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ERHALTEN
Der Fußehof
im Geroldstal, Dietenbach unweit von Kirchzarten



Sie waren ein Charakteristikum des südlichen Schwarzwaldes, die mächtigen, dem Gelände angepassten Eindachhöfe. In ihrer einstigen Form gibt es heute nur noch wenige. Ein besonders schönes Exemplar ist der Fußehof bei Kirchzarten. Die Denkmalstiftung hat dafür gesorgt, dass er in seiner Ursprünglichkeit erhalten bleibt.
 
Die Dreisam ist der Charakterfluss Freiburgs. Sie prägt den Ort mit, entspringt droben im südlichen Hochschwarzwald beim Titisee, fließt durch die Stadt und gibt den so typischen „BächIe" Wasser ab. Wenn's warm wird, strömt vom Schwarzwald her durch das Dreisamtal der „HöIIentäIer", ein frischer, nach Blumen und Heu duftender abendlicher Ostwind, und bringt erlösende Luft über den Münsterplatz.
Bevor die Dreisam Freiburg erreicht, hat sie längst ein ausgedehntes Tal gebildet — eine weite Feldflur, in die hinein sie sich nach den düsteren Urgesteinsschluchten des südlichen Hochschwarzwalds ergießt. Französische Revolutionstruppen sollen jene finstere Schwarzwald-Geröllpforte einst auf ihren Eroberungszügen gegen Osten als „HöIIentaI" verflucht haben. Dagegen erscheint wiederum die Dreisamebene als eine elysische Freiheit, die sich der Fluss geschaffen hat. Gar als „HimmeIreich"‚ so ein Ort am Anfang des erstaunlichen Tals, das sich bis hin zum Ostrand Freiburgs dehnt.
In dieser breiten Flussebene haben sich wiederum etliche kleine Seitentäler ausgebildet. Und in einem davon, dem Geroldstal, unweit von Kirchzarten, liegt der Fußehof, einer der hier verstreuten Einzelhöfe, die mit ihren mächtigen, weit herabgezogenen Walmdächern das Landschaftsbild dieses oberen Dreisamtals prägen.




Der Fußehof: ein Riese aus Holz mit mächtigem Walmdach
Der sogenannte Trippel (Laufgang) an der Längsseite.



Alles unter einem Dach
Die Ähnlichkeit zu dem vor einigen Jahren beschriebenen Seppehof im Hochschwarzwald (3/2009), in Menzenschwand, ist augenfällig, auch wenn der Fußehof hier unten im Tal durch das weit heruntergezogene Walmdach in seinem östlichen Wohnbereich hermetischer wirkt als der Seppehof, dem ein Krüppelwalmdach auf der Wohnseite sozusagen ein offeneres Gesicht verleiht. Identisch und dem Schwarzwaldhof ohnedies gemeinsam ist beiden die Einhaus-Konzeption. Wohn- und Wirtschaftsräume, vor allem die Ställe, liegen unter einem Dach. Analog, hier wie dort, ist die breit angelegte Rampe zur Hofeinfahrt, die in den Wirtschaftsteil, vor allem zu den Heuböden führt. Über Entstehungszeit, Baumeister und Auftraggeber des Fußehofs wissen wir aufgrund einer ausführlichen Bauinschrift im Geschoss-Deckenriegel über der Eingangstür Bescheid. Als Baudatum ist der „28.MERTZ. ANNO.1754" eingeschnitzt. Ein Segensspruch soll das Haus vor Unheil bewahren: „DAS.HAUS.STET.IN.GOTES.HAND.BEHIT.ES.GOT.VOR.FEIR.UND.BRAND". Dann werden die Bauherren genannt:
„UND HAT. ES.BAUEN.DER.HANS.FUS.UND.ANA. SCHLUPFIN."
Der Name des Bauherrn „Hans Fus" ist wohl von „Fuchs" abgeleitet. „SchIupf", der Name seiner Ehefrau, in der weiblichen Form dann eben „SchIupfin", kommt in der Gegend um Kirchzarten häufiger vor. Interessant vor allem, dass an diesem Querbalken auch der Zimmermeister verewigt ist — der „SPAN. MEISTER.HANS.IANTZ." Darunter die Segnungsformel „CM B", also „Christus segne dieses Haus". Religiöse Segnungsformeln sind in dieser streng gegenreformatorischen, im 18.Jahrhundert noch vorderösterreichischen Gegend, gang und gäbe. Eher selten sind Namen von Zimmermeistern, die sich verewigt haben. Oft war es so, dass, wie beim Seppehof, die Dorfgemeinschaft insgesamt zum Hausbau antrat. Aber Zimmermeister aus der Familie I/Janz sind im Dreisamtal des 18.Jahrhunderts öfter anzutreffen, wie der Freiburger Häuserforscher Stefan King festgestellt hat. Von ihm stammt eine intensive Studie zum Fußehof, auf die wir im Folgenden gern zurückgreifen. Dieser für den Südschwarzwald so typische Eindachhof befindet sich nach King in einem bemerkenswert guten Erhaltungszustand, aus dem sich noch immer die Erbauungszeit unmittelbar ablesen lässt. (Der Hof in seiner beruhigenden Entlegenheit hat Modernisierungen erst 1982 erfahren, etwa durch neue Fenster.) Auch beim Fußehof fallen Gekonntheit und Strenge der Zimmermannsarbeiten auf. So verlaufen die Holzständer der Außenwände über beide Geschosshöhen. Die Wandfüllungen, meist Bohlen, sind vor allem in der Eckstube mit ihrem Kachelofen, der dem Wohn- und Repräsentationsraum seine besondere Bedeutung verleiht, recht kräftig ausgefallen. Hier wird der Eckständer besonders gefordert und besteht deshalb aus hartem Eichenholz, wogegen der Rest aus Nadelholz gezimmert ist. Wohl zur Unterbringung einer Heiligendarstellung ist im Eckständer eine Nische eingelassen. Die Küche als der andere zentrale Raum im Wohnbereich des Erdgeschosses war ursprünglich recht hoch und reichte über Erd- und Obergeschoss. Der Rauch stieg vor dem Einbau eines Kamins frei wabernd in die Höhe, wo er Speckseiten und Würste konservierte. Auch wenn es einige Abzugslöcher gab, ist der gesamte Wohnbereich rußgeschwärzt.
Der gute Erhaltungszustand dieses Hofgebäudes hat 1980 zur Überlegung geführt, aus dem Fußehof ein Freilichtmuseum zu machen. Stattdessen wurde eben „modernisiert". Mittlerweile hat man die Maßnahmen von damals im Rahmen der neuerlichen Sanierung wieder rückgängig gemacht. Stefan King wertet diesen Erhaltungsgrad als „Zeugnis des Beharrungsvermögens im Schwarzwälder Hausbau" am Schwarzwald-Westrand. Dessen konstruktive Eigentümlichkeiten seien gerade im Dreisamtal wieder auffindbar, etwa die doppelte Ständerstellung im Wirtschaftsteil — einmal für das Dachtragwerk und dann die Trippelkammern, kleine Räume, die man nur über den „TrippeI" erreichen konnte. So nennt man hier den außen liegenden Gang oder Umlauf. Bemerkenswert ist dazu die Konzeption, den Hausflur in voller Breite öffnen zu können — zu einer kleinen Halle, sei's für große Schlachtungen, sei's für große Feste.
Beim Fußehof war das mit der Denkmalpflege zusammen entwickelte Konzept „einfach und hat gerade deshalb einen hohen konservatorischen Nutzen" (King). Die Sanierung galt hier wie dort dem Wohnteil, wobei die ursprüngliche Raumaufteilung nach diesen Vorstellungen unverändert bleibt und deshalb auch die überlieferte Nutzung der Räume beibehalten werden kann. Die frühere Rauchküche wird wieder zweigeschossig und erhält damit „ihren Zeugnischarakter zurück" (King). Das Restaurierungsvorhaben an diesem, soll man sagen „kleinen Kosmos aus Holz", war dabei streng am Materialbefund orientiert.

Fußehof im Schwarzwald ist gerettet – Denkmalstiftung fördert Sanierung
Kirchzarten – Der Fußehof in Dietenbach zählt zu den ältesten Höfen in der Region um Kirchzarten und ist ein repräsentatives Kulturdenkmal. Um den imposanten Schwarzwälder Eindachhof aus dem Jahr 1754 in seiner Substanz zu erhalten, sind aufwändige Renovierungsarbeiten nötig. Die Denkmalstiftung Baden-Württemberg unterstützt die Hofeigentümer jetzt mit einem nennenswerten Betrag, damit das Kulturdenkmal gesichert werden kann. „Auf diese Weise würdigt sie das Engagement der Eigentümer, die sich mit hohem Aufwand um eine sorgfältige denkmalgerechte Instandhaltung und Sanierung dieses wertvollen Kulturdenkmals bemühen. Denn das Anwesen ist bis heute weitgehend unverändert erhalten“, sagte Ministerialdirigent Rolf Sutter, Mitglied des Kuratoriums der Denkmalstiftung, bei der Übergabe des Zuwendungsvertrags. Aus Sicht des Denkmalschutzes sind die an den Enden geschuppten Deckenbalken in der Stube ebenso bemerkenswert wie die Küche mit ihren zwei Rauchgewölben. Die Eigentümer wollen den Hof als Zweitwohnung nutzen. Damit gilt der Erhalt des Kulturdenkmals als gesichert. Mittlerweile ist auch die Einheit von Hof und Kornspeicher wieder hergestellt, weil eine Gemeindestraße, die jahrelang mitten durch das Anwesen führte, kürzlich um das Ensemble herum verlegt werden konnte.
Architekt: Dr. Stefan Blum, Freier Architekt, Büro für Architektur und Bauforschung, Mühlegraben 15, 79271 St. Peter

aus: DENKMALSTIMME 4 | 2016
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