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Im Höllental stehen die Trümmer der Burg
Falkenstein
Hingeschmiegt
an die schroffe Felswand des Höllentales liegen die etwa 40
Häuser des Ortes Falkensteig. Wenige Schritte von der
Bundesstraße 31 entfernt, die durch den Ort zieht, fließt mit
geschwätziger Eile der Rotbach, auch Höllenbach genannt. über
dem Bach drüben verläuft an den südlichen Berghängen der
Jägerpfad. Dieser Fußpfad gewährt den naturliebenden Menschen
ein ungefährdetes Wandern durch das Höllental.
über dem Ort erhebt sich auf halber Höhe das efeuumwucherte
Ruinengemäuer eines Wartturms, Bubenstein genannt. Hier hausten
die Waffenknechte der Falkensteiner. Von diesem Turm konnte man
den engen Weg ins Tal leichter übersehen. Kurz vor dem
Hirschsprungfelsen, fast an der engsten Stelle der Schlucht,
steigt die nördliche Felswand steil empor. Auf der Höhe stehen,
von der Straße kaum erkennbar, die Trümmer der Burg
Falkenstein. Die Herren dieser Burg waren ursprünglich
Lehensleute der Herzöge von Zähringen. Neben einem ansehnlichen
Eigenbesitz, vornehmlich in der Gegend von Kirchzarten, hatten
die Ritter von Falkenstein das Gebiet zwischen
BreitnauHinterstraß-
Hinterzarten und Kirchzarten zu Lehen. Um die Mitte des zwölften
Jahrhunderts hören wir zum erstenmal von einem Ritter Cuono de
Falkenstein.
Trotzig stand die Burg auf steiler Höhe, mit ihren engen
Fenstern und hohen Hohlziegeldächern gleichsam wie mit dem
Felsen verwachsen. Als Wappenzeichen wählten sich die
Falkensteiner einen zwischen zwei roten Regenbogen auf grünem
Dreiberg schwebenden Falken. über den Falken im Wappen
berichtet die Sage:
Ritter Kuno war in seiner Ehe mit der Edelfrau lda ohne Kinder
geblieben. So beschloß er, an einem Kreuzzug teilzunehmen und am
Heiligen Grabe für die Erhörung seines Wunsches nach Kindern zu
beten. Beim Abschied hinterließ er seiner Gemahlin die Hälfte
seines Ringes. Sieben Jahre sollte sie auf seine Rückkehr
warten, dann aber frei sein. Durch viele Schlachten wurde bald
im Gelobten lande das Schwert des Falkensteiners berühmt.
Zuletzt aber geriet er doch in die Hände des Sultans und
schmachtete jahrelang im tiefen Kerker. Endlich wurde er befreit
und trat seine Heimreise an. Unterwegs aber verirrte er sich in
den unermeßlichen Wäldern. Da trat der Versucher an ihn heran
und versprach, ihn bis zum kommenden Morgen in seine Heimat zu
bringen; denn die Wartezeit liefe morgen ab. Kuno willigte unter
einer Bedingung ein, daß seine Seele ungefährdet bleibe, wenn er
wachend die Fahrt überstehe. Sofort verwandelte Satan sich in
einen Löwen, den der Ritter bestieg. Tief unter sich ließen sie
Länder und Meere zurück. Aber trotz aller Anstrengung, sich
wach zu halten, fielen dem erschöpften Ritter immer wieder die
Augen zu. Da flog unversehens ein Falke herbei, setzte sich auf
das Haupt des Ritters und hielt den Schlaftrunkenen mit seinem
Schnabel und dem Schwunge seiner Flügel wach. In Kirchzarten
setzte ihn der Böse auf einem Steine ab, der heute in der Ecke
des Gasthauses „Fortun~" - damals „Zum Rindsfuß" genannt -
eingemauert sein soll.
Frau lda hatte getreulich sieben Jahre gewartet. Schließlich gab
sie dem Drängen ihrer Freier nach und erwählte einen unter
ihnen. Gerade kam der Brautzug aus der Kirche, und Kuno mischte
sich unter die Gäste und folgte zur Burg. Er nahm teil an dem
festlichen Mahle und trank auch der Braut zu. Nachher ließ er
den Becher zurückreichen, in den er die Hälfte des Ringes warf.
Seine Gemahlin lda erkannte die Hälfte und ließ die andere
Hälfte in den Becher fallen. Seide Teile vereinigten sich
geheimnisvoll. Jetzt erkannte sie ihren Gemahl und bat ihn um
Verzeihung. Der Freier und die Hochzeitsgäste aber zogen eilends
davon. Seit dieser Zeit führen die Falkensteiner den Falken mit
den geschwungenen Flügeln im Wappen. Ihre Ehe aber ward mit
Kindern gesegnet.
Die späteren Nachkommen waren schlimme Raubritter. Kein
Kaufmann, kein Bauer oder frommer Pilger zog ungefährdet diese
Straße. Sie wurden ihrer Habe beraubt und die Kaufleute in ihrem
Turm gefangengehalten.
Endlich wurden sie vom kaiserlichen Gericht in Rottweil in die
Acht erklärt. Darauf zogen die Freiburger mit ihren bewaffneten
Helfern in das Tal, eroberten die uneinnehmbar scheinende
Felsburg und zerstörten sie. Mehrere Knechte wurden aufs Rad
geflochten, die Falkensteiner selbst schwer bestraft. Die Burg
durfte nie mehr aufgebaut werden. Ihr Geschlecht verfiel von da
an und starb aus.
Aus: Heimat am Oberrhein. Eine Sammlung heimat-
und zeitgeschichtlichers Lesestücke von Hans Mecking und Josepf
Weber. Mit vielen Zeichnungen von Alois Pesot. Verlag Herder
Freiburg 1961