Höllental bis zum Ausgange des Dreissigjährigen Krieges.
Von Hubert Luschka.
Bei der Herausgabe dieser Skizze ist es mir eine angenehme Pflicht,
Herrn Prof. Dr. MICHAEL, auf dessen Anregung und vielfach fördernden
Ratschlag hin diese Arbeit entstanden ist, auch an dieser Stelle meinen
ergebensten Dank auszusprechen. Ebenso bin ich der Leitung des
städtischen Archivs zu Freiburg für die Ueberlassung des in der Arbeit
verwendeten urkundlichen Materials zu grossem Danke verpflichtet.
Was in den folgenden Blättern dargestellt ist, wurde, wenn auch nur im
Auszuge und ohne genauere Mitteilung der einzelnen Quellen, vor einiger
Zeit in Form eines kurzen Vortrages dem Historischen Verein in Freiburg
vorgelegt. Durch genauere Angabe seiner Quellen sowie durch Beifügung
aller in Betracht kommenden Dokumente glaubt der Verfasser den
Einwendungen gerecht werden zu können, die sich seinerzeit gegen einige
Schlussfolgerungen wandten, die er in Bezug auf die Bedeutung des
Höllentales als eines nicht unbedeutenden spätmittelalterlichen
Verkehrsweges aus den von ihm benutzten Quellenstellen zog. Auf
Vollständigkeit macht der Verfasser ebensowenig Anspruch wie auf die
Beibringung wesentlicher neuer geschichtlicher Momente; es soll
lediglich der vielfach vorhandenen Meinung, als habe das Höllental erst
seit 1755 oder 1776 - Daten, auf die wir später zurückzukommen haben -
eine Rolle im Verkehr des südlichen Schwarzwaldes gespielt, entgegen
getreten werden.
Die zu den nachfolgenden Ausführungen benutzten Quellen scheiden sich,
um auch hierüber gleich bei Beginn das Notwendigste zu sagen,
einerseits in die gedruckte zeitgenössische wie moderne Literatur, die
hier und da zerstreut ist und wenig Zusammenhängendes bietet,
andererseits in gleichzeitige Handschriften, vor allem Missivbücher und
Ratsprotokolle von Freiburg, deren Benutzung dem Verfasser von der
Leitung des städtischen Archivs zu Freiburg freundlicherweise gestattet
worden war.
Die erste Erwähnung des Höllentales in der uns angehenden Beziehung
fand sehr spät, erst im Jahre 1302 statt. Ueber den Zustand des
Höllentales in römischer Zeit wie im früheren Mittelalter ist so gut
wie nichts bekannt. Immerhin ist anzunehmen, dass die Nähe der ehemals
keltischen, später römischen Kolonie Tarodunum (an der Stelle des
heutigen Zarten) auch auf den etwaigen Verkehr durch das nahe Höllental
von Einfluss war. Die eigentliche Heeresstrasse führte jedenfalls nicht
durch dieses, sondern durch das Wagensteigtal über den Thurner, Hohlen
Graben nach Villingen und von da weiter (Die Höllentalbahn von Freiburg
nach Neustadt. – Ein Führer mit Angaben der bautechnischen Verhältnisse
von A. Fritz). Es wäre eine interessante, wenn auch eine vielleicht
nicht sehr lohnende Aufgabe, gerade über diese ältere Periode
Aufklärung in Bezug auf die Verkehrsverhältnisse im südlichen
Schwarzwald zu schaffen - unsere Nachrichten beginnen erst mit dem 14.
Jahrhundert, allerdings in dessen Anfange, wie bereits erwähnt, im
Jahre 1302. Um diese Zeit wurde zwischen Konstanz und drei mit ihm
verbundenen Städten einerseits und den Grafen Egon und Heinrich von
Fürstenberg andererseits ein Abkommen (Zeitschrift für Geschichte des
Oberrheins 4, 57 und 4, 55: (Das Zitat ist von Schulte [s.Note1 Seite
9]; Verf. hat die betreffenden Notizen indessen nicht auffinden können.)
des Inhalts geschlossen, dass beide Herren ihre Bereitwilligkeit
erklären, für einen ihr Gebiet berührenden Weg einen Geleitsbrief zu
besiegeln. Dieser Weg führte nach Schultes (A. Schulte,
Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwischen
Westdeutschland und Italien unter Ausschlsse Venedigs. 2. Bd.) Angabe
von der südlichen Baar über Löffingen und Neustadt nach dem Titisee und
von hier durch den Höllentalpass in das obere Dreisamtal. Nun aber darf
man sich diesen in keiner Weise als Strasse im modernen Sinne
vorstellen; hatte er schon da, wo er durch ebenes oder doch leicht zu
überwindendes Terrain führte, kaum mehr als eines Wagens Breite, so war
die Ueberwindung des eigentlichen Passes, als welchen sich vor allem
die Strecke bei Station Hirschsprung darstellt, durch eine Strasse -
selbst eine solche nach mittelalterlichen Begriffen - infolge seines
starken Gefälles und der Enge der Schlucht, die vor allem bei
Regenwetter wegen des raschen Anschwellens des Rotbaches vollkommen
unpassierbar wurde, der damaligen Wegebautechnik eine kaum zu
bewältigende Aufgabe: Was um jene Zeit durch das Höllental führte,
lässt sich bestenfalls als ein zur Not noch mit Karren befahrbarer
Bergweg bezeichnen.
Wir müssen nun kurz die Entstehungsgeschichte des Weges über den
„Hohlen Graben“ betrachten, derjenigen Strasse, welche dem
Höllentalwege am erfolgreichsten und andauerndsten Konkurrenz machte
und ihn auf Jahrhunderte beinahe der Vergessenheit anheimgab. Wir sind
um so mehr genötigt, diese Strasse mit in den Rahmen unserer
Betrachtung zu ziehen, als wir durch sie ein Mittel in die Hand
bekommen, den Höllentalpass zu einer Zeit als Verkehrsweg nachzuweisen,
über die uns in dieser Beziehung sonst schriftliche Belege nicht zu
Gebote stehen. Die erste Kunststrasse über den „Hohlen Graben“
war überhaupt die erste derartige Anlage im südlichen Schwarzwald, und
sie wurde nich5555t‚ wie man etwa annehmen könnte, von den Ständen,
sondern von den beiden, damals erst kurze Zeit bestehenden, aber rasch
zu grosser Bedeutung gelangten Städten Villingen und Freiburg; gebaut.
Die Gründe für ihre Anlage waren einmal die Förderung des
Lokalverkehrs, vor allem zwischen den beiden Kommunen selbst, sodann
aber auch die Erleichterung des Durchgangshandels, der in jenen Zeiten
in bedeutenderem Umfange meist nur von Lombarden und Juden betrieben
wurde. Die Förderung des Transitverkehrs und -handels lag aber durchaus
im Interesse der Erbauer und - was damit fast immer verbunden war - der
Anlieger der Strasse, denn hatten ja meist das Recht, auf den ihr
Gebiet berührenden Teilen der Strasse Durchgangszölle zu erheben, was
in den damaligen Zeiten ausgiebig ausgenutzt wurde und eine
Haupteinnahmequelle gerade auch für die kleineren Fürsten und
Gemeinwesen war.
Im Jahre 1310 wurde zwischen den beiden Städten über den Bau der
Strasse verhandelt, auch mit dem Grafen von Fürstenberg, dem
Landesherrn Villingens, wurde bezüglich der Zölle und der andern
Einnahmen von der Strasse eine genaue Regelung getroffen. Wir lassen
den diesbezüglichen Vertrag nach dem Fürstenbergischen Urkundenbuche
(Fürstenbergisches Urkundenbuch II No. 51) hier im Auszuge folgen:
Graf Egon von Fürstenberg, Landgraf in der Bare, kommt mit dem
Schultheiss, dem Bürgermeister und den Bürgern gemeinlich von Vilingen
überein, dass er ihnen zum Nutzen seiner Stadt Vilingen erlaubt zu
fahren und zu wandeln den Weg durch die Ura oder für Verenbach oder wo
der neue Weg hingeht gehen wird von Vilingen gegen Vriburg. Er gelobt,
sie daselbst zu schirmen und setzt für alle Vilinger Bürger oder dort
sesshafte folgende Zollsätze fest: Von einem geladenen Karren mit
Gewand 4 Schillinge, von einem andern 2 Pfennige, von einem geladenen
Wagen mit Gewand 4 Schillinge, von einem andern 4 Pfennige, von einem
geladenen mit Gewand 1 Schilling, von einem andern 1 Pfennig, von einem
feilen Rose 1 Pfennig, von einem Rind 1 Pfennig, von 100 Schafen, „die
vnser bvrger oder selder zu Vilingen koffent ze sant Walpurgismesse,
vnd durch den svmmer gewaidet“, 1 Schilling, die Schafe aber, die sie
zu Herbst kaufen, sollen sie verzollen wie andere Leute (nicht
Vilinger). Wer unrechte Wege oder unverzollt oder fremder Leute Gut auf
der Strasse annimmt (als sein eigenes, um den für Vilinger günstigeren
Zoll zu erzielen), soll ihm 60 Schillinge Pfennige schulden; alles
Münze, die in Vilingen gebe ist. - „Geben ze Vilingen an dem nechsten
Fritag nach at. Vincencien tag 1310.“
Aus dieser Urkunde ergibt sich einmal, dass es zunächst noch
zweifelhaft war, welcher Strassenzug gewählt werden sollte, der durch
das Urachtal oder über Vöhrenbach. Man einigte sich schliesslich für
die südliche Linie (Zu vgl. Roder, Die Verkehrswege zwischen Villingen
und dem Breisgau, in der Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins Neue
Folge 5. Bei Schulte a.a.O.unrichtig zitiert) und führte durch das
Wagensteigtal unterhalb der Burg Wisneck vorbei in das „Himmelreich“,
des obere Ende des Dreisamtales, und von da weiter nach Freiburg. Es
gab also beide Wege, der neue über den „Hohlen Graben“ und der andere,
ältere durch das Höllental, das letzte Stück vom Himmelreich an
gemeinsam.
Weiter ist der in oben zitierter Urkunde enthaltene Zolltarif
interessant durch besondere Hervorhebung und vorzugsweise Belastung des
„Gewandtes“, d. h, wohl flandrischer oder lombardischer Tuche und
Stoffe, die den Hauptgegenstand des Transithandels bildeten.
Die Anlegung der 1310 beschlossenen Strasse ist wohl in den folgenden
zwei Jahren ausgeführt worden. Es fehlt uns hierüber urkundliches
Material, doch ist die Vollendung der Strasse bis zum Jahre 1312 wohl
anzunehmen.
Eine spätere Urkunde vom Jahre 1317 (Fürstenbergisches Urkundenbuch II
No. 89. Zu vgl. Roder, Die Verkehrswege u.s.w.S. 513 ff) wirft ein
Streiflicht auf die Beziehungen, welche um diese Zeit zwischen den
beiden Wegen herrschten. Diesem Dokumente zu folge verbinden sich Graf
Egon von Fürstenberg und seine Söhne, die Grafen Johannes und Götz mit
der Stadt Villingen wegen des Krieges gegen ihren Vetter den Heinrich
von Fürstenberg, sowie gegen Friederich von Hornberg und dessen Helfer.
Sie bezeugen in dem diesbezüglichen Vertrage, dass sie ihren Kampf
führen „vmbe den Weg vnd vmbe ander gebresten“. Das Dokument ist
datiert vom 31. Oktober 1317. Hienach war also wohl Ursache zum Kampfe
die Anlegung der neuen Strasse und die natürlicherweise dadurch
hervorgerufene Zollschädigung der alten. Es ist zwar nicht anzunehmen,
dass dies der einzige Grund war, aber es war doch sicher mit einer der
wichtigsten.
Bald nach diesen Ereignissen haben wir erbitterte Kämpfe Villingens mit
dem Grafen von Fürstenberg und infolgedessen den Uebergang der Stadt an
das Haus Oesterreich zu verzeichnen. Auch Freiburg hatte sich um diese
Zeit der Herrschaft der Grafen von Freiburg entzogen und sich, weil es
sich als selbständiges Gemeinwesen nicht behaupten konnte, der
österreichischen Herrschaft unterworfen. Beide Städte wurden auch in
ihren Strasseninteressen von den österreichischen Herzögen gefördert;
so wurde z. B. die Strasse über den „Hohlen Graben“ Ende der siebziger
Jahre des 14. Jahrhunderts erneuert. Aber mit dem Bau der neuen Linie
wurde die alte Strasse deshalb nicht aufgegeben. Sie wurde auch von
Villingen noch benutzt, wie wir aus einem Zollvertrage aus dem Jahre
1340 ersehen, den wir hier im Auszüge anführen wollen
(Fürstenbergisches Urkundenbuch II.):
Die Grafen Chunrath, Johanns und Heinrich von Fürstenberg, Gebrüder,
kommen mit den ehrbaren, wohl bescheidenen Leuten, dem Schultheissen,
dem Bürgermeister und dem Rat gemeinlich zu Vilingen überein wegen des
Zolls zu der Neuwenstatt, also: „swaz carren gen Vilingen gewant, vele
oder wolle tragent, die unser straze varent für die Neuwenstatt, das da
ain carre git acht schillinge, da dree rosse vor gant, und da zwai
rosse vor gant, sechs schillinge, vnd da ain ross vor gat, vier
schillinge, vnd ain son ze ruggen uife einem rosse zween schillinge vnd
ain halber son einen schilling, und swie einer anders ainen son füret,
der git zween schillinge vnd ain halber son einen schilling. Wein, der
einem Vilmger gehört, er werde auf eigenem oder Mietkarren gefahren,
sei wenig oder viel, soll nur zwei Pfennige einer in Vilmgen gäng und
gäben Münze zahlen; Entführer des Zolls soll der Graf und seine
Amtleute „lutern“. „Geben ze Vilingen an dem nehsten Fritag nach st.
Laurencien Lag 1340.“
In seiner bereits angeführten Schrift ( Roder, Die Verkehrswege
zwischen Villingen und dem Breisgau, in der Zeitschrift für Geschichte
des Oberrheins Neue Folge 5.) über die Verkehrsverhältnisse im
südlichen Schwarzwald weist Roder auf die grosse Verschiedenheit hin,
wie sie in der er Tat zwischen den Zollsätzen in dem Vertrag von 1310
und in dem von 1340 vorhanden ist. Aus dieser Tatsache ergibt sich mit
Notwendigkeit der auch von Roder gezogene Schluss, dass jedenfalls bis
1340 der Weg durch das Höllental die Konkurrenz der neuen zwar
bedeutend bequemeren‚ weil nicht so steilen, aber dafür auch etwas
weiteren Strasse über den „Hohlen Graben“ siegreich ausgehalten hat.
Dazu wirkte aber wohl in ganz erheblichem Masse der Umstand mit, dass
infolge der oben erwähnten Kämpfe der Villinger mit ihren Fürstenberger
Herren die Uracher Strasse längere Zeit ausser Gebrauch gekommen und so
verödet war, wodurch sich die Villinger genötigt sahen, den alten Weg
über Neustadt zu benutzen.
Die nächste Urkunde, die für uns in Betracht kommt, ist erst nach der
WiederhersteIIung der Strasse über den „Hohlen Graben“ abgefasst, da
sie vom Jahre 1379 datiert. Sie enthält einen Vertrag
(Fürstenbergisches Urkundenbuch II No 477.) zwischen Graf Heinrich von
Fürstenberg und „den ehrbaren, wisen, dem Schultheissen. dem
Bürgermeister, dem Rath, den burgern der Gemeinde gemeinlich zu
Vilingen“, In dem Vertrage wird über die neue Strasse gehandelt „von
Vilingen dvrch die Vra vnd dvrch den Swarczenwalt für Wisenegge den
nahsten gen Friburg,“ und er enthält auch folgende uns hier näher
angehende Bestimmung, dass, will jemand auch für die Nuwenstatt und für
Valcenstain das Tal fahren, wie man die Strasse von altere her gefahren
ist, er das wohl tun möge. „Geben zu Vilingen in der stat 1379 an st.
Marien-Magdalenentag.“
In dieser Urkunde ist also ausdrücklich konstatiert, dass man „von
Alters her“ „für die Nuwenstatt und für Valcenstain“ das Tal gefahren
ist, eine Tatsache, die entschieden für die Wahrscheinlichkeit des
schon erwähnten Roderschen Schlusses aus den Zollsätzen der Verträge
von 1310 und 1340 spricht.
Zugleich haben wir in diesem Dokument die Erwähnung der Burg
Falkenstein, deren Einfluss auf den Verkehr im Höllentale wir jetzt mit
wenigen Worten darlegen wollen. Ist auch das Treiben der dort hausenden
Raubritter nicht wohl als militärische Aktion aufzufassen, wie wir sie
in andern Zeiten in bezug auf das Höllental nachzuweisen versuchen, so
müssen wir doch einen Augenblick dabei verweilen, weil wir gerade aus
dem den edeln Herren von Falkenstein gemachten Prozesse neue wichtige
Momente für den Verkehr im Höllentale ziehen können.
Am eigentlichen Eingang zum Höllentale, in der Nähe von Hirschsprung,
sind noch jetzt die Ruinen der Burg Falkenstein zu sehen. Auf schroffen
Felsen liegen in ziemlicher Ausdehnung Grundmauern und andere Trümmer
da und geben uns auch so noch ein Bild von der Geräumigkeit der Burg,
die als für die damalige Zeit befestigt galt. In ihren Bäumen
trieben Dienstmannen der Herzöge von Zähringen und der Grafen von
in Freiburg ihr Unwesen, indem sie - vornehmlich die Ritter Hans
und Dietrich und die Brüder des letzteren, die Edelknechte Werner und
Klein-Kuno, sowie Künlin - als Wegelagerer die ganze Gegend unsicher
machten. „Auch wenn wir keine Kunde über das Treiben dieser edeln
Herren hätten, die uns einigermassen zuverlässige Daten lieferte, so
müsste es doch schon aus der Lage des Raubnestes selbst hervorgehen,
dass, wie es ja auch in der Tat war, vor allem der Verkehr der Strecke
Freiburg-Neustadt unter ihnen zu leiden hatte; es war ja freilich ihre
Nähe auch für die Wagensteige unangenehm, von wo ja die andere
Hochstrasse herabführte. Nun sind wir aber über viele ihrer Rittertaten
sehr genau berichtet, und ersehen daraus, was, wie gesagt, schon aus
der Lage der Burg hervorgeht, dass eben ihre Räubereien neben dem
Lokalverkehr vor allem den Transit-, Personen- wie Güterverkehr des
Höllentales schwer schädigten. Wir unterlassen es, an dieser Stelle auf
die Einzelheiten einzugehen - sie finden sich sehr anschaulich in
Schreibers „Geschichte der Stadt Freiburg“ verzeichnet, - wir wollen
hier lediglich einige prägnante Fälle herausgreifen, die als Belege
obiger Behauptung gelten mögen: Acht Pilger, zwei aus Holland, zwei aus
Flandern, vier aus England, wurden bei Falkenstein angehalten, um 700
Gulden bar erleichtert und gezwungen, ihren Weg nach Rom fortzusetzen
und bis zu ihrer Ankunft in Rom niemand zu klagen. Einen andern guten
Fang machten die Herren an einem Lombarden, der von Köln nach Como
reiste und gesponnene Gold- und Silberfaden im Werte von 60 Gulden mit
sich führte, die er aber in Alt-Falkenstein zurücklassen musste. Einem
Mailänder Boten nahmen sie 70 Gulden Wert und 11 Franken. - Schon diese
wenigen Angaben tun zur Genüge dar, wie unangenehm ein solcher Nachbar
für Freiburg sein musste, das doch an einer gedeihlichen Entwicklung
des Durchgangshandels ein grosses Interesse hatte. Es kam natürlich
noch hinzu, dass die Beraubten und deren Helfer sich energisch
beschwerten und Klagschrift über Klagschrift bei „den wisen
bescheidenen, dem bürgermeister, dem rate, den burgern und der Gemeinde
gemeinlich der stette zu Friburg in Brisgow“, wie sich eine der vielen
gleichzeitigen Urkunden nicht allzu knapp ausdrückt, einlief. War auch
der Anlass zur Zerstörung des Raubnestes durch die Freiburger
Bürgerschaft im Jahre 1390 ein anderer, der tiefere Grund war doch
jedenfalls die schwere Schädigung nicht allein der öffentlichen
Sicherheit im allgemeinen, sondern vor allem auch der
Verkehrsverhältnisse in der Umgebung der Stadt.
Ueber den Prozess, der den Herren von Falkenstein gemacht wurde, haben
wir sehr ausführliche Angaben, und diesem Umstande verdanken wir die
Details über die Benutzung des Höllentales in den letzten Jahren von
und nach der Zerstörung der Burg.
Neun Jahre vor dem Bruche der Falkensteiner Burg, am 18. Dezember 1381,
wurde zwischen dem Grafen Johannes von Fürstenberg, Herren zu Haselach,
und der Stadt Villingen ein weiterer, die neue Strasse betreffender
Vertrag geschlossen, Ueber diesen Vertrag sagt Schulte in seinem
bereits erwähnten Werke (A. Schulte, Geschichte des mittelalterlichen
Handels und Verkehrs zwischen Westdeutschland und Italien unter
Ausschlusse Venedigs. 2. Bd.), es sei in ihm der Verkehr über den
Höllentalpass ausdrücklich freigegeben worden. Ich habe davon in dem
betreffenden Vertrage (Fürstenbergisches Urkundenbuch II No. 496.)
nichts finden können, es müsste sich denn gerade die folgende Stelle
aus der Vereinbarung auf unser Höllental beziehen lassen: Vieh und
alles, was „ze ruggen“ hinüber oder herwider geht, es seien Saumrosse
oder anderes, soll keinen Zoll geben. Diese Annahme hat aber nur sehr
geringe Wahrscheinlichkeit für sich, da es sich in dem diesbezüglichen
Dokumente im übrigen nur um die neuere Strasse durch die Ura handelt.
Der hier angeführte Vertrag blieb für die Strasse über die Ura in
Kraft, solange sie überhaupt als Haupthandelsstrasse zwischen Villingen
und Freiburg im Gebrauche war. Dieses wurde sie aber mit der
fortschreitenden Zeit immer ausschliesslicher und da konnte ja auch
nicht wundernehmen. Wurde doch in dieser Zeit die neue Strasse immer –
d.h. wenigstens nach bester Möglichkeit unter Berücksichtigung der
vorhandenen, oft recht geringen Geldmittel – in Stand gehalten und
waren die Steigungen und waren die Steigungen hier doch viel geringere.
Eine Bemerkung des schon erwähnten Vertrages von 1381 wirft ein Licht
darauf, was man damals unter „Strasse“ verstand. Es wurde da
ausdrücklich festgesetzt: Die strazse sol ochin der witi sein, das ain
carre oder wagen dem andern entwichen möge.“ Doppelte Wagenbreite einer
doch viel benützten Strasse war also für die damalige Wegebautechnik
eine ganz absonderliche Sache, die ausdrücklicher Erwähnung verdiente.
Im Gegensatz zu dem eben dargelegten Zustand der neuen Strasse, hatte
der Höllentalpass, ganz abgesehen von seinem starken Gefälle, oft unter
grossen, das ganze Erdreich mitreissenden Ueberschwemmungen zu leiden,
wie ja in dieser Periode seiner Unterhaltung und Verbesserung überhaupt
nur geringe Sorgfalt gewidmet wurde; ferner war er – wenigsten eine
Zeitlang – seiner Unsicherheit halber gemieden, welche durch das
Treiben der auf Alt-Falkenstein hausenden Raubritter verursacht war.
Vom Jahre 1429 haben wir wieder eine Urkunde, die ausschliesslich den
Weg über Neuenstatt, also den Höllentalpass betrifft. In ihr
(Fürstenbergisches Urkundenbuch llI No. 202, Anm.) beurkunden
Schultheiss, Bürgermeister und Rat der Stadt Villingen, dass vor Zeiten
ihre Vordem mit den Grafen Cunrat‚ Johanns und Heinrich von
Fürstenberg, Gebrüdern sel„ von deren Zolls wegen zu der Neuenstatt
übereingekommen sind, wie der versiegelte Brief ausweist, den sie
darüber haben und dessen Bestimmungen wiederholt worden. ‚Geben uf den
nechsten zinstag nach dem achtenden tag zu Ostern 1429.“
Etwas Neues bringt somit diese Urkunde nicht, sie nimmt lediglich Bezug
auf den Vertrag vom Jahre 1340 (Fürstenbergisches Urkundenbuch IV S.
106) und wiederholt auch dessen Zollsätze. Ebensowenig Neues wird
gebracht durch einige weitere Dokumente des 15. Jahrhunderts
(Fürstenbergisches Urkundenbuch lV S. 132.), die sich hauptsächlich auf
die Strasse durch die Ura beziehen und nur gelegentlich eine Bemerkung
über das Höllental enthalten.
Ende des 15. Jahrhunderts, im Jahre 1498, fand in Freiburg ein
Reichstag statt, der von allen Seiten zahlreich besucht wurde. Der
Verfasser einer diesen Reichstag behandelnden Schrift (A. Braun, Die
Verhandlungen zwischen Maximilian I. und den Reichsständen auf dem
Reichstag zu Freiburg 1498, Diss. 1898) behauptet, zwischen dem 10. und
18. Juni sei König Max über das Höllental nach Freiburg gezogen. Den
Beweis bleibt er indessen schuldig und ist diese Behauptung jedenfalls
mit Vorsicht aufzunehmen, wenngleich ihre Richtigkeit keineswegs
ausgeschlossen ist. Mir ist jedoch ausser dieser Notiz nichts diesen
Punkt betreffendes aufgefallen.
Mit dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts treten wir zunächst in die
Periode der verschiedenen Bauernaufstände ein, die hauptsächlich in den
Jahren 1524-26 statt hatten; in dieser Zeit haben wir aber bereits eine
Verwendung des Höllentales für - wenn auch unbedeutende - strategische
Operationen, weshalb wir darauf auch erst im folgenden Abschnitt
eingehen wollen, der die strategische und wirtschaftliche Bedeutung des
Höllentales während des 16. und 17. Jahrhunderts würdigen soll.
Um nun über die bisher betrachtete Periode vom 14. bis zum 16.
Jahrhundert in Beziehung auf die Verkehrsverhältnisse des Höllentales
ein abschliessendes Urteil zu geben, so lässt sich da etwa folgendes
sagen: Es lassen sich zwei Perioden unterscheiden, die eine bis nach
1340, die andere etwa von 1340 die Folgezeit. In der ersten sehen wir
die beiden Strassen als Handelswege noch in einer Weise miteinander
konkurrieren, dass jedenfalls noch jahrelang nach dem oben erwähnten
Zollvertrag von 1340 es eine offene Frage war, wie diese Konkurrenz
enden sollte. In der zweiten Periode müssen wir aus den bereits
angeführten Ursachen einen Rückgang unseres Höllentalweges als
Handelsstrasse verzeichnen, einen Rückgang, der aber niemals zum
völligen Aufhören auch nicht des Transitverkehres auf dieser Strecke
geführt hat. Immerhin sagt der Umstand, dass wir aus der beinahe ein
Jahrhundert betragenden" Zeit von 1429-1524 keine irgendwie
erheblicheren Nachrichten über das Höllental haben, jedenfalls soviel,
dass wir auch keinen Aufschwung der dortigen Verhältnisse konstatieren
können, denn ein solcher hätte doch wohl irgenwie in den ziemlich
zahlreich auf uns gekommenen Urkunden Ausdruck gefunden.
Mit dem Jahre 1524, in welchem ja im südlichen Schwarzwald bereits
revolutionäre Bewegungen den grossen Bauernkrieg des kommenden
Jahres ankündigen, können wir, wie bereits gesagt, einige kriegerische
Bewegungen unter - wenn auch bescheidener Verwendung des
Höllentalpasses nachweisen. Die Beilage zu einem Schreiben des
Freiburger Rates an die Nachbarstadt Villingen vom 6. Dezember
1524 (Schreiber, Der deutsche Bauernkrieg. Gleichzeitige Urkunden I No.
94) gibt uns davon wie folgt Kunde: „Lieben Fründt. In dieser Stund ist
uns wahre Warnung und Kundschaft komen, dass die Purn uff der
Falcensteiner Steig zusammenlaufen. Uff was anschicks, mögen wir nit
wissen, wollens Uech aber nit verhalten. Datum uf Nicolai umb die andre
Stund Nachmittag.“ – Dass die aufständischen Bauern aus der Gegend auf
der Falkensteiner Steige, d.h. am unteren Teil des Höllentales,
zusammenlaufen, lässt sich doch wohl mit einiger Berechtigung bereits
eine kriegerische Aktion nennen. Um diese Zeit war aller Aufmerksamkeit
infolge dieser und anderer Truppenbewegungen dem Schwarzwald und der
Baar zugewandt, und man sah allgemein dem Herabsteigen der Bauern durch
das Höllental entgegen, und insofern war die „Wahre Warnung und
Kundtschaft“ wohl berechtigt. Doch sollte die Befürchtung der
Freiburger diesmal noch eine verfrühte sein: Die Gotteshausleute von
St.Blasien und ihre Anhänger wandten sich dem Münstertale zu und fielen
am 11. Dezember in das Benediktinerkloster St.Trudpert ein. Es hatte
sich eigentlich überhaupt die ganze Umgebung des Höllentales um diese
Zeit der Bauernbewegung angeschlossen und es ist so wohl anzunehmen,
dass in diesen Monaten manche, wenn auch kleinere Züge durch das
Höllental gingen, wenn uns auch die Chronisten nichts davon zu
berichten wissen.
Im April des folgenden Jahres hatten sich die kurz vorher noch
zerstreuten Bauernhaufen im Hegau und Kleggau sowie der Schwarzwälder
Haufe wieder gesammelt und drohten, in den Breisgau zu ziehen. Aus
dieser Zeit haben wir ein Schreiben des Freiburger Magistrats an die
Regierung in Ensisheim vom 11. April, wo es in einem eingelegten Zettel
(Schreiber a.a.O. II No. 176) folgendermassen heisst: „Gnädige Herren.
In dieser Stundt sind uns Kundtschafft kommen, dass die Purn mit dem
Hufen zu der Neuwenstatt zuzogen und willens sind, für und für herab zu
rügcken. Darumb schicken Euch darin mit Reissigen und Anderen, damit
disem bösen Fürnehmen begegnet mög werden. Und verlassen uns nit. Das
wollen wir uns zu Uech versehen; wir sorgen, das sie ein Verstand im
Land haben. Datum ut in litteris [11. April].“ Die Bauern standen
vorher in der Gegend von Bonndorf; wenn sie nun nach Neustadt ziehen
und ihre Absicht ist „für und für herab zu rügcken“, so konnte dieser
Marsch nach der Niederung eigentlich nicht gut anders als durch das
Höllental geschehen; ein anderer Weg ist in diesem Falle nicht wohl
anzunehmen. Es erfolgte dann allerdings dieser Zug nicht, da die Bauern
unerwartet abschwenkten und Hüfingen wegnahmen, das ihnen von der
Bürgerschaft ohne Zwang übergeben wurde; immerhin aber ersehen wir aus
der zitierten Quelle, dass mit der Möglichkeit eines Marsches der
sämtlichen da versammelten Bauernhaufen durch das Höllental stark
gerechnet wurde.
Aus einem zwei Tage später erfolgten Berichte der Freiburger an die
Ensisheimer Regierung vom 13. April dagegen haben wir wieder ein
unbestreitbares Zeugnis für die Verwendung unseres Tales in den Wirren
des Bauernkrieges. Es heisst da am Anfang des betreffenden (Schreiber
a.a.O. II No. 176) Schriftstückes: „Uff den heutigen Tag Sind wir
bericht, dass die Purn aber zusammenlaufen uff Falcensteiner Steig.
Warum das geschah, mögen wir nit wissen; der ander Huff soll für
Hüfingen gezogen sein‚ das selbst zu ihrem Willen zu nödten –„ u.s.w.
Wie wir oben gesehen haben, ist Hüfingen auch entsprechend „genötedtet“
worden.
Zwar findet sich ausser den schon erwähnten. keine weitere authentische
Urkunde über die Rolle die das Höllental in dieser Zeit gespielt hat,
aber es gibt noch eine ganze Reihe verschiedener Gelegenheitem bei
denen wir eine Verwendung desselben wohl anzunehmen berechtigt sind. In
dem schon erwähnten Werke über den Bauernkrieg von Schreiber finden
sich u. a. auch zwei Berichte von Freiburg und St.Blasien. aus denen
hervorgeht, dass das Kloster St.Blasien in den Wirren des Bauernkrieges
seine Schätze zur Aufbewahrung in das sichere Freiburg schickte. Ueber
den Weg, den dieser Transport, der doch wohl unter starker Bedeckung
ausgeführt wurde, genommen hat, ist an dieser Stile nichts angegeben,
doch erscheint der Höllentalpass für einen Transport aus St.Blasien als
der gegebene Weg, um nach Freiburg zu gelangen. Es dürfte dann wohl
später, als Anfang 1525 der Schwarzwälder Haufe und die andern in der
Gegend befindlichen Bauernscharen sich der Stadt Freiburg näherten, um
sie schließlich, wenn auch gezwungen, auf ihre Seite zu bringen, das
Höllental dabei eine Rolle gespielt haben, wenn wir auch nicht des
näheren darüber berichtet sind.
Die bescheidene Rolle, die das Höllental im Bauernkriege als
Durchgangsstrasse gespielt hat, erklärt sich einmal daraus, dass
überhaupt in dieser Gegend – abgesehen von der Einnahme Freiburgs durch
die Bauern – bedeutendere Aktionen nicht stattgefunden haben, sowie aus
der immer wieder zu betonenden Unmöglichkeit, bei allem damaligen
Zustand des Weges größere Heeresmassen – zumal Reiterei oder Geschütz‘1
c ' sieren zu lassen. m! 0 er Geschütz - hier passieren zu lassen.
Haben wir so das Höllental in der Zeit des Bauernkrieges eine - wenn
auch recht geringfügige – Rolle spielen sehen, so sind wir nun, wenn
wir uns die Verwendung des Höllentalpasses als strategische
Durchgangstrasse in Auge fassen, wiederum genötigt, ein ganzes
Jahrhundert weiter zu gehen, bis wir im dreissigjährigen Kriege wieder
authentische Berichte über Durchzüge durch das Höllental antreffen. Es
wäre wohl zu verwundern, wenn in den mancherlei, meist lokalen Wirren,
die dieses Jahrhundert anfüllten, nicht auch das Höllental gelegentlich
als Durchgang wäre genützt worden, indessen findet sich, wie bereits
gesagt, nach dieser Seite hin in den gleichzeitigen Geschichtsquellen
nichts verzeichnet.
Ehe wir jedoch zur Geschichte des dreissigjährigen Krieges übergegen,
ist noch einer Quelle zu gedenken, die für die Zeit vom Bauernkrieg bis
zum dreissigjährigen, d. h. für eine Zeit, über die uns andere Quellen
nicht zu Gebote stehen, recht schätzenswerte Notizen liefert. Es sind
dies die bereits eingangs erwähnten Freiburger Missivbücher, von denen
eine stattliche Reihe im Freiburger städtischen Archiv aufbewahrt wird.
Es sollen hier die Resultate der Auszüge von zweien derselben aus der
Mitte des 16. Jahrhunderts mitgeteilt werden, weniger in der Meinung,
als ob sich wesentlich Neues für die Geschichte des Höllentales aus
diesen Missivbüchem ergäbe, als vielmehr, um auch für diese Zeit den
Beweis zu erbringen, dass das Höllental immer seine bescheidene Rolle
als Verkehrsweg neben den übrigen gespielt hat. Die hier gewählten
Ausschnitte liessen sich in beliebiger Menge durch solche aus den
übrigen Missiven dieses Jahrhunderts vermehren, doch wird das
Mitgeteilte zur Charakteristik der damaligen Zustände völlig genügen.
Wir lassen zunächst ein Schreiben der Freiburger an den Markgrafen Karl
von Baden folgen, den ersten Bericht, der sich aus dieser Zeit findet.
Die Verhältnisse sind darin ziemlich klar geschildert und geben wir ihn
deshalb wörtlich wieder:
An Markgrafen Carlen von Baden (Das erst angeführte Missivbuch von den
Jahren 1552 bis 1559, und das zweite von den Jahren 1560-1568 liegen in
dem städtischen Archiv zu Freiburg. Der erste Bericht nebst Anhang sagt
Fol. 3 ff. ). Durchlauchtiger, wohlgeborener Fürst, gnädiger Herr, E.
F. G. seien unsere gutwilligen Dienste zuvor. Demnach die Strasse über
Wald und namentlich im Falkensteiner Tal so rauh und bös, dass die
Fuhrleute, so solche mit Wein und allerlei Waren viele Jahre
gebrauchen, nun eine Zeit her dieselbe fest und stark gemieden und
andere Strassen gesucht, und das, wie wir erachten können, von wegen
der schweren Kosten, die sie der Absätze und Mietens, der beiden
Steigen halber, haben und leiden müssen, welche Kosten dann in diesen
teuern Zeiten, wie andere Dinge auch aufgestiegen - sind des
wohlgeborenen, unseres gnädigen Herren Graf Friedrich von Fürstenberg,
Werdenberg und Heiligenberg Gesandte, desgleichen auch unsere
Verordneten und der edel vest Hanns Jacob von Landeckh deshalb jüngst
zu Kilchzarten beieinander gewesen, uns verglichen, welcher massen die
Fuhrleute hinfür und bis auf weitere Tagsatzung mit dem Mietlohn
gehalten werden sollen, dabei aber soviel befunden, wo diese Strasse
abgehen und nicht mehr gebraucht werden sollte (wie dann geschieht),
dass es dieser ganzen Landesart, besonders auch E. F. G. und Ihren
Untertanen am Kaiserstuhl und oberen Gebirge zu merklichem Schaden,
Nachteil und Verderben gereichen würde, dann dieweil die Strasse so
etwann vor Jahren durch E. F. G. Herrschaft RötteIn bei Weil
durchgegangen, von denen von Basel verschlagen worden, dass die nicht
mehr gebraucht werden mag, und die Fuhrleute, so solche Strassen
gebraucht, jetzt alle durch Basel, und also gar einen weiten Umschweif
und Umweg fahren müssen, so nehmen sie andrer Strassen für sich, kaufen
und laden ihren Wein und andere Waren an andern Orten denn dieser
Landesart, damit sie diese Strasse meiden mögen, - jene von der
schweren Unkosten wegen, die sie mit den Absätzen und der Mieteleiden
müssen, - und diese wegen des weiten Abwegs und Umschweife halben, dass
also der gemeine arme Bauersmann im Land seinen Wein und anderes,
dessen er sich ernähren muss, nicht vertreiben kann, dadurch dann auch
den Obrigkeiten die Zölle und Gefälle nicht wenig geschmälert und
gemindert werden. Nun haben wir aber auch so viele Berichte empfangen
und befunden, dass die angeregte Strasse und Steige im Falkensteiner
Tal wohl und der massen gebessert werden möchten, dass die Fuhrleute
der Absätze und Mietens enthoben und entladen würden, dessen nicht mehr
bedürften und demnach solche Strasse um soviel desto unbeschwerter und
lieber gebrauchten, welches aber nicht ohne Kosten geschehen mag,
deshalb verabschiedet werden, dass zu ehester Gelegenheit ein anderer
Tag benennet und auf demselben geratschlagt werden soll, wie und
welcher massen die Besserung der angeregten Strasse und Steige an die
Hand genommen, und dass aber hinzwischen E. F. G., sodann die
wohlgeborenen, unsere gnädigen Herren, Johann Christoff Freyherr zu
Valkenstein, Herr Anthon Freyherr zu Stauffen und die Stadt Breisach,
indem die und deren Untertanen solches gleich sowohl als uns
berühren wolle, von uns im Namen, ihrer und unser um Hilfe und Beistand
auch angelangt, werden sollen; derwegen und solchem Abschied
Vollziehung zu tun so ersuchen E. F. G. wir hiemit dienstliches
Fleisses, Sie wollen in Bedacht, was Ihren F. G. und deren Untertanen
mit der Zeit hieraus erfolgen, mag, sich mit uns und den andern zu
Hilfe und Steuer zur Besserung der mehrerwähnten Strasse und Steige ,
gnädiglich einlassen und zu künftigen Tagen, so darum ernannt werden,
insgesamt verordnen, dass die, selben mitsamt den andern und uns
ratschlagen und schliessen helfen, wie und welcher massen solche
Besserung vorgenommen werden möge, auch uns hierüber E. F. G. Willens
und Gemüts unmittelbar dieses schriftlich verständigen, uns demnach
weiter der Gebühr zu halten wüssten. Das meinen wir uns um E. F. G.
hinwieder gutwillig zu verdienen.
Datum: Januar 1552. E. F. G. gutwilliger
Statthalter des Bürgenneisteramts und der Pfalz
der Stadt Freiburg im Breissgau.
Dem durchlauchtigen, hochgeborenen Fürsten und Herrn, Herrn Karlen,
Markgraven zu Baden und Hochberge u. s. w. -, unserem gnädigen Herrn.
In simili forma doch mutatis mutandis an Herrn Johann Christoffen von Falkenstein und Herrn Anthonien Freyherren zu Staufen.
Eines Kommentars bedarf dieser Bericht bei seiner Ausführlichkeit wohl
nicht. Verfasser glaubte ihn jedoch trotzdem vollständig hier
wiedergeben zu sollen, weil die Lage der Dinge darin sehr genau
geschildert ist. Im folgenden nur kurze Inhaltsangabe ähnlicher
Berichte:
An Breysach. Strass Im Valkenkensteiner Thal. Dieses Schreiben hat
denselben Inhalt, wie das eben angeführte Missiv an Herzog Karl von
Baden.
An die Fürstenberger Ober-Amtleute. Valkensteiner Strass. Einladung an
dieselben zum Besuch eines in Kilchzarten stattfindenden Tages, um die
Besserung der Falkensteiner Strasse zu beraten.
Datum: 29. Februar 1552.
An Hanns Jacob von Landeckh.
Derselbe Inhalt, doch mutatis mutandis.
Datum: 10. Februar 1552.
An die Fürstenbergischen Ober-Amtleute.
Valkensteiner Strass.
Bitte an dieselben, sich darüber zu äussem, ob der Fürst von
Fürstenberg sich dem Vorgehen der übrigen Anlieger in Bezug auf die
Ausbesserung des Weges anschliessen wird, mit der folgenden Begründung:
„Dieweil Ir dann wissen, das der costen vergebenlich angewendt, wo der
weg für Neuenstatt zu nit auch gebessert würde.“
Datum: 11. März 1552.
An die Fürstenbergischen Oberamtleute.
Valcensteiner Strass und Steig
Bitte an dieselben um schleunige Nachricht, ob der Fürst sich
vielleicht entschliesst, den Weg auf Neustatt zu aufzubessern, da die
Fuhrleute ständig Klage führen. Datum: 19. September 1552.
An den Fürstenbergischen Rentmeister.
Besserung des Wege im Valcen steiner Thal.
Einladung an den Rentmeister des Fürsten zu einem Tag in Neustatt, um über die Besserung des Wegs zu beraten.
Datum: 15, Juni 1553.
An die Fürstenbergischen Amtleute.
Valcensteiner Strass.
Bitte an dieselben, die Falkensteiner Strasse, soweit sie durch das
Fürstenbergische Gebiet geht, ihrem Versprechen gemäss auszubessern,
damit endlich die Klagen der Fuhrleute aufhören, und diese nicht
Ursache haben, andere Strassen aufzusuchen. Datum: 27. April 1554.
An Hanns Jacoben von Landeckg.
Zoll uff der Falkenstainer Steig.
Klage des Freiburger Magistrats über einen Fall von Ueberforderung von
seiten des von Hans Jacob von Landeck aufgestellten Zollwächters auf
der Falkensteiner Strasse.
Datum: 3. Januar 1556.
An Hanne Jacoben von Landecke.
Freiburg und Hanns Jacob von Landeck wollen ihre
Meinungsverschiedenheiten über den „Zoll auf der Falkenstaig“ in einer
freundnachbarlichen Besprechung gütlich beizulegen suchen. Einladung zu
derselben.
Datum: 3. Juni 1558.
Dies sind alle Notizen über das Höllental, die sich in dem Missivbuch
Freiburgs von 1552-1559 finden ‚ wir gehen nun zu den folgenden über,
das die Jahre 1560-1568 behandelt. Hier finden sich bedeutend weniger
Berichte, die sich direkt auf unsere Strasse beziehen.
An die Fürstenbergischen Amtleute zu Ysingen
Strass durch das Falkenstainerthal.
Ersuchen der Freiburger an dieselben endlich den früheren Abmachungen
gemäss die Strasse, soweit sie durch ihr eigenes Gebiet führt,
auszubessern, da das von Seiten der anderen Anlieger schon geschehen
sei.
Datum: Den letzten April 1562
An Görge von Blumenecke
Falkenstainer Zoll.
Der von Blumeneck nimmt gewisse Zollfreiheiten auf der Falkenstainer
Strasse für sich in Anspruch und bezeichnet sie den Freiburgergern
gegenüber als ihm verbriefte Rechte; diese aber, die der Sache doch
nicht so ganz trauen, möchten gerne die darüber gefertigten Urkunden
oder doch beglaubigte Abschriften derselbe sehen. Ersuchen um
Uebersendung derselben zwecks Nachprüfung.
Datum: 9. November 1562.
Weitere Notizen finden sich über die Falkensteiner Strasse in diesem
Missivbuche nicht, dagegen des öfteren ähnliche Berichte wie die hier
angeführten über den „Hohlen Graben“, so z. B. einer, der durch
verschiedene Momente interessant, wenn auch nicht direkt zu unserem
Stoffe gehörend, so doch auszugsweise hier mitgeteilt sein mag:
An Villingen.
Strass über Waldt
Die Villinger haben die Lust verloren, die alte Strasse über den
„Hohlen Graben“ an der Wagensteige herunter auszubessern und haben den
Freiburgern den Vorschlag gemacht, diese Strasse ganz eingehen zu
lassen und von St.Märgen aus in anderer Richtung weiterzuführen.
Dagegen verwahren sich die Leute von St.Märgen unter Anführung
folgender Gründe: „Es sei nicht genügender Platz vorhanden, dass man
auch einen Nebenweg haben könne (und es sei ja unbedingt notwendig,
zusamt dem rechten Fahrweg auch einen Nebenweg zu haben) und es würden
ihnen nicht nur ihre Güter, von deren Ertrag sie leben müssten, zum
Teil verwüstet. Sondern sogar weggenommen. Diesen Klagen gab denn
Freiburg auch Folge unter Hinweis darauf, dass die ältere Strasse d.h.
die über die Wagensteige, mit den halben Kosten, die für die völlige
Neuschaffung einer Strasse aufgewandt werden müssten, wieder
vollständig ausgebessert werden könne. Schliesslich erbieten sich die
Freiburger dazu, einen Tell der Kosten, die durch die Ausbesserung der
Wagensteigstrasse entstehen, zu tragen.
Datum: 17. September 1566.
Dieser Bericht ist vor allem dadurch interessant, dass man daraus
ersieht, in welcher Weise die damaligen Strassen zu stande kamen, resp.
nicht zu stande kamen. Wenn, wie von Villingen geplant war, die Strasse
von St.Märgen aus eine andere Richtung bekommen hätte, so wäre das an
sich ein Vorteil gewesen, aber die Herren scheuten die großen Ausgaben,
und das merkt man auch den Berichten über die Falkensteiner Strasse an.
Wie bereits hervorgehoben, erfahren wir durch diese Berichte der
Freiburger Missivbücher nichts wesentlich Neues. Obgleich aus dieser
Zeit uns weiteres Quellenmaterial nicht vorliegt, glaubte der Verfasser
sich auf die mitgeteilten Exzerpte beschränken zu sollen. — das bisher
Dargelegte wird genügen, um an dem Beispiel des Höllentales ein
anschauliches Bild der Verkehrspolitik jener Tage zu geben.
Gehen wir nunmehr zur Geschichte des dreissigjährigen Kriegs über, so
finden wir die erste Notiz über eine militärische Benutzung des
Höllentales im Jahre 1633, und zwar haben wir aus diesem Jahre zwei
verschiedene Züge vermerkt. Der erste fand im Januar 1633 statt und
handelt es sich bei diesem Durchmarsch nach dem Theatrum Europaeum,
dessen Bericht wir hier wörtlich wiedergeben, um folgendes: „Er
(Feldmarschall Horn) ist alsofort stracks uff Freyburg in Breissgau
zumarschirt. Selbige Stadt, hat sich alsobald accomodirt l undt den
19ten Dec, den Schwedischen Feld-Marschall ohne einigen Vergleich undt
Accord einziehen lassen l dafür ihnen hernach 30 000 Gulden abgefordert
worden.
Nach dem er nun allda allerhand Ordre undt gemacht | ist er darauf zu
Ausgang des Christmonats auf Neustatt in Schwartz-Wald l undt also
fortan in Schwaben geruckt: Davon wir an seinem Orth fernere Meldung
thun wollen.“
Diese „fernere Meldung“ finden wir in dem folgenden Bande des oben
genannten Geschichtswerkes, wo allerdings ohne genauere Angabe des
Weges, nur heißt:
„Die in Brysach haben dieser Zeit mehr Lufft bekommen, dann nach dem
der Schwedische General-Feld-Marschalk Horn alle umbliegende Oerther
umb Brysach her eingenommen l undt in seine Gewalt gebracht gehabt |
also damit Brysach umbzirkelt und gleich plocquirt gehalten, dass sie
sich weder regen noch wegen können noch dörffen | undt aber nunmehr mit
einem ansehnlichen Läger den Schwäbischen Kraiss wider die Kayserlichen
über Rhein gesetzt | undt naher dem Schwartz-Wald | und fürters naher
dem Schwabenland gezogen; auch Herr Rheingraff Ott-Ludwig u. s. w. u.
s. w. –„
Diese zweite Stelle haben wir nur des Vermerke bei der ersten halber
hier angeführt; was über den Weg gesagt ist, lässt sich nur aus der
ersten Stelle entnehmen. Auch hier ist die Benutzung des Höllentales
nicht ausdrücklich angeführt; aber es ist eine solche wohl anzunehmen,
wenn auch der Weg über die kalte Herberge hätte genommen werden können.
Für eine Benutzung des Höllentales bei diesem Zuge spricht sich auch N.
Schleicher aus, der auf S. 31 des hier in Frage kommenden Werkes‘ sagt:
„Um diese (nämlich die Schweden bei Augsburg und an der Donau) zu
unterstützen, und auch Württemberg vor einem feindlichen Einfall zu
sichern, unterbrach Horn seine Eroberungen im Elsass, überschritt
wieder den Rhein und wendete sich über Freiburg, das nebenbei erobert
wurde und 30 000 fl. Brandschatzung zahlen musste, durch das Höllental
nach Schwaben (In den ersten Tagen des Janua 1633).“ Die
Wahrscheinlichkeit einer Benutzung des Höllentales dürfte in diesem
Falle eine sehr grosse sein.
Der zweite bedeutendere Zug durchs Höllental während des
dreissigjährigen Kriegs hatte im November desselben Jahres statt,
und berichtet uns B. Ph. von Chemnitz (Königlichen Schwedischen I In
Teutschland I geführten I Krieges I Ander Theil I Stockholm 1653,
S.254-255) hierüber sehr ausführlich wie folgt:
„Wandten Sie (nämlich der Duca di Feria und Altringer) also sich in
gesambt gegen Freyburg I undt logirten ein zeitlang oberhalb selbiger
Stadt gegen Stauffen zu: Daher der Königl.-Schwedische Feld-Marschalck
gemutmasset I dass sie ihre marche übern Schwarztwald nehmen möchten;
dem ansehen nach I entweder ins Wirtenbergische durchzudringen I oder
gar in Bayern auf Hertzog Bernhardt zugehen. Weil er aber gleichwohl
besorget I der Feind möchte ein solches Stücklein I wie er mit Brisach
practiciret I auch in Philipsburg im sinne haben I als avancirte Er I
auf das er von des Feindes vorhaben desto bessere Kundtschafft überkeme
I bloss mit der reuterey bis nach Emmendingen I zwo Stunden von
Freyburg I undt liess das Fusvolck I bis auf einkommende fernere
Kundtschafft I im alten quartier Herbotzheim liegen: Umb sich nach dem
Feinde zurichten I ob Derselbe irgend durch eine finte Ihn zu weit der
orten ab in den Schwarzt-Wald ziehen I undt alsdan hinter Ihm I lngst
dem Rhein herab I in die Unter-Pfaltz auf Philipsburg zu I durch
brechen wolte. Da er nun erfuhr das der Feind nach der Besatzung deren
im Brisgor occupirten kleinen örter I mit dem gantzen gros I durch das
Kirch-Zacherthal nach Schwaben marchiret I lies Er den zehenden
Wintermonat I (10ter November) nachdem die Cavalleri dae tags zuvor
aufgebrochen I sein beyhabendes fusvolck sambtlich durch das
waldkircher und die pagage durch das Kintzinger thal übern
Schwartz-Wald gegen Rottweil fortgehen (11ter November) u.s.w. u.s.w.-
Wiederum findet sich auch hier keine ausdrückliche Nennung des
Höllentales, doch ist aus der Lage von Kirchzarten, verbunden mit der
Kenntnis der Marschrichtung, die, da Altringer und der Herzog von Feria
nach Schwaben zogen, im allgemeinen eine östliche gewesen sein muss,
wohl die Identität des Höllentales mit dem „Kirchzacherthale“ zu
schliessen. Allerdings geht, wie ein Blick auf die Karte lehrt, von
Kirchzarten ein kleines Seitental ab, doch ist die Annahme der Passage
durch dieses Seitental, das noch schlechtere oder womöglich gar keine
Strassen hatte, bedeutend unwahrscheinlicher als die unsrige, wenn auch
nicht zu leugnen sein wird, dass dieses Seitental in erster Linie den
Namen „Kirch-Zacherthal“ verdient.
Ein weiterer Beleg für die Wahrscheinlichkeit unserer Ansicht ist eine
- allerdings ziemlich willkürlich aufgegriffene - Notiz, die wohl auf
eine Urkunde mit der entsprechend ähnlichen Bezeichnung zurückgeht. Es
heisst in dem betreffenden Aufsatze (H. Maurer, Martin Malterer von
Freiburg in der Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der
Geschichts, - Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und
den angrenzenden Landschaften VI, 2): „Am 21ten Januar 1356 verkaufte
nämlich Frau Anna, des Burghard Mainwart sel. Wittwe zu Freiburg mit
Einwilligung . . . ihren Anteil an der Burg Falkenstein im
Kirchzartener Thal.“ Falkenstein liegt nun aber am Eingang des
Höllentales und scheint so „Kirch-Zartener-„Thal“ nur eine andere
Bezeichnung für „Höllental“ zu sein.
An dieser Stelle mag auch hervorgehoben werden, dass es dem Verfasser
nicht gelungen ist, zu finden, wann zuerst die Bezeichnung „Höllental“
aufgekommen ist; aus den bisher angeführten Urkunden ergeben sich immer
andere Bezeichnungen. Zum ersten Male hat der Verfasser die Bezeichnung
„Höllental“ in der ‚Historie Nigrae Silvae“ des Fürstabts Gerbert von
St.Blasien gefunden, doch ist sie jedenfalls bedeutend älter.
Die Ansicht, dass im Jahre 1633 ein Zug durchs Höllental stattgefunden
habe, findet sich auch von Ph. Ruppert vertreten, der in seinem
Aufsatze über „Die Kriegsereignisse im Breisgau von 1632-1635 und die
erste Belagerung Breisachs“ auf S. 305 (Zeitschrift der Gesellschaft
für Beförderung der Geschichts- u. s. w. kunde VI, 2.) sagt, Horn habe
die Kunde erhalten, dass die Kaiserlichen am 22. November das Höllental
hinauf auf den Schwarzwald gezogen seien. Damit entscheidet sich
Ruppert für die Zeitangabe Mallingers, auf dessen Bericht wir gleich zu
sprechen kommen werden. An dieser Stelle aber lassen wir die Frage der
Zeit des Aufbruchs der Kaiserlichen offen. Ueber den ganzen Zug sagt
Mallinger (Thomas Mallingers Tagbücber von 1613-1660 in C. J. Mone,
Quellensammlung der badischen Landesgeschichte II.) unter dem Datum des
22., 23. und 24. November 1633 nur folgendes: „22, 23. wie auch 24. ist
dass Burgundische, auch das Spanische Volck hinwegk über den
Schwartzwald gezogen.“ Wir erfahren somit auch hieraus nichts Näheres
über den Weg, den die Kaiserlichen genommen; die Mallingersche Notiz
ist nur wegen der Differenz mit dem Theatrum Europaeum in Bezug auf das
Datum der Begebenheit von Interesse. Aus dem folgenden Jahre – 1634 -
weiss Mallinger von einem Zuge der Württemberger über Freiburg gegen
Süden zu berichten, sowie in der ferneren Zeit von verschiedenen
kleineren Unternehmungen die sich mehr oder weniger in der Nähe des
Höllentales abspielen, doch wird dieses selbst nirgends ausdrücklich
genannt.
Im Jahre 1638 wurde ein energischer Versuch zur Besserung der
Verkehrsverhältnisse im Höllentale gemacht: Die Franzosen schickten
2000 Mann zu Fuss und Ross in die Falkensteige, um hier durch
Sprengungen und sonstige Einebnungen den Weg auch für Reiterei und
Geschütze besser passierbar zu machen (Mone, Quellensammlung II, 587.).
Der Erfolg war nur gering, da der Pass bald von den Bauern der Umgegend
wieder verbauen wurde. Ausserdem wurde der Weg auch oft durch
Hochwasser zerstört und war so schwieriger zu unterhalten als die
inzwischen verbesserte Simonswälder Talstrasse.
Im Jahre 1640 machte, wie Prof. Neumann (Dr, L. Neumann, Führer auf der
Exkursion Freiburg - Donaueschingcn am 26. September 1901 u. s. w.)
angibt, Kanofsky von Freiburg aus einen Raubzug nach Neustadt. Als Weg
kann ja hier nur der über das Höllental in Betracht kommen. doch ist es
dem Verfasser nicht gelungen, hierüber etwas Näheres zu finden; weder
in dem Missivbuch noch in den Ratsprotokollen von Freiburg findet sich
dieser Zug geschildert.
Auch aus dem Jahre 1644, wo sich ja der Kampf ziemlich um Freiburg
konzentrierte, ist über eine militärische Benützung des Höllentales gar
nichts Sicheres zu berichten. Allerdings fanden ja in diesem Jahre
verschiedene Züge Turennes und Mercys in der Gegend des Höllentales
statt, aber deren Marsch ging jeweils über den „Hohlen Graben“, der um
diese Zeit auch verschiedene neue Befestigungen erhielt. Somit scheint
die Rolle, die der Höllentalpass im dreissigjährigen Kriege spielte,
mit dem Jahre 1640 beendigt zu sein.
Damit ist eigentlich auch die Aufgabe erledigt, die sich der Verfasser
gestellt hat, nämlich den Nachweis zu führen, dass auch in früherer
Zeit - vor Marie Antoinettes Durch- und Moreaus Rückzug - das Höllental
vom kriegerischen und friedlichen Verkehr, wenn auch in geringerem
Umfange als die andern Pässe des südlichen Schwarzwaldes, als
Durchgangsstrasse in Anspruch genommen wurde.
Zum Schlusse sei jedoch noch mit einigen kurzen Worten auf die weiteren
Ereignisse hingewiesen, die mit dem Höllentale in Verbindung stehen.
Bei dem mehr historischen Charakter dieses Aufsatzes verbietet sich ein
näheres Eingehen auf die rein technischen Verbesserungen, weshalb diese
in der Folge nur kurz genannt werden mögen. Die historischen
Ereignisse, die sich in der neueren Zeit im Höllentale abspielten, hier
näher zu beleuchten, liegt nicht in der Absicht des Verfassers. Sie
sind allgemein bekannt und schon von berufenerer Feder beschrieben.
Im 17. Jahrhundert wäre allenfalls noch der Einnahme Freiburgs durch
die Franzosen im Jahre 1677 Erwähnung zu tun, als eines Ereignisses, in
dessen Verfolg eine Verwendung des Höllentales wohl denkbar gewesen
wäre. Es hat sich indessen nichts darüber finden lassen, ebensowenig
anlässlich der erneuten Einnahme Freiburgs im letzten Jahre des
Erbfolgekrieges, im Jahre 1713.
1734 sollte, wie Baer berichtet (F. J. Baer, Chronik über Strassenbau
und Strassenverkehr in dem Grossherzogtum Baden. Berlin 1878. — Dieses
Werk, das neben der technischen Seite auch, wenn auch nebensächlich,
die historische behandelt, kommt für die folgende kurze
Zusammenstellung vorzüglich als Quelle in Betracht.), auf Wunsch
Freiburgs die Höllentalschlucht durch Sprengungen für das weite Geleise
eingerichtet werden. Die österreichische Regierung war aus politischen
Motiven, d.h. aus Furcht vor der Konkurrenz des neuen Weges, gegen
dieses Projekt, obgleich die Breisgauischen Stände dafür eintreten. Die
von Freiburg eingeleiteten Arbeiten mussten 1750 auf Befehl der
österreichischen Regierung eingestellt werden, die Erweiterung der
Strasse in der Hölle wurde sogar förmlich verboten. Wenige Jahre später
trat jedoch infolge der veränderten Situation wegen Neuanlage von
Konkurrenzstrassen eine Schwenkung in der österreichischen Politik ein:
Die Regierung gestattete nicht nur die Fortsetzung der begonnenen
Bauten, sondern sie; forderte sie auch in den Jahren 1754 und 1755 nach
Möglichkeit, um eine Breite von 30 Fuss zu erzielen. Es folgt dann die
am meisten bekannte und umfassende Verbesserung der Strasse anlässlich
des Durchzugs von Maria Antoinette im Jahre 1770.
Moreaus Rückzug durch das Höllental ist das nächste und jedenfalls das
bekannteste Ereignis, das mit dem Namen unseres Tales verbunden ist. Es
ist ja auch in der Tat die einzige militärische Verwendung des
Höllentales in grossem Stile, wenn es auch, wie Verfasser darzustellen
bestrebt war, nicht die einzige und erste überhaupt war.
Auf den modernen Ausbau der Strasse, die Korrektionen und den Bahnbau einzugehen, dürfte wohl nicht am Platze sein.
Ich schliesse mit dem Wünsche, dass die vorstehenden Ausführungen den
von mir erstrebten Nachweis erbracht haben, dass wir in dem Höllentale
wenn auch keineswegs die bedeutendste, so doch mit eine der ältesten
Verbindungen im südlichen Schwarzwnlde zu sehen haben.
Freiburg
im Breisgau. C. A. Wagners Universitäts-Buchdruckerel. Herrn Geh. Rat
G. von Stoesser in dankbarer Verehrung zugeeignet.