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Das Brunner`sche Taglöhnergut

 

Name nach dem 1. Besitzer, Nepomuk Brunner, später „Melcherhof“ nach dem Familiennamen Melchior Willmann

Pfeil in nördl. Richtung und zeigt auf das  „Brunner`sche Taglöhnergut“, Auszug aus dem Gemarkungsatlas von Wittental 1889-1892

Freiburger Zeitung aus dem Jahre 1852

Wer heute beim Gasthaus Falken in Stegen-Wittental in nördliche Richtung geht, erblickt auf der rechten Seite den Dreierhof. Dort führt rechts ein kleiner Weg, zwischen der Weiher- und Hundsmatte und auf der linken Seite die Obermatte und Moosmatte, zum heutigen Wohngebiet „Bachmättle“. In diesem kleinen Seitental eingebettet lag das „Brunner`sche“ und der später genannte „Melcherhof“, worauf heute das Wohnhaus der Familie Prof. Siegfried Thiel steht. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, in den schweren Zeiten der napoleonischen Kriege, ist das Gebäude gebaut worden. Es sitzt am unteren Rand des Bachwalds und ist im Feuerversicherungsbuch der Gemeinde Stegen-Wittental 1843 erstmals genannt. Dort wird erwähnt, dass das Taglöhnerhäuschen „30 Jahre alt und gut“ ist. Das Holzhaus mit Scheune steht unter einem Dach. Der Schopf hat ein Strohdach und an diesen ist der Schweinestall angebaut. Ein kleiner Schweinestall, für das Leibgeding, liegt unter der Stube. Zum Haus gehört auch ein Wasserrecht. Die Brunnenstube zur Wasserversorgung liegt auf dem Grundstück des Andresenhofs in ca. 250m Entfernung in nördlicher Richtung. Der Höhenunterschied zwischen Quelle und Brunnenstock beim Taglöhnerhäuschen beträgt ca. 3,5 Meter.
Wie noch erwähnt wird, brannte das Gebäude am 11.01.1911 ab. Nach dem Brand und Nichtwiederaufbau wurde die Wasserleitung vom Eigentümer zum Neubau an den „Falkenbühl“ verlegt. Das neue Wohnhaus konnte noch im gleichen Jahr gebaut und bezogen werden. Ein Teil der kleineren Felder liegen um das Anwesen und außerhalb des Taglöhnergutes. So die Hausmatte mit Krautgarten 1 Jauchert und 1 Vierling, 2 Jauchert Acker mit 2 Jauchert Matten, das Bachmättle mit 3 Vierling und der Fohrenwald mit 1 Jauchert und 2 Vierling (1 Jauchert = 50 Ar, 1 Vierling = 9 Ar). Auf der Hausmatte standen Kirschen-, Äpfel- und Zwetschgenbäume sowie ein Bienenhäuschen. Beim Zehntablösungsvertrag 1838 der Domänenverwaltung in Freiburg i.Br. musste er als Ablösesumme 23.20 Gulden für den Fruchtzehnten leisten. Die durch den Brand freigewordene Fläche wurde später mit den anderen Feldern als Obstbaumwiese und mit einem dort stehenden Bienenhäuschen weiterhin landwirtschaftlich genutzt.

Zur Besitzergeschichte

Nepomuk Brunner, geboren 1758 in Zarten, verstorben mit 73 Jahren, Schreiner und Glaser mit seiner Ehefrau Anna geb. Schreiner, gebürtig in Kirchzarten, waren die Erbauer dieses Taglöhnergütchens. Seine Frau ist am 17.12.1851 in Ettlingen bei ihrer Tochter Maria und ihrem Schwiegersohn, Martin Schmidt, Hirschwirt, verstorben. Die Witwe verkaufte ihrem Sohn Johannes am 16.03.1837 für 2200 fl. das Taglöhnergütchen. Kurz darauf erklärt er vor dem Notar, „dass er sich anderst besonnen habe“ und das Taglöhnergut seiner Schwester abgibt. Theresia, geb. 1806, nahm das Angebot ihres Bruders an. Ein weiter Sohn der Witwe, Joseph, der auch Schreinermeister und „Lehrer“ ist, verheiratete sich mit der Witwe des Johann Raufer aus dem Attental (Taglöhnerhäuschen „Schwitzers“) Anna geb. Walter, Tochter des Jakob Walter und Ehefrau Maria geb. Andris in Stegen. Die 2. Ehe blieb kinderlos. Es müssen keine guten Zeiten gewesen sein, denn 1844 ist er ohne Erlaubnis nach Amerika ausgewandert. Um den Fortbestand des elterlichen Häuschens weiterzuführen, heiratet schließlich Theresia Andreas Müller, der Schweinehändler ist, von Oberbirken (Gemeinde Stegen). Sie kamen in Geldnöten (Konkurs) und mussten das Elternhaus aufgeben. Auch sie wandern nach Amerika aus. In einer folgenden Versteigerung erwarb das Gütchen Rauferhofbauer, Andreas Raufer, von Attental und Ehefrau Katharina geb. Tritschler. Sein Sohn Joseph Raufer erhielt dieses Gütchen durch Schenkung seines Vaters am 13.02.1865. Dieser war schon seit 02.05.1854 verheiratet mit Maria geb. Willmann, Tochter des Blasius Willmann und der Maria geb. Laule vom „Martinshäusle“ im hinteren Wittental. Joseph Raufer verkauft das Gütchen am 02.04.1887 an seinen Schwager Melchior Willmann, geb. 1841, Milchhändler und Ehefrau Eleonora geb. Hummel, gebürtig 1846 in Burg. Ein Bruder der Ehefrau ist Gastwirt zum „Wilden Mann“ in Burg. Melchiors Sohn Wilhelm, geb. 1883, übernimmt 1908 für 8000 Mark das elterliche Gütchen. Er verheiratete sich 1908 mit Maria geb. Schlegel von Stegen. Wie auch sein Vater war er Milchfuhrmann und ist am 29.07.1917 auf dem Feld der „Ehre“ in Lambartzy/Flandern, Infantrie-Regiment-Nr. 114, gefallen. Die Witwe heiratete 1922 zum zweiten Mal den aus dem Attental stammenden Albert Sumser vom Hugenhof. Eine Tochter aus 1. Ehe, Theresia, war mit dem bekannten Kirchzartener Fotomeister Albert Bank verheiratet. Im Juni 1937 legt er seine Meisterprüfung als Fotograf vor dem Prüfungsausschuss in Weimar mit Erfolg ab. Wie bereits erwähnt, brannte das Anwesen bis auf die Grundmauern am 11.01.1911 ab und wurde nicht mehr aufgebaut.

Die Freiburger Zeitung vom 12.01.1911 berichtet: „Anwesen Melcherhof Wittental des Herrn Willmann, der täglich Milch nach Freiburg führt, brach gestern Abend zwischen 7 und 8 Uhr in der Scheune Feuer aus. Die Familie war in der Stube. Mit Hilfe der Nachbarsleute und der Löschmannschaft von Zarten, als erste Hilfe, wurden die Lebewesen im Haus und die Bienen gerettet. Die Feuerwehr Kirchzarten und andere Löschmannschaften aus der Nähe waren auch bald auf dem Brandplatz tätig. Ein kleiner Futterschopf (mit Stroh gedeckt) und das Nachbarhaus (heutiges Anwesen Wilhelm Hug) konnten gerettet werden. Wenn die bemitleidenswerten geschädigten Leute auch versichert sind, bleibt doch immer noch ein großer Schaden an nicht versicherten und besonders neugekauften Fahrnisgegenstände“. 
Anschließend erwarb die brandgeschädigte Familie Willmann von Max Fehr, Dreierhof, am 03.04.1911 im flächengleichen Tausch ein Stück Wiese von 14,17 Ar. Diese grenzte an den Hügel des Falkenbühls, wo einst die Burg der Herren „von Falkenstein“ stand. Noch im gleichen Jahr wurde das neue modernere Wohnhaus in günstiger Lage, das spätere Gasthaus „Falken“, errichtet. Auf dem Weg in das 21. Jahrhundert wird das Gebäude im Jahr 2011 100 Jahre alt und kann mit einer erfolgreichen Bilanz in die Zukunft schauen.

Stegen, 20.03.2008
Oskar Steinhart, Stegen