Freyburg,
den 29. März 1807
Gestern
wurden durch eine aus Unvorsichtigkeit entstandene Feuersbrunst in dem 2 Stunden
von hier entfernten Stadt-Freiburgischen Dorfe Kirchzarten 18 Gebäude, nämlich
12 Häuser, (darunter 4 Wirthshäuser, 2 Schmied-Werkstätten und eine Mühle) 4
Scheunen und 2 Speicher in Asche gelegt. Das Feuer brach Abends zwischen 7 und 8
Uhr aus, und griff, da ein Theil der Häuser mit Stroh bedeckt war, mit so
reissender Schnelligkeit um sich, dass vor Verlauf einer ½ Stunde die 17 Gebäude
in lichten Flammen stunden. Vpn allen Seiten strömten die Nachbarn zur Hilfe
herbey, nichts desto weniger konnte das Feuer erst nach Mitternacht gelöscht
werden, und die Hitze war so groß, daß man sich den Brandstätten bald nich
mehr nähern konnte. Zweyundzwanzig Familien sind dadurch ihrer Wohnungen
beraubt, und ihr Elende würde grenzenlos seyn, wenn sie von ihren gutmüthigen
Mitbürgern nicht mit jener Herzlichkeit, welche die Thalbewohner auszeichnet,
in ihre Häuser aufgenommen, und wie Glieder einer Familie verpflegt worden wären.
Auch an milden Gaben fehlte es nicht. Se. Excellenz der Herr Hofkommissär Freyh.
Von Drais liesen den Bedrängten sogleich im Namen unsers landesväterl. Großherzogs
k. H. 100 fl. aus dem Aerarium auszahlen, der Hr. Graf Kageneck überschickte
ihnen 25 Sester Roggen, 25 Sester gerste und 2 Saum Wein, und die Stadt Freyburg
als Herrschaft wird ihre Unterthanen mit Bauholz unterstützen. Dem Vernehmen
nach soll eine Kollekte im ganzen Lande für die Verunglückten veranstaltet
werden, und es ist von der bekannten Mildthätigkeit der Breisgauer im Voraus zu
erwarten, daß sie reichlich ausfallen wird.
Ein
besonderes Glück für die Kirchzartener war die Anwesenheit des Hrn. Obristen
von Biedenfeld, der gerade den nämlichen Abend der heute vorzunehmenden
Konskription wegen im Orte angekommen war. Seiner Geistesgegenwart und seinen
weisen Anordnungen verdanken die Einwohner mit die Rettung des Dorfes. Ewig wir
sein Andenken in ihren Herzen leben. Auch der Altvogt Andreas Ruh von Zarten und
der Engelwirt Andreas Bank aus Eschbach haben durch ihre Klugkeit, durch ihren
Eifer und Muth, Bürgerkronen verdient.
Freyburg
den 31sten März 1807
Zur allgemeinen Warnung wird hiermit bekannt gemacht, daß den durch barnd am
27sten d.M. verunglückten Familien von Kirchzarten keine Brandbriefe
obrigkeitlich ausgefertigt werden, und daß daher die unter dem Vorwande der
Feuer-Verunglückung herumziehenden Bettler nur betrügerisch das Mitleiden mißbrauchen
wollen, weswegen auch dieselben in jedem Betretungsfalle anzuhalten, und der
Polizey zu übergeben sind.
Adrians
Bürgermeister von Magistrats wegen
Freyburg
den 3ten April 1807
Von
dem bekannten Brand-Unglück, welches die Gemeinde Kirchzarten betroffen hat,
wird ein unverzeihlicher Mißbrauch gemacht, indem nicht etwa nur wirkliche Unglückliche,
sondern auch falsche Bettler aus andern Gemeinden in Unordnung umherlaufen, und
die ersten Gefühle des Mitleids manches wackern Inwohners der Gegend sich
zuzueignen suchen. Es wird daher Jedermann gewarnt, ohne Unterschied, keinem
Brandsteuer-Bettler etwas zu geben, so lange
nicht die vorseyende Regierungs-Anstalt zu einer freiwilligen Kollekte in
dem Intelligenzblatt wird bekannt gemacht werden. Wer jedoch schon früher
seinem mildthätigen Herzen Genüge thun, und die armen Leidenden an Geld,
Kleider und Weißzeug, Acker-Geräthschaften, Früchten und anderen
Lebensmitteln, woran sie für Menschen und Vieh so sehr leiden, dermalen schon
unterstützen will: der wolle an die geist- und weltlichen Ortsvoegesetzten das
Gutfindende einsenden.
Großherzogl.
Bad. Prov. Regierung und Kammer.
Konrad
Freyherr von Andlau.
Stirkler
Freyburg
den 20sten
Danksagung
und Aufforderung.
Auf
wohltäthige Verwendung der Herren Pfarrer und Ortsvorgesetzten im
Kirchzartener-Thal ist durch milde Beyträge der Thalbewohner einem von den
vielen dringenden Bedürfnissen der – durch Feuer Verunglückten zu
Kirchzarten bereits abgeholfen, indem diese nun mit Haber und Erdäpfeln zu
Bestellung ihrer Felder hinlänglich versehen sind. Desto größer aber sind
ihre Bedürfnisse an baarem Gelde, an Brodfrüchten, und andern Naturalien. Zwar
ist unter 26 mitverunglückte Dienstbothen nach Verhältnis ihrer Bedürftigkeit
indessen die Summe von 364 fl. ausgetheilt worden, damit sie sich wenigsten die
nöthigste Kleidungen u. d. gl. Verschaffen können: aber Kinder, so ihren
Eltern das Brod verdienen mithelfen, und andere Mitverunglückte, die nicht
beahust sind, zusammen 31 Personen, erwarten noch ähnliche Unterstützung aus
milden Beyträgen, so von Hochadelichen Herrschaften und andern Wohltätern
theils schon eingegangen, theils noch zu hoffen sind.
Möchten
doch die herren Pfarrer und Ortsvorsteher des flachen Landes zu ähnlichen
Unterstützungen an Geld, Brodfrüchten u.d.gl. ihren Angehörigen zu bewegen
eben so glücklich seyn, dann wäre noch Hoffnung, daß die Verunglückten ihre
abgebrannten Häuser wieder herzustellen in Stand kommen können, wozu sonst die
gar zu großen Kosten für manche ganz unerschwinglich seyn dürften. Dank und
Segen allen edlen Herzen, welche an dem Unglück solcher Leidenden werkthätigen
Antheil nehmen.
A.
Sch.
J.K.
Milde
Beyträge für die Abgebrannten in Kirchzarten.
Nebst
jenen Wohlthaten, welche schon in dem Intelligenzblatt Nro. 26. Angezeigt sind,
verdanken die – durch feuer verunglückten – Inwohner von Kirchzarten
genannten und ungenannten Wohlthätern folgende Unterstützungen:
I.
An Geldbeyträgen
fl. | kr. | |
1) Der Hr. Pfarrer erhielt den 1sten April | 22 | -- |
2) Den 2ten wieder | 8 | 6 |
3) Den 5ten wieder | 33 | 6 |
4) Und am nämlichen Tage noch | 27 | -- |
5) Dem Thalvogteyamte wurden überbarcht: den 10ten dieses | 11 | -- |
6) Am nämlichen Tage wieder | 11 | -- |
7) Den 13ten darauf | 2 | 42 |
8) Den 14ten von der Wohllöbl. Breisgau´schen Ritterschaft dahier | 231 | 48 |
9) Den 6ten aus der Gemeinde Rothweil (nebst Früchten) | 18 | 30 |
10) Den 17ten wieder von hier | 10 | 48 |
Summa |
376 | 30 |
II.
An Naturalien.
Gleich
nach dem Brand wurde den Verunglückten von Oberried aus 2 Säcke mit Brod, ½ Kübel
voll Schmalz, und ¼ Seite Speck, dann von hier aus 30 Laib Brod überschickt.
Indessen
erhielt das Thal-Vogteyamt dahier:
Sester | ||||
Gerst. | Rogg. | Haber | Erdäpf. | |
Den 9ten dieses von hier | 6 | - | - | - |
Den 13ten eben so | 3 | - | 3 | 4 |
Den 14ten von einigen Herrschaften dahier angewiesen | 12 | 12 | 48 | 12 |
Nebst zwey Saum Wein. | ||||
Den 16ten von Rothweil | 24 | - | 12 | - |
Den 17ten von Waldkirch | - | - | 12 | - |
Summa |
45 | 12 | 63 | 24 |
Freyburg
den 20sten
Dr.
Kupferschmid,
Thalvogt
Weitere
milde Beyträge an Geld und Naturalien für die abgebrannten Kirchzartener
Für die durch Feuer verunglückten zu Kirchzarten war es nicht wenig
niederschlagend zu vernehmen, daß im Publikum hier und da die irrige Meynung
sich verbreiten solle, als dürften selbe durch den - freylich nicht
unbeträchtlichen Feuersocietäts Beytrag größtentheils entschädiget seyn.
Nur in einem sehr mäßigen Anschlag des erlittenen Schadens dieser
Unglücklichen steigt solcher über vierzigtausend Gulden (40,000 fl.). Wenn nun
aber auch von der Feuersocietäts Kasse an den - wegen der vorgeschriebenen
Bauart weit größern - Baukosten etwas über 17,000 fl. vergütet werden; so
zeigt sich doch aus Vergleichung dieser Summen nur zu sehr, daß bey weitem der
größte Thei des Verlustes den Verunglückten zu tragen übrig bleibt, wovon
manche schwerlich mehr zu erholen in Stand kommen möchten.
Da man den Menschenfreunden diesen mitleidswürdigen Umstand hierdurch ans Herz
zu legen wünschet, werden zugleich folgende Wohlthaten, welchen seither die
Verunglückten manche Erleichterung verdanken, den bereits kundgemachten zur
öffentlichen Kenntnis nachgetragen.
An
Geld
wurden meistens dem Hrn. Pfarrer und den Vorgesetzten zu Kirchzarten ferner
überbracht:
Im April | ||||
fl. | kr. | |||
11. | Den 13ten April von | Ebnet | 26 | 43 |
12. | Den 15ten April von | Zarten | 42 | -- |
13. | -------------- | Gerenstal | 5 | 54 |
14. | -------------- | Burg und Brand | 11 | 30 |
15. | -------------- | Attenthal | 4 | 43 |
16. | -------------- | Littenweiler (kammeralisch) | 35 | 45 |
17. | -------------- | Littenweiler (Sickingisch) | 19 | 49 |
18. | Den 16ten April von | Rechtenbach | 1 | 33 |
19. | -------------- | Neuhäuser | 48 | 17 |
20. | -------------- | Höfen und Schlempenfeld | 13 | -- |
21. | Den 17ten April von | Kappel | -- | 36 |
22. | -------------- | der Buchenbacher Pfarrey | 30 | 40 |
23. | Den 18ten April von | Wittenthal | 14 | 21 |
24. | Den 20ten April von | Rain | 8 | 54 |
25. | -------------- | Stegen | 16 | 38 |
26. | Den 21ten April von | Eschbach | 4 | 35 |
27. | Den 23ten April von | Amoltern | 16 | 30 |
28. | -------------- | Rothweil nachgetragen annoch | 4 | 24 |
29. | Den 24ten April von | Oberriedt | 27 | 41 |
30. | Den 25ten April von | hiesigen Herrschaften nachträglich | 20 | -- |
31. | Den 26ten April von | einer hohen Person dahier | 33 | -- |
32. | -------------- | eben so | 16 | 12 |
33. | Den 27ten April von | aus der Pfarrey Kirchhofen | 66 | 40 |
34. | Den 28ten April von | Güntersthal | 15 | 12 |
35. | ---------------- | Ungenannten dahier | 5 | 24 |
36. | Den 29ten April von | Wihl | 11 | 56 |
37. | Den 30ten April von | Kirchzarten | 30 | -- |
Im May | ||||
38. | Den 2ten May von | Stuttgart | 8 | 6 |
39. | ---------------- | Oberrimsingen | 15 | 40 |
40. | ---------------- | Forchheim | 7 | 15 |
41. | ---------------- | Sölden | 4 | 2 |
42. | --------------- | Betzenhausen | 2 | 27 |
43. | Den 6ten May von | Lehen | 1 | 32 |
44. | --------------- | Horben | 40 | 45 |
45. | Den 9ten May von | Hinterzarten | 31 | 48 |
46. | --------------- | Mördingen | 22 | -- |
47. | --------------- | Jechtingen | 19 | 29 |
48. | Den 16ten May von | Krotzingen | 31 | 37 |
49. | --------------- | Untersimonswald | 5 | 30 |
50. | --------------- | Schlatt | 6 | -- |
Summa |
728 | 8 | ||
Der weitere Betrag an Naturalien wird nachgetragen werden |
Öffentliche Danksagung.
So niederschlagend die Hinsicht auf die Folgen des schrecklichen Brandes war,
den die unglücklichen Bewohner von Kirchzarten erlitten, so herzerhebend sind
die Beweise der Wohlthätigkeit, welche sich in den ergiebigen Unterstützungen
dieser Verunglückten äußerten. Nur an baarem Gelde giengen nach und nach
über 1751 fl. für selbe ein, und die Beyträge an Früchten und andern
Naturalien fielen nicht minder beträchtlich aus. 22 Sester Waizen, 172 Sester
Roggen, 314 Sester Gerste, 443 Sester Mischelfrüchte, 1671 Sester Haber,
beyläufig 1000 Sester Erdäpfel, 8 Saum Wein, 140 Pfund Speck, und 45 Pfd.
Butter etc. verdanken die Unglücklichen der thätigen Menschenliebe, welche
noch überdies durch herabgesetzte Preise herrschaftlicher Holzbewilligungen,
nachbarliche unentgeltliche Fuhren, und tägliche Aushülfe, den Bauführenden
die Last dieses - sonst gar zu schweren Unglücks wirksamst erleichterte.
Bey Verwendung solcher milden Beyträge erhielten die Dienstbothen, Mägde und Knechte allein über 400 fl. zu Kleidungs- und ähnlichen Bedürfnissen, und die übrigen Unbehausten ledigen ebenso über 500 fl. freylich blieb hiermit den behausten Familien an baarem Gelde nicht viel übrig, aber dafür waren ihre Antheile an Früchten und Naturalien desto beträchtlicher, und so wurde das billigste Verhältniß, zur allgemeinen Zufriedenheit der Verunglückten, dadurch unter ihnen erzielt.
Dank und Segen allen Menschenfreunden für ihr werkthätiges Mitleiden, dessen Andenken die Herzen der Verunglückten mit stillen Gebet ewig feyern werden.
Dr. Kupferschmidt
Thalvogt.
Es fällt uns heute schwer, sich vorzustellen, wie die Menschen vor 200
Jahren die in Kirchzarten wohnten dieses Brandunglück erlebten und wie sie
danach den Alltag verbrachten. Um den Brandgeschädigten betroffenen Bürgern zu
helfen hatten damals die gesamten Einwohner des Dreisamtales und darüber hinaus
Geld- und Sachspenden, sowie Naturalien gespendet. Nach diesem schweren Brand am
Karfreitag, dem 27. März 1807 war auch Anlass zu einem geordneten Feuerlöschwesen.
Im November 1868 erfolgte die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Kirchzarten.
Die Bürger und Einwohner der Gemeinde Kirchzarten können heute mit Gewissheit
sagen, dass ihnen im Falle eines Brandes der erforderliche Sicherheitsstandard
in Brandschutzmaßnahmen gewährleistet wird.
Eine kalligraphische geschriebene Gedenkurkunde an dieses Brandunglück,
im Rathaus Kirchzarten (Talvogtei), könnte ich mir vorstellen.
Zur weiteren Geschichte über dieses Unglück
finden sie in:
„Brand
und Wiederaufbau der Ortsmitte von Kirchzarten bei Freiburg i.Br. 1807-1813“.
Herausgegeben von der Stadt Freiburg i.Br.-Stadtarchiv- 1. Auflage 1987,
Schillinger Verlag GmbH Freiburg i.Br.
Stegen,
den 10.01.2007
Oskar Steinhart