Die
ehemalige Grundherrschaft Weiler hatte der gräflichen
Familie von Kageneck in Stegen umfangreichen
Grundbesitz in die Hand verschafft. Über die
Lindenbergkapelle, die St. Sebastianskapelle in Stegen
und die Pfarrkirche in Eschbach war die Familie
traditionell sehr religiös orientiert und
kirchenfreundlich eingestellt. Sie ermöglichte so auch
die Einrichtung einer ursprünglichen Missionsschule,
aus der dann das heutige Kolleg St. Sebastian
hervorging.
Durch
preisgünstige Übertragung auf die Gemeinde und an
mehrere Bauträger für öffentlichen Wohnbau konnte in
kurzer Zeit eine gewaltige bauliche Entwicklung in
Stegen vollendet werden. Gräfin Gertrud von Kageneck
hatte als Witwe des 1957 verunglückten Grafen Heinrich
im Jahr ihren Grundbesitz abgetreten.
In Eschbach
haben diese früheren Grundherren und Großgrundbesitzer
auf dem Friedhof mit einem bescheidenen Grabmal
an der Umfassungsmauer ein ehrendes Gedenken gefunden. |

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Das
schlichte Grabmal auf dem Friedhof in Eschbach im
November 2013 |
Bauland und Erschließung
Der 2.
Weltkrieg hatte 1945 durch Zerstörung und durch die
nachfolgende Zuwanderung vieler Heimatvertriebener einen
großem Wohnungbedarf hinterlassen. Der wirtschaftliche
Aufschwung im Anschluß an die Währungsreform 1948 hatte mit
dem sogenannten Wirtschaftswunder deshalb auch vielerorts zu
verstärktem Wohnungsbau geführt.
Im Raum Freiburg ergab sich durch mehrere günstige
Umstände durch Bereitstellung von Bauland in Stegen die
Grundlage für eine stürmische Wohnbauentwicklung. Die Familie
der Grafen von Kageneck hatte aus der früheren Grundherrschaft
Weiler in Stegen ausgedehnten Grundbesitz im ebenen Gelände
zwischen Kirchzarten und Stegen als ideale Voraussetzung
für Bautätigkeit. Dieses Gebiet konnte um 1968 aus einer Hand
für eine Bebauung gewonnen werden, wobei aber nicht die
Gemeinde, sondern verschiedene Bauträger den Bebauungsplan und
die Erschließung zu bewerkstelligen hatten.
Nach dem Tod des Grafen
Heinrich von Kageneck 1957 hatte sich die Witwe Gräfin
Gertrud von Kageneck dazu entschlossen, ihre Ländereien
abzutreten. Teile davon kamen geschenkt in Besitz der
Gemeinde. Der größte Teil wurde kostengünstig an folgende
Bauträger abgegeben:
1. Im Gewann Großacker in Stegen
a) „Familienheim“
Freiburg
mit
270,06
a
b) Interessengemeinschaft
Teppichbau
Freiburg
115,74 a
c) Land Baden-Württemberg
(OFD)
50,14 a
d) Gräfin von Kageneck,
Stegen
84,19 a
e) Verein bad. Taubstumme e.V.
Heidelberg
35,41 a
2. Im Gewann Schloßacker
a) Wohnstättenbau Freiburg
eGmbH
110,09 a
b) Massiv-Hausbau GmbH,
Freiburg
341,14 a
3. Im Gewann Jägerandreas
a) Hausbau Wüstenrot,
Ludwigsburg
131,70 a
b) die Gemeinde Stegen für die übrigen
Bauflächen
4. Im Gebiet der Staatl. Gehörlosenschule
a) das Land Baden-Württemberg für die
Staatl. Gehörlosenschule
b) die Gemeinde Stegen für Alt-Stegen
und St. Sebastian
Die
Erschließung
Die
Erschließung der verschiedenen Gewanne als Baugelände wurde
von der Wohnstättenbau Freiburg als Generalunternehmer
übernommen.
Die Kanalisation im Gewann
Großacker wurde vom Ingenieurbüro Hagen & Gramer
durchgeführt mit einem Kostenaufwand von 363.216.—DM
Für den Straßenbau mußten
statt dem ursprünglichen Kostenvoranschlag von 340.000 DM
jedoch 400.000 DM aufgebracht werden.
Die Dringlichkeit des Wohnbedarfs und das Drängen auf
zügigen Ausbau der projektierten Wohnanlagen durch die
kaufmännisch orientierte Planung der Baugesellschaften
verhinderte eine weitsichtige kommunale Raumplanung, die
dann erst durch die Gemeindereform in Baden-Württemberg 1974
sinnvoll möglich wurde und mit dem Entstehen der heutigen
Gemeinde im Zusammenschluß mit Wittental und Eschbach
eine endgültige Orientierung erhielt.
Die Wohnbaugesellschaften
gestattete den einzelnen Bauherren der Doppel- und
Reihenhäusern mit ihren Standardtypen nur wenig individuelle
Gestaltungsmöglichkeit bei der Raumaufteilung und
Bauausführung. „Sommerberg“ und „Hirzberg“ waren
beispielsweise die Namen der Standardtypen
damaliger Doppelhäuser.
Der Gesamteindruck der
Gebäude der Wohnstättenbau und Massiv-Hausbau im Gewann
Schloßacker und Ringstraße mit den straßenseitigen
Garagenreihen macht daher eher einen kasernenartigen
Eindruck als den einer freundlichen Wohngegend. Die
später unter Mitwirkung der Gemeinde erstellten
Bebauungspläne in Oberleien, Schauinslandstraße und
Stockacker zeigen ein anderes Gesicht.
Die ursprünglichen
Bebauungspläne haben sich verschiedentlich geändert, weil
anfänglich auch noch der Bau einer projektierten neuen
Straße über das Steurental nach St. Peter das Gebiet des
Großackers berührt hätte.
Das Volumen der Bauvorhaben 1968 bis 1974
Die gesamt
großflächige Bauentwicklung in Stegen um 1970 erstreckte sich
auf vier verschiedene Baugebiete:
1. Gewann Großacker ( Weilerstraße
u. Ringstraße)
2. Gewann Schloßacker (Am
Schlosspark, Im Großacker u. Kageneckstraße)
3. Gewann Jägerandreas
(Jägerstraße, Andreasstraße)
4. Gebiet der Staat.
Gehörlosenschule (Erwin Kern-Straße)
Im Zusammenhang mit der
Erschließung und der damit verbundenen Kostenverteilung wurde an Hand des Bebauungsplanes das
Bauvolumen der verschiedenen Bauträger (in Form von
Wohnungseinheiten) und die dabei zu erwartende Bewohnerzahl
errechnet.
Wohnungseinheiten
Personenzahl
1. Wohnstättenbau,
Freiburg
38
133
2. Massiv-Hausbau,
Freiburg
119
416
3. Familienheim,
Freiburg
130
455
4. Hausbau Wüstenrot,
Ludwigsburg
28
98
5. OFD Freiburg, für
Wohnungsbauten
31
108
6. IG Teppichbau, Freiburg
(OFD)
22
77
7. Gräfin v. Kageneck,
Stegen
10
35
8. Verein bad. Taubstumme e.V.
Heidelberg
22
77
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400
1400
Hinzu kommt die Gemeinde Stegen mit Alt-Stegen
Einschl. St. Sebastian-Kollegium
mit
800
Staatl. Gehörlosenschule (OFD)
vermutlich
700
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Geschätzte Zahl der Bewohner bis zum Jahr
1974
3.200 Pers.
Bebauungspläne Stegen im Modellbau um 1968
Über die
Zusammenarbeit und Entwicklung
der dann maßgeblichen
Bebauungspläne zwischen den verschiedenen Bauträgern und den
zeitlichen Rahmen bin ich nicht informiert.
Die Gemeinde Stegen hatte
dabei nur beschränkte Möglichkeit der Mitsprache.
Entsprechende Unterlagen sind nicht in den Gemeindeunterlagen.

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Die im Gemeindearchiv
vorhandenen Fotos zeigen aber unterschiedliche
vorausgegangene Pläne. Nachfolgend nun einige
Modellansichten zur baulichen Entwicklung in den
Gewannen Großmatte mit der Gehörlosenschule,
Großacker, Schloßacker und Jägerandreas.
Untenstehendes Modellfoto (im Besitz von F. Hensler)
wurde im Postkartenformat im Zusammenhang mit
Werbeunterlagen der Massiv-Hausbau 1968 verbreitet mit
einer völlig anderen Anordnung der niederen
Bungalowbauten und der mehrgeschossigen Häuser. |

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Baugebiet Schloßacker 1968