Funde
der Ur-
und Frühgeschichte in der Gemeinde Stegen
Die ersten Belege für Menschen im Dreisamtal stammen aus der
mittleren Steinzeit (Mesolithikum, ca. 9.-6. Jtsd. v. Chr.). Ältere Hinweise haben die Schmelzwasserflüsse der
Eiszeit ausgeräumt oder tief verschüttet. Die Lebensweise der Jäger und
Sammler hinterließ nur wenige Spuren. Ihre Werkzeuge und Abschläge aus
Feuerstein finden sich meist auf den hochwassersicheren Uferterrassen entlang
der Bäche. Die meisten Plätze liegen bei Littenweiler, Kappel und Kirchzarten,
in geringerer Dichte im nördlichen.Zartener Becken. Von Stegen und seinen
Ortsteilen stammen bisher nur wenige Feuersteine, die nicht genauer bestimmbar
sind. Vom Dreisamtal aus zogen Jäger und Sammler auch hinauf auf die
Schwarzwaldhöhen, Wie ein Fundplatz in 780 m Höhe bei St. Peter belegt. Aus
den folgenden Epochen fanden sich im Dreisamtal nur wenige Pfeilspitzen aus der
Jungsteinzeit (bei Zarten und zwischen Kirchzarten und Oberried). Nach langer
Unterbrechung setzen die Funde erst wieder dichter in der späten Eisenzeit ein.
Im Mai 2002 wurde die Erschließung für das zukünftige
Gewerbegebiet von Stegen (westlich
der Gehörlosenschule) begangen. Direkt neben der Zufahrtsstraße zum
Baldenweger Hof bzw. ins Wittental wurde eine zersplitterte Randscherbe einer
Schüssel der sog. Spät-Latène-Zeit (2./1. Jhdt. v. Chr.) gefunden. Diese
Periode, die Zeit der Kelten, ist nach einem Fundort in der Schweiz (La Tène)
benannt. In dieser Zeit befand sich im Dreisamtal bei Zarten eine ausgedehnte,
unbefestigte Siedlung - offenbar die größte im Breisgau. Es gibt zahlreiche
Belege für Handwerk, Fernhandel und Münzprägung. Die Siedlung liegt an einer
wichtigen Wegverbindung an die obere Donau. Vermutlich handelte es sich bei
Tarodunum (der Name ist überliefert) um das Zentrum eines - uns leider
unbekannten - keltischen Stammes. Dieser begann mit der Errichtung einer großen,
200 Hektar einfassenden Befestigungsanlage im Bereich Burg / Birkenhofsiedlung
und wollte die bisher ungeschützte Siedlung offenbar dorthin verlegen. Aus
unbekannten Gründen kam es nicht mehr dazu, und die Festung blieb unfertig
liegen. Sie zeichnet sich heute noch im Gelände ab (u.a. der sog.
"Heidengraben").
Über das ganze Dreisamtal verstreut fanden sich bisher kleine Siedlungsstellen
der Spät-Latène-Zeit. Es handelt sich wohl um kleine Gehöfte, die zumindest
teilweise die Versorgung des anzunehmenden Stammeszentrums mit
landwirtschaftlichen Gütern sicherstellten. Der neue Fund von Stegen
(Gewerbegebiet) könnte auf eine weitere solche Fundstelle hindeuten.
Bei Oberbirken wurden schon vor
Jahren zwei solche Siedlungsstellen erkannt, die u.a. ein Bruchstück eines
Armrings aus Glas sowie grobe und feine Keramik erbrachten.
Die keltische Besiedlung dünnte noch im 1. Jhdt. v. Chr, aus, die Großsiedlung
bei Zarten wurde aufgegeben.
Im 1. Jhdt. n. Chr. erreichten römische Truppen und Siedler rechtsrheinisches
Gebiet. Im 2. und 3. Jhdt. n. Chr. liegen im Dreisamtal verstreut eine Reihe
kleiner Siedlungen, vermutlich Gehöfte.
Im Mai 2002 wurden im Erschließungsgebiet für das Gewerbegebiet Stegen römische
Funde gemacht, so einige Amphorenscherben, ein Stück Terra sigillata
(Tafelgeschirr mit rotem Glanztonüberzug), einige Scherben von grober
Haushaltskeramik und einige Ziegelstücke. Die Funde waren stark verwittert und
offenbar schon durch älteren Ackerbau etwas umgelagert. Weitere römische Funde
stammen von
Unterbirken jedoch schon auf Gemarkung Zarten gelegen« u.a. ein
Leistenziegelstück und ein Henkel einer Kanne aus blauem Glas) und von Oberbirken
(Keramik).
Der Weg über den Schwarzwald wurde offenbar als kleine, regionale Verbindung
weiter genutzt; die wichtigeren Straßenverbindungen führten entlang dem
Hochrhein und durch das Kinzigtal.
Über das Ende der Römischen Kaiserzeit und die Völkerwanderungszeit im
Dreisamtal wissen wir nichts. Ein vereinzeltes Schlaglicht werfen, wenige Funde
einer silbertauschierten Gürtelschnalle, einer Riemenzunge und zweier Messer
westlich von Buchenbach, auf dem Wall der keltischen Befestigungsanlage. Sie
deuten auf eine Gruppe von Gräbern hin, die dort im 7. Jhdt. n. Chr. angelegt
wurden (Ausgrabung im Jahre 1901).
Das Martinspatrozinium einer Kapelle beim Baldenweger
Hof wurde als Hinweis auf eine frühmittelalterliche Besiedlung gewertet, läßt
sich jedoch nicht belegen. Die Kapelle wird erst 1463 zum ersten Mal genannt.
Am "Falkenbühl" (beim
Gasthaus "Falken") erbrachten Begehungen und die Beobachtung einer
Baumaßnahme durch den Verfasser in den letzten Jahren mittelalterliche und frühneuzeitliche
Funde. Die Untersuchungen zeigten außerdem, daß es sich beim Falkenbühl nicht
um einen künstlich aufgeschütteten Erdhügel (eine sog. Motte; auf solchen
frühen Burghügeln standen gewöhnlich Türme) handelt. Der Falkenbühl ist
vielmehr ein sog. Umlaufberg, der in alter Zeit durch Einschneidung von Bächen
vom dahinterliegenden Berg abgetrennt wurde. Der Hügel besteht aus Gneis. Ein künstlicher
Einschnitt im Fels, der am Rand einer Baugrube erkennbar war, gehörte offenbar
zu einem umlaufenden trockenen Burggraben.
Erste Untersuchungen (Begehungen, Beobachtung von Baumaßnahmen) wurden in den
letzten Jahren am Schloß Weiler, dem alten Siedlungskern von Stegen unternommen. In
der Sebastianskapelle wurde sog. Pietra rasa-Verputz (Ritzungen mit der
Maurerkelle im Verputz, die die teilweise sichtbaren Mauersteine umrahmen)
festgestellt. Diese Verputztechnik gehört. meist in die romanische Zeit
(111./12. Jh.), kommt aber auch anscheinend noch in der Gotik vor.
Einzelne Oberflächenfunde von Topfscherben im Schloßareal Weiler gehen bis ins
11./12. Jhdt. zurück.
Weitere Ergebnisse erbrachte eine Begehung des Schloßkellers. Ein rechteckiger
Tiefkeller zeigt offenbar einen älteren Baukörper an. An ihn wurde später ein
kleinerer, nicht so tief abgegrabener Keller angebaut. Die unterschiedlich alten
Bauteile sind noch an der ungleichmäßigen Verteilung der (jüngeren) Fenster
an der Fassade des Schlosses erkennbar, die durch die noch erhaltene dicke
Zwischenwand im Innern (die ehemalige nördliche Außenwand des Gebäudes)
bedingt ist. Diese komplizierte Baugeschichte erklärt auch, warum auf der
Sebastianstafel von Stegen am Schloß unterschiedliche Dachhöhen erkennbar
sind.
Gerade in den allerletzten Jahren konnten auf dem Gebiet der
Gemeinde Stegen wichtige Funde gemacht werden, denen sich in der Zukunft wohl
weitere anschließen werden. Sie werfen ein Schlaglicht auf Zeiten und
Sachverhalte, von denen uns überhaupt keine oder keine aussagekräftigen
Schriftquellen überliefert sind.
Dr. Heiko Wagner
Dr. Gremmelsbacher Str. 22
79199 Kirchzarten
Tel. 07661 / 989 335