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Das erste Brandopfer der Offenburgerei oder die Treibjagd auf dem Lindenberg 
bei St.Peter im Schwarzwald

Ein Hali Halo von J.M. Hägele.

Freiburg im Breisgau. Buchdruckerei von Joseph Dilger. 1869.

 

Schon oft bin ich von Freiburg durch das reizende Kirchzarter Thal dem Höllenthal zugewandert. Fast jedesmal ist mir das ins Volksherz eingedrungene herrliche Lied Uhlands eingefallen:

Droben stehet die Kapelle,
Schauet still ins Thal herab,
Drunten singt bei Wies und Quelle
Froh und hell ein Hirtenknab ! u.s.w.

Hoch und her und doch gar mild und freundlich schauet nämlich leibhaftig vom Schwarzwald herab ein Kirchlein ins Thal und in das unruhvolle Menschentreiben und auf Kirchhöfe. Bin auch schon hinaufgeklettert zum Kirchlein. Immer wards mir als wehe da droben heiligende Sonntagsluft auch am Werktag und als hätten die Glocken einen eindringlicheren Sang als sonstwo. Bin sonst so wenig ein starker Beter, daß man mich deshalb in den dritten Orden nicht aufnahm, als ich mich vor einigen Jahren meldete, natürlich mit Zustimmung meiner gestrengen Regierung, nämlich mit Zustimmung meiner Frau. Wir können in dritten Orden blos Leute des Gebets brauchen (hats geheißen), aus Ihnen wird kein Gebetsmensch. Mag sein. In besagtem Kirchlein jedoch bin ich noch jedesmal im Stande gewesen, all die lumpigen Geschäfts- und schäbigen Weltgedanken wegzuwerfen wie abgetragenen Plunder, und zu beten wie ein ordentlicher Christ beten soll. Besagtes Kirchlein aber heißt Maria Lindenberg, denn es ist der Mutter Gottes geweiht, auch stehen Linden wirklich in der Umgebung, falls ich mich recht entsinne. Dasselbe gehört zur Gemeinde Unteribenthal, liegt etwas 3/4 Stunden von „Eschbe“ und ebenso weit von Sankt Peter, wohin es eingepfarrt ist. Als zu Anfang unseres ebenso gelobten als unsauberen Jahrhunderts der Allerwelts-Haifisch Staat Klöster verschlang und Klostergut bis zum Zerplatzen, da kam die Reihe auch an das Benediktinerstift Sankt Peter und sogar an das Kirchlein auf dem Lindenberg. Die Aufklärungswölfe von damals wußten, wie gerne seit uralter Zeit die Bewohner der weiten Umgegend da beteten. Vermöge ihrer zarten Rücksicht auf das Steuern zahlende und Soldaten liefernde Volk habe sie angeordnet, daß die harmlose Kapelle verwüstet, der Platz eingezäunt und versperrt wurde. Auch hinderten sie den Wiederaufbau. Der katholische Glaube hat zwar gar wenig, aber doch etwas gemein mit Juden und aufgeklärten Handlungsreisenden: wirft man in 99 mal zum Hause hinaus, so kommt er anderswo zum 100stenmal doch abermals herein. Daher rührts, daß im Volke des protestantisch gemachten Norden Deutschlands bis auf diese Stunde unglaublich viel katholische Erinnerungen und Bräuche mehr oder minder unbewußt und unklar fortleben. Und eben daher rührte es, daß die Schwarzwälder den Lindenberg heimsuchten, unter freiem Himmel niederknieend beteten, sogar den unzeitgemäßen Rosenkranz beteten wie der Ururgroßvater und dessen Ururgroßmutter gethan. Ja ihr Herren von der Feder und der Gesetzfabrik ! Es liegt etwas Großartiges und zugleich etwas Furchtbares in der zähen Widerstandskraft des Volkes. Auch hat diese Kraft schon unsäglich viel auferbaut und gut gemacht, was blödsinniger Aufkläricht verpfuscht und zerstört hatte.

In den 40er Jahren, somit unter dem Scepter des edlen, bürgerfreundlichen Großherzogs Leopold, hat man Maria Lindenberg vermittelts freiwilliger Gaben wiederum hergestellt und würdig vollendet. Einige Jahre nachher entschlossen sich einige gottesfürchtige Jungfrauen von Sankt Peter und der Umgegend, ihre Wohnung neben der Kapelle aufzuschlagen. Schon vorher hatten sie gemäß den Lebensregeln der Tertiarier vom s.g. dritten Orden des hl. Franziskus in der Welt gelebt freiwillig in Armuth, Keuschheit und Gehorsam. Jetzt wollten sie gemeinsam Gott dienen. Das regelmäßige gemeinsame Gebet besitzt eine Kraft, wovon die Aufgedunsenheit der neuheidnischen Aufklärung ebenfalls nichts weiß und nichts versteht. Neben der Befolgung der vom Weltheiland selbst gegebenen s.g. evangelischen Räthe wollten sie den Lebensunterhalt sich erwerben durch ihrer Hände Arbeit. Sie sahen aber bald, daß zu diesem Zwecke eine gewisse Ordnung und Regel nothwendig sei. Deshalb schickten sie Zweie aus ihrer Mitte auf den Gubel in die Schweiz, wo viele gleichgesinnte Jungfrauen in Gemeinsamkeit leben, und baten, daß man zwei der dortigen Jungfrauen mit herausschicken möge, damit sie von ihnen unterwiesen würden. Dies geschah, die beiden Mädchen erhielten auf dem Gubel das Kleid der in Gemeinsamkeit lebenden Tertiaierinen und kehrten im Jahre 1858 auf den Lindenberg zurück. Gleich darauf nahmen die Jungfrauen ein gemeinsames Kleid an. Es meldeten sich mehr und immer mehr, so daß jetzt der Lindenberg bei fünfzig Bewohnerinen beherbergt. Ihre Beschäftigung ist Gebet und Arbeit. Sie stehen in ganz früher Stunde auf, verrichten gemeinsam ihr Morgengebet und ihre Betrachtung. Nachdem sie dann der hl. Messe beigewohnt und (wenn Communionstag ist) die hl. Communion empfangen haben, geht Jede an ihre zugewiesene Arbeit. Die Stärkeren besorgen die Arbeit auf dem Feld; die Anderen sind im Haus beschäftigt; Einige müssen kochen, waschen, Andere die Kapelle und Sakristei in Ordnung halten; wieder Andere nähen, verfertigen Meßgewänder. Zwei dieser Jungfrauen sind abwechselnd in der Kirche um den lieben Heiland im hl. Sakrament anzubeten, abzubitten für so viele Schmach und Unehre, die Ihm aller Orten angethan wird, und seinen Segen, Seine Gnade über Kirche, Vaterland, über Fürst und Volk herabzuflehen. Zu bestimmten Stunden beten Alle gemeinsam.

Aber von was leben denn die Schwestern ? Eine derselben hatte in Breitnau einen Bauernhof, der ihr als der einzigen Tochter einer fleißigen verständigen Wittfrau, zugefallen war. Diesen Hof hat sie nun eingetauscht gegen das Bauerngut, welches zunächst bei der Lindenberger Kapelle liegt. Auch hat sie in der jüngsten Zeit noch ein Stück Matten und Wald dazu gekauft. Dieses Gut bebauen nun die Schwestern, und haben es so trefflich in Stand gesetzt, daß es jetzt dreimal mehr trägt, als früher. Auch bringen Mauche, die aufgenommen werden (namentlich Solche, die zur Feldarbeit nicht tauglich sind) Vermögen mit. Daraus ziehen sie nun ihren Lebensunterhalt. Man hat schon gesagt, sie hätten ein sehr großes Vermögen. Allein dies ist nicht wahr. Sie haben eben gerade so viel, daß sie leben können und Niemand zur Last fallen müssen. Sie erfüllen alle ihre Pflichten: zahlen Steuern, Accis, Abgaben, verletzen Niemand, beten für Alle, und sind weit und breit, wo man sie kennt, beim Volke in Achtung und sind beliebt.

Das ist der Lindenberg und so ist der Privatverein für Gebet und Arbeit droben entstanden.  

Dort droben kennt man die liberalen „Freiheitsgesetze“ vom Jahr 1860 auch und darin jenen höchst unfreiheitlichen Paragraphen, der die Aufrichtung von Klöstern ohne Staatsgenehmigung verbietet. Der Lindenberg ist nach katholischen Begriffen so wenig ein Kloster wie ein verheiratheter Tertiarier ein Mönch, gerade deshalb beteten und arbeiteten die Jungfrauen still und sorglos fort. Sie konnten so wenig ahnen als als sonst in katholischen Dingen und in Rechtssachen halbwegs bewanderter Mann, man werde den harmlosen Verein plötzlich als ein „Kloster“ betrachten und als staatsgefährlich behandeln.

Allein „das bestregierte Land jenseits des Oceans“ wird dem Orient immer ähnlicher; dort zu Land gibt es kein bestimmtes Gesetz und überhaupt kein Warum, sondern blos gestrenge Paschas. Unglaubliches ist geschehen und hat das Land und besonders den Schwarzwald und ganz besonders die weite Umgebung des Lindenberges in nicht geringe Aufregung versetzt. Von wegen den sogenannten „Offenburgern“ , deren Lob wir später singen, beauftragte das Ministerium den Oberamtmann in Freiburg, wider den Lindenberg loszufahren. Die Leute staunten nicht wenig, als so ganz und gar unerwartet der „Staat“ in Gestalt des erwähnten Beamten mit Schreiber und Gendarmen erschien. Manche mögen an ein Kapitalverbrechen, an Diebstahl, Mord, Falschmünzerei und dergleichen gedacht haben. Der Oberamtmann erschien und zwar um des humanen Zartgefühls willen am 24. Christmonat, somit gerade am Vorabend des hl. Weihnachtsfestes. Und es ward den erschrockenen Mädchen vorgelesen, auf Befehl des Ministeriums sei ihr Haus auf dem Lindenberg ein Kloster und sie müssen dasselbe verlassen, zweie ausgenommen, nämlich die Eigenthümerinen des Hauses und der umliegenden Güte. Und schon bis 10. Jänner, mitten im Winter, hätten sie auseinander müssen, wenn nicht der Rekurs ergriffen worden wäre.

Solcher Befehl enthält aber nicht blos ein staatliches Christkindlein für die Lindenbergerinen, nein, er ist ein Auchchristkindlein für das Recht und die Freiheit Aller. In ihm liegt eine so peinliche Verletzungdes Hausrechtes, daß im Lande der ehrlich gemeinten persönlichen Freiheit, in England nämlich das ganze Ministerium zum Fallen und der Vollzugsbeamte um sein Brod käme, falls derLindenberg dort stünde. Er erhält eine neue Verletzung des Vereinsrechtes und einen neuen Riß in das Papier des § 18 der badischen Verfassung, der Gewissensfreiheit nicht blos Auchevangelischen, Freimaurern, Juden und Neuheiden gewährleistet, sondern die Gewissensfreiheit Aller.

Vom Minister bis herab zum letzten Angestellten haben Alle geschworen, mit einem Eide geschworen die Verfassung zu respektiren. Auch meine Wenigkeit hat schwören müssen und muß das Geschöpf, welches man Staat nennt, mitätzen helfen z.B. in dem ich sogar meine Schulden versteuern muß, während der Reiche seine Goldrollen um so billiger versteuert, je mehr er deren besitzt. Ferner bin ich von jeher ein Freund des Rechtes und der Volksfreiheit gewesen, allerdings nicht der Freiheit, welche die Liberale oder Freimauer besingen. Auch ist der Lindenberg mir wie fast allen Leuten, welche denselben kennen, ans Herz gewachsen.

Aus diesen Gründen will ich den gehörigen Weihrauch werfen in das Brandopfer, welches Minister Jolly Excellenz den Entwicklungspfuschern der Offenburgerei dargebracht hat. Brandopfer ja ! Am 18. Christmonat 68 die erste und einzige Untersuchung auf dem Lindenberg, am 22. das Karlsruher Erkenntnis, am 24. Veröffentlichung desselben an die Mädchen, sowie in der Karlsruherin, am 27. Jubel darob bei den in Offenburg Versammelten, bald darauf Hindeutung des Residenzblattes auf den Lindenberg als Beweis, Excellez besitze „Energie.“ Wohl mögen die Offenburger Großes und Arges im Sinn gehabt haben, Großes in den höchsten Regionen und Arges gegen die Excellenzen Jolly und v. Beyer u. dgl. Auch haben ihre Preßlakaien entsetzlich viel vom „Volk“ geschrieen und gethan, als ob ganz Baden hinter ihnen, den plötzlich so oppositionell gewordenen Auchvolksfreunden, stünde mit 1000 pfündigen Volksbeschlüssen, im Nothfall mit Spießen und Stangen. Das Ausland hat gehorcht und geschaut, was aus dem kreisenden Berg herauskommen werde. Doch was haben die Herren ausgerichtet ?

In Offenburg haben sie ihren Kredit vollends zurückgelassen. Jahre lang Ja knappen zu Allem und zu noch etwas mehr; - Gesetze zu Ungunsten der Volksmehrheit und insbesondere des Volksgeldbeutels fabriciren; - jahrelang losfuhrwerken gegen Bedürfnis und Willen, gegen das Recht und den Geldbeutel des Volkes; - ferner jahrelang die berechtigten Forderungen der Katholiken verhöhnen und die Kirche systematisch verfolgen; - dann auf einmal nach Offenburg rennen, Mastbürger und Spanner von „Lohr“ und einige Hanauer Bäuerlein zusammentrommeln; - alle eigenen frühern Leistungen verläugnen durch ein Programm, das im politischen Theil schier ultramontan, im kirchenpolitischen maurisch, voll Halbheit und Widerspruch, kurz eben liberal ist; - dann dem Ministerium Jolly den ebenso lächerlichen wie empörenden Vorwurf machen, dasselbe sei gegen die katholische Kirche zu mild; - eine „große und männliche“ That fordern, hinauslaufend auf neue Verfolgung der Kirche; - endlich den seit 1866 beleibten Götzendienst des Bismarckthums aufstecken - nein, das alles ist ein eckelerregendes Treiben. Das Volk ist aufgeklärt, weit aufgeklärter als die Auchvolksmänner von 1848 und 1860 wissen und brauchen können. Sie werdens noch fühlen müssen. Er war nicht schön aber liberal der Tritt, womit Minister Jolly Excellenz den untreu gewordenen Freund Kiefer regalirte. Sofort hat die ganze Heldenschaar mit den Zähnen geklappert vor lauter Tapferkeit und Opferfreudigkeit und hat Reißaus genommen vor aller Welt. Sie hat Reue und Leid abgelegt und ist zum alten Gehorsam zurückgekehrt. Versuche, größere Versammlungen oder gar liberale Vereine zu Stande zu bringen, sind kläglich gescheitert. Es gibt ein freisinniges, aber kein liberales Volk mehr in Baden. Und das freisinnige Volk begreift, gegenüber den 1860ger Freiheitsentwicklern sei „Mißtrauen“ des Bürgers erste Pflicht. Gottlob ! Das Brandopfer auf dem Lindenberg hat gar tröstlich geduftet in den Nasen der Offenburger und aufgejauchzt haben vor Freude Hiramns Söhne, Speckjuden, unduldsame Evangelische ohne Evangelium und auchkatholische Judasse. Aber lieblich hats nicht geduftet, solch Brandopfer dem Volke, am wenigsten dem Schwarzwaldvolk. Es war ein von vornherein überflüssiges Opfer und die Art und Weise sowie die Zeit der Darbringung verletzend ohne Noth. Was es weiter gewesen, will ich auseinandersetzen, so gut § 631a und Kompagnie dies möglich machen.

Ich gehe voran dem Volke zu sagen und mit Gründen und Thatsachen darzuthun:

I.        Warum man den Lindenberg eigentlich aufheben will ?

II.       Weshalb wir ganz andere Dinge abseits geschäufelt wissen wollen und wissen müßen als den Privatverein der Jungfrauen auf dem Lindenberg ?

III.     Warum man den Lindenberg eigentlich aufheben will ?

Schlechte Kirchgänger haben Ausreden für ihre Kirchenschwänzerei, faule Burschen Ausreden für ihre Nichtsthuerei, leichtsinnige Mädchen Ausreden für ihre Tanzwuth und Verliebtheit. An Ausreden mangelt es keinem Dieb und selten einem ertappten Lügner. Auch unsern Klosterstürmern gebricht es nicht an allerlei Ausreden. Doch hinter ihren Ausreden wie hinter allen andern stecken bloß Scheingründe, der eigentliche und wahre Grund wird verschwiegen, mitunter in Folge eines Restes von Scham, dieweil man gar zu schmutzige Wäsche nicht gerne an die Straße hängt.

Somit zuerst die Scheingründe der Lindenbergfeinde !

I. Sie verdrehen die Augen und lispeln: ja, ja, die Schwestern auf dem Lindenberg bilden ein Kloster, Klöster und Orden aber sind laut Gesetz verboten, nur mit Extra Staatsgenehmigung können sie eingeführt werden. Das „Gesetz“ muß man doch halten ! Erwiderung: Wer, ihr Pharisäer der Volksfreiheit, hat denn das Gesetz gemacht, welches Klöster und Orden im Badischen verbietet und was ist das für ein Gesetz ? Antwort: Ihr zumeist habt das Gesetz fabriciert, ihr Offenburger Augensandstreuer. Ihr habt es fabriciert wie ihr zahlreiche andere Gesetze fabriciert habt, nämlich ohne Einklang mit dem ewigen ungeschriebenen Gesetz und ohne Einklang mit der badischen Verfassung, ohne Einklang mit dem Willen und den Bedürfnissen der Volksmehrheit und ohne Einklang mit eueren eigenen Verheißungen und Redensarten. Ihr fabriciert eben nicht so sehr Gesetze für das Volk, für dessen Rechte und Interessen als Gesetze, welche ihr für eure „confessionslosen“ Ansichten und Absichten als nützlich erachtet. Und ein freiheitliches Gesetz ist´s nicht, insoweit von Volksfreiheit die Rede sein soll, blos einer dem Neuheidenthum genehmer - ! Freiheit herrscht in der nordamerikanischen Republik und persönliche Freiheit in England und katholische Freiheit auch noch in Belgien. In Nordamerika und in England haben die Nichtkatholiken die Mehrheit, auch dort zu Lande wachsen die Freimaurer, in Belgien sitzen die Freimaurer sogar am Ruder. Aber in Nordamerika und England ist die katholischen Kirche gleich jeder andern frei und selbstständig; dort hat es Klöster und Jesuiten und andere katholische Dinge genug, die ungestört leben und wirken. Die Freimaurer in Belgien wagen es nicht, katholische Klöster mit Stumpf und Stiel ausrotten zu wollen. Und in minder freiheitlichen Ländern, wie im heißgeliebten Preußen, im napoleonischen Frankreich da gibt es gleichfalls Orden und Klöster. Bloß im „bestregierten Lande diesseits des Oceans“ sind Einheimische gezwungen, ihren „Durst nach Klöstern“ im Ausland zu stillen, obwohl zwei Drittheile aller Steuerzahler und Soldatenlieferanten katholisch sind. Das ist liberal oder auchdemokratisch , nämlich zahmrevolutionär im Superlativ, keineswegs jedoch feinsinnig ! Lange Jahrhunderte bevor es eine badische „Volkskammer“ gegeben, einen s.g. confessionslosen Staat und „liberale“Freiheitsnehmer, gab es Klöster und Orden auf nunmehr badischen Grund und Boden. Und woher nimmt denn überhaupt irgend eine Regierung oder Volkskammer auch nur den Schein eines Rechtes, Katholiken zu verwehren, nach ihrer Facon selig zu werden ? So lange Katholiken nichts Staatsgefährliches thun, Niemanden im Recht beeinträchtigen und ihre Steuern zahlen, sollten sie Gott auf ihre Weise dienen dürfen. Wäre der Lindenberg ein wirkliches leibhaftiges Kloster, so würde ich als Mann des Rechts und der Freiheit Aller sagen: fort nicht mit dem Lindenberg, fort mit dem Auchgesetz, das ihn verbietet !

Was aber das Allerschönste ist: man hat gar kein Kloster auflösen können, weil eben auf dem Lindenberg kein solches vorhanden ist. Mag man durch nichtkatholische und auchkatholische Brillen hundertmal auf dem Lindenberg ein Kloster sehen und sehen wollen, hier sind katholische Begriffe entscheiden; nur nach katholischen Begriffen könnte ein gerechtes Urtheil geschöpft werden, falls die Angelegenheit gerichtlich ausgetragen würde. Um Klosterfrauen zu sein und einem religiösen Orden anzugehören, müßten a) Die Jungfrauen des Lindenbergs einem besondern kirchlichen Orden feierliche Gelübte ablegen, von denen nur der Papst zu entbinden vermag. Nun ist aber der geistliche Obere aller Katholiken der Pfarrei Sankt Peter einzig auch der ihre, nämlich der jeweilige Pfarrer, der bekanntlich gar keinem Orden angehört. Um Klosterfrauen zu sein und einem beschaulichen Orden anzugehören, müßten die Klosterfrauen ferner: b) strenge Clausur versprechen und halten, das heißt sie dürften nie aus dem Kloster gehen und Niemanden hineinlassen. Nun dürfte doch die aufgeklärteste Intelligenz so viel einsehen, daß man in der Klosterzelle keine Felder urbar machen, weder Kartoffel stupfen, noch Hafer schneiden kann. Die Jungfrauen aber bebauen ihre eigenen Felder mit ihren eigenen Händen und zwar so fleißig und vortrefflich, daß sie es zu einer Musterwirtschaft gebracht haben. Daß der Lindenberg so ein Taubenschlag für jeden Bummler und jede Bummeline sei, wie ein Wirtshaus, kann billiger- und vernünftigerweise nicht gefordert werden. Dagegen ist wahr, daß Besuche aus der Umgegend, wie von Freiburg aus, ehre zu häufig als gar nicht vorkommen. Um Klosterfrauen zu sein, müßten die Bewohnerinen des Lindenberges: c) feierliche Gelübte ablegen, allein sie legen blos die sogenannten einfachen Gelübte der Armut, Keuschheit und des Gehorsams ab in die Hände ihres Beitvaters. Dies kann jeder in der Welt lebende Katholik und sogar jeder Familienvater und jede Familienmutter gleichfalls thun, auch hat es Mitglieder des s.g. dritten Ordens des hl. Franziskus in Stadt und Land nicht blos im Badischen Musterreich, sondern in der ganzen katholischen Welt. Um Klosterfrauen zu sein, müßten die Opfer der neumodischen Toleranz noch habe: d) außer einem von der Kirche ausdrücklich bestätigten Oberen ein ebenfalls von der Kirche als Kloster bestätigtes Haus. Nun stehen sie aber nicht einmal mit dem erzbischöflichen Ordinariate zu Freiburg in Verbindung, geschweige, daß sie einen Obern, ein Klostergebäude oder gar eine Generalin in Rom oder eine besondere Klosterregel von Rom hätten. Wäre der Lindenberg ein Kloster, so müßte endlich e) auch ein Klostervermögen da sein und das Kloster Corporationsrechte haben . Allein jede Jungfrau hat ihr Vermögen für sich, sei dies größer oder kleiner, und Corporationsrechte haben sie niemals gewollt, geschweige erhalten.

Bleibt also von dem ganzen „kirchlichen, religiösen Orden“, wovon „intelligente“ Unwissenheit so viel und unnötig gefaselt, etwa noch die besondere gemeinsame Tracht. Unsere „freiheitliche Entwicklung“ ist noch nicht bei Gesetzentwürfen angelangt, durch welche eine confessionslose Kleiderordnung nebts confessionslosen Ober-, Kreis- und Ortsstaatsschneidern, Ober-, Kreis- und Ortsstaatsnäherinnen dem steuerzahlenden Volke im Namen des „öffentlichen Gewissens“ aufgezwängt wird. Möglich allerdings wäre auch solche „Entwicklung“ von wegen der Freiheit und Selbstverwaltung nach liberalen Begriffen. Bis dahin wird es aber auch den Bewohnerinen des Lindenberges mindesten ebenso frei gestellt bleiben müssen, um ihr gutes Geld nach ihrem Geschmack sich so dunkelfarbig und ehrbar zu kleiden, wie den Stadtdamen, von denen manche buntscheckig und seiltänzermäßig bis zur Unanständigkeit durch alle Gassen schwänzeln. Würde die gemeinsame Tracht ein Kloster ausmachen, dann wären Waisenhäuser, Kasernen, ja sogar Zuchthäuser mit einem Schlag in Klöster verwandelt, um so eher, weil deren Insassen die gemeinsame Kleidung nicht beliebig auswählen dürfen, wie die Bewohnerinen des Lindenbergs. Wäre das Kleid entscheidend, fürwahr, jedes Schwesternpaar, welches gleiche Tracht beliebt, müßte von Staatswegen aufgelöst werden.

Ich sage aber noch Folgendes: Das badische Freiheitsgesetz, welches die Einführung religiöser Orden ohne Staatsgenehmigung verbietet, datirt erst vom 9. Oktober 1860 und berührt schon deshalb den Lindenberg gar nicht. Dieser bestehnt nämlich gerade so, wie er heute noch ist, bereits seit 1858. Haben in der ganzen übrigen Welt Gesetze keine rückwirkende Kraft, so wird man im „bestregierten Lande diesseits des Oceans“ keine Ausnahme machen und das freiheitsnehmerische Gesetz vom 9. October 1860 rückwirkend gegen den Lindenberg anwenden wollen.

Wie mit dem ersten Grund, welcher wider dem Privatverein für Gebet und Arbeit bei Sankt Peter in das Feld geführt wird, so sieht es mit den übrigen aus.

II. Einen gar christlichen und freiheitlichen „Grund“ haben die Neuheiden- und Mastbürgerblätter gebracht, voran die „Breisgauer Zeitung“ *, indem sie poltern: „die Schwestern auf dem Lindenberg beten zuviel und arbeiten zu wenig. Sie haben eine falsche Frömmigkeit. Deshalb ist es besser, daß die Bewohnerinen vom Lindenberge auseinander gejagt werden.“

*)Beiläufig bemerke ich´s eine helle Schande, daß so viele katholische Christen die obengenannte literarische Zwangsanstalt des zwarkatholischen Gemeinderathes Wagner zu Freiburg noch immer halten. Schier ärger und jedenfalls handwerksmäßiger als von der Mordbase am Landgraben oder der speckjüdischen Neuen Landeszeitung, wird in der „ Breisgauer Zeitung“ alles, was dem Christen und Katholiken heilig und theuer ist, Tag für Tag verdächtigt, entstellt, beschmutzt, mit Lügen und Wuthgeifer übergossen wie die Klapperschlange ihr Opfer mit ihrem übelriechenden Geifer überzieht. Seitdem der Hinkelnde weiter gehinkt, streckt dieses Blatt nebenbei seine grandiose Unwissenheit und Schweifwedelei vor jeder Gewalt des Tages erheblich plumper und - achtbarer heraus. Viele Katholiken sagen: ja, ich lese das Blatt niemals, blos die Anzeigen, der Anzeigen wegen muß ich es halten und die endlosen Beschimpfungen meiner Religion und Kirche bezahlen. Dagegen meine ich: die öffentlichen Anzeigen bringt der Hauptsache nach auch der „Freiburger Bote“ und Privatanzeigen wird er bloß zurückweisen, falls sie in das Kapitel Hui und Pfui einschlagen. Könnte man sich endlich entschließen, den Blättern der zahmen Revolution und der Breisgauer Hiramsschelle zuerst zu kündigen, dann ständen die Anzeigen gar bald in ehrlichen und christlichen Blättern. Im schlimmsten Falle, nämlich so lange unsaubere amtliche Verkündigungsblätter zwangsweise gehalten werden müssen von wegen der Freiheit und Selbstverwaltung, dann kann man´s folgendermaßen anstellen: anstatt wie bisher zehn Bürger das Blatt halten, hält es ein einziger. Dieser säubert den politischen und auchkirchenväterlichen Theil vom Anzeigentheil und verwerthet denselben an Orten, wohin er gehört. Den Anzeigenthei aber theilt er den übrigen Neun mit.

Nicht weniger als vierzig Lügen und Verläumdungen hat die „Breisg. Zeitung“ in zwei Artikeln über den Lindenberg unlängst aufgetischt. In Nummer 5 des Freiburger kathol. Kirchenblattes vom 27. Jänner sind alle vierzig in Reih und Glied gestellt, weil die Ritter der Breisgauerin beharrlich sich weigerten, der Wahrheit die Ehre zurückzugeben.

Die Herren Revoluzzer im Schlafrock und Pantoffeln mögen nach wie vor Lügen, Verläumdungen und Ehrabschneidungen zu uhren größten und männlichen Thaten zählen. Wir bestreiten dies ihr Recht nicht. Wir meinen bloß, die Krönung des Lügengebäudes liege in der Behauptung, man wolle das Volk aufklären und bilden, frei und glücklich und sogar wohlhabend machen. Ja freilich !

Was zunächst die Frömmigkeit und das Beten anbelangt, so meine ich: es laufen im badischen Land leider viele Tausende herum, die zu wenig oder gar nicht beten. Kümmert die Regierung sich darum ? Nein, nicht im Geringsten ! Wenn nun die Schwestern für gut finden, mehr zu beten als andere Leute, so schadet dies doch Niemanden und weder die Zeitungsschreiber noch die Regierung haben darum sich zu bekümmern. Und ich frage: muß nicht Jedem, der noch einen Funken Sinnes für Recht und Freiheit in sich birgt, die Galle aufsteigen, wenn man sogar in das Gebet badischer Steuerzahlerinen katholischen Bekenntnisses hineinschwatzen und hineinregieren will ?

Das fehlt noch, daß verlotterte Zeitungsschreiber, die vielleicht kein Vaterunser mehr beten können, uns auch noch sagen wollen, wie viel wir beten dürfen und was für eine Frömmigkeit wir haben sollen. Die schönen weißen Kleider sucht man nicht beim Kaminfeger und das Beten lernt man nicht bei solchen Bierhaussitzern und Viehmarktschleichern. Wenn diese Menschen nicht beten, sondern zum Teufel fahren wollen, sollen sie wenigsten allein fahren und Andere in Ruhe lassen. Aber wie steht´s mit Dem, daß diese Menschen sagen, die Schwestern arbeiten nichts ? Das ist eine freche, unverschämte Lüge. Die guten Jungfrauen gehen wahrhaftig keinen Augenblick müßig. Ich habe es selbst schon mehrmals gesehen, wie sie die härtesten Arbeiten so fleißig, so emsig verrichten, von früh Morgens bis spät Abends, daß jeder Bauer froh wäre, wenn er solche Dienstboten und Taglöhner hätte. Und nun kommt so ein Zeitungssudler, der vielleicht den halben Tag oder die halbe Nacht in höchst confessionslosen Häusern herumlungert und höchstens ein paar Bogen Papier vollschmiert, und wirft diesen Schwestern vor, sie thäten nichts ! Soll man denn da keinen Zorn kriegen ? Übrigens, wenn die Schwestern auch nichts thäten, so ginge das liberalvermauerte Preßlakaien und ginge auch die Regierung einfach gar nichts an. Die Schwestern leben von ihrem Geld, und nicht von dem der Freimaurer. Wenn aber die Regierung gerade gegen das „Nichtsthun“ einschreiten will, so hat sie sonst Gelegenheit genug. In Mannheim drunten sitzt Einer, dem der Staat alle Jahr 4000 fl. zahlt und der dafür von der Welt nichts zu thun hat, als alle Tage, wie er sagt, statt zehn Schoppen Bier jetzt neun zu trinken. Da sitzen in Heidelberg und sonst Professoren, sind auch noch Ausländer und haben vom Staat (d.h. aus dem geldbeutel der Bürger) alle Jahre 3-400 fl. Besoldung und wenige oder keine Schüler, und weil sie nichts zu thun haben, fahren sie im Land herum, machen Lärm und Spektakel und bringen Zwietracht und Unruhe unter die Leute, so gut sie es vermögen. Und wie viele Weibsbilder sitzen in den Städten herum, die den ganzen lieben langen Tag nichts zu thun, als putzen und spazieren gehen, Visiten machen und die Leute ausrichten ?

Will man absolut haben, die Regierung soll gegen das Nichtsthun einschreiten, so soll man bei Solchen den Anfnag machen. Uebrigens ist ein Zeitungssudler der neuärarischen Sorte weit schlimmer als zehn Nichtsthuer, denn er richtet bloß Schaden an. Sogar Leute, die in der religion nicht gar stark sind, gestehen z.B. jetzt ein, daß die schädlichen Verbrechen, deren Zahl grauenerregend jahraus jahrein wächst, von der Glaubenslosigkeit herkommen, und daß daran unsere Heiden- und Hetzblätter große Schuld tragen. Diesem landschädlichen Gewürm sollte die Regierung zuerst das Handwerk legen und zwar im wohlverstandenen Regierungsinteresse.

III.    Endlich sagen die Feinde des Lindenberges: wenn die Regierung wieder Klöster aufkommen lasse, so schade dies dem „Bauernstande“; es kommen zu viel Güter „in todte Hand.“

Wie falsch und dumm ! Früher haben die Klöster Corporationsrechte gehabt, d.h. so ein Kloster hat können Güter ankaufen, Schenkungen annehmen, man hat ihm dürfen Güter oder Geld im Testament vermachen. Die Güter, welche das Kloster so bekommen hat, haben nicht den einzelnen Klosterleuten gehört, auch nicht dem Vorsteher des Klosters, sondern dem Kloster selber. Deshalb haben die Klosterleute sie nicht können verschenken oder verkaufen, sie haben darüber nicht freie Hand gehabt, sondern in diesem Punkte gleichsam eine todte Hand. Diese Güter waren auch steuerfrei. Weil ferner das Kloster nicht stirbt (wenn auch nach und nach alle Klosterleute sterben, so bleibt das Kloster doch das nämliche und behält sein Eigenthum), so sind die Klostergüter nie durch Erbschaft auf Andere übergegangen, haben keinen Erbschaftsaccis getragen und sind auch nicht verkauft worden, sind nicht mehr in anderer Leute Hände gekommen. Nun meinen die Feinde des Lindenberges, so käm´s auch wieder, wenn man den Lindenberg und ähnliche sogen. Klöster aufkommen ließe. Allein die dummen Leute vergessen erstens, daß ja der Lindenberg gar kein Kloster ist, und keine Corporationsrechte, keine sog. körperschaftlichen Rechte hat, kein Eigenthum erwerben, keine Schenkungen und Vermächtnisse annehmen darf. Das Vermögen, was da ist, gehört den einzelnen Jungfrauen und diese können darüber verfügen. Sie müssen Steuern davon bezahlen, wie jeder badische Unterthan. Wenn sie sterben, so vermachen sie, jede, wenn sie etwas hat, ihren Antheil wieder Anderen, gerade so, wie es andere Leute im Badischen und in anderen Ländern auch machen in ihren letztwilligen Verfügungen. Und es muß gehörig Erbschaftsaccis bezahlt werden. Ja sie müssen auf die Art von ihrem Hofgut viel mehr Accis bezahlen, als wenn´s ein Bauerngut wäre, das vom Vater auf den jüngsten Sohn überginge (wie´s im Schwarzwald üblich ist). Allerdings werden sie ihr Hofgut vorderhand nicht mehr verkaufen; allein wenn´s ein Bauer hätte, thät der´s denn verkaufen ? Bleiben nicht auch die Hofgüter meistens in den Händen der Familie ? Hat also der Staat oder der Bauernstand einen Nachtheil vom Lindenberg ? Gewiß nicht. Ich will Euch vielmehr später zeigen, daß beide vielmehr großen Nutzen vom Lindenberg haben. Vorläufug vermerke ich nur, daß der französische Staatsmann Thiers in Paris erklärt hat, man müsse zur Abwehr der socialen Noth einen Gürtel von Klöstern um ganz Frankreich ziehen. Dieser berühmte Mann ist nicht ultramontan, hat aber mehr Wissenschaft im kleinen Zeh, als unsere Lichtschreiben allesammt in den Köpfen.

Ihr seht also, die Gründe, welche die Feinde des Lindenbergs vorbringen, um die Aufhebung zu rechtfertigen, sind nichts, es sind blos Ausreden.

Welches sind denn nun die wahren Gründe, warum man den Lindenberg weghaben will ?

Der wahre Grund.

Den wahren Grund kann ich leider nicht herschreiben. Im „bestregierten Land jenseits des Oceans“ urtheilen keine Schwurgerichte in Preßsachen, wie dies im stockfinstern Bayern oder im ultramontanen Oesterreich vorkommt. Auch hat das Rastatter Schloß viele Gemächer und das „schwarze Kreuz“ in Freiburg manche Zelle. Zum Glück ist der wahre Grund ohne besonderen Scharfsinn leicht zu errathen. Ich sage bloß: möchte man nicht bloß den Lindenberg räumen, sondern alles Katholische überhaupt aus der Welt schaffen, so hat solch Streben nicht bloß nichts gemein mit der Toleranz und Freiheit, sondern gar wenig auch mit der „Intelligenz.“

Je mehr Fortschritt weg von Gott und von der Offenbarung Gottes und aus der Kirche, desto größer der Fortschritt in ein halt-, trost-, und heilloses Neuheidenthum, viel dümmer und viel schuldbedeckter, als das alte gewesen. Hiefür ein Beweis der für den Lindenberg paßt.

Die Türken sind Menschen und die Völker in Indien sind Menschen und zwar Menschen, über welche sich unsere Culturintelligenzen hoch erhaben dünken und die insbesondere keinen Antheil haben an der „teutschen“ Wissenschaft, und der „teutschen Culturentwicklung“ u.s.f. Ja wohl ! Weder dem Türk noch dem Inder am fernen Ganges ist aber die ächtmenschliche Idee verloren gegangen: es könne auch Menschen geben nicht sowohl geschaffen für die Welt als für ein beschauliches Leben in Gott, Menschen, die schon vermöge des allgemeinen Menschenrechtes befugt seien, einem beschaulichen Leben sich zu widmen. In der Türkei hat man deshalb türkische Klöster und in Undien Orden, die ein beschauliches Leben führen nach ihrer Manier. Unsern prosaischen, philisterhaften Rittern von Geist oder vielmehr Handlangern des goldenen Kalbes ist jene ächthumane Idee längst abhanden gekommen.

Weiter: Sogar die Lichtfabrikler der „Breisgauerin“ werden nicht verabreden wollen, die Nordamerikaner seien Menschen und die Engländer auch. Nun sind an aber die Amerikaner wie die Engländer so entschieden eingenommen für die religiöse und kirchliche Freiheit, daß die Katholiken und sogar die Jesuiten, sage Jesuiten unbehelligt leben können nach ihrer Facon und nach Herzenlust Klöster aufreichten und Collegien bauen, gerade so unbehelligt wie die Freimaurer dort zu Lande mit ihren Abzeichen professionsweise durch die Gassen ziehen. Hielte man in Bayern, Baden kurz in den fortschrittlichsten Culturländern Umfrage ob manchen Freiheitsentwicklern die rein menschliche Idee der Religions- und Gewissensfreiheit, der Kirchenfreiheit und Toleranz nicht gründlich abhanden gekommen sei, wie müßte die Antwort ausfallen ? Und Klöster, leibhaftige wirkliche Klöster hats aber nicht bloß in Amerika und England, nein auch in Belgien, wo derzeit die Freimaurerei ministriert und atmet. Klöster hats in dem von Napoleon regierten Frankreich in dem von Bismarck regierten Preußen. Ein förmliches Mannskloster, ein Benediktinerkloster blüht am Grenzpfahle des „bestregierten Landes diesseits des Oceans“ in der Erzdiöcese Freiburg, nämlich in Beuron und Jesuiten hausen in Gorheim bei Sigmaringen. Und katholische Klöster gedeihen friedlich und ruhig unter dem Schutze des türkischen Halbmondes und leben noch immer im Freiheitsstaate Rußland. Weshalb und wie sollten denn Klöster allein das badische Staatswohl gefährden ? Woher und wozu das badische „Freiheitsgesetz“, welches den „Durst nach Klöstern“ ungestillt läßt, obgleich zwei Dritttheile der Staatsangehörigen katholisch sind und obwohl keine geringe Anzahl badischer Unterthanen solchen Durst auswärts stillen ?

Ich weiß auch ein Bischen, was in der Geschichte geschrieben steht z.B. je besser die religiösen Grundlagen irgend eines Staatswesen unterminirt und „Entwicklungen“ etwa im Neuheidenstyl beliebt werden, desto sicherer Zerfall und Untergang des Staatswesens. Niemals habe ich noch gelesen, es sei in irgend einem Culturlande ein von harmlosen Bauernmädchen gebildeter, an sich vermögensloser Privatverein für Gebet und Arbeit von Staatswegen aufgelöst worden, der keinerlei Gesetz oder Polizeiverbot übertreten hatte.

II.   Weshalb und wie müssen ganz andere Dinge abseits geschäufelt werden als der Lindenberg ?

Einer für Alle, Alle für Einen ! Das muß Loosung werden im christlichen Lager. Ob der Privatverein für Gebet und Arbeit aufgehoben oder in Ruhe gelassen wird, ist eine Frage, welche nicht blos die Nachbarn -. berührt, sondern uns Alle. Durch die Aufhebung wäre das Recht Aller verletzt. Wie so ? Gesetzt es säße im Ort ein recht gewaltthätiger Pascha, und der verweigert einem Bürgerlein, dem er nicht grün ist, was ihm gehört, z.B. den Allmendnutzen oder das Grabholz, oder er läßt ihn widerrechtlich einsperren, was thun die übrigen Bürger ? Antwort: Sind es Hasenfüße oder Dummköpfe, dann schauen sie schweigend zu oder lachen gar noch heimlich darob. Der Gescheidte aber denkt: holla, heute Dir, morgen mir, bespricht sich mit seinen Mitbürgern, wie dem Pascha auf die Hühneraugen getreten werden könne, und tritt ihm nach Kräften darauf, auf daß derselbe sich entsinne, er sei da für das Recht und Gesetz und die Gemeindewohlfahrt, nicht aber um Unrecht zu über und Willkür und bloß auf sein und seiner Jaknapper Gedeihen zu sinnen. Wer die Beterinen auf dem Lindenberg auseinander jagen würde, hätte das Recht jedes badischen Unterthanen schwer gekränkt. Auch für sie steht der § 18 in der von der ganzen Beamtenschaft beschworenen Verfassung, der Gewissensfreiheit gewährleistet. Darauf gestützt haben sie das sonnenklarste Recht, den evangelischen Räthen gemäß zu leben, das Gelöbnis freiwilliger Keuschheit und Armuth, sowie des freiwilligen Gehorsams vor jedem Geistlichen abzulegen. Dagegen besitzt die Regierung keine Spur eines Rechts, vermittelst des Staatsbüttels dazwischen zu fahren. Wer anders meint, mag taugen zum Stiefelwichser jedes Ministers, wie z.B. unsere amtlichen Verkündungsblätter, doch freisinnig ist er nicht, verfassungstreu noch weniger und gehörig aufgeklärt am wenigsten. Würde er später in Sachen seiner Gewissensfreiheit oder vielmehr seiner Gewissenlosigkeit trotz §18 ebenfalls gemaßregelt, so hätte er´s schon an den wehrlosen Lindenbergerinen verdient.

Ferner mag jeder Bestregierte seine Lebensordnung einrichten, wie er will, und sich niederlassen, wo er will, so lange er die öffentliche Ordnung nicht stört oder andere in ihrem Rechte nicht verletzt. Bekommen z.B. zehn Personen den Einfall, unter dasselbe Dach zu ziehen, gemeinschaftlich zu arbeiten etwa für einen Fabrikanten, nebenbei zu beten, zu essen und in gleicher Tracht einherzuwandeln, wer kann´s ihnen mit Recht verwehren ? Den Mädchen auf dem Lindenberg aber will man plötzlich und ausnahmsweise Solches verwehren. Ist das Freiheit ? Ist das Recht ? Wohnen schlechte Weibspersonen beisammen und nähren sich von unsauberm Gewerbe, und lesen sie Jahr für Jahr Kinder ohne Väter auf, welche der Gemeinde zur Last fallen, so wird der Amtmann sie schwerlich auseinander jagen, man hat Exempel von Beispielen. Es gehört zu den öffentlichen Geheimnissen des Tages und ist auch nicht erklärbar, daß und warum seit 1860 die Zahl schlechter Häuser zugenommen hat. Wenn aber Jungfrauen mit Gebet und Arbeit mitsammen ein Stillleben führen und Niemanden den leisesten Schaden zufügen oder belästigen, so schreien alle zahmen und wilden Revoluzzer darnach, daß sie auseinander gejagt werden von Staatswegen. Sollte man nicht schier argwöhnen, der „moderne Kulturstaat“ vertrage sich nicht mit dem Beten und nicht mit der Keuschheit und gewähre der Lüderlichkeit mehr Recht als Tugend.

Weit hat bis jetzt auch noch im Badischen wie überall der volljährige Unterthan das recht, über sein Haus und Vermögen frei zu verfügen. Habe ich Geld und Lust, so kann ich zehn, zwanzig oder noch mehr Leute in mein Haus aufnehmen und behalten, so lange ich mag, blos mündig müssen die Leute sein und weder staatsgefährlich noch sonst verbrecherisch. Ob ich sie arbeiten lasse und an meinen Tisch setze, geht fremde Leute nebst der Regierung so wenig an, als ob ich meinen Gästen Lohn geben oder keinen. Würden aber trotzdem Gendarmen und Polizeidiener in mein Haus eindringen und meine Hausgenossen hinaustreiben, so wäre eben eines der besten staatsbürgerlichen Rechte verletzt, nämlich das Hausrecht. Und durch solche Maßregelung wäre zugleich das Hausrecht aller bedroht. Nun besitzt eine Jungfrau auf dem Lindenberg Haus und Hof, Freundinen wohnen, beten, arbeiten und essen mit ihr. Jede ist volljährig und freiwillig im Hause, das Inwendige eines Gefängnisses hat keine einzige noch gesehen. Daß gar noch ein halbes Hundert Landmädchen irgend ein Staatswesen über den Haufen geblasen haben, davon steht nicht in der Weltgeschichte, nichts seit der langen Zeit von Adam bis herauf zu Minister Jolly Excellenz. Da „große männliche“ Thaten nicht blos in Kalendern beleuchtet, sondern auch in Geschichtsbüchern verzeichnet werden, so fürchte ich sehr, die Nachwelt werde fort und fort kopfschüttelnd fragen: War´s denn wirklich möglich, daß vorgebliche Freiheitsleute und vorgebliche Freiheitszeitungen dermaßen reactionär und freiheitslos sich erwiesen, um die Verfolgung Andersdenkender wie der Kirche für eine Freiheitsthat auszugeben ? Und woher haben jene Excellenzen, deren Name leider in keinem Buche mehr gefunden wird, auch nur den Schein eines Rechts genommen, zwischen so und so viel Grad nördlicher Breite und östlicher Länge eine Treibjagd auf eine Schar Bauernmädchen zu geruhen ?

Ferner hat bis jetzt in unserer schönen Gegend jeder Staatsbürger wie jede Staatsbürgerin das Recht, in jedwelchen Verein, der kein Recht verletzt einzutreten und gemäß den Satzungen desselben darin zu leben. Der Mensch, welcher nachzuweisen vermöchte, der Lindenberg habe ihm im mindesten geschädigt, muß erst noch entdeckt werden. Durch ihr Beten und Singen haben die dortigen Jungfrauen die öffentliche Ruhe und Ordnung schon deshalb nicht anzutasten vermocht, weil ihre Trösteinsamkeit abseits liegt von anderen Häusern. Die Aufhebung ihres Vereines schlöße auch einen Eingriff in die Vereinsfreiheit aller in sich.

Und endlich sage ich den Schwarzwäldern drinnen in den Thälern und droben auf den Bergen: es sind Eure eigenen Töchter, Eure Schwestern, die man in ihrem heiligen Rechte kränkt. Geht Euch das nichts an ?

Ferner die Auflösung des Lindenbergvereines würde nicht bloß Euer Recht verletzen, sie würde Euch obendrein schädigen in Eurem Nutzen und Vortheil, schädigen im zeitlichen wie im geistlichen Nutzen. Davon will ich gar nichts reden, daß der Lindenbergerhof als ein Muster der Landwirthschaft anerkannt ist und dadurch allen Umwohnern nützt. Dagegen wie viele Handwerkersleute stundenweise im Umkreis haben guten Verdienst auf dem Lindenberg gefunden ? Muß der Verein aufhören, dann braucht man für ihn natürlich auch keine Handwerkersleute mehr. Und wie viel Nutzen hat die Gemeinde Sankt Peter schon vom Lindenberg gehabt durch die Menge Fremder, welche denselben heimsuchten. Verzehrt Einer oder Eine auch nur ein paar Kreuzer im Durchschnitt, so macht´s doch ein schönes Sümmchen aus. Was hat den Lindenberg vornämlich in die jetzige Blüthe gebracht ? Ich denke, der schöne Gottesdirnst und die regelmäßigen Andachtsübungen. Ruft der Staatsbüttel: Auseinander Marsch ! so wird´s der Wirth von Sankt Peter und werden´s andere Wirthe und Leute verspüren müssen. Selbst die Lage des Lindenberg gewährt einen Vortheil, der mindestens von Schwarzwäldern nicht gering angeschlagen wird. Mehr als andere Menschenkinder fürchtete er das Feuer und mit Recht. Vom Lindenberg aus sieht man´s zuerst, falls in der weiten Umgegend ein Brand ausbricht. Zu jeder Stunde der Nacht ist Jemand auf und gibt mit der Kapellenglocke ein Zeichen, falls so ein Unglück hereinbricht, so daß Hilfe rascher als sonst herbeieilt. Verjagt man die Schwestern, so versagt die Kapellenglocke eben auch den Feuerwächterdienst.

Noch mehr könnte ich aufzählen von zeitlichem Nutzen, den der Lindenberg der Umgegende gebracht hat. Ich weise bloß noch hin auf das viele Almosen, welches bisher an Noth und Elend ausgetheilt worden und schiebe eine Frage ein, nämlich: Welchen Nutzen brächte denn die Auflösung des Privatvereines für Gebet und Arbeit dem badischen Staat ? Antwort: gar keinen, wohl aber Schaden. Die Herren drunten zu Karlsruhe mögen sich ja nicht einbilden, als ob sie die Macht besäßen den Verein überhaupt aufzulösen. Die vermögen bloß den Lindenberg einsam zu machen. Geschiehts, nun dann packen die Gemaßregelten eben ihr Hab und Gut, kehren dem „bestregierten Land diesseits des Oceans“ den Rücken und beten und arbeiten fort drüben im napoleonischen Frankreich, wo man trotz allen „freiheitlichen Entwicklungen“ im mastbürgerlichen Sinne doch noch gemeinsam beten und arbeiten und in beliebiger Tracht einhergehen kann. Dann erfreuen sich unsere Nachbaren all des Nutzens welchen der Lindenberg bisher gewährt hat. Ja höchstwarscheinlich eines noch größeren. Die Angehörigen der Verjagten wie andere Leute wallfahrten dann eben ins Elsaß. Ich müßte die Menschen und insbesondere die schönere und nebenbei auch eigensinnigere Hälfte des Adamsgeschlechtes derselben schlecht kennen, um nicht vorauszusehen, daß alsdann erstrecht viele Töchter vom Schwarzwalde ihr Vermögen über den Rhein tragen, weil sie in den Verein treten. An derlei Leistungen und Möglichkeiten denken Entwicklungsmeister der zahmen Revolution nicht. Sie sehen gerade soweit als ihre Nase reicht und verrichten ihre Stiefelwichserdienste für das Ministerium so gut oder so schlecht als sie eben verstehen. Handelt es sich vollends um etwas Religiöses oder Kirchliches, flugs fährt der Teufel in die ganze Heerde hinein, wie dereinst heraus aus den Säuen am See Genesareth.

Von den zahllosen Dingen, welche unsere Neuheiden weder kennen, noch begreifen, heißt eines: Macht des Gebetes, besonders des gemeinsamen Gebetes. Dieser geheimnisvollen Macht schreibe ich es besonders zu, daß Heldennarr Garibaldi und Compagnie noch immer mit abgesägten Hosen herumläuft in Sachen Roms. Und würde der Papst auch wirklich verjagt aus der Stadt der Christenheit, was in früheren Zeit mehrfach vorgekommen (residirte der Papst unfreiwillig doch einmal 70 Jahre lang zu Avingnon (spr. Awinyong) in Frankreich !), hauptsächlich das gebet der Gläubigen würde ihn früher oder später zurückführen in das ewige Rom im Triumph. Wer rechnet aus, welcher Segen das gemeinsame Gebet der Lindenbergerinen schon gebracht hat der Umgegend und dem ganzen Land, Freund wie Feind ? Wer weiß, ob ohne dieses Gebet nicht mancher neuheidnische Zeitungsschreiber vollends verrückt geworden wäre vor lauter Toleranz, Licht und Humanität ?

Diesen geistigen Nutzen wissen einfache gläubige Landleute ganz anders zu würdigen als mancher hochmuthgeschwollene Museumslazzaroni, der sich für ganz entsetzlich gescheidt und gebildet hält. Derlei „Herren“ taxiren alles nach dem Futterwerth oder sie fragen gleich jenem Narren bei allem bloß: kann man´s essen ? Schwere Feldarbeit verrichten bei schmaler Kost, dies würzen durch viel Gebet und des Bittern genug in Kauf nehmen - das ist nicht nach dem Gusto der Weinnasen und Bierbäuche des neuheidnischen Krebsfortschrittes. Dagegen frage ich gescheidtere und bessere Menschen, welche auf dem Lindenberg die Jungfrauen in ihrem armen und doch süßen und friedlichen Leben beobachtet: ist nicht manchem von euch der Vorsatz eines schönen, reinen, keuschen Lebens, die Ahnung eines höheren seligen Friedens aufgegangen, als den die Welt bietet ? Hat Euch dies in den vielen und vielerlei Gefahren, Nöthen und Versuchungen des Alltagslebens nicht gehalten und bewahrt vor bösem folgeschwerem Fall ? Glaubt Ihr nicht, durch das Gebet der frammen Lindenbergerinnen sei manche Gnade Euch zu Theil geworden ? Und Zwarkatholischen , Evangelische ohne Evangelium, Speckjuden und Freimaurer, die ihrem satanischen Haße wider alles Hohe und Heilige, wider alles wahrhaft sittliche und ächt Volksthümliche in jeder Zeitungsnummer Luft machen, die wollen Euch belehren, was ächte Frömmigkeit sei ?

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Es war Donnerstags am 11. Hornung, da man zählte nach der Geburt unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi da 1869ste, seit der landesherrlichen Proklamation vom 7. April 1860, welche Freiheit und Selbständigkeit allen badischen Steuerzahlern und Soldatenlieferanten feierlich und vor aller Welt verheißen, nahezu das 10. Jahr. Der Sturm heulte und tobte sein vielstimmiges Concert, dichte Wolken trieben von Berg zu Berg, von Thal zu Thal, der Himmel grau wie ein abgerutschter altbadischer Soldatenmantel, schien alle seine Schleusen geöffnet zu haben. Es war ein Wetter, bei welchem ein Christenmensch keinen Hund aus dem Hause zu jagen pflegt. Im Zwielicht aber sah man auf der Seite von Rechtenbach, wo nur wenige, vereinzelnte Gehöfte sich befinden, eine Schaar Bewaffneter auf dem unbequemsten Wege die steile Höhe des Lindenbergs hinanklettern. Die Gendarmen kamen höher und höher. Sie umstellten nicht bloß Maria Lindenberg, sondern besetzten auch ein den Schwestern gehöriges, in der Gemeinde Eschbach gelegenes Hofgebäude, sowie das denselben gleichfalls eigenthümlich zugehörende Wohnhaus in Sankt Peter. Die Furien des Sturms gellten und übertäubten höhnend die sanften, melodischen Klänge der Glocken, welche den Pilger einluden zum Beten. Die seltsamen Pilger dieses Morgens durften aber nicht hören auf die Stimme der christlichen Glocke und vielleicht auf die ihres eigenen Herzens, sondern bloß auf das Kommandowort ihres Führers, der da handeln mußte im Namendes confessionslosen Staates. Im Kirchlein begann der Gottesdienst. Wo möglich noch inbrünstiger als sonst hoben die Bewohnerinen des Lindenberges Herz und Hände zu Gott empor. War doch mit dem vorhergehenden Tage - Aschermittwoch - die ihnen gewährte allerletzte Frist abgelaufen ! Auch wußten sie bereits, die meisterhafte und unwiderlegbare Rekursschrift ihres Anwaltes, des ausgezeichneten Obergerichtsanwaltes v. Wänker sei drunten in Carlsruhe vom Staatsministerium als unbegründet verworfen worden, natürlich seit anno 1 der jungbadischen Freiheit das üblich geworden ohne Angabe irgend eines Grundes für die beliebte Unbegründetheit. Der Priester hatte kaum recht den Segen ertheilt, heiliger Sang und Orgelton waren kaum laut geworden, da rief man die Hofbesitzerin aus ihrem Chor an die Pforte. Sie hätte wohl in den Boden versinken mögen als sie den Freiburger Polizeikommissär und bewaffnete Gendarmen erblickte. Dem Manne mag es selber gar kurios um das Herz gewesen sein, indem er der Erschrockenen den Ministerialbefehl zu eröffnen hatte: mit Ausnahme der beiden Hausbesitzerinen und 6 oder 7 Mädchen in Welttracht (sog. Lehr- und Kochtöchter) hätten sämtliche Mitglieder des Vereins für Gebet und Arbeit den Lindenberg zu räumen, im Weigerungsfalle sei Gewalt anzuwenden und die Räumung habe augenblicklich zu geschehen. Dei buchstäbliche Vollzug wäre natürlich auch dann eine Sache der Unmöglichkeit gewesen, falls Minister Jolly Excellens in höchsteigener Person als Oberbefehlshaber der Gendarmerie functionirt haben würde. Auf dringendes Bitten der vorgerufenen Schwester Veronika Benitz aus Breitnau gestattete der Beamte, daß der begonnene Gottesdienst noch vollendet werden durfte. Weil die Lindenbergerinnen noch nicht gegessen hatten und doch ihre nothwendigsten Habseligkeiten zusammenraffen mußten, so ward die äußerste Frist bis 12 Uhr Mittags erstreckt, von Schlag 12 Uhr ab wäre jedes aus dem Hause zu verjagende Mädchen von Gendarmen gewaltsam entfernt worden.

Nach beendigtem Gottesdienste saßen die harm- und schuldlosen Opfer der von der Volksmeinung gerichteten Offenburgerei am altgewohnten gemeinsamen Tische - das in jedem Menschenleben so bedeutsame und thränenvolle „Zum letztenmal“ würzte das frugale vormittägige Mittagessen.

Umheult vom Sturme, überströmt vom Regen watete eiligen Schrittes durch das fünfte polnische Element, nämlich durch den auch im „bestregierten Lande diesseits des Oceans“ überreichlich vorhandenen Koth, Sankt Peter zu derselbe treue Seelenhirte, welcher den Gottesdienst gehalten. Das eigene Eigenthum hatte im mastbügerlichen Musterstaate aufgehört, eine Zuchstätte gemaßregelter Schwarzwäldermädchen zu sein. Verschloßen war ihnen das erwähnte alte Oekonomiegebäude in der Gemarkung Eschbach, bloß der Eigenthümerin und deren ältesten Gefährtin öffnete sich das Haus in Sankt Peter, obwohl zweier in das Grundbuch eingetragener Verträge noch acht andere Personen Wohnrecht auf 20 Jahre hinaus darin besitzen. Es galt für die augenblicklich Vertriebenen eine augenblickliche Zufluchtsstätte zu finden. Aber der Geistliche klopfte nicht vergebens an. Beruhigt eilte er auf Maria Lindenberg zurück um den im Chor versammelten Schwestern zum letztenmal den sacramentalen Segen zu spenden. „Das war das letzte Genitori (sagt sehr schön das Freiburger Kirchenblatt in Nro. 9 vom 24. Hornung) und das „letzte gelobt und angebetet sei ohne End, das allerheiligste Altarsakrament !“ das seit 11 Jahren so oftmals die aus Nah und Fern herbeiströmenden Pilger erbaut hat. Orgel, Gesang und Gebet der Schwestern, das Tag und Nacht ohne Unterlaß aus Herz und Mund von mehr als einem halben Hundert katholischer Jungfrauen für Fürst und Vaterland, für Weltliche und Geistliche, für Zeitliches und Ewiges, für Lebendige und Abgestorbene, insbesondere für das nahe gelegene Priesterseminar der großen, schon so lange und immer härter bedrängten Erzdiöcese wie ein leiblicher Wohlgeruch vor der geheimnisvollen Bundesladedes neuen Bundes aufstieg - sie müssen jetzt alle weichen, wie einst das Kind Jesu mit Joseph und Maria sich genöthigt sah, in der Fremde einen Zufluchtsort zu suchen.“ Unterdessen waren drei Leiterwägen von Sankt Peter herübergekommen. Ihr Bündelchen unter dem Arm trat eine Schwester nach der andern aus der Pforte von Maria Lindenberg, jede wurde vom Polizeikommissär nach dem obrigkeitlich aufgenommen Verzeichnisse sorgfältig controllirt. Schweigend bestiegen sie die bereit gehaltenen Leiterwagen. Bald entschwand ihren Blicken ihre Trösteinsamkeit in so trostlosen Zeitläufen, bald das schlanke Thürmchen der Gnadenkapelle, in der sie so viel tausendmal gebetet auch für die Narren und Schurken der buchstäblich verkehrten Welt, das Hofgut, welches ihre abgearbeiteten Hände und ihr Schweiß aus einer Wüstenei in eine Musterwirtschaft umgewandelt hatte. Woher, warum, wozu solcher Lohn ? Ja freilich, woher, warum, wozu - derlei bleibt unbegründet vor der Welt im liberalvermauerten Lager, wären Gründe auch so wohlfeil wie Brombeeren.

Es waren 41 Jungfrauen, äußerlich bald durchnäßt von den Thränen des Himmels, welche noch immer aus fliehenden aschgrauen Wolken herabströmen, innerlich aber sehr zum Unterschied von manchen Neunschoppentödtern, Volksverzehrern, Freimaurern und Mastbürgern der Offenburgerei so froh und selig, daß sie nur schwer sich bemeisterten, ein gemeinsames „ Großer Gott dich loben wir !“ anzustimmen. Mehr als ein Aug hat mit Thränen sich gefüllt, mehr als ein rechtschaffenes Herz geblutet und mehr als ein unaussprechbarer Vorsatz für die Zukunft flammte auf in der innersten Herzenstiefe, als der Zug um 12 Uhr in Sankt Peter ankam. Die guten Leute stritten sich förmlich um die Ehre, die Vertriebenen unter ihr Dach aufzunehmen. Und sie lernten die „Faullenzerinnen“ bewundern, wie dieselben sofort geschickt und emsig aushalfen mit Spinnen, Stricken, Flicken, Waschen, ohne daß ihr vieles Beten darin sie beeinträchtigte.

Maria Lindenberg blieb von Gendarmen besetzt, zumal vier der Verbannung geweihten Mädchen krank lagen. Von solcher Staatsgefahr hatte der Arzt noch an demselben Tage amtliche Einsicht zu nehmen und sofort Bericht zu erstatten. Sie wurden als nicht gut transportabel befunden. In Sankt Peter schwirrten Gerüchte umher, man werde die armen Jungfrauen auch aus den Häusern von Sankt Peter vertreiben. Es hieß, man werde im Namen des von Lamey kläglichen Andenkens erfundenen „öffentlichen Gewissens“ diejenigen mit Geldstrafe belegen, welche dem Rufe ihres christlich gebliebenen „Privatgewissens“ Folge leistend, Vertriebene barmherzig aufgenommen. Gendarmen traten derlei Gerüchten entgegen. Daß solche Gerüchte aber Glauben fanden ist bezeichnend; Baden ist eben das „bestregierte Land diesseits des Oceans“ und Minister Jolly Excellenz besitzt „Energie“. Das ganze lief darauf hinaus, daß Steuerzahler und Soldatenlieferanten von St.Peter, die in Geschäften in die Dreisamstadt mußten, von gewissen Dintenlöwen angeherrscht wurden mit Blicken und Mienen weiland Nabuchodonosors, des gewaltigen Confessionslosen von Babylon. Daran ist nichts besonderes; es widerfährt auch Steuerzahlern und Soldatenlieferanten, die nicht von Sankt Peter sind und passiert vor gar manchem Postschalter schlichten Landleuten und dummen Teufeln, die nicht beherzigen, daß auf einen groben Klotz ein noch weit gröberer Keil gehört und daß es ein Beschwerdebuch gibt.

Nicht blos Minister Jolly Excellenz besitzt Energie.

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Es war Donnerstags am 25. Hornung, da man zählte nach der Geburt unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi das 1869ste, seit der landesherrlichen Proklamation vom 7. April 1860, welche Freiheit und Selbständigkeit allen badischen Steuerzahlern und Soldatenlieferanten feierlich und vor aller Welt verheißen, nahezu das 10. Jahr. Da fuhren auf einigen Bernerwägelchen achtzehn Schwestern vom Lindenberg durch das Schwabenthor nach Freiburg hinein und zwar in der von ihnen gewählten „Ordenstracht“. Sie nahmen ihr Absteigequartier im „Schwarzwälderhof“. Sie hatten es verschmäht, den amtlich gewährten Abschiedsbesuch in ihrer Wallfahrtscapelle zu machen. Die Bewohner der Ortschaften, durch welche sie gefahren, hatten ihnen überall die lebhafteste Theilnahme gezeigt. Nachdem sie am Grabe ihre erhabenen unvergesslichen, gewiß nicht blos in der Diplomatensprache „höchstseligen“ Erzbischof Hermann ihre Gebete verrichtet, gings an die Eisenbahn. Es geschah „ohne Hali, Halo“, wie die Breisgauer Hiramsschelle mit jener unsäglichen Gemeinheit sich ausdrückte, die ihr längst zur andern Natur geworden. Im Bahnhof bewährte das Personal soviel Achtung für das Unglück und Sinn für Anstand, daß die Vertriebenen in ihrem Waggon von jener Sorte Reisender verschont blieben, die man füglich zweibeinige Borstenthiere nennen darf. Wohin sind die 18 Schwestern denn gefahren ? Etwa nach Preußen ? Gott bewahre. Mag dieser kasernenduftige, junkerlichmuftige Oberintelligenzstaat es derzeit auch „opportun“ finden, die Katholiken und sogar Klöster leben zu lassen, kein gescheidter Mensch traut dem Wetter. Man weiß ja, daß der Preußenkönig der oberste Beschützer der Freimaurereiist und daß dicht hinter dem angeblichen „deutschen Beruf“ des Berlinerthums dr „protestantische Beruf“ oder richtiger ausgedrückt der neuheidnische Beruf steht. Und alsgemach die letzte Bauernmagd weiß noch etwas: sie weiß nämlich von wem und von wo aus Jungbaden eigentlich „gewagelt“ wird und wem wir die Beglückung seit 1860 hauptsächlich zu verdanken haben. - Oder sind die 18 Lindenbergerinnen gefahren in die Schweiz etwa auf den Gubel ? Ach ? in der „freien“ Schweiz nagen, beißen und hetzen neuheidnische Sesselherren auch genugsam herum an aleem Christlichen und Katholischen. Die Vertriebenen fuhren nach Neuenburg und von da hinüber über den „freien deutschen Rhein“ (daß Gott erbarmt !) zu den „herzigen kleinen Französlein. Am linken Rheinufer stand schon der Pfarrer des nächsten Ortes, um sie zu begrüßen, die Zollschutzwächter dachten nicht daran, die Habseligkeiten der Schwestern zu durchstöbern. Zwei Wagen brachten sie unentgeltlich nach dem eine starke Stunde vom linken Rheinufer entfernten Othmarsheim. Dort steht unter dem Schutze des französischen Adlers, auf dem Boden des napoleopnischen Frankreich ein schönes leibhaftiges Kloster, ein Kloster von Benediktinerinnen. Die Benediktinerinnen sind fas lauter badische Landeskinder, die ihren „Durst nach Klöstern“ außerhalb der rothgelben Grenzpfähle des Musterreiches stillen müssen. Dereinst selbst vertrieben aus der „freien“ Schweiz, weil liberalvermauerte Sesseldespötchen zu beschließen geruhten, sie seien „Affiliirte der Jesuiten“, haben die Benediktinerinnen jetzt die aus dem bestregierten Land diesseits des Oceans vertriebenen Beterinnen und Arbeiterinnen vom Lindenberg gastfreundlich zu sich eingeladen. Drüben zu Othmarsheim im Elsaß beten und arbeiten nun vorläufig 18 Schwarzwälder Mädchen nach Kräften und es sei ihnen uns Herz, als wären sie ihr Lebenlang in Othmarsheim gewesen. Bis heute ist noch keine Depesche aus Paris eingetroffen, laut welcher das „Kaiserreich durch vieles Beten und Arbeiten frommer „Weibsvölker“ wackeliger geworden wäre. Vorraussichtliche ungestört und im Nothfall von den Staatsbehörden gewiß energisch beschützt, haust also bei unsern lieben französischen nachbarn neben der hannöver´schen Legion der Waffen eine badische Mädchenlegion des Gebetes. Beide Legionen haben das Gemeinsame, jene Stunde herbeizusehnen und herbeizuflehen, wo Recht, Gerechtigkeit und Freiheit wiederum aufleben auf dem Boden unseres 1866 brudermörderisch zertrümmerten, unglücklichen deutschen Vaterlandes.

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Und wie stehts auf dem Lindenberg selbst ? Nun, es Mittwoch am 3. März, da man zählte nach der Geburt unseres Herrn und Heilandes das 1869ste, seit der landesherrlichen Proklamation vom 7. April 1860, wodurch Freiheit und Selbständigkeit feierlich und vor aller Welt allen badischen Steuerzahlern und Soldatenlieferanten verheißen worden, nahezu das 10. Jahr - da ist die Treibjagd auf dem Lindenberg erst buchstäblich ins Werk gesetzt worden. Wie ist das zugegeangen ? Der Lindenberghof ist kein kleiner Hof. Durch die polizeiliche Vertreibung der Jungfrauen war die Besorgung des großen Hauswesens mit Oekonimie den wenigen Zurückgebliebenen begreiflicherweise unmöglich gemacht. Drei von den Letzteren sind obendrein krank, die Köchin kann am Heerd sich blos aufrecht halten, wenn sie sich an eine Kamerädin so energisch anlehnt, wie Minister Jolly Excellenz an Berlin. Aushilfe war absolut nothwendig, Dienstboten sind dort oben nicht so leicht aufzutreiben (vierschrötige Burschen und Mädchen laufen ja überall mehr und mehr in die Fabriken von wegen des Nationalreichthums, der freien Sittlichkeit u.dgl.m.). Einige der Vertriebenen fragten an in Freiburg, ob sie nicht als Mägde bei der Hofbesitzerin in Dienst treten dürften. Das wurde rundweg abgeschlagen, bloß bei Feldarbeiten sollten sie aushelfen dürfen, jedoch ohne vom Lindengerger Hof auch nur zu essen. Damit war wenig gedient, denn 374 Stunden hin und zurück nach Sankt Peter laufen oder ins „Eschbe“ von wegen des Essens, hieße gar zu viel Arbeitszeit zu verderben. Wie „stramm“ das Staatsregiment auf dem Lindenberg sich macht, lehrt die Thatsache, daß dem Wallfahrtsgeistlichen nicht einmal gestattet wurde, seine Schwester als Köchin bei sich zu behalten, obwohl sie blos erst Kandidatin des Vereines ist.

Rath in der Noth schaffte der gute alte Georgi, an dem ein Advokat verloren gegangen. Dieser Mann besaß nämlich das an die Lindenbergkapelle angebaute sogenannte „Bruderhäusle“ seit 1851, seit 1855 aber mit Veronika Benitz und Katharina Wangler ein Bauernhaus, welches zur Klosterzeit Wirtshaus gewesen. Er bot sein Eigenthum zum Kaufe an. Drei der maßgeregelten Mädchen kauften ihm das Bruderhäusle ab um 800, seinen Antheil an dem erwähnten Bauernhaus fünf andere um 1200 Gulden. Der Kauf wurde eingetragen in das Grundbuch von Unteribenthal, wohin die Kaufobjekte gehören, der Kaufvertrag in Freiburg amtlich auch bestätigt. Aber wie Besitz ergreifen, da der Lindenberghof noch immer von Gendarmen bewacht wurde ? Während die Wächter des Gesetzes in der wohldurchknasterten Dienstbotenstube thaten, was die Wächter am heiligen Grabe dereinst auch gethan, nämlich schliefen: da zogen die 8 Käuferinen entschlossen in ihr Eigenthum ein. Es geschah am 2. März Morgens in aller Frühe. Erst Nachmittags bekamen die Gendarmen Wind, auf ihr Befragen sagte ihnen Gregori die volle Wahrheit. Man mag sich die Ueberraschung der armen Teufel ausmalen ! Sofort Bericht in die Dreisamstadt. Am 4. März morgens um 1/2 9 Uhr stand abermals der Freiburger Polizeikommissär vor der Pforte des Lindenberghofes, diesmal mit 8 Gendarmen, für jedes der 8 Mädchen je Einer ! Der Hofbesitzerin wurde eröffnet, die 8 Eingedrungenen hätte augenblicklich das Haus zu verlassen. Dieselbe protestire unter Berufung auf das Hausrecht und Kaufurkunde. Als Antwort forderte der Beamte auf, in das Unvermeidliche sich zu fügen und dem Befehl zu gehorchen: „Im Namen des Gesetzes“ ( ? ? ?) zum ersten ! --zum zweiten und zum ! ---Jetzt warte er, nicht auf das drittemal zu warten und es auf Anwendung von Gewalt nicht ankommen zu lassen, sondern die Thüre zu öffnen (ein Gendarm trug ein Stemmeisen zur Schau). Geschähe es dennoch, dann gäbe es nach Paragraph so und so viel des Gesetzbuches - (der gute Mann scheute eben vor dem Aeußersten !-) Die Hofbesitzerin forderte 5 Minuten Bedenkzeit, davon wurden 2 bewilligt. Als nun eine der Käuferinen die Geduld des Polizeikommissärs auf eine etwas harte Probe stellte, da packte der Mann die Sache auf eine sehr gescheidte Art an. Er rief nämlich der Zähen zu: „Schauen sie einmal auf den Heiland ! Was hat Der aus Gehorsam gegen die Befehle der weltlichen Obrigkeit sich gefallen lassen ? Wenn sie sich der rechtmäßigen Obrigkeit widersetzen, so gebe ich nicht auf all Ihre Frömmigkeit. Sie werden doch nicht als Marthyrerin erscheinen wollen ?“ - Diesem Argument wagte die Verblüffte nicht zu widersprechen. Man capitulirte. Die Hofbesitzerin ließ auf ihrem eigenen Wagen sechs der Käuferinnen in jene Häuser von Sankt Peter zurückführen, wo sie Gastfreundschaft genossen. Zwei mußten als erkrankt zurückgelassen werden. Als Gregori den Herrn Polizeikommissär um den Grund befragte, auf welchen hin solch ein Eingriff in das Eigenthum geschehe, da wurde demselben bedeutet: das „Gesetz“ verbiete in das käuflich erworbene Haus einzuziehen, bevor man bei der Polizeibehörde davon Anzeige erstattet habe. Ganz leicht möglich, daß die Offenburger unter der Legion ihrer freiheitlichen „Gesetzentwürfe“ auch einen derartigen in Petto habe, bis jetzt existirt jedoch ein solches Gesetz in Rußland so wenig als im Badischen. Wer dagegen möchte verabreden, der Hr. Polizeikommissär von Freiburg habe durch seine wirksame Ansprache an die zähe Lindenbergerin die katholischen Zustände in Baden unwillkürlich und doch ganz vortrefflich charakterisiert ?

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Aus der Offenburgerei ist nichts geworden und aus der schon duzendmal versuchten Organisation des Volkes zu Gunsten der neuärarischen Kammermehrheit wird diesmal weniger als je werden. Die Tapfersten der Nichttapfern mögen auch so oft nach Lörrach oder Lahr oder anderswo fahren und Mohren weiß waschen wollen, ihr Volk, nämlich da neuheidnische Maurer- und Mastbürgervölklein nebst dem dankbaren Israel mag gebührend Beifall klatschen fort und fort, das wahre und leibhaftige Volk dagegen weiß, was es von solchen Kämmerlingen seit 1860 zu halten hat. Vermittelst des Steuerbüchleins, der Diäten und des Weinaccises, der Justizvertheuerung, der Vermehrung der Beamtenschaft und der Steigerung des Heeres von 18000 Mann auf 43000 - fast so viele wie die unermeßliche Weltrepublik Nordamerika in Friedenszeit auf den Beinen hat ! - sind den „Gimpeln“ alsgemach die Augen aufgegangen, vom Kirchenhader, Schulstreit, Lesebuchkrieg und anderen „großen männlichen Thaten“ ganz zu schweigen. Und man mag nichts mehr wissen von den 1860gern Volksbeglückern, thäten sie auch Reue und Leid ablegen und abermals goldene berge versprechen, aus einem weitern sehr triftigen Grunde. So ein christusfeindlicher, kirchenloser „Gebildeter“ und „Besitzender“ hat in der Regel weder ein rechtes Herz für das Volk, noch Sinn für Recht und Freiheit, weder reges Ehrgefühl noch mannhaften Wahrheitssinn. Ehrgeiz, Habsucht nebst „gesunder Sinnlichkeit“ sind die Triebfedern seines Thuns und Lassens. Den liberalen Hauptgrundsatz: der Zweck heiligt die Mittel steigert er im Nothfalle dahin, daß er auch den schlechten, selbstsüchtigen Zweck durch schlechte Mittel unbedenklich fördert. So habens Christushasser und Kirchenstürmer von jeher gehalten. Belieben Exempel von Beispielen aus neuester Zeit, etwa als Brausepulver gegen „sittliche Entrüstung“ ? - Religion aber haben manche Helden der Kammermehrheit nebts Schweif weniger als meine Katze. S´ist in Offenburg von Neuem bewiesen worden und in Lörrach keineswegs widerlegt. Sie wollen „den kirchlichen Streit zum Austrag bringen“ aber wie ? Nun sie wollen und zwar erklärtermaßen die katholische Kirche im badischen Land vollends hinmachen, total hinmachen durch „große männliche Thaten“ á la Lindenberg. Gewissen auchkatholischen Judassen, die selber „liberale Katholiken“ genannt sein möchten,gebührt das Verdienst, trotz ihrer Abgefeimtheit Farbe bekannt zu haben. Solche predigten nämlich laut und öffentlich, wie sie und ihre Sippe die Freiheit und Selbstständigkeit auch der katholischen Kirche verstehen: man erzieht die Jugend confessionslos; man befreit die Kirche von all´ ihren völkerrechtlich und staatsrechtlich gewährleisteten Rechten wie von ihrem besterworbenen Eigenthum; man bindet sie an allen Gliedern mit den Stricken des Auchgesetzes und der Maßregelung, wirft sie rechtlos, vermögenslos, schutzlos, kraftlos und gebunden auf die Straße und läßt in solchem Zustande sie dann endlich selbstständig laufen, wenn und so weit sie es vermag.

Die badische Kirchengeschichte bestätigt das Vorhandensein solcher Auffassung seit 1860, in welchem Jahr und zwar am 7. April, nach einem 42 jährigen „Verfassungsleben“ Freiheit und Selbständigkeit in allen Gebieten des öffentlichen Daseins feierlich verheißen worden ist. Die badische Staatsgeschichte aber bezeugt, wie durch alle Jahrhunderte der christlichen Geschichte seie auch heute noch mit dem Recht und der Freiheit der Kirche unauflösliche verbunden das Recht und die Freiheit und das Wohlergehen des Volkes. Geht´s mit der Kirche abwärts, dann geht´s auch mit diesen bergab. - - -

Wir brauchen keine Krawalle und keine Unruhen, wir brauchen bessere Sachen. Meines Erachtens zunächst folgende: a) Weibliche Gebetsvereine, welche zum Himmel schreien, auf daß Recht und Gerechtigkeit überall zurückkehre in das badische Ländle und daß die Männer wiederum werden -- Männer. Weiter katholische Volksvereine in jedem Ort, wo noch keine sind und wo „gebildete“ Fabrikanten , Apotheker, Notare u. dgl. m. das auchkatholische und volksfeindliche Panier aufstecken möchten. S´ist gerine Kunst in unsern Tagen, einen derartigen Verein ins Leben zu rufen. Es gehört blos dazu, daß ein paar ordentliche Katholiken das Zeug dazu haben und daß der geistliche Herr Licht genug im Aepfel hat, um zu begreifen, wie es sich heutzutage handelt um den Fortbestand der katholischen Kirche und nebenbei auch um sein eigenes, vielleicht manchmal nur all zu inbrünstig geliebtes Pfründlein. In Orten, welche im Ganzen christlich geblieben sind und katholisch braucht man keine Vereine, da reicht die fleißige Austheilung guter Flugschriften hin und die gute Belehrung.

b) Wir brauchen ein Ministerium, welches über allen politischen Parteien zu stehen sich befleißigt, gemäß dem Geiste der Verfassung, und welches allgemeine, geheime und dirkte Wahlen verordnet, gemäß den Wünschen der ungeheuren Mehrzahl der Steuer- und Soldatenlieferanten. Ferner muß die seit 27 Jahren trotz 1848 und 1849, trotz 1860 und 1866 niemals aufgelöste Kammer endlich den Weg alles Fleisches gegangen werde. Fort mit ihr auf Nimmerwiedersehen !

c) An der Stelle des „erweiterten Ministerialcollegiums“ brauchen wir eine wahre und wirkliche Volksvertretung. Darin müssen alle Stände und Interessen genügend vertreten sein, folglich darf es mangeln weder an Schwarzröcken noch an ehrlichen Demokraten und aufrichtigen Freunden des Kleinhandwerkes, der Kleinbauern und Fabrikarbeiter. Um eine derartige Volkskammer zu Stande zu bringen, dazu gehört noch weiter: a) Fürsorge wider Stadtpaschas und Fabrikpaschas, damit derlei Herren ihre humanen Kunststücklein nicht wiederholen können und dürfen, die sie bei den Wahlen in die Kreisversammlungen wie in das Zollparlament zum Besten gegeben. Sie haben damals ihre stets schlechtes bezahlten Arbeiter und alle von ihnen Abhängigen kurzweg als „Stimmvieh“ behandelt und mit „augenblicklicher Entlassung“, und allen möglichen Rachewerken nicht bloß bedroht, falls dieselben auch eine eigene Meinung haben und anders wählen wollten als ihr Brodkorbmeister. Es ist hohe Zeit, solchen neumodischen Sklavenzüchtern ihr Handwerk zu verderben ! - b) Strengste Ueberwachung der Wahlkommissionen von wegen gewissen Heldenthaten, die man gleichfalls kennt von den Kreisversammlungen her und von der Zollparlamentswahl.

Die allererste Arbeit der allerersten Volkskammer dürfte darin bestehen, den merkwürdigsten Paragraphen der Verfassung auszumerzen.

Dieser Paragraph befiehlt dem Volksvertreter, lediglich zu stimmen gemäß seiner persönlichen Ueberzeugung d.h. möglicherweise gemäß den Eingebungen seiner Freiheit oder seines persönlichen Eigennutzes; dagegen verbietet er dem Volksvertreter, sage dem Volksvertreter förmlich, Aufträge von seinen eigenen Wählern anzunehmen. Gewiß das Höchste, was in constitioneller Scheinfreiheit geleistet werden vermag. Wenn nichts Besseres so haben Abgeordnete, welche a la Beck oder Eckhard Mißtrauenserklärungen ihrer Wähler ungeachtet lassen, doch das Buchstabenrecht des Verfassungspapieres für sich.

Mehr als je thut den gläubigen Christen in Baden und vor allem uns Katholiken Noth gesetzliche Arbeit für unser gutes Recht, das Ringen nach der im freien Staat wahrhaft freien und selbstständigen Kirche und Schule nach nordamerikanischen Muster, Ausdauer in jener Arbeit und in solchem Ringen.

Gesetz, Freiheit, Selbstständigkeit, ach ! Im Geiste kniee ich im Kirchlein von Maria Lindenberg. Kein Glockenklang, kein Orgelton, verstummt das ununterbrochene Gebet vom Chore herab. Unruhig flimmert das ewige Licht vor dem Allerheiligsten, tiefernst blicken die Statuen und Heiligenbilder vor sich hin. Selbst die Roße, Rinder und Schafe der oft herzlich schlecht gekleksten doch stets bestgemeinten Votvtafeln scheinen zu trauern. Geheimnisvoll flüstert der Wind zur offenen Thüre herein: Warum ? Und warum ? scheinen Geisterstimmen zu fragen, hörbar gerade deshalb, weil ringsum Grabesstille herrscht.

Der Aschermittwoch ist vorüberfür Maria Lindenberg, wir gehen dem Charfreitag entgegen, allerdings. Aber seit 1868 Jahren kam auf den Charfreitag noch immer die frohe, beseligende „Urständ“. Chrsitus ist erstanden !“ jubelts auch 1869 von Land zu Land, über Meer zu Meer vom Anfang der Sonne bis zum Niedergang. „Der Lindenberg ist erstanden !“ werden mein lieben Schwarzwälder jubeln binnen wenigen Jahren, wills Gott noch früher. Und ich ahne, nicht blos Privatvereine für Gebet und Arbeit werden ungestört leben, wohl aber ihr Ostern feiern ganz andere Vereine, welche zum Wesen und Streben der Weltkirche Jesu Christi gehören und lange Jahrzehnte vor der Lindenberger Treibjagd

zerrissen worden sind vom Aufklärungswolf. Und felsenfest überzeugt bin ich noch von etwas Anderm. Minister Jolly Excellenz nämlich sich herbei lassen müssen, mit hohen und allerhöchsten Herrschaften ein zerstäubendes anatomisch achtbares Gerippe zu sein. Ihr armen Seelen werden dem unbestechlichen furchtbaren Richter über den Sternen längst Rechenschaft abgelegt haben von Thun und Lassen während der Minute ihres Erdenlebens. Aber auch dann und noch länger, bis zu Petrus II. und bis zum Weltgericht wird man ächtkatholisch, nämlich apostolisch=römisch=katholisch, kurz ultramontan fühlen, denken, reden, schreiben, beten, singen, leben und handeln nicht blos auf Maria Lindenberg, auch nicht blos auf dem armseligen Erdfleckchen, welches von 1807 bis XX den stolzen Titel Großherzogthum Baden geführt, sondern vom Nordpol bis zum Südpol. Doch jetzt, im Jahre 1869 nach der Geburt des Erlösers der Menschheit und im Germinal (spr.scherminal d.H.Monte März) desJahres X der jungbadischen Freiheit möchte ich hinaustreten aus dem Lindenberger Kirchlein und von der verwaisten Höhe herab mit zehntausend Donnerstimmen fragen Land und Nachbarland:

Darf in einem Verfassungsstaate das hausrecht bloß so geübt werden, wie es Hochmögenden gefällt ? - Darf die Religionsfreiheit nur so und so weit bestehen als dies der regierenden Confessionslosigkeit mundet ? - Dürfen endlich bloß solche Vereine bestehen und bloß solche Versammlungen gehalten werden, welche dem Herrn Minister genehm sind ? - Ich glaube die katholische Antwort millionenstimmug zu hören. Dieselbe lautet: eine deratrige Religions- Vereins- und Hausfreiheit würde gefallen dem Herscher aller Reußen. Zu den „achtbarsten und intelligentesten Bürgern“ aber würden bloß solche Polen gehören, welche die Religion des Czaren annehmen“.

Nein, gegenstandslos und sinnlos ist er geworden, der vierhundertjährige Bund zwischen „Thron und Altar.“ Christlich ist geblieben der Altar, neuheidnisch ist geworden der Thron. Zeitgemäß und sachgemäß ist geworden dagegen der Bund der unterdrückten und verfolgten Ultramontanen mit jedem ehrlichen Manne, der Front macht wider den gemeinsamen, bloß von der Uneinigkeit lebenden und abermals auf Uneinigkeit speculirenden Hauptfeind, Front wider den Allen gemeinsamen Feind, wider die Allmacht des s.g. Staates. Also höre ich das katholische Volk in Neubaden rufen und mit ihm stimmen überein die besten seiner Priester - Hurrah !

Abschied.

Mehr als einmal habe ich im Vorhergehenden die Ausdrücke „Revolution, zahme Revoluzzer, wilde Revoluzzer“ gebraucht. Der geneigte Leser kann nicht völlig verstanden haben was ich damit bezeichnen wollt, weil von all unsern zahllosen Wißmeistern der Aufgeklärtheit bisher auch nicht ein einziger klar und deutlich ausgesprochen hat, was denn die Revolution ist. Ich selbst bin fast 46 Jahre alt geworden und habe mir die Augen schier aus dem Kopfe gelesen, bis ich hinter den richtigen Begriff gekommen.

Die Liberalen und Freimaurer haben in ihren Schriften, Blättern und Mäulern eine Menge Wörter (meist Fremdwörter) und Redensarten, deren Sinn nebelhaft oder schillernd ist. Wie man die nothwendigsten Lebensbedürfnisse verfälscht von wegen zeitgemäßer „Bildung“ und freier „Sittlichkeit“ und zu Gunsten des „Besitzes“, so wars und ist´s ein Hauptgeschäft der Intelligenzen ohne Christus, die Sprache zu fälschen. Sie berauben die Wörte der ursprünglichen ehrlichen Bedeutung und verwandeln sie gleichsam in leere Schachteln, in welche gesteckt wird, was jeweils in den revolutionären Kram taugt. Frage den nächsten besten versessenen Leser der Mordbase (von braven Karlsruhern gerne „badischer Schweinetrog“ benamst), der Wagner´schen Zwangsanstalt oder des Komödiantenblattes der Grünwäldergasse: was ist und heißt den eigentlich human, liberal, radikal, klerikal, reactionär, nationalliberal ? Was soll das bedeuten: Forderungen, Fragen der Zeit ? Förderung der sittlichen, der materiellen Interessen ? Oder was versteht ihr den eigentlich unter Bildung, Gesittung, Forstchritt, Recht, Gesetz, Staat ? Ich wette 1000 gegen 1, die großmaulige Intelligenz steht als Ochs am Berge, verführt ein dummes Gerede oder wird gar zornig und verfällt ins Schimpfen. Ist der Gefragte ein Eingeweihter oder guter Kopf, dann darf oder mag er dir die rechte Antwort nicht ertheilen, klare Begriffe sind eben Rattengift für die liberalvermauerten mastbürgerlichen Interessen; das Gedeihen dieser erheischt die möglichst gründliche Entchristlichung und Verdummung des Volkes. Ein Aufklärungsgimpel der gewöhnlichen Sorte aber kennt die rechte Antwort selbst nicht; er ist eben bloß ein armseliger Papagei der revolutionären Blätter oder des „hochwürdigen Bruders Stuhlmeister“.

Und jetzt; was ist die Revolution ?

Revolution (auf deutsch Umwälzung) nenne ich den bewußten, gewollten und grundsätzlichen Abfall des öffentlichen Lebens von Gott und der von Gott gesetzten Auktorität, die Verneinung und Bekämpfung der göttlichen und kirchlichen Lehre und Gebote in Wissenschaft und Kunst, im politischen und bürgerlichen Leben, besonders auch im Erwerbsleben.

Das ist die Revolution und nichts anderes. Halte diesen Begriff fest, schaue rings um dich herum und hinein in das Alltagsleben und es wird die ergehen wie mir´s selber ergangen. Wie eine Leuchtkugel fährt er hinein in die Nacht all unserer Zustände. Er enthüllt das letzte Geheimnis der handwerksmäßig und heidnisch gewordenen Wissenschaft, Büchermacherei und Zeitungsschreiberei, ebenso das der Kunst als einer Magd der Sinnlichkeit und elender Parteiinteressen, nicht minder das des neuen Faustrechtes im Völkerleben, wie der beispiellos gewordenen Kasernenherrlichkeit. Du begreifts die Rechtlosigkeit unter Bergen von sogenannten Gesetzen und Verordnungen; Du durchschauest den gewissenlosen Betrug und herzlosen Wucher, der da herrschend geworden im Handel und Wandel, an den Börsen, bei Aktiengesellschaften, in der Großfabrik wie in manchem Kleingeschäft und bis herab zum Hausknecht, der leichtmöglich um Hafer dich beschummelt. Wir leben gegenwärtig in einem durch und durch revolutionären Zeitalter, das heißt: mitten im Christenland ist ein neues Heidenthum stark und übermächtig geworden, ein Heidenthum weit schuldbedeckter, heilloser und gefahrdrohender als das Alte gewesen. Mit diesem neumodischen Heidenthum verträgt sich das Christentum so wenig als Belial mit Christus. Die Kirche, und zwar vor Allem die römisch-katholische Kirche ist da einzige und letzte große Bollwerk, das da die Völker schirmt und bewahrt vor der Knechtung und übertünchten todtbringenden Barbarei der „modernen Civilisation“.Daher ist satanische Wuth gegen Christentum und die Kirche, der Vertilgungskrieg wider dieselben.

Doch muß ich Abschied nehmen. Nur noch ein paar Gedänkle auf den Weg. Vermittelst der Leuchte des Begriffes Revolutionsiehest du ein, wie es durch und durch revolutionäre allerhöchste und hohe Herrschaften, Minister, Kammer- und Beamtenschaft geben kann z.B. in Raubitalien, Spanien u.s.f. Der Unterschied zwischen Revoluzzern im Schlafrock und Pantoffeln und und den wilden ist gar gering. Der Unterschied zwischen einem tiefen schleichenden Leiden und vorübergehenden argen Zuckungen und Ausbrüchen desselben Leidens ist ja auch kein großer. Zum Wesen der Revolution gehören keinesweg nothwendig Barrikaden, Sensenmänner, Civilcommissäre, Volksgetös und Volksredner. Gerade in Zeiten des tiefsten äußern Friedens hat die Revolution die allerbesten Geschäfte gemacht vermittelst mancher Kammerbeschlüsse, Verordnungen, endloser und rastloser Neuerungen. Es kann sich Einer einbilden, er sie entsetzlich „conservativ“ und er kann „staatstreu“ sein und „gesetzestreu“ bis über die Ohren hinaus, aber er handlangert trotzdem im Dienste und zu Gunsten der Revolution.

Hat man Revolution in der Regel den gewaltsamen Umsturz einer Staatsverfassung oder den massenhaften Versuch hiezu genannt, so war dies eben seichtes perfides Geschwätz der Krebsfortschrittler. Solche geistesverirrten Knechtseelen möchten eben auch die berechtigte und pflichtgemäße Nothwehr eines in seinen heiligsten Rechten und Gütern mißhandelten Volkes oder Standes gern als Revolution verunglimpfen. Aber weder die Spanier von 1808 noch die Tiroler von 1809 sind Revoluzzer gewesen. Sie sind vielmehr aufgestanden und haben gestritten wie Helden gegen den „Sohn und Erben der Revolution“ nämlich wider den ersten Napoleon und dessen neuheidnische und freimaurerisch Parteiwirthschaften. Und bei allen Aufständen wider die russischen Volksmörder haben die unglücklichen Polen bloß das natürliche und heilige Recht der Nothwehr geübt. Die Losreißung der Jahrhunderte lang mißhandelten Irländen von England, falls letzteres in keine besseren Bahnen einlenkt, wäre gleichfalls Nothwehr. Nothwehr und gerechte Vergeltung wäre es ferner, wenn die genugsam torumentirten und ausgesogenen Bürger und Bauern drüben in Italien wie jenseits der Pyrenäen der revolutionären Mißwirthschaft und Schandwirthschaft in Florenz und Madrid das Handwerk für immer und ewig legen würden. Haben endlich auch in deutschredenden Landen der kleine Mann und der Fabrikarbeiter angefangen sich zu regen wider die durch und durch revolutionäre Allmacht des todten Kapitals, sowie gegen die weiße Sklaverei der Großindustrie mitten im Christenland, so kann ein billigdenkender Mensch ihnen bloß den besten Erfolg wünschen. Die Lassalleaner gefallen mir, insofern sie das neuheidnische Erwerbsystem durch schauen klarer als Universitätsprofessoren; weil sie von den Rechtsverdrehern und Sophisten der „Intelligenz“ und des „Besitzes“ sich keineswegs ein X für ein U machen lassen, ferner weil sie bei Wahlen und sonst nicht zum „Stimmvieh“ des Fabrikanten sich degradiren lassen, sondern eine eigene Meinung bethätigen u.s.f. Was mich bezüglich der Socialdemokraten stutzig und für die Arbeiter besorgt macht, das ist nicht sowohl die Staatshülfe oder der in nebelhafter Ferne utopisch in der Luft hängende „Arbeiterstaat“, sondern folgendes: a) man hegte und pflegte unter ihnen bisher den vollendetsten Unglauben und Kirchenhaß und stellte sie damit ganz auf denselben Boden, aus welchem die Capitalmacht und moderne Großindustrie mit all der Massenverarmung und dem Volkselend emporwachsen. Sollte dieser Boden jemals bessere Früchte tragen können ? b) man drängt die Arbeiter mehr und mehr vom gebiet ihrer nächstliegenden Arbeiterinteressen in das rein Politische herüber, wo die berechtigte Nothwehr in trostlose Revolution ausartet. - -

So, jetzt hast du nebenbei auch das rechte Licht bezüglich des Geistes, der die Treibjagd auf dem Lindenberg angestellt hat. Schlägst Du vor diesem Geiste ein andächtiges Kreuz, so hab ich nichts dawider. Von diesem Geiste ist bekannt, daß sein wüthenster Ingrimm durch alle Jahrhunderte der christlichen Zeitrechnung vor allem gegolten hat der ununterbrochenen Anbetung des allerheiligsten Altarsakramentes ! - Und betest Du ein Vaterunser für mich, so sage ich: vergelts Gott, tausendmal !   

Oeffentliche Danksagung.

Unlängst führte einst ein Jude eine viebeinige Hornistin, nömlich eine leibhaftige Kuh, durch die Kaiserstraße der Dreisamstadt. Je näher der „Herder´schen Verlagshandlung“, desto unbändiger wurde die gehörnte Dame. Der arme Jude vermochte das Vieh nicht länger zu halten. Mit beiden Hörnern, mit Kopf und Füßen fuhr es hinein in das große Schaufenster der „Literarischen Anstalt“. Höchstwahrscheinlich suchte die Hornistin mein "goldenes Kalb“. Als sie dasselbe nicht fand, weil es bereits in vielen Tausend Exemplaren  nach allen Himmelsgegenden des Ländleins ausgefahren, da ward sie erfüllt von der „gerechtesten sittlichen Entrüstung.“ Sie durchstieß ein Bildnis des heil. Vaters, trampelte auf einem kostbaren Missale herum u.s.f. Ganze „Arbeit“ zu machen, auf daß „die Geschicke sich erfüllten“, daran ward die Kuh verhindert vom Juden, denn beim Geldausgeben hört nicht bloß alle Gemüthlichkeit auf, sondern auch die zeitgemäße „Gesinnungstüchtigkeit“ nebst Licht, Gerechtigkeit und Humanität u. dgl. m. Der angerichtete Geldschaden betrug 120 Gulden, die von einer Versicherungsgesellschaft bezahlt worden seien. Als ich das wirklich zeitgemäße Histörchen vernahm, da war mein erster Gedanke: in diesem Hornvieh spuckt die arme Seele eines liberalen oder radicalen - Zeitungsschreibers. Da aber ein Kaminschwarzer meiner Art nicht an Seelenwanderung glauben soll und da allerlei Vieharten heutzutage auffallend ungeberdiger sich aufführen als in früheren Jahren, so kann man bloß annehmen, besagte vierbeinige Tagesheldin lese gelegentlich volks- und kirchenfeindliche Zeitungen, sei trotz ihres vierfachen Magens nicht im Stande, jeden Artikel gehörig zu verdauen, und habe in einem Anfall revolutionärer Besessenheit das Attentat verübt.

S´ist nicht fein, was ich jetzt sage, aber wahr und aus jeder Nummer jedes Lichtpopele-Blattes leicht herauszulesen: Die Preßlakaien der zahmen Revolution machen´s ganz ähnlich wie die zerstörungssüchtige Hornistin. Und ärger als sie´s heute treiben, kann´s wohl nicht mehr getrieben werden. Ihr Ingrimm wider alles Christliche, Katholische und Volksthümliche hat darin sich verirrt, gegen die geistliche Obrigkeit und mißliebige Ultramontane zu heulen wie der Schakal und zu lachen wie Hyänen. S´ist wohlfeil, spottwohlfeil solch´ Schimpfwortconzert. Geist und Kenntniss sind dazu so wenig erforderlich als Mannesmuth und Ehrgefühl. Eine erklekliche Portion Lügengeist und Denunciantenniedertracht, eingetunkt in die Schüssel boden- und sittenloser Gemeinheit, dazu etwas Papier und Druckerschwärze sind ausreichend für derlei Gutedel. Auch gegen meine Person ist eine wahre Treibjagd veranstaltet worden, ich muß den Hornisten der Kirchenstürmerei und des Mastbürgerthums besonders wehe gethan haben. Vom Bodensee herab bis zum Main hinunter wird gebrüllt das humane Lügenlied vom angeblichen „rothen Republikaner“ von 1848.