Eine
Episode in der Geschichte des Baldenweger Hofes (1939 – 1945)
Foto: Oskar Steinhart, Winter 2002
Rund
60 Jahre sind es her, seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs so möchte ich
doch der jetzigen und künftigen Generation ein Bild
dieser Zeit hinterlassen, damit diese historischen Ereignisse nicht
verloren gehen. Im Gemeindearchiv Stegen-Ortsteil Wittental- liegen, außer ein
paar Blätter, keine Akten vor, die den Stempel des „1000jährigen
Reiches“ trugen. Vermutlich sind die Unterlagen über die Kriegsjahre,
spätestens nach 1945, vernichtet worden.
Im Stadtarchiv Freiburg i.Br. fand ich aus einem Aktenstück
Schriftwechsel über die Entstehung
Der
nachfolgende Text kann deswegen keine vollständige Beschreibung
der damaligen Ereignisse aufzeigen,
All
denen, die mir für das Zustandekommen dieser Geschichte „Ausweichflugplatz“
aufschlussreiche Informationen gaben, danke ich herzlich.
Vorgeschichte des
Baldenweger Hofs, der „Villa“ und des Geländes seit 1933
Schon
im März 1934 hat die Städt. Flughafenverwaltung an den Oberbürgermeister der
Stadt Freiburg , wegen der Errichtung einer Gebietsfliegerschule geschrieben und
u.a. mitgeteilt, dass sie eine „Besichtigung der Villa des Baldenweger
Hofs sowie der in der Nähe dieser
Anwesen befindlichen Hänge“ 1
als Übungsgelände für Segelflüge plane.
Studienrat
Koch vom Kultusministerium stellte fest, dass die Villa des Baldenwegerhofes für
Flugschüler nicht ganz den Anforderungen entspreche, sie könne „allenfalls
zur Unterbringung der Gebietsflieger- Schule vorübergehend
verwendet werden“ 2.
Der Vorstand des Wohlfahrtsamtes (Pächter des Anwesens, Eigentümerin ist die
Heiliggeistspitalverwaltung in Freiburg) sagte die Räumung
dieser Villa zu, jedoch ohne Mobilar das sie selber benötigen werde. Ein
Übungsgelände in der Nähe dieses Anwesens wurde noch nicht gefunden.
Es
wurde der Vorschlag gemacht, das Gelände auf dem Schönberg , Gemeinde Ebringen,
als Hauptübungsplatz für Segelflugschüler der A- und B-Prüfung zu nutzen und
die Flugschüler während dieses
dreimonatigen , probeweisen Kurses
mit einem städtischen Fahrzeug des Fuhrparks „von der Villa des Baldenweger
Hofes zum Übungsplatz und zurück zu befördern“ 3.
Es wurden dann mehrere Varianten diskutiert da sich wegen der Abgabe des
Baldenweger Hofes einige Schwierigkeiten ( wegen Unterbringung der Insassen)
ergeben hatten. Zu dieser Zeit (1934) war in der Villa des
Baldenwegerhofes vom Wohlfahrtsamt Freiburg ein Müttererholungsheim
eingerichtet.
Zuletzt
wurde die Gebietsfliegerschule in den Räumen des Baues IV der ehemaligen
Artillerie-Kaserne in Freiburg untergebracht.
Ab
01.07.1937 wurde dann die Villa des Baldenwegerhofs von der Stadt Freiburg –Amt für Volkswohlfahrt an
die NS-Volkswohlfahrt zur eigenen wirtschaftlichen und erzieherischen Leitung, für
erholungsbedürftige Kinder vom 1. – 8. Schuljahr (Kindererholungsheim) übergeben.
Bereits
in den ersten Kriegstagen wurden Räume der Villa (s.Foto Müttererholungsheim)
des „ Baldenweger Hofs „ durch das Militär
beschlagnahmt. Das zuvor von der NSV betriebene Kindererholungsstation
wurde aufgegeben . In diesem Zusammenhang und in den nachfolgenden Zeitläufen
wurde die Einquartierung von Soldaten in dieses Haus verfügt.
Vom
Stab II und der 4.-6. Batterie des Artillerie-Regiment 239 war bereits am
01.03.1940 im Schul-und Rathaus für
drei Tage 1 Stabsoffizier
einquartiert. Am 03.04.1940 folgten 8 Mannschaften bis zu
5 Tage, ab Juli 1940 waren dann bis zu
7 Tage, 2 Offiziere, 3 Oberwachtmeister, 2 Wachtmeister, 5
Unteroffiziere, ca. 70 Mannschaften und 65 Pferde, bei den umliegenden Bauernhöfen
und Einwohnern von Wittental,
untergebracht 4
Pro
Tag wurden von diesem Truppenteil Quartiergelder wie folgt berechnet und
ausgezahlt:
Stabsoffizier
O,80 Pf., Offizier 0,55 Pf., Oberwachtmeister 0,55 Pf.,Wachtmeister 0,50
Pf.,Unteroffizier 0,40 Pf.,
Zur
Auszahlung kamen diese Quartiergelder an Josef Dilger, Josef Vogt, Josef Saier,
Karl Wölfle, Gustav Sumser,
Einsatzgebiet
dieser militärischen Formation war dann die Maginot-Linie/Vogesen bis St. Loup
Luxeuil/Frankreich.
Der Bau des Ausweichflugplatzes
Feldflugplätze waren
mobile Einrichtungen, die der Truppe folgten und insbesondere für leichte Verbände
Auf dem Hofgut selbst waren zu
dieser Zeit bereits vier polnische Kriegsgefangene
von der Stiftungsverwaltung in
Freiburg in der Landwirtschaft eingesetzt. Möglicherweise sind auch diese zum
Arbeitseinsatz und zur Einrichtung des Ausweichflugplatzes herangezogen worden.
Als am 29.Juli 1940 die polnischen Kriegsgefangenen ins Zivilarbeiterverhältnis
transferiert wurden, widersetzten sich die vier Polen dort als einzige dieser Maßnahme,
um ihren Status als Kriegsgefangene nicht zu verlieren 6.
Andere polnische Kriegsgefangene waren
auf den Bauernhöfen in Wittental/Attental ebenfalls als Helfer in der
Landwirtschaft eingesetzt.
Der
Arbeitsdienst legte, auf der südl.Gegenseite der Villa, den Ausweichflugplatz
an und ein großer Teil der landwirtschaftlichen genutzten Fläche des
Baldenweger Hofs und der Witten.-und Attentäler Bauern konnte somit nicht mehr,
wie bisher, bewirtschaftet werden. Die Arbeitsdienstler , die in Kirchzarten in
einer Baracke untergebracht waren,
mussten mit Schaufel und Handkarren auf der Wiese „Grossmatte“ antreten und
diese einebnen und vorhandene Wässerungsgräben sowie den Wittentäler Bach
verlegen. Insgesamt wurden drei neue Zufahrtsbrücken
über den Wittentäler Bach eingebaut.
Die
Baracke stand auf dem Fabrikareal der Fa. Brenzinger & Co in Kirchzarten und
wurde 1937 vom Heeresbauamt in Freiburg als Lagerschuppen errichtet. Bagger und
andere technische Hilfmittel gab es damals für diese Arbeiten nicht. Zum Ausbau
der Start-und Landebahn (Rollbahn) wurden Schienen verlegt und das abgetragene
Erdmaterial wurde auf Loren
transportiert und im Gelände verteilt. Zur
Befestigung des Bodens wurden Binsengräser eingepflanzt und
anschliessend die Rollbahn gewalzt. Vorhandene Wassergräben wurden
ebenfalls aufgeschüttet. Hierbei wurden landwirtschaftliche Grundstücke durch
liegen lassen und Zufuhr von Erdmaterial, Einwerfen der Wässerungsgräben und
durch das Befahren stark geschädigt 7.
Auf
dem Grundstück der Gemeinde Wittental (Schulwiese) wurde eine Antenne
aufgebaut und durch das
Mit
dem ausgehobenen Material wurde eine Böschung (Splitterschutz) entlang des
Wittentäler Bachs angelegt. Der alte Bachlauf
führte von der Villa in
Richtung Grossmatte und von da zurück
entlang des genannten Grundstücks
(s. Plan Lgb.-Nr. 63 nördl. Richtung) in einer leichten Kurve zur
Attental-Strasse von dort in den Eschbach einzumünden.
Im
oberen Bereich, vom (Baldenweger Hof in
Richtung Gasthaus Falken) wurde unterhalb der Wittentäler Strasse in westlicher
Richtung ebenfalls der vom Eschbach
gespeiste Wuhrgraben zugemacht und eben planiert. Stromleitungen wurden abgebaut
und unter den Boden verlegt, damit die Flugzeuge ohne Hindernisse landen und
starten konnten. Mit Baubescheid
des Bezirksamt in Freiburg i.Br. wurde schon am 24. Mai 1939 beim Baldenweger
Hof und Breitehof je ein
Tranformationshäuschen (Trafo) genehmigt und gebaut. Das Baugesuch war von der
Direktion des Städt.Elektrizitätswerks in Freiburg gestellt. Die Häuschen
wurden von der Fa. Bartels in Bad Köstriz
errichtet und in den 60er Jahren des 20.Jahrhunderts wieder abgebaut 9
Nutzung des Ausweichflugplatzes
„Der
Reichsfiskus (Abteilung Luftfahrt) hat die bisher von der NSV. benutzte Villa
des Baldenwegerhofes zur Unterbringung von
Offizieren und Mannschaften der Luftwaffe um den seitherigen Mietzins von jährlich
5.000 RM für die Dauer des Krieges gemietet“ (siehe Foto) 10.
Vom
14.06.1940 – 19.06.1940 sind von dieser Aufklärungsstaffel 1 (H)32 1
Offizier, 3 Feldwebel, 11 Unteroffiziere und
Davon
erhielten:
Scherer, Bernhard
100.00 RM
Vogt, Josef
132.00 RM
Zähringer, Theodor
178.00 RM
Dilger, Josef
36.00 RM
Gemeinde Wittental
144.00 RM
Die Auszahlung des Schadensanteil wurde auf Anweisung
der Amtskasse der Luftwaffe durch
Aufnahme:
1934
Auszug
Gemarkungs-Atlas Wittental 1892 5
Pfeil:
=heutiges Bürgerhaus
Diese
Vorgänge sind natürlich in den Nachbargemeinden auch nicht unbekannt
geblieben, sodaß mir ein Zeitzeuge folgender
Schriftsatz zukommen ließ 14:
„........Ein Feldflugplatz wurde von der Luftwaffe in Wittental drüben
angelegt. Auf einer großen
Anmerkung: „Richard“ war der Sohn von der Metzgerei Tröscher in
Kirchzarten.
He
126 (Henschel)
Ju 52 (Junkers)
Arado Ar 66
Me 109 F4 (Messerschmitt Bf 109)
Mit
Beginn des Frankreichfeldzugs (10.Mai 1940) wurde die Stadt Freiburg, durch
schwere französische Artillerie aus dem Elsass, beschossen. Auch oberhalb der
Villa des Baldenwegerhofs soll ebenfalls eine Granate eingeschlagen haben, die
jedoch nicht zur Explosion kam 15.
Ich selbst vermute, dass dieser Einschlag durch das beim Baldenwegerhof
stationierte Artilleri-Regiment 239 verursacht wurde.
Nach dem Waffenstillstand mit Frankreich am 22.Juni 1940 nahm das Interesse am Ausweichflugplatz Baldenwegerhof wieder rasch ab. Es ist anzunehmen, dass dieser Feldflugplatz „Grossmatte „ bereits vor 1939 für einen möglichen Mobilmachungsfall geplant war und um diesen im Ernstfall in kürzester Zeit zu aktivieren.
„Die
Wehrmacht im „Dritten Reich“ hatte im Dreisamtal und hier auf dem Gelände
des Baldenwegerhofs einen Flugplatz anlegen wollen und durch die
Planierungsarbeiten die Ertragsfähigkeit des Bodens, namentlich durch Entwässerung
vermindert“ 16.
Das Gelände des Ausweichflugplatzes bis heute
„Die
fliegerische Tätigkeit auf den Außengeländen endeten 1936, als alle
Sparten und Organisationen
auf dem Freiburger Flugplatz zusammengefasst wurden. Lediglich zu Beginn des
zweiten Weltkrieges und etwa bis 1942 wurde beim Baldenwegerhof in Wittental auf
dem Gewann ??? Großmatte ein Ausweichplatz
angelegt. 1956 wurde er noch einmal kurzfristig für ein Flugzeug zur Schädlingsbekämpfung
benutzt. Heute sind dort landwirtschaftliche Pflanzungen und
Bei
der Bodennutzungserhebung 1938 wurde für „Sport-,Flug-und Übungsplätze"
eine Gesamtfläche von 14Ar
Nach diesen Angaben wurde dementsprechend eine
Fläche von 12,71 Hektar für den
Ausweich-
Stegen,
den 30.12. 2005 , Oskar Steinhart
1 Stadtarchiv Freiburg C4 XVI/14/2
1 wie Fußnote
2 wie Fußnote 1
3 wie Fußnote 1
4 Gemeindearchiv Stegen, ohne Signatur
5 wie Fußnote 4
6 Stadtarchiv Freiburg, C4 /XI/28/10
7 Zeitzeugen von Wittental
8 wie Fußnote 7
9 wie Fußnote 4
10 wie Fußnote 1
11 WAST (Wehrmachtsauskunftsstelle Berlin)
12 wie Fußnote 4
13 wie Fußnote 4
14
Hugo Steinhart, Jahrgang 1928, in: WAS WIRST DU ?
Die Geschichte eines
Schuhmacher Buben, Erster Teil 1933-1944, 1996, Copyright by
Hugo Steinhart-unveröffentlicht-
15 Frau Tyton geb. Thoma von Attental (Rotenhof)
16 Internet 2004, Freiburg Flugplatz-Dependancen
17 wie Fußnote 16
18 GAST/W 49, Bodennutzungserhebung 1935-1951, Gemeinde Stegen
19 1949-1994, 45 Jahre Maschinenstation Baldenwegerhof
Herausgeber: Regierungspräsidium Freiburg i.Br.