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aus:
Arthur Hauptmann
Burgen einst und jetzt
Burgen und Burgruinen in Südbaden und angrenzenden Gebieten
Im Verlag des SÜDKURIER Konstanz,
1984/87


FALKENSTEIN / HÖLLENTAL
Der Ritter, den der Falke weckte. . . Woher Burg Falkenstein im Höllental ihren Namen hat - Bereits im Jahre 1388 zerstört

Jeder, der den Schwarzwald liebt, kennt auch das Höllental. Es ist die landschaftlich und geologisch interessanteste Ost-West-Verbindung. Von der Freiburger Bucht über das
Zartener Becken führt heute die Straße durch das "Himmelreich“ ins "Höllental“ hinauf zur Hochfläche von Hinterzarten. Die interessanteste Stelle des Tales ist zweifellos die
Felsenenge beim Hirschsprung. Rotbach, Straße und Eisenbahn haben kaum Raum zwischen den steilen Felsen. Auf der linken Talseite steht stolz das Standbild des Hirsches, der der Enge hier den Namen gab.
Es geht die Überlieferung, daß hier ein verfolgter Hirsch den rettenden Sprung über das Tal gewagt haben soll. Stehen auch.die Felsen rechts und links sehr eng, so erscheint die Begebenheit doch kaum glaubhaft. Allerdings wäre dazu zu sagen, daß - bevor Straße und Eisenbahn gebaut wurden - das Tal viel enger war, kaum, daß der Rotbach seinen Durchlaß hatte.
Den Hirschsprung kennt jeder. Reiseprospekte weisen auf ihn hin. Selten findet man eine Lücke auf dem Parkplatz, und der Andenkenhandel blüht. Aber wer kennt die Ruine der Herren von Falkenstein? Nicht mal alle Freiburger. Dabei liegt sie in unmittelbarer Nachbarschaft des Hirschsprungs, auf der rechten Talseite. Obwohl die Burgstelle vom Parkplatz Hirschsprung gut auszumachen ist, wird sie nur der sehen, der gewohnt ist, auf derlei zu achten. Viel ist von der einstigen Burg nicht mehr zu entdecken; doch der Halsgraben, tief aus dem Urfels herausgemeißelt, ist auch von der Talsohle aus sichtbar.
Fast senkrecht fällt der Burgfels ins Tal. Oben auf der Ruine ist es ruhig. Der Anstieg ist steil, nur ein schmaler Fußpfad führt zur ehemaligen Burg. Trotzig lag sie einst auf dem Fels. In mehrere Ebenen gestaffelt, mögen sich die Baulichkeiten kaum vom grauen Fels unterschieden haben. Fels und Burg waren eine Einheit. Es war nicht viel Platz da oben. Also wurde jeder verfügbare Raum genutzt. Dem Bergrücken zu, getrennt durch den tiefen Halsgraben, war die stärkste Befestigung. Ein Bergfried ist nicht mehr feststellbar, war wohl auch nicht vorhanden. Wir müssen uns die Burg als einen festen, ineinander verschachtelten Gebäudekomplex vorstellen. Die hohen, starken Mauern waren Schutz genug. Die Burg wurde ja gebaut, als man Feuerwaffen noch nicht kannte.
Nur wenige hundert Meter von der hier beschriebenen Altfalkenstein entfernt, liegt die Neufalkenstein - auch Bubenburg genannt. Ob es auf der alten Burg zu eng wurde, oder ob man von der Bubenstein aus den Saumpfad besser im Blick hatte? Wir wissen es nicht. Die neue Burg bestand aus einem trutzigen Wohnturm, der Ummauerung und einem einfachen Wohngebäude. Wie schon der Name sagt, dürften in ihr die "Buben“, das heißt die Söhne des Burgherren - vielleicht auch noch Burgknechte -‚ ihr Domizil gehabt haben. Mit der Altfalkenstein wurde auch die neue Burg zerstört.
Wer waren die Erbauer? Die Burg wurde am Anfang des 12. Jahrhunderts von einem Zähringer Ministerialengeschlecht am unteren Eingang der Falkensteige (so hieß der Engpaß früher) erbaut. Als Bernhard von Clairvaux den Kreuzzug predigte, nahm auch der Ritter der Burg das Kreuz. Der Sage nach wurde er von den Heiden gefangen, und erst nach sieben Jahren gelang es ihm, zu entfliehen. Der Teufel soll mit ihm einen Pakt geschlossen haben. In der Gestalt eines geflügelten Löwen trug er den Ritter aus dem Heiligen Land in den Schwarzwald zurück. Doch der Ritter durfte während des Fluges nicht einschlafen, sonst wäre seine Seele dem Bösen verfallen gewesen. Immer, wenn er von der Müdigkeit überwältigt wurde, kam ein Falke und weckte ihn durch seinen Flügelschlag. Ergrimmt warf der Löwe den Ritter am Eingang des Tales ab. Als Dank und zur Erinnerung nahm dieser das Bild des Falken in sein Wappen auf. In Kirchzarten liegt der Ritter begraben, und sein Standbild in der Kirche zeigt ihn im Kettenhemd mit Schild und Schwert.
Sie waren ein trotziges, fehde- und rauflustiges Geschlecht, die Falkensteiner. Ihre Herrschaft reichte von Ebnet bei Freiburg über das Zastlertal bis auf die Feldberghöhen;
von dort über das "Grüble“ zum Feldsee; dieser gehörte je zur Hälfte den Falkensteinern und dem Kloster St.Blasien. Dann ging die Grenze dem Seebach entlang zum Titisee
und über die Höhen rechts des Rotbachs wieder zurück.
Die Burg Falkenstein hatte einst die Aufgabe, eine alte wichtige Verbindung zu überwachen. Zwar ging durch das Falkensteiner Tal nur ein Saumpfad nach Hinterstraß (dem heutigen Hinterzarten), von dort aber eine alte Straße über Saig-Lenzkirch nach Schaffhausen. Der Fahrweg zur Baar verlief von alters her von Freiburg aus über das Wagensteigtal - Vorderstraß nach Villingen. Erst viel später wurde auch eine Fahrstraße durch das Höllental gelegt, als 1770 die 14jährige Tochter Maria Theresias auf der Reise nach Frank
reich war, um dort den Dauphin — den späteren Ludwig XIV. — zu heiraten.









So etwa dürften die Falkensteiner Burgen ausgesehen haben. Der steile und harte Fels zwang die Erbauer, die Burg in mehreren Etagen anzulegen. Der oberste Teil der Burg war durch einen tiefen Halsgraben von der etwa gleich hohen Gegenseite des Burgberges getrennt. Die als Schildmauer ausgebaute Nordseite des Palas gab der Anlage Schutz zur
Bergseite. — Die Bubenstein (unten), von der heute noch gut erhaltene — und wieder aufgebaute — Mauern zu sehen sind, war eine kompakte Anlage und gut gesichert. Ein starker Wohnturm und davor ein Burggraben schützten die kleine Burg vor dem höher liegenden Gelände.


Obwohl einige Mitglieder des Geschlechtes hohe Ämter in Freiburg bekleideten, ging es mit den Falkensteinem schon im Mittelalter bergab. Teile der Herrschaft mußten verkauft
werden. Die Falkensteiner wurden Buschklepper und Raubritter.
Da war ein Mädchen aus dem Kirchzartener Tal, Tochter eines Leibeigenen der Falkensteiner. Dieses nahm gegen den Willen seines Vaters und seiner Herrschaft einen Freiburger Hintersassen zum Manne. Nun durften ein Leibeigener oder dessen Kinder nicht ohne Erlaubnis heiraten oder wegziehen. Der Falkensteiner fühlte sich in seinem Recht übergangen und verlangte Genugtuung. Seine Knechte lockten das Paar in eine Falle, überfielen beide, schleppten sie auf die Burg und warfen sie ins Verlies. Während die Frau freigelassen wurde, stürzten die Knechte den Mann vom hohen Burgfelsen hinunter. Die Frau, entkräftet und krank, konnte sich noch nach Freiburg retten. Dort erstattete sie dem Rat der Stadt Anzeige. Die Freiburger waren dem Falkensteiner schon lange nicht mehr gut gesonnen. Sie zogen vor die Burg, sprengten das Tor, überwältigten die Besatzung und verbrannten die Burg (1388).
Die Burg war zerstört. Aber auch die Herrschaft kam in andere Hände. Nachfolger waren die Schnewelins von Landeck. Dieses Geschlecht starb 1562 im Mannesstamme aus, und das ehemals falkensteinische Gebiet kam als Hochzeitsgut einer Erbtochter 1568 an die Herren von Sickingen-Hohenburg.