Brandschatzung im Breisgau nach dem Bauernkriege 1525
Adolf Poinsignon
Zeitschrift für die Geschichte der Oberrheins, XXXVII. Band, 1884
(Brandschatzung
ist die Zwangserhebung von Geld- oder Naturalabgaben (= Schatzung) im
feindlichen Lande unter Androhung des Niederbrennens oder der
Plünderung der betroffenen Stadt oder Landschaft. Zuständig war der
Brandmeister.)
Unter den
Manuscripten des Stadtarchivs zu Freiburg befindet sich ein solches mit
der Aufschrift:“Visitation des Brisgaws anno 1474“. Die Schrift des
Contextes kann sowohl dem Ende des XV. als dem Anfang des XVI.
Jahrhunderts angehören, aber die Aufschrift ist unverkenbar von einer
Hand des XVII. Jahrhunderts, während die unter derselben angebrachten
Jahreszahl „1474“ einer früheren Zeit angehört, aber unmöglich jener,
deren Ziffer sie trägt. Wollen wir dieser ohne Weiteres Glauben
schenken, so läge nichts näher als der Gedanke, daß wir es hier mit
einer der vielen Erpressungen des Burgundischen Statthalters Peter von
Hagenbach zu thun hätten – ein Gedanke, der wegen des stetig im
Manuscripte sich wiederholenden Ausdruckes „prantschatzung“ gar nicht
ohne Berechtigung erscheint. Allein er findet bei näherer Betrachtung
alsbald seine unabweisbaren Widerlegungen.
Schon ein lose
beiliegendes Instructions-Concept, dessen Wortlaut wir dem Context
vorausschicken, weist auf einen vorangegangenen Aufruhr hin, welchen
wir in der Geschichte des Breisgaus vergeblich vor jenem Jahre
verzeichnet zu finden vermöchten, wohingegen vielerlei Angaben des
Büchleins selbst kategorisch auf eine andere spätere Zeit hindeuten.
Hierunter wollen wir zunächst als einzelnes Beispiel dasjenige
harausheben, was in der Aufzeichnung über Buchheim gesagt ist und
lassen die zahlreichen anderen directen oden indirecten Argumente zur
Begründung unserer Ansicht weiter unten an den geeigneten Stellen
folgen.
Im Manuscript
wird das Schloss Buchheim nachweislich (Vergl. J.B.Kolbs hist. Statist.
topogr. Lexicon von dem Großherzogthum Baden, unter Buchheim.) erst im
Jahre 1491 durch Kauf aus den Händen Davids von Landeck in den Besitz
des Dr. Conrad Stürzel, Kanzlers und Raths Maximilians, damals noch
römischen Königs, über und vererbte dann zunächst auf dessen Sohn,
Junker Conrad Stürtzel von Buchheim.
Den
durchschlagenden Beweis aber, dass dieses Schriftstück in der That den
Schlußacten des Bauernkrieges von 1525 angehört, finden wir in den
gleichzeitigen Urkunden dieses Aufstandes, welche Dr. Heinrich
Schreiber 1863-1866 veröffentlicht hat. Denn fast sämmtliche Edelleute,
welche in demselben genannt sind, mit ganz wenigen Ausnahmen, finden
wir auch in der eben angeführten Urkunden-Sammlung. Insbesondere aber
ist dies ein Schreiben des Ritters Christof Fuchs, welcher eigens als
landesherrlicher Commissär aus Tyrol zur Wiederherstellung der Ordnung
in das Breisgau gesendet wurde. Dieses Schreiben an die breisgauischen
Stände, Tryberg betreffend (loc. cit. III, 186), zusammengehalten mit
der hierunten folgenden Aufzeichnung über Tryberg, kann keinen Zweifel
übrig lassen über den Zweck unseres Manuscriptes – wir haben ein
officielles Häuser-Verzeichniß behufs der Entschädigungsgelder nach
Niederwerfung des großen Bauernaufstandes vor uns, das für die
Localgeschichte des Breisgaus werthvolle Mittheilungen in statistischer
Hinsicht gewährt, aber leider nicht erschöpfend, da es nur die
österreichischen Gebietstheile, also nur den unteren Breisgau umfaßt,
und auch diesen nicht vollständig, weil die Arbeit unvollendet
geblieben ist.
Das Manuscript
wurde zwar schon im Jahre 1865 von Herrn C. Jäger im Feuilleton der
Breisgauer Zeitung veröffentlicht, jedoch mit Auslassung fast aller auf
die Brandschatzung bezüglichen Notate und mit vielfachen Abweichungen
vom Originale. Es wurde in jener Publication, ohne der Provenienz und
des Zusammenhangs desselben mit der großen Bewegung im Anfang des XVI.
Jahrhunderts zu gedenken, lediglich vom statistischen Standpunkte aus
und somit nur fragmentarisch behandelt.
Wir erachten
aber diesen nicht unwichtigen Beitrag zu unserer Landesgeschichte einer
bleibenden Einverleibung in Ihrer Quellensammlung für werth und lassen
somit dessen diplomatisch getreue Copie in vollem Umfange folgen, wie
er uns vorliegt.
Instructions-Concept. „Ir sollen
allenn flecken vnd dorffern alle herstatt (Herdstelle, Feuerstelle) vnd
wo hoffstett vnd herstatten vffgestanden (alle Hausplätze, wo einst
Häuser darauf gestanden) eigentlich vff zeichnen vnd wie vil pfaffen-
oder wittwenhúser in einem dorff weren zeichnen zü dem selbenn dorffe. Item, wo ettwan ii husz gestanden, in eim husz weren, die sollen ir mit nammen vffzeichnen. Item in einem
yeden flecken sollen ir sonderlich fragen ob sy dieser vffrür halb von
yemanden weytter geschetzt sigenn; wann vom fürsten, die zeichnen (ir)
ouch vff. Item fragen, wer die prnatschatzung geben hab oder nitt. Item ir soll den
vogten, ambtluten vnd geschwornen anzaigen, das sy ime die hoffstet vnd
herstet aigentlich anzaigen vnd nichts verhalten, dan wo sy etwas
verhalten vnd der furst in informirung solichs erfuren, wurden sy
gestrafft. Item ir sol auch alli hewser in dorffen auffschreiben vnd aufzaichnen.“
Das Concept
bricht mit diesen Worten ab. Gewissermaßen als Fortsetzung und zugleich
als Erklärung des Obigen fügen wir hier einen Abschnitt aus den
Artikeln bei, welche Erzherzog Ferdinand von Oesterreich zu den
Verhandlungen schickte, welche im September 1525 zu Offenburg gepflogen
wurden: „Item ein jeds
dorff, wyler oder hoff soll fürstlicher durchlaucht zu straff für prand
und plünderschatzungen von yedem husz 6 fl. geben; doch soll der rich
dem armen in sollichen anlagen zu hilff kommen vnd das halb gelt in
acht Tagen vnd das ander halb gelt in einem monett, dem nächsten,
bezalt werden. Aber die straff gegen den stetten will fürstliche
durchlaucht denselbigen einer yeden Verhandlung nach
vorbehalten.“ (Schreibers Bauernkrieg III, 129)
Es heißt
daselbst sodann weiter, daß Wittwen und Waisen mit diesen Auflagen
verschont werden sollen, wenn sie nicht etwa thatsächlich sich beim
Aufruhr betheiligt haben; deßgleichen die treu gebliebenen Bauern; ja
diesen letztern sollen sogar für die nächsten 2 Jahre alle Zinsen und
Gülten erlassen sein.
Den Entwichenen,
welche sich nicht zur Strafe stellen, soll all ihr Hab und Gut
genommen, Weib und Kind aber nachgeschickt werden. Aus diesem Grunde
auch finden wir in unserem Manuscript die Häuser der „abdrinigen“ immer
noch besonders angeführt.
Weniger sicher
vermögen wir das häufige Beiwort „buntisch“ oder „puntisch“ zu
erklären. Daselbe mit dem Norddeutschen Wort Pinte (Schenke) in
Verbindung zu bringen, wie Herr C. Jäger dieses versuchte, scheint uns
etwas gewagt; vieleicht werden die so benannten Häuser als Eigenthum
von Mitgliedern des Geheimbundes der Aufständischen bezeichnet. In den
Akten des Bauernkrieges wird das Adjectiv „pündtisch“ aber auch auf den
schwäbischen Kreis angewendet, z.B. die Truppen, welche von den
schwäbischen Ständen gegen die Bauern in´s Feld gestelt wurden, heißen
das „pündtische Heer“.
Auf der Rückseite des ersten Blattes ist sodann ein Zettel mit folgendem Wortlaut geklebt: Welche flecken
vngehorsam sind geweßen vnd ire hüser vnd hoffstet nit haben wellen
vffschryben lassen: .......Sant Petter Espach Rechtenbach – will der
apt von St.Petter verantworten. Der Context mit folio 1 fängt an: Vffhusen vnd Wendlingen................ Seite 82 hier weiter ab Seite 93 ... Ebnett
hat xx húser von gmeynene lútten, item ii héser sind Junkher Davits
(Davidt von Landeck. Aus der Familie Snewlin, Mitglied der
vorderösterreichischen Regentschaft. Die Unterwerfung seiner
Unterthanen zu Lytenwyler, Valkenbühel, Espach, Wyszeneckh, Myszwende,
Valkensteyn und Ebnet betr. Vergl. Schreibers Bauernkr. III, 104), item
ii witwe húser, item i pfaffen hús, item Bernhart Dreyers hús ist nit
búrisch vnd heist der vogt Jörg Dreyer.
Lútten wiler
hat xxiii húser ingmeynd von lútten, item ii witwen húser, item i ler
hús, item prantschatzung ist bezalt vnd heist der vogt Melcher Im
Höflin.
Capel
hat xviii húservon gmeynen lútten, item i pfafen hus, item ii lere
húser, sind in funffzig iaren nit brucht, item sie gend kein
prantschatzung vnd heist der vogt Petter Sidler.
Eischbach hat iii húser von gmeynen lútten, item gend kein prantschatzung vnd heist der vogt Jörg Sitz.
Núwhúser vnd Wulffenbach
(Wulffenbach als Ortname heute völlig verschollen) hat viiii húser von
gmeynen lútten, sunst nútz me, item prantschatzung ist bezalt vnd heist
der vogt Hans Giger.
Kilchzartten vnd Zun Höfen
hat xxxv húser von gmeynen lútten, item iii pfaffen húser, item iii
witwe húser, item viii húser sind besetzt mit huslútten, item sie gend
kein prantschatzung vnd heist der vogt Petter Fry.
Tietenbach hat iiii húser mit der verbrenten hoffstat, item sie gend kein prantschatzung vnd heist der vogt Oswalt Herbort.
Oberriett
hat xxii húservon gmeynen lútten, item des vogts verbrente hoffstat,
item viii witwe húser, ite, ii lere húser, item sie gend kein
prantschatzung vnd heist der vogt Claus Wirbser.
Wilerspach hat viii húser von gmeynen lütten, ite, i ler hús, item prantschatzung ist bezalt und heist der vogt Symon Oetlj.
Wisneck hat v húser von gmeynen lútten, nutz me, item prantschatzung ist bezalt vnd heist der vogt Hans Wirbstein.
Buchenbach hat v húser von gmeynen lúten, item i fry hús, item prantschatzung ist bezalt vnd heist der vogt Heinrich Heintzler.
Wagensteig
vnd ? (ist leer gelassen wahrscheinlich Schweigbrunnen zu ergänzen) hat
xiii húser von gmeynen lútten nutz me, item sie sind noch etwas an der
prantschatzung schuldig, weisz man zu Friburg wol wie vil vnd heist der
vogt Martin Schnider.
St.Mergen vnd Zum Turner
hat xxiiii húser von gmeynen lútten, item ii húser sind ii abdriniger,
item i witwe hús, item i ler hús, item sie sind auch noch etwas
schatzung schuldig vnd der meyer Hans Giglj.
Ober Yben vnd Ror hat xxiiii húser von gmeynen lútten, nútz me, item prantschatzung ist bezalt vnd hesit der vogt Hans Hug.
Vnder Yben vnd Stegen
hat xxviii húser von gmeynen lútten, nutz me, item prantschatzung ist
zalt vnd heist der vogt Cunrat Hug (von anderer Hand hinzu: 2 hoff aus
dem Rechtenbach).
Burg, Zartten vnd Gerestal
hat xxxiiii húser von gmeynen lútten on Kindhanssen (Ulrich Kindhans
von Burg wurde am 12. Aug. 1525 nach vorausgegangener peinlicher
Untersuchung als einer der Rädelsführer zu Freiburg enthauptet. Vergl.
Schreibers Bauernkr. III, 57.) hus vnd hoff, item, iiii witwe húser,
item ii lere húser, item sie gend kein prantschatzung vnd heist der
vogt Matheus Vogt.
Attental hat iiii húser von gmeynen lútten, nutz me, item prantschatzung ist bezalt vnd heist der vogt Anstat Karer.
Falkenbúhel hat iiii húser von gmeynen lútten, nutz me, item prantschatzung ist bezalt vnd heist der vogt Vlrich Douber.
Miswend (Ausgegangener Weiler hinter Birkenreute im Kirchzartner Thal) hat vii húser von gmeynen lútten.
Falkenstein hat v húser von gmeynen lútten
Espach
vnder Junkher Dauit (Das Eschbachthal zwischen Zarten und St.Peter. Dem
Kloster gehörte der grössere Theil der Herrschaft, dem Junker David von
Landeck der kleinere.) hat vii húser von gmeynen lútten.