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Zukunftsmusik Eisenbahn 1845
von Fridolin Hensler

Mit der Erfindung der Dampfmaschine war der Startschuß für das Maschinenzeitalter gegeben. Dadurch konnte dann der Eisenbahnbau  zur Brücke ins Zeitalter der Maschinen und Motoren werden, die das 19. Jh. beherrschten und die bäuerlich bodenständige Arbeitswelt in den Dörfern in das industriell ausgerichtete und stadtorientierte Zeitalter umformte.

Die Landwirtschaft verlor zunehmend ihre Bedeutung als Lebensgrundlage. Die Seßhaftigkeit der Bevölkerung wich einer durch Arbeitsplatz gebotenen und notwendigen Ansiedlung im Randgebiet der Industrieorte. Die Entwicklung und der Bau der Eisenbahnen wurde zu einem wichtigen Steuerungsfaktor für die industrielle Entwicklung. Für das Dreisamtal war die Höllentalbahn zur tragenden Säule der späteren wirtschaftlichen Entwicklung, von der Kirchzarten am meisten profitierte. Fast unüberschaubar sind die Planungen möglicher Eisenbahnlinien.

                       Überblick der in Betrieb genommenen Eisenbahnlinien.

In Deutschland wurde die erste Eisenbahn 1835 zwischen Nürnberg und Fürth in Betrieb genommen. Im Großherzogtum Baden wurde als erste Strecke eine Eisenbahn zwischen Mannheim und Heidelberg am 12. Sept. 1840 eröffnet. Danach wurde zunächst die Strecke von Mannheim nach Basel vorangetrieben. Die Verbindung mit Mannheim konnte am 1. August 1845  in Freiburg gefeiert werden. Dieser Tag war sicherlich auch für die Bewohner des Dreisamtales ein bewegendes Ereignis.

Der Überquerung des Schwarzwalds von Freiburg in Richtung Donaueschingen oder Schaffhausen standen große Hindernisse entgegen durch die vorhandene Gebirgslandschaft und die großen Höhenunterschiede. Die ersten Planungen für eine Eisenbahn durch das Höllental begannen bereits 1845. Doch erst am 23. Mai 1887 konnte die Strecke zwischen Freiburg und Neustadt in Betrieb genommen werden. Es dauerte noch bis zum 20. August 1901 bis endlich die ganze Höllentalbahn mit der Strecke auch von Neustadt nach Donaueschingen fertiggestellt war.

In der Zeit von 1887 bis 1933 wurde die Höllentalbahn auf der Steilstrecke  6,53 km von der damaligen Station „Hirschsprung“, die im Jahr 2013 nur noch als verlassenes unansehnliches Gebäude erhalten ist, als Zahnradbahn betrieben. Das Umstellen  der Lokomotive auf die Zahnspangenbahn auf der Strecke bis Hinterzarten erforderte erheblichen Zeitaufwand.

Für die Strecke Freiburg  - Neustadt  von 34 km Bahnlänge (damals 7 Wegstunden zu Fuß) brauchte die Eisenbahn mit Zahnradbetrieb zwei und eine halbe Stunde. Im Jahr 2013 wird diese Strecke in 45 Minuten bewältigt.

Auch die  sog.„Dreiseenbahn“ von Titisee nach Seebrugg brauchte eine lange Zeit der Planung und des Baues. Erst am 2. Dezember 1926 war diese Verbindung fertiggestellt. Wegen ihrer langen Bauzeit wurde sie auch  als „Ewigkeitsbahn“ bezeichnet.

Am 26. Sept. 1907 wurde die Nebeneisenbahn (Neustadt) Kappel Gutachbrücke über Lenzkirch nach Bonndorf eröffnet. Sie sollte ursprünglich weiter geführt werden über Stühlingen bis nach Schaffhausen. Dieser Bau unterblieb und die Strecke nach Bonndorf  war unwirtschaftlich und wurde bereits am 31. Dez. 1976 wieder stillgelegt.
Ein Bahnhof  für einen der Teilorte von Stegen stand allerdings nie zur Debatte.
                        
 Geplante, aber nicht ausgeführte Eisenbahnlinien

Fast wie von einer ansteckenden Krankheit erfaßt, breitete sich der Wunsch nach einem zu Fuß leicht erreichbaren Bahnhof aus. Unzählige Streckenplanungen für die Eisenbahn wurden von daran interessierten Gemeinden vorgeschlagen. Auch anstatt der heutigen Streckenführung der Höllentalbahn nach Neustadt war anfänglich eine Strecke durch das Wagensteigtal über Breitnau und Hinterzarten nach Neustadt vorgesehen. Höherer Kostenaufwand verhinderte jedoch diesen Streckenabschnitt, der erheblich länger und teurer geworden wäre..

Für die Dreiseenbahn Titisee – Seebrugg war anfänglich ein Weiterbau bis St. Blasien vorgesehen, wurde aber nie in Angriff genommen.

Bei der ernsthaft diskutierten Strecke  Freiburg – Oberried – St. Wilhelm – Todtnau – Brandenberg – Menzenschwand – St. Blasien wurde der Bau nie begonnen.

Auch das Projekt einer Feldbergbahn von Titisee über den Feldbergerhof nach dem Schauinsland ist erörtert worden. Diese 27, 5 km lange Ein Meter Schmalspur sollte vom Bahnhof Titisee über Bärental zum Feldberg und zur Todtnauer Hütte ansteigen und von  da über Notschrei – Halde nach dem Schauinsland weiterführen. Besonders umfangreiche Schneeschutzbauten hätten naturgemäß errichtet werden müssen.

Auch eine Bahnverbindung zwischen Zell im Wiesental mit einem  Feldbergdurchstich nach Titisee wurde mehrfach und auch noch um 1910 beraten. Der riesige Kostenaufwand bei einem zu erwartenden unwirtschaftlichen Betrieb machte die Pläne zunichte.

Die Angaben zu den Eisenbahnlinien sind dem Buch „Die Höllentalbahn“ im Eisenbahn-Kurier Verlag Freiburg entnommen.

Der Bau der Höllentalbahn, deren Planung und Ausführung wurde sicher auch von den Bewohnern der verschiedenen Teilorte sehr aufmerksam verfolgt. Bei den Bauarbeiten haben bestimmt auch manche, besonders die damaligen Taglöhner, ihren Lebensunterhalt damit bestritten. Die Akzeptanz der Beschäftigung bei der Eisenbahn war allerdings bei der bodenständigen bäuerlichen Bevölkerung nicht groß. Mein Vater, der in bäuerlicher Umgebung lebte und die Bauzeit der Eisenbahn noch kannte, wußte noch von einer damaligen Redensart: „Wer nint ischt und wer nint kah, goht zu de Poscht und Isebah“.

Für Kirchzarten war es der Auftakt zur Ansiedlung mehrerer gewerblicher Betriebe und wirtschaftlicher Blüte. Allerdings sind im Band „Kirchzarten“ (herausgegeben 1965)  mit  736 Seiten  dem Bau der Eisenbahn und dem Bahnhof nur wenige Zeilen (489/490) ohne ein Bild gewidmet im Zusammenhang mit der Eröffnungsfeier am 21. Mai 1887.

Die ungeheuere Ausbreitung des Kraftfahrzeugverkehrs mit Pkw und Lastwagen hatte nach dem 2. Weltkrieg bis 1965 zu einer gewaltigen Entwicklung des Straßenverkehrs geführt. Die Eisenbahn erschien nun wie ein belangloses Relikt einer vergangenen Zeit und künftig völlig entbehrlich. Zahlreiche Eisenbahnstrecken wurden stillgelegt. Die Ölkrise 1973 und die Erkenntnis der Begrenztheit der Erdölvorräte haben langsam zu einem Umdenken geführt. Der Stellenwert des Eisenbahnverkehrs wurde neu definiert und spielt im 21. Jahrhundert  bei Verkehrsplanungen wieder eine wichtige Rolle.