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50-jähriges Jubiläum: Vereinigung der Gemeinde Stegen und der Gemeinde Eschbach im Schwarzwald

vom 
damaligen Gemeinderat Albert Rombach (Eschbach)
und
dem damaligen Bürgermeister Klaus Birkenmeier (Stegen)

Erinnerungen von Albert Rombach

Da ich offensichtlich der letzte noch überlebende damalige Gemeinderat bin, der die Gemeindereform in den 70er Jahren hautnah miterlebt und mitgestaltet hat, wurde ich gebeten nochmals meine Erinnerungen aus der damaligen Zeit kundzutun.


Reformen der Sechziger und Siebziger Jahren waren die Schulreform, die Kreisreform und die Gemeindereform. 
Die Gemeindereform hat nicht nur den Gemeinderat, sondern auch die gesamte Bevölkerung beschäftigt und bewegt. Die Diskussionen begannen bereits schon 1968 und sollten 1975 vollzogen sein.
Die Wogen schlugen sehr hoch und wurden von erheblichen Emotionen begleitet.


Es gab im Grunde drei Möglichkeiten: Diese waren

1. Bildung von Verwaltungsgemeinschaften, 

2. Freiwilliger Zusammenschluss mit oder ohne Ortsverwaltungen oder

3. Zwangseingemeindung per Gesetz zum 01.01.1975, wobei die Entscheidung der Gemeinde zum 01.06.1974 vorliegen musste.


Natürlich hat dies in der Gemeinde und im Dreisamtal sehr hohe Wellen geschlagen. 
Alle 3 Möglichkeiten wurden diskutiert und es gab einen Bürgermeister im Dreisamtal der der Meinung war, dass alle 3 Varianten nur ein Klein-Klein bedeuten. Er schlug vor im Dreisamtal eine Gesamtgemeinde zu bilden um damit gegen Freiburg ein entsprechendes Bollwerk zu schaffen!

Also galt es sich mit der Materie zu beschäftigen um eine tragbare Lösung, welche auch von den Bürgern mitgetragen wird zu erarbeiten.
Da ein freiwilliger Zusammenschluss aus Sicht der Gemeinde nicht in Frage kam, befasste sich der Gemeinderat mit der Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft. Angedacht wurde die Bildung dieser Gemeinschaft mit den Gem. St. Peter, St. Märgen und Glottertal oder auch mit der Gem. Kirchzarten. Eine informatorische Bürgeranhörung erfolgte am 20. Mai 1973 in Eschbach. S. Protokoll.
Da diese Gemeinden kein Interesse daran hatten, war auch diese Möglichkeit vom Tisch!


Natürlich war das Landratsamt von der Landesregierung beauftragt die Gemeinden zu beraten und für die Freiwilligkeit des Zusammenschlusses geschmeidig zu machen, was den beauftragten Herren Dammert und Dr. Bentler nicht gelang. Aus unserer Sicht waren diese beiden Herren von der Angelegenheit selbst nicht überzeugt, denn Dammert wurde Bürgermeister. in Merzhausen und gründete die Verwaltungsgemeinschaft Hexental, welche heute noch besteht und Dr. Bentler wurde Bürgermeister. in Gundelfingen und verwaltete auch Heuweiler, diese Gem. gibt es heute noch. Auch wurde das “Schmiergeldangebot“ zur freiwilligen Vereinigung vom Gemeinderat Eschbach nicht angenommen. Die Höhe ist mir heute nicht mehr bekannt. Auch die Bevölkerung war der Meinung, dass wir nicht auf dem „Türkischen Basar“ sind. Uns blieb jetzt nur noch die Zwangseingemeindung als Option offen. Bei den Diskussionen war uns immer sehr wichtig, die Bevölkerung mitzunehmen, denn auch hier kochten die Emotionen sehr hoch.


Im Gemeinderat gab es auch Auseinandersetzungen über das weitere Prozedere, eines muss man aber anmerken: Es gab nie Streitigkeiten, denn das Gemeindewohl stand stets im Vordergrund.


Nach unzähligen Zusammenkünften kamen wir einstimmig überein, dass jetzt die Vorbereitungen für eine Vereinbarung mit der Gemeinde Stegen zu treffen sind. Eine gemeinsame Sitzung mit dem Gemeinderat von Stegen wurde angestrebt.


Da wir mit Stegen ein gutes Verhältnis hatten, war der Gemeinderat Stegen außer einer Person auch sofort bereit mit uns zusammen in einer gemeinsamen Sitzung bei uns in Eschbach alle Details zu besprechen. Auch dies war ein äußerst guter Gesprächsverlauf, dies auch obwohl Eschbach doch einige Punkte angesprochen hat, welche weittragende Auswirkungen hatte. All diese Punkte flossen später in die Vereinbarung zwischen der Gem. Stegen und der Gem. Eschbach ein.

Genannt sei hier nur einer der wichtigsten Punkte: Hallenneubau !!!!


Hier war auch klar, dass Stegen uns keine Versprechungen machen konnte. Nach langer Diskussion kamen wir auf die Formulierung, dass alle begonnen Maßnahmen – somit auch der angedachte Hallenneubau - von der neuen Gem. Stegen weiterverfolgt werden soll.

Dass dies ehrlich gemeint war, sehen wir auch heute Abend, indem wir hier in dieser neuen Halle uns befinden. Es hat zwar sehr lange gedauert, aber dies ist heutzutage geradezu Standard.
Die Vereinbarung wurde unter tatkräftiger Unterstützung von Bürgermeister Klaus Birkenmeier als auch vom Hauptamtsleiter Wendelin Drescher entsprechend entwickelt und nach eingehenden Beratungen von beiden Bürgermeistern (Birkenmeier und Spitz) am 09. Dez. 1974 unterzeichnet.


Bis zur Neuwahl eines neuen Gesamtgemeinderates der neuen Gem. Stegen wurde Hermann und ich nach Stegen in den dortigen Gemeinderat entsandt. 
Es gab am 20. April 1975 Neuwahlen des Gemeinderates und nun ging alles seinen vorgegebenen Gang. Die Sitzungen verliefen harmonisch, die Verwaltung war sehr kooperativ und zuvorkommend. 
Die neue Gemeinde wurde unter Einbeziehung aller Ortsteile weiterentwickelt und vorangebracht.


Anmerkung für Eschach: Flurneuordnung, Wegebau Hoferschließung, Fuß-und Radweg, Hallenbau u.s.w. Ich hoffe und wünsche, dass diese positive Entwicklung noch recht lange so weitergetragen werden kann.

Noch ein paar Worte in die Zukunft!
„Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers“
Ich denke, es ist jetzt an der Zeit, nach der erfolgreichen Zusammenführung der neuen Gemeinde über einige Modalitäten, welche damals als Sicherheit vereinbart wurden, zu überdenken und entsprechend zu handeln. Ein Anliegen ist mir die Weiterführung der Traditionen. Das Vereinsleben stetig zu unterstützen und in Form von Aufzeichnungen festzuhalten.
Was die Vereine 2012 in Form der 900 Jahrfeier geleistet haben wurde weit über unsere Gemeindegrenzen hinaus als beispielhaft gewürdigt. 
Ich bitte Sie alle, die hier Verantwortung tragen, nach dem Grundsatz „Nicht Verwalten, sondern gestalten!" zu handeln!


Danke!

Von Albert Rombach verfasst.
Wegen Krankheit von Sohn Harald Rombach am Neujahrsempfang 14.01.2025 in der Halle Eschbach vorgetragen.

Bürgermeisteramt Eschbach im Schwarzwald             7801 Eschbach, den 20. Mai 1973
Landkreis Freiburg im Breisgau-Hochschwarzwald
Telefon Kirchzarten 395

Niederschrift

über die informatorische Bürgeranhörung über die Gemeindereform am 20. Mai 1973 in Eschbach in Schwarzwald.

Der Abstimmungsauschuß besteht aus:
1. Bürgermeister Spitz als Vorsitzender,
2. Bürgermeister-Stellvertr. Zipfel als Stellvertreter des Vorsitzenden,
3. Gemeinderat Pius Fehr als Beisitzer
4. Gemeinderat Karl Rombach als Beisitzer
5. Gemeinderat Franz Rombach als Beisitzer
6. Gemeinderat Josef Scherer als Beisitzer
7. Gemeinderat Wilheln Läufer als Beisitzer
8. Gemeinderat Albert Rombach als Beisitzer
9. Gemeinderat Pius Maier als Beisitzer
11. Ratschreiber Schwär, Schriftführer
12. Rechner Strecker, Stellvertr. Schriftführer


Die Bürgeranhörung wurde nach den Vorschriften einer öffentlichen Wahl und nach den Vorschriften der Gemeindeordnung durchgeführt.
Der Wahlraum, die Einrichtungen, der Nebenraum zur Stimmabgabe waren vorschriftsmäßig hergerichtet

Stimmberechtigt waren
547
Einwohner.
Die Abstimmung hatte folgendes Ergebnis:
Abgegebene Stimmen 296
Abgegebene gültige Stimmen 295
Ungültige Stimmen 1
Zu den gestellten Fragen wurden folgende Stimmen abgegeben:

1. Sind Sie für die Eingemeindung im Sinne der Zielplanung (Stegen) ?
34
2. Sind Sie für die Erhaltung der Selbständigkeit innerhalb einer Verwaltungsgemeinschaft Dreisamtal mit Sitz in Kirchzarten
48
3. Sind Sie für die Erhaltung der Selbständigkeit in einer Verwaltungsgemeinschaft mit den Gemeinden St.Peter, St.Märgen und Glottertal mit Sitz in St.Peter
213


Der Abstimmungsausschuß



Erinnerungen von Altbürgermeister Klaus Birkenmeier

vorgetragen beim Neujahrsempfang 2025 der Gemeinde Stegen in der Halle in Stegen-Eschbach


Meine sehr verehrten Damen und Herren,

als ein weiterer Zeitzeuge möchte ich Ihnen gerne auch noch ein paar Ergänzungen zu dem Bericht von Herrn Albert Rombach geben.


Das Thema „Verwaltungsreform“ begann ja schon im Jahre 1968 mit dem „Gesetz zur Stärkung der Verwaltungskraft kleinerer Gemeinden“, welches am 26.03.1968 vom Landtag Baden-Württemberg beschlossen wurde.
Zu dieser Zeit glaubten die meisten Gemeinden noch nicht so recht daran, dass es einmal ernst werden wird mit den gemeindlichen Zusammenlegungen. Dieses Gesetz wurde also von den Kommunen nicht so recht wahrgenommen oder vielleicht auch gerne verdrängt.



Aber im Laufe Zeit erhöhte die Landesregierung den Druck über die Landratsratsämter zum Vollzug des Gesetzes. In vielen Sprengelversammlungen stand dieses Thema auf der Tagesordnung. Immer wieder hat der damalige Landrat Dr. Emil Schill die Gemeinden zum Handeln aufgefordert und diese gebeten, sich nach Möglichkeit freiwillig zusammen zu schließen, zumal das Land zusätzliche Mittel über das Finanzausgleichsgesetz in Aussicht stellte.



Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als Landrat Dr. Schill bei einer Sprengelversammlung in Buchenbach-Wagensteig den anwesenden Bürgermeistern den Ernst der Situation sehr deutlich klarmachte. Er sicherte uns Bürgermeister (ich selbst war zu dieser Zeit Bürgermeister der Gemeinde Burg) folgendes zu: Wenn heute bei dieser Versammlung alle Bürgermeister einer Verwaltungsgemeinschaft Dreisamtal zustimmen, würde er beim Innenministerium erreichen, dass alle 16 Gemeinden des Dreisamtales (einschließlich Ebnet und Kappel) ihre politische Eigenständigkeit behalten können. Bei dieser für mich sehr wichtigen Zusammenkunft war auch Bürgermeister Dammert von Merzhausen anwesend. Die Gemeinde Merzhausen hatte bereits eine Verwaltungsgemeinschaft zusammen mit den Gemeinden Au, Horben, Sölden und Wittnau gebildet und damit die Selbstständigkeit dieser kleinen Hexentalgemeinden gerettet.



Aber was ist dann bei dieser Sprengelversammlung passiert? Der Bürgermeister der Gemeinde Wagensteig meldete sich zu Wort und erklärte, dass dies für seine Gemeinde nicht in Frage komme; dann solle man doch lieber eine Einheitsgemeinde Dreisamtal bilden.
Alle übrigen Bürgermeister waren aufgrund dieser Äußerung etwas sprachlos und Landrat Schill stellte fest, dass damit seine vorgeschlagene Lösung nicht zum Tragen kommen wird und damit die Vorgaben der Landesregierung umgesetzt werden müssen.
Diese sahen ja bekannterweise folgendes vor: Ebnet und Kappel werden Freiburg zugeordnet. Oberried erhält die Gemeinden Hofsgrund, St. Wilhelm und Zastler. Burg und Zarten wird nach Kirchzarten eingemeindet. Wittental und Eschbach werden Stegen zugeordnet. Buchenbach erhält die Gemeinden Falkensteig, Unteribental und Wagensteig.


Damit war aber das Kapitel Verwaltungsreform noch nicht abgeschlossen. Besonders hier in Eschbach schlugen die Wellen sehr hoch. Der damalige Lehrer der Schule Eschbach, Herr Graf, organisierte einen Fackelzug mit dem Ansinnen für einen Anschluss nach St. Peter. Trotz dem wärmenden Feuer der brennenden Fackeln zeigte die Gemeinde St. Peter die kalte Schulter und es wurde nichts mit einer Verwaltungsgemeinschaft mit den Gemeinden St. Peter, St. Märgen und Glottertal.
So blieb also den Eschbachern nichts anderes übrig, sich doch mit den Stegen zu arrangieren.  

Seit dem 01.07.1973 war ich Bürgermeister der Gemeinde Stegen und wurde natürlich mit der Verwaltungsreform konfrontiert.
Bereits zum 1. Juli 1974 konnte mit der Gemeinde Wittental eine Vereinbarung über die Eingemeindung nach Stegen getroffen werden. Hier gab es keine Vorbehalte bzw. Widerstände. Alle Regelungen wurden im Einvernehmen mit dem damaligen Gemeinderat Wittental unter Bürgermeister Karl Heizmann getroffen.
Schwieriger war es weiterhin mit der Gemeinde Eschbach. Hier war es nicht möglich, im Wege der Freiwilligkeit ein Zusammenschluss herbeizuführen. Die Gemeinde ließ es auf den letzten Drücker ankommen. Selbst finanzielle Zuwendungen aus dem Finanzausgleichsgesetzt in einer Größenordnung von ca. 100.000 DM interessierte in Eschbach niemanden.
So kam es wie es kommen musste. Die gesetzliche Vereinigung wurde von der Landesregierung verfügt und es konnte nur noch eine Vereinbarung über die Rechtsfolgen der beiden Gemeinden getroffen werden. Eschbach und Stegen gingen ab dem 01.01.1975 rechtlich unter. Ich selbst war dann auch nicht mehr Bürgermeister und wurde dann am 07.01.1975 zum Amtsverweser der neuen Gemeinde bestellt. Die Neuwahl des Bürgermeisters der neu gebildeten Gemeinde Stegen erfolgte dann am 16.03.1975.



Damit die Verwaltungsabläufe funktionieren, haben wir jedoch schon Ende 1974 die Einwohnerdaten der Gemeinde Eschbach für die EDV erfasst. Dies erfolgte mehr oder weniger illegal. Aber damit war gewährleistet, dass die anstehenden Wahlen für den Bürgermeister und den neuen Gemeinderat ordnungsgemäß durchgeführt werden konnten.



Eine Schreckensnachricht gab es dann aber auch bereits schon im Januar 1975. Wir von der Stegener Gemeindeverwaltung sind fast aus den Wolken gefallen, als plötzlich eine Rechnung über ein neues Feuerwehrfahrtzeug auf dem Tisch landete. Hatte doch die Gemeinde Eschbach in den letzten Monaten ihrer Selbstständigkeit noch ein neues Feuerwehrauto bestellt und der Gemeinde Stegen überhaupt nichts mitgeteilt.


Aber das haben wir in Stegen auch noch überstanden. Und im Laufe der Zeit sind wir auch mit den Besonderheiten der Eschbacher zurechtgekommen.




Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.




Klaus Birkenmeier