Notiz, daß im Attental 1741 "eine Eisenerzgrube aufgemacht worden sein soll". Und unter dem Stichwort "Erzgrüble" ist bei Wirth (1932) eine "Erzgrube Attental" aufgeführt mit Erwähnung im Jahre 1502, desgleichen bei Albiez (1966) unter "Grube".
Zunächst könnten zwei Flurbereiche im Attental mit Bergbau in Beziehung stehen (die Flurnamen sind angegeben auf der Deutschen Grundkarte 1:5000 Blatt 7913.40 Wittental):

1. Das Gebiet mit der Flurnamen-Assoziation “Löchle" und "Haldenmatte" im mittleren Attental westlich des Bankschen Hofes;

2. Das Gebiet "Rotenbrunnen" - "Rotenhof im hinteren Attental.

Begehungen im Gebiet 1 erbrachten keine auffälligen Hinweise auf ehemaligen Bergbau. Ein Schwermineralkonzentrat aus dem Bach nördlich der Haldenmatte zeigt nur Komponenten aus Gneisen und Amphiboliten, welche westlich oberhalb im Rücken zwischen Welchen- und Attental anstehen. Die chemische Analyse ergab allerdings den ungewöhnlich hohen Bleigehalt von 114 ppm (die gewöhnlichen Pb-Gehalte in den hier anstehenden Gesteinen liegen unter, 40 ppm). Weitere Analysen von Schwermineralkonzentraten und Bachsedimenten aus den nördlich folgenden Seitenbächen des Attentals bestätigen mit 219 ppm Pb (Bach beim Albrechtshof) und 75 ppm Pb (Bach beim Lucehof) diesen Befund. Hier liegt in den Gesteinen der Westflanke des Attentals offenbar eine erhöhte Bleikonzentration vor, vielleicht in Form eines Erzganges. Die Untersuchung weiterer Proben wird hierzu nähere Informationen ergeben.

In den Namen des Flurbereiches 2 taucht die Silbe "rot" auf. Dieses Wort wird von Roos (1966) auf die Farbe des Bodens oder Wassers bezogen. Alle in seiner Arbeit (S.150) aufgeführten urkundlichen Erwähnungen von "roten Brunnen" oder "rotten brunnen" beziehen sich auf Orte, an welchen aufgrund des geologischen Untergrundes eine Rotfärbung von Quellwasser durch Eisenverbindungen sehr wahrscheinlich ist (z. B. Ebringen, Hugstellen, Waltershofen). Ein Zusammenhang der Ortsnamengruppe Rotenbrunnen - Rotenhof im Unteren Attental mit dem Vorkommen eisenreicher Mineralien ist somit wahrscheinlich.

Die Begehung im Gebiet Oberer Attentaler Bach - Rotenbauerhof (Grundkarte 1:5000 Blätter 7913.33 und 7913.40) erbrachte keine unmittelbaren Bergbauanzeichen. Der Besitzerin des Rotenhofes sind auch keine auffallend gefärbten Wasseraustritte ("rotenbrunnen") bekannt. Auffällig ist hingegen die deutliche Rotfärbung im Bachbett des unteren Langenbaches. Hier steht ein lagiger Gneis sedimentärer Abkunft an (Paragneis), der eine starke hydrothermale (?) Überprägung zeigt (Feldspäte vollständig durch Sericit und Karbonat - vermutlich Dolomit - ersetzt; in diesen Bereichen auch auffallende Bleichung des Biotits). Darin liegen bis mehrere cm-große massige Eisensulfid (FeS2)-Linsen. Der Pyrit ist teilweise durch Brauneisen verdrängt; dieses und das aus Biotit ausgelöste Eisen bedingen wohl die rötlich Gesteinsfärbung.

Dieser Befund erinnert an die eingangs erwähnte Notiz über eine “1741 eröffnete Eisengrube im Attental". Bei Nachforschungen im GLA Karlsruhe wurde ein Aktenkonvolut gefunden GLA 229/117473-474), welches ausführlich das Gesuch eines Carl Joseph Weissenbach um Belehnung mit einer von ihm im "so genannten Mattenthal (heute: Attental) freyburger bans neuerlich entdeckten verlegenen Eisen Ertzgrueben" behandelt. Dieses Gesuch wurde am 13. 5. 1740 von Weissenbach, der dem Herdener Eisengewerke angehörte, an das v. ö. Berggerichtsamt in Freiburg geleitet. Der Bergrichter hat dieses Gesuch der v. ö. Hofkammer zugeleitet, ebenso aber auch einige Freiburger Räte um Meinungsäußerung gebeten. Von diesen wurde offenbar der damalige Krozinger "Großunternehmer" im Bergbau und Betreiber des Kollnauer Eisenwerks, Johann Frantz Litschgi, über das Gesuch Weissenbach's unterrichtet. Dessen Brief an die v. ö. Regierung und Kammer, welcher mit der Bitte um Ablehnung des Gesuches schließt, zur Wahrung der eigenen Monopolstellung, ist fast modern in seiner Art der Einflußnahme eines mächtigen Unternehmers auf die politische Entscheidungsinstanz (24.5.1741). Das Konvolut schließt mit einem Schreiben an die oberösterreichische Hofkammer (vermutlich von den Freiburger Räten), welches der Kammer zwar die Entscheidung über Weissenbachs Gesuch überläßt, sich jedoch im Grundsatz Litschgi's Argumentation anschließt (26.5.174 1).

Grundsätzlich ist aber von Bedeutung, daß der Herderner Mitgewerke Weissenbach offensichtlich im Attental ein von Eisenmineralien zumindest dominiertes Erzvorkommen gefunden hat, welches möglicherweise schon in früherer Zeit abgebaut und später vergessen worden ist. (Darauf könnte die Bezeichnung "erzgrueben" hindeuten). Ein Eisenerz-Vorkommen in diesem Gneis- Gebiet ist aber etwas ungewöhnlich. Eisen ist sonst im kristallinen Grundgebirge des westlichen Schwarzwaldes nur in Form “Eiserner Hüte" über Blei-Zink-Silber-Erzgängen mit oder ohne eisenkarbonatische Gangart angereichert; z. B. im westlichen Suggental. Weissenbach nennt aber in seinem Gesuch keine anderen Erze oder Metalle (wie z. B. "grauen Kies").
Dieser Folgerung würde das bereits festgestellte Auftreten massiger Eisensulfid-Linsen im unteren Langenbachtal entsprechen. So ist vermutlich auch Weissenbach's Vorkommen im Gebiet Rotenbrunnen - Bruckwald zu lokalisieren.

Das Konvolut von 1741 ist aber keineswegs die erste schriftliche Erwähnung einer Erzgrube im Attental. In einer Handschrift im Stadtarchiv Freiburg vom September 1502 (FStA B4/10;) findet sich eine Aufstellung der von der Stadt Freiburg verliehenen Güter mit den dafür zu zahlenden Zinsen. Darin ist unter den Gütern des Hans Karrer im Attental angegeben: "ein Halden Holtz lit auch in der Tschaslach zieht hinuff an mittel Egk an die Aertzgrüben" und weiterhin "ein halden holtz stosset hinab uff mittelegk... ". Die Position des "egk" läßt sich auch aus der Angabe "... hinuff ans Brugholtz an die Egk" erschließen. Diese Ortsangaben finden sich in heutigen Gebietsbezeichnungen des hinteren Attentals wieder (top. Karte 1:25000, Blatt 7913 Freiburg-NO und Grundkarte 1:5000, Blatt 7913.33 Oberföhrental):

'Tschaslach": in Schassel
"Brugholtz": in Bruckwald
'
"Mittelegk": vermutlich in Flaunser Pkt. 843.2 (zwischen dem eigentlichen Flaunser Punkt 865.7 und der Ortsbezeichnung "Am Flaunser" Pkt 800.5).

Die erwähnten Erzgruben müssen also zwischen der Hinteren Schassel und dem Pkt. 843.2 liegen. Bei einer Begehung am Nordhange des Bruckwaldes wurden mehrere flache undeutliche Gruben mit glimmerreichem Gneisschutt gefunden, welche vielleicht mit den "aertzgrüben" zu korrelieren sind (möglicherweise hat hier die braune Verwitterungsfarbe der Biotit-reichen Brocken eine Eisenvererzung vorgetäuscht).
Schließlich ist noch zu erwähnen, daß während einer Begehung des Langenbachtales ab den Koordinaten R 342176 H 531990 bachaufwärts mehrere Kohlplätze, z. T. mit undeutlichem altem Mauerwerk gefunden wurden. Möglicherweise ist ihre Anlage mit Erzgewinnung in diesem Gebiet zu verbinden.

  Eine abschließende Zusammenfassung ergibt bisher:

- Im hinteren Attental ist offenbar Erzabbau vor oder um 1502 betrieben worden. Die Lage der Erzgruben kann auf das Gebiet Hintere Schassel- Mitteleck eingeengt werden.
- 1740 wurden Eisenvorkommmen im Attental entdeckt resp. "verlegene" Eisengruben wiedergefunden. Zu einem (erneuten) Abbau ist es aber offenbar nicht gekommen.
- Im unteren Langenbachtal konnte linsiges Pyrit-Markasit-Erz nachgewiesen werden, das möglicherweise den Typus der urkundlich erwähnten (Eisen-)Erze repräsentiert.