Gestern wurden durch eine aus Unvorsichtigkeit
entstandene Feuersbrunst in dem 2 Stunden von hier entfernten
Stadt-Freiburgischen Dorfe Kirchzarten 18 Gebäude, nämlich 12
Häuser, (darunter 4 Wirthshäuser, 2 Schmied-Werkstätten und eine
Mühle) 4 Scheunen und 2 Speicher in Asche gelegt. Das Feuer
brach Abends zwischen 7 und 8 Uhr aus, und griff, da ein Theil
der Häuser mit Stroh bedeckt war, mit so reissender
Schnelligkeit um sich, dass vor Verlauf einer ½ Stunde die 17
Gebäude in lichten Flammen stunden. Vpn allen Seiten strömten
die Nachbarn zur Hilfe herbey, nichts desto weniger konnte das
Feuer erst nach Mitternacht gelöscht werden, und die Hitze war
so groß, daß man sich den Brandstätten bald nich mehr nähern
konnte. Zweyundzwanzig Familien sind dadurch ihrer Wohnungen
beraubt, und ihr Elende würde grenzenlos seyn, wenn sie von
ihren gutmüthigen Mitbürgern nicht mit jener Herzlichkeit,
welche die Thalbewohner auszeichnet, in ihre Häuser aufgenommen,
und wie Glieder einer Familie verpflegt worden wären. Auch an
milden Gaben fehlte es nicht. Se. Excellenz der Herr
Hofkommissär Freyh. Von Drais liesen den Bedrängten sogleich im
Namen unsers landesväterl. Großherzogs k. H. 100 fl. aus dem
Aerarium auszahlen, der Hr. Graf Kageneck überschickte ihnen 25
Sester Roggen, 25 Sester gerste und 2 Saum Wein, und die Stadt
Freyburg als Herrschaft wird ihre Unterthanen mit Bauholz
unterstützen. Dem Vernehmen nach soll eine Kollekte im ganzen
Lande für die Verunglückten veranstaltet werden, und es ist von
der bekannten Mildthätigkeit der Breisgauer im Voraus zu
erwarten, daß sie reichlich ausfallen wird.
Ein besonderes Glück für die Kirchzartener war die
Anwesenheit des Hrn. Obristen von Biedenfeld, der gerade den
nämlichen Abend der heute vorzunehmenden Konskription wegen im
Orte angekommen war. Seiner Geistesgegenwart und seinen weisen
Anordnungen verdanken die Einwohner mit die Rettung des Dorfes.
Ewig wir sein Andenken in ihren Herzen leben. Auch der Altvogt
Andreas Ruh von Zarten und der Engelwirt Andreas Bank aus
Eschbach haben durch ihre Klugkeit, durch ihren Eifer und Muth,
Bürgerkronen verdient.
Freyburg den 31sten März 1807
Zur allgemeinen Warnung wird hiermit bekannt gemacht, daß den
durch barnd am 27sten d.M. verunglückten Familien von
Kirchzarten keine Brandbriefe obrigkeitlich ausgefertigt werden,
und daß daher die unter dem Vorwande der Feuer-Verunglückung
herumziehenden Bettler nur betrügerisch das Mitleiden
mißbrauchen wollen, weswegen auch dieselben in jedem
Betretungsfalle anzuhalten, und der Polizey zu übergeben sind.
Adrians
Bürgermeister von Magistrats wegen
Freyburg den 3ten April 1807
Von dem bekannten Brand-Unglück, welches die
Gemeinde Kirchzarten betroffen hat, wird ein unverzeihlicher
Mißbrauch gemacht, indem nicht etwa nur wirkliche Unglückliche,
sondern auch falsche Bettler aus andern Gemeinden in Unordnung
umherlaufen, und die ersten Gefühle des Mitleids manches wackern
Inwohners der Gegend sich zuzueignen suchen. Es wird daher
Jedermann gewarnt, ohne Unterschied, keinem Brandsteuer-Bettler
etwas zu geben, so lange nicht
die vorseyende Regierungs-Anstalt zu einer freiwilligen Kollekte
in dem Intelligenzblatt wird bekannt gemacht werden. Wer jedoch
schon früher seinem mildthätigen Herzen Genüge thun, und die
armen Leidenden an Geld, Kleider und Weißzeug,
Acker-Geräthschaften, Früchten und anderen Lebensmitteln, woran
sie für Menschen und Vieh so sehr leiden, dermalen schon
unterstützen will: der wolle an die geist- und weltlichen
Ortsvoegesetzten das Gutfindende einsenden.
Großherzogl. Bad. Prov. Regierung und Kammer.
Konrad Freyherr von Andlau.
Stirkler
Freyburg den 20sten
Danksagung und Aufforderung.
Auf wohltäthige Verwendung der Herren Pfarrer und
Ortsvorgesetzten im Kirchzartener-Thal ist durch milde Beyträge
der Thalbewohner einem von den vielen dringenden Bedürfnissen
der – durch Feuer Verunglückten zu Kirchzarten bereits
abgeholfen, indem diese nun mit Haber und Erdäpfeln zu
Bestellung ihrer Felder hinlänglich versehen sind. Desto größer
aber sind ihre Bedürfnisse an baarem Gelde, an Brodfrüchten, und
andern Naturalien. Zwar ist unter 26 mitverunglückte
Dienstbothen nach Verhältnis ihrer Bedürftigkeit indessen die
Summe von 364 fl. ausgetheilt worden, damit sie sich wenigsten
die nöthigste Kleidungen u. d. gl. Verschaffen können: aber
Kinder, so ihren Eltern das Brod verdienen mithelfen, und andere
Mitverunglückte, die nicht beahust sind, zusammen 31 Personen,
erwarten noch ähnliche Unterstützung aus milden Beyträgen, so
von Hochadelichen Herrschaften und andern Wohltätern theils
schon eingegangen, theils noch zu hoffen sind.
Möchten doch die herren Pfarrer und Ortsvorsteher
des flachen Landes zu ähnlichen Unterstützungen an Geld,
Brodfrüchten u.d.gl. ihren Angehörigen zu bewegen eben so
glücklich seyn, dann wäre noch Hoffnung, daß die Verunglückten
ihre abgebrannten Häuser wieder herzustellen in Stand kommen
können, wozu sonst die gar zu großen Kosten für manche ganz
unerschwinglich seyn dürften. Dank und Segen allen edlen Herzen,
welche an dem Unglück solcher Leidenden werkthätigen Antheil
nehmen.
A. Sch.
J.K.
Milde Beyträge für die Abgebrannten in
Kirchzarten.
Nebst jenen Wohlthaten, welche schon in dem
Intelligenzblatt Nro. 26. Angezeigt sind, verdanken die – durch
feuer verunglückten – Inwohner von Kirchzarten genannten und
ungenannten Wohlthätern folgende Unterstützungen:
I. An
Geldbeyträgen
| fl. | kr. | |
| 1) Der Hr. Pfarrer erhielt den 1sten April | 22 | -- |
| 2) Den 2ten wieder | 8 | 6 |
| 3) Den 5ten wieder | 33 | 6 |
| 4) Und am nämlichen Tage noch | 27 | -- |
| 5) Dem Thalvogteyamte wurden überbarcht: den 10ten dieses | 11 | -- |
| 6) Am nämlichen Tage wieder | 11 | -- |
| 7) Den 13ten darauf | 2 | 42 |
| 8) Den 14ten von der Wohllöbl. Breisgau´schen Ritterschaft dahier | 231 | 48 |
| 9) Den 6ten aus der Gemeinde Rothweil (nebst Früchten) | 18 | 30 |
| 10) Den 17ten wieder von hier | 10 | 48 |
|
Summa |
376 | 30 |
II. An Naturalien.
Gleich nach dem Brand wurde den Verunglückten von
Oberried aus 2 Säcke mit Brod, ½ Kübel voll Schmalz, und ¼ Seite
Speck, dann von hier aus 30 Laib Brod überschickt.
Indessen erhielt das Thal-Vogteyamt dahier:
| Sester | ||||
| Gerst. | Rogg. | Haber | Erdäpf. | |
| Den 9ten dieses von hier | 6 | - | - | - |
| Den 13ten eben so | 3 | - | 3 | 4 |
| Den 14ten von einigen Herrschaften dahier angewiesen | 12 | 12 | 48 | 12 |
| Nebst zwey Saum Wein. | ||||
| Den 16ten von Rothweil | 24 | - | 12 | - |
| Den 17ten von Waldkirch | - | - | 12 | - |
|
Summa |
45 | 12 | 63 | 24 |
Freyburg den 20sten
Dr. Kupferschmid,
Thalvogt
Weitere milde Beyträge an Geld und Naturalien für
die abgebrannten Kirchzartener
Für die durch Feuer verunglückten zu Kirchzarten war es nicht
wenig niederschlagend zu vernehmen, daß im Publikum hier und da
die irrige Meynung sich verbreiten solle, als dürften selbe
durch den - freylich nicht unbeträchtlichen Feuersocietäts
Beytrag größtentheils entschädiget seyn. Nur in einem sehr
mäßigen Anschlag des erlittenen Schadens dieser Unglücklichen
steigt solcher über vierzigtausend Gulden (40,000 fl.). Wenn nun
aber auch von der Feuersocietäts Kasse an den - wegen der
vorgeschriebenen Bauart weit größern - Baukosten etwas über
17,000 fl. vergütet werden; so zeigt sich doch aus Vergleichung
dieser Summen nur zu sehr, daß bey weitem der größte Thei des
Verlustes den Verunglückten zu tragen übrig bleibt, wovon manche
schwerlich mehr zu erholen in Stand kommen möchten.
Da man den Menschenfreunden diesen mitleidswürdigen Umstand
hierdurch ans Herz zu legen wünschet, werden zugleich folgende
Wohlthaten, welchen seither die Verunglückten manche
Erleichterung verdanken, den bereits kundgemachten zur
öffentlichen Kenntnis nachgetragen.
An Geld
wurden meistens dem Hrn. Pfarrer und den Vorgesetzten zu
Kirchzarten ferner überbracht:
| Im April | ||||
| fl. | kr. | |||
| 11. | Den 13ten April von | Ebnet | 26 | 43 |
| 12. | Den 15ten April von | Zarten | 42 | -- |
| 13. | -------------- | Gerenstal | 5 | 54 |
| 14. | -------------- | Burg und Brand | 11 | 30 |
| 15. | -------------- | Attenthal | 4 | 43 |
| 16. | -------------- | Littenweiler (kammeralisch) | 35 | 45 |
| 17. | -------------- | Littenweiler (Sickingisch) | 19 | 49 |
| 18. | Den 16ten April von | Rechtenbach | 1 | 33 |
| 19. | -------------- | Neuhäuser | 48 | 17 |
| 20. | -------------- | Höfen und Schlempenfeld | 13 | -- |
| 21. | Den 17ten April von | Kappel | -- | 36 |
| 22. | -------------- | der Buchenbacher Pfarrey | 30 | 40 |
| 23. | Den 18ten April von | Wittenthal | 14 | 21 |
| 24. | Den 20ten April von | Rain | 8 | 54 |
| 25. | -------------- | Stegen | 16 | 38 |
| 26. | Den 21ten April von | Eschbach | 4 | 35 |
| 27. | Den 23ten April von | Amoltern | 16 | 30 |
| 28. | -------------- | Rothweil nachgetragen annoch | 4 | 24 |
| 29. | Den 24ten April von | Oberriedt | 27 | 41 |
| 30. | Den 25ten April von | hiesigen Herrschaften nachträglich | 20 | -- |
| 31. | Den 26ten April von | einer hohen Person dahier | 33 | -- |
| 32. | -------------- | eben so | 16 | 12 |
| 33. | Den 27ten April von | aus der Pfarrey Kirchhofen | 66 | 40 |
| 34. | Den 28ten April von | Güntersthal | 15 | 12 |
| 35. | ---------------- | Ungenannten dahier | 5 | 24 |
| 36. | Den 29ten April von | Wihl | 11 | 56 |
| 37. | Den 30ten April von | Kirchzarten | 30 | -- |
| Im May | ||||
| 38. | Den 2ten May von | Stuttgart | 8 | 6 |
| 39. | ---------------- | Oberrimsingen | 15 | 40 |
| 40. | ---------------- | Forchheim | 7 | 15 |
| 41. | ---------------- | Sölden | 4 | 2 |
| 42. | --------------- | Betzenhausen | 2 | 27 |
| 43. | Den 6ten May von | Lehen | 1 | 32 |
| 44. | --------------- | Horben | 40 | 45 |
| 45. | Den 9ten May von | Hinterzarten | 31 | 48 |
| 46. | --------------- | Mördingen | 22 | -- |
| 47. | --------------- | Jechtingen | 19 | 29 |
| 48. | Den 16ten May von | Krotzingen | 31 | 37 |
| 49. | --------------- | Untersimonswald | 5 | 30 |
| 50. | --------------- | Schlatt | 6 | -- |
|
Summa |
728 | 8 | ||
| Der weitere Betrag an Naturalien wird nachgetragen werden | ||||
Öffentliche
Danksagung.
So niederschlagend die Hinsicht auf die Folgen des schrecklichen
Brandes war, den die unglücklichen Bewohner von Kirchzarten
erlitten, so herzerhebend sind die Beweise der Wohlthätigkeit,
welche sich in den ergiebigen Unterstützungen dieser
Verunglückten äußerten. Nur an baarem Gelde giengen nach und
nach über 1751 fl. für selbe ein, und die Beyträge an Früchten
und andern Naturalien fielen nicht minder beträchtlich aus. 22
Sester Waizen, 172 Sester Roggen, 314 Sester Gerste, 443 Sester
Mischelfrüchte, 1671 Sester Haber, beyläufig 1000 Sester
Erdäpfel, 8 Saum Wein, 140 Pfund Speck, und 45 Pfd. Butter etc.
verdanken die Unglücklichen der thätigen Menschenliebe, welche
noch überdies durch herabgesetzte Preise herrschaftlicher
Holzbewilligungen, nachbarliche unentgeltliche Fuhren, und
tägliche Aushülfe, den Bauführenden die Last dieses - sonst gar
zu schweren Unglücks wirksamst erleichterte.
Bey Verwendung solcher milden Beyträge erhielten die Dienstbothen, Mägde und Knechte allein über 400 fl. zu Kleidungs- und ähnlichen Bedürfnissen, und die übrigen Unbehausten ledigen ebenso über 500 fl. freylich blieb hiermit den behausten Familien an baarem Gelde nicht viel übrig, aber dafür waren ihre Antheile an Früchten und Naturalien desto beträchtlicher, und so wurde das billigste Verhältniß, zur allgemeinen Zufriedenheit der Verunglückten, dadurch unter ihnen erzielt.
Dank und Segen allen Menschenfreunden für ihr werkthätiges Mitleiden, dessen Andenken die Herzen der Verunglückten mit stillen Gebet ewig feyern werden.
Dr.
Kupferschmidt
Thalvogt.
Es fällt uns heute
schwer, sich vorzustellen, wie die Menschen vor 200 Jahren die
in Kirchzarten wohnten dieses Brandunglück erlebten und wie
sie danach den Alltag verbrachten. Um den Brandgeschädigten
betroffenen Bürgern zu helfen hatten damals die gesamten
Einwohner des Dreisamtales und darüber hinaus Geld- und
Sachspenden, sowie Naturalien gespendet. Nach diesem schweren
Brand am Karfreitag, dem 27. März 1807 war auch Anlass zu
einem geordneten Feuerlöschwesen. Im November 1868 erfolgte
die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Kirchzarten. Die
Bürger und Einwohner der Gemeinde Kirchzarten können heute mit
Gewissheit sagen, dass ihnen im Falle eines Brandes der
erforderliche Sicherheitsstandard in Brandschutzmaßnahmen
gewährleistet wird.
Eine kalligraphische
geschriebene Gedenkurkunde an dieses Brandunglück, im Rathaus
Kirchzarten (Talvogtei), könnte ich mir vorstellen.
Zur weiteren Geschichte über dieses Unglück finden
sie in:
„Brand und Wiederaufbau der Ortsmitte von
Kirchzarten bei Freiburg i.Br. 1807-1813“. Herausgegeben von der
Stadt Freiburg i.Br.-Stadtarchiv- 1. Auflage 1987, Schillinger
Verlag GmbH Freiburg i.Br.
Stegen, den 10.01.2007
Oskar Steinhart
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BZ 19. 11.
1985
Wiederaufbau
des Dorfes nach dem großen Brand 1807
ein Vortrag von
Diplom-Architekt
Bernhard Klein mit Erich Rieder
Ehrenmitglied des Kunstvereins
Kirchzarten (sis) Einen Lichtbildervortrag zum Thema
"Landbaukunst in Kirchzarten. Der Wiederaufbau des Dorfes
nach dem großen Brand von 1807" hielt vor großem Publikum in
der alten evangelischen Kirche beim Kunstverein Kirchzarten
Diplom-Architekt Bernhard Klein, der sich in einer
wissenschaftlichen Arbeit zur Baugeschichte mit diesem Thema
beschäftigt hat.
In Verbindung mit dem Vortrag wurden in der alten Kirche
handgezeichnete, kolorierte Kirchzartener Dorf- und Baupläne
aus dem 18./19. Jahrhundert ausgestellt. Der Vorsitzende des
Kunstvereins, Graf, dankte Bürgermeister Georg-Wilhelm von
Oppen als dem Vertreter des Gemeinderats für die Übernahme
der Unkosten durch die Verwaltung. Vor Beginn des Vortrags
ernannte Graf den Kirchzartener Altbürgermeister Erich
Rieder zum ersten Ehrenmitglied des Kunstvereins.
Bernhard Klein bezeichnete seinen Vortrag als eine Art
Momentaufnahme der sich verändernden baulichen Struktur
Kirchzartens während der Zeit von kurz vor dem Brand von
1807 bis zum Abschluß des Wiederaufbaus um 1813. Da im 18.
Jahrhundert Dorfbrände in Mitteleuropa häufig vorgekommen
seien, existierten, so Klein, verschiedene theoretische
„Traktate“ zur Landbaukunst, also hpyothetische
Dorfplanungen, von denen Klein einige auf Dias vorstellte.
Auffällig war an den Plänen vor allem die idealtypische
Regelmäßigkeit der Häuseranordnungen und die
idealtypische-Größenabstufung der Höfe.
Den hypothetischen Hausplänen stellte Klein Planzeichnungen
des relativ großen Zartener Seppenhofs aus dem 16,
Jahrhundert sowie des kleineren Eschbacher Berghäusles aus
dem 17. Jahrhundert gegenüber. Als realistisches Gegenstück
zu den theoretischen Dorfplänen zeigte er Kirchzartener
Ortspläne von 1776 und 1811, die den wirklichkeitsfernen
Charakter der Traktate verdeutlichten: Kirchzartens
Hauptstraßen sind dem Verlauf der Höhenlinien angepaßt, sie
stehen nicht senkrecht zueinander wie die Straßen in den
hypothetischen Plänen.
Beim Bau der einzelnen Häuser wurden die jeweiligen
Bodenverhältnisse auf den Grundstücken berücksichtigt; das
Interesse der Bewohner an einer Lage der Haustür und des
Wohnraums möglichst nahe der Dorfstraße, auf der sich das
Dorfleben abspielte, wirkte sich auf die Anlage der Häuser
aus. Die einzelnen Gebäude sind also eher uneinheitlich
angeordnet.
Der Plan von 1776 zeigt, daß die Häuser in der Dorfmitte
relativ regelmäßig entlang der Wege und vergleichsweise
dicht beieinander erbaut sind, während der Südteil eine
lockere Feldbebauung und der Nordteil eine
Straßenrandstruktur aufweisen. Einige Häuser waren von
Baumgärten umgeben, andere lagen offen da.
Der große Brand von 1807 im 695-Seelen-Dorf Kirchzarten
erstreckte sich auf 17 Häuser in der Dorfmitte. Außer bei
Kirche, Pfarrhaus und eventuell dem einen oder anderen
Wirtshaus, die aus Stein erbaut waren, handelte es sich bei
den meisten Dreisamtäler Dorfhäusern im 18. Jahrhundert um
Holzhäuser, so auch in Kirchzarten.
Das Interesse der Kirchzartener an der bis heute ungeklärten
Brandursache war offensichtlich gering, das am Wiederaufbau
natürlich um so größer. Der Ortsplan von 1811 unterscheidet
sich vom Plan aus dem Jahr 1776 zum einen durch eine
genauere Vermessung, zum anderen zeigt er Unterschiede in
der Dorfanlage auf. 1776 hatten die Straßenräume der
Ortsmitte je ein Haus am Ende der Straße als abschließenden
Punkt, an dem die Straße sich gabelte. Nach dem Brand waren
die Straßenräume nicht mehr begrenzt, sondern offen. Die
Häuser am Kirchplatz wurden rechtwinklig zueinander
erstellt, die Gebäude um den Dorfplatz (zwischen dem
heutigen Gasthaus „Hirschen“, der Bäckerei Hug und dem
Ratscafe) bildeten ein Dreieck. Beide Plätze standen wieder
- um in einem
rechten Winkel zueinander, dessen
Angelpunkt ein Wirtshaus (heute Ratscafe) bildete, welches
die einzige dreifenstrige Stube in Kirchzarten besaß.
Klein zeigte jedes der 1807 abgebrannten Häuser in
seiner ursprünglichen, auf den
alten Bauplänen festgehaltenen und in
seiner heutigen, fotografierten
Gestalt, wodurch genau ersichtlich
wurde, wo umgeplant oder angebaut worden
ist. Nach dem Brand entstanden
Grundstücksverschiebungen, und zwei Gebäude sind ganz neu
aufgeführt, haben also vor dem Brand nicht existiert. Etwa
1813 war die Ortsmitte wieder aufgebaut und hat sich in
ihrer damaligen Grundstruktur bis heute weitgehend erhalten,