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Das Anna-Kreuz bei Ebnet - Mord am St. Märgener Abtaus: HERMANN ALTHAUS
Kreuze, Bildstöcke und Grenzsteine im Dreisamtal und dessen Umgebung
Historische und religiöse Kleindenkmäler
SCHILLINGER VERLAG FREIBURG 2002


An der Gabelung am Ortsausgang von Ebnet, der alten Villinger Straße und der Straße ins Höllental, steht zwischen hoch aufragenden Bäumen das sogenannte „Anna-Kreuz”. Um dieses Kreuz ranken sich mehrere Geschichten.

Zunächst: Man hat ein klassisches „lateinisches Kreuz“ vor sich mit langgezogenem senkrechtem Balken ( im Gegensatz zum sog. „griechischen Kreuz“ mit gleichlangen Balken). Auf einem Vierkantfuß erhebt sich der Sockel mit einer Inschrift, über den Abdeckplatten erwächst der Stamm, an dem der (oft mit dem Stein verwachsene ) Korpus hängt, wobei die Balkenenden in flache, gespitzte oder wie hier in kleeblättrige Enden mündet. Der Korpus zeigt den Gekreuzigten, den Kopf seit der Gotik meist auf die linke Schulter geneigt (vom Betrachter aus gesehen), das Lendentuch nach rechts geknotet, die Füße übereinander gelegt und durch nur einen Nagel gehalten. Die Inschrift auf dem Anna-Kreuz in Ebnet lautet:
ZUR EHRE GOTTES U. DES BITERN LEIDEN U. STERBEN UNSERS HERR U. ERLÖSERS JESU CHRISTE HAT DAVID STRECKER U. SEINE EHEFRAU MONIKA KOTTERER VON EBNET DIESES KREUZ ZUM ANDENKEN DER EHMALS HIER AUF DIESEM PLATZ GESTANDENEN ST. ANA KAPELLE ERRICHTEN LASSEN. Ano 1825.

Es hat hier also einmal (bis zum Abriß 1811) eine kleine Anna-Kapelle gestanden. Sie wird der Anna von Snewlin zugeschrieben, die hier als Sühne für einen Mord durch einen Verwandten die Kapelle errichten ließ. Immer schon hatte es als Folge des Investiturstreites Schwierigkeiten und Differenzen zwischen dem Augustiner-Kloster St.Märgen und dem der Benediktiner von St. Peter gegeben, weil sie verschiedenen politischen Richtungen (kaiserlich bzw. päpstlich) zugetan waren. Wohl auch aus politischen Gründen (wegen der Vogteirechte im Zusammenhang mit dem Besitz der Burg Wiesneck) war hier 1356 der Abt Konrad von St. Märgen durch Johann Snewlin von Landeck, reichster Patrizier Freiburgs und auch Bürgermeister dort, überfallen und ermordet worden. Eine späte Nachfahrin, Anna von Snewlin-Landeck (verheiratet mit Friedrich von Sickingen im [heutigen] Ebneter Schloß) hatte diese Kapelle etwa 1570 deswegen zur Sühne errichten lassen. Aber wegen des Mordes und der schnell entstehenden Legenden wurde auch erzählt, hier seien Hexen verbrannt worden oder ein französischer Soldat habe in der Hilarius-Kirche von Ebnet einen Kelch und geweihte Hostien geraubt und entehrt. Er sei an diesem Ort gestorben, doch sein frevelnder Arm sei aus dem Grab erwachsen und habe jeweils im Morgengrauen auf das Verbrechen verwiesen oder habe um Mitleid gebeten.

Märchen — Gespenstergeschichten — Aberglaube — Legenden - ein Körnchen Wahrheit? Wer vermag das nach so langer Zeit noch zu entscheiden?

Dennoch wurde bis ins Jahr 1929 am Dreifaltigkeitssonntag wegen eines alten Gelübdes von Ebnet aus eine Prozession zu diesem Kreuz veranstaltet. 1930 aber, so berichten die Akten, wollte die Polizei die Straße für den Prozessionszug nicht mehr sperren, so daß man zum Stationskreuz ins Welchental ausweichen mußte. Ob die Sperrung nur wegen des zunehmenden Verkehrs ausgesprochen wurde? Oder war es eine erste Schikane des NS.-Staates?