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Die Auswirkungen der Badischen Revolution von 1849 auf das Dreisamtal

versch. Zeitungsartikel


Königlich Württembergisches allgemeines Amts- und Intelligenz-Blatt für den Jaxt-Kreis
Beilage zum Allg. Amts- und Intelligenzblatt Nro. 55. Mittwoch, den 11. Juli 1849

Freiburg 7. Juli Nach allgemeiner Aeußerung war die letzte Woche eine Woche des Schreckens und der Angst für die Stadt und Umgegend - ein Haufe des verworfensten Gesindels trieb das tollste Unwesen. Die Einzelheiten werden nach und nach bekannt. Die Wohnung der Barone Türkheim in der Karthause wurden ganz ausgeplündert. Alles was mitzunehme war auch eine Chaise - ebenso kannibalisch ging ee in Stegen her auf dem Gute des Grafen Kageneck, 6 schöne Ochsen und 4 Kühe wurden fortgetrieben nach gerichtlicher Schätzung wenigstens 1200 fl. werth; aus dem Haus alles was ihnen gefiel - was sie nicht nehmen konnten wurde zerschlagen, Commode, Kasten, Spiegel usw. Nach solchen Hellenthaten zog sich dieses Freiheitsheer gegen das Höllenthal, hier sollen sie sich verschanzen; andere sagen zwischen Neustadt und Röthenbach - Die Neustädter sind ganz wüthend, vorgestern kam das Beamtenpersonal flüchtig hier an. Man sagt zwischen Engen und Stockach werde es noch zu einem Hauptschlag kommen.


Neue Münchner Zeitung
München, 14 Juli.1849

Freiburg.  Das Deutsche Volksblatt bringt eine Beschreibung der Freiburger Schreckenstage, welche unter Anderm die Zeit von der Flucht Brentanos an in folgender Weise schildert: Von da an lebte Jedermann in Todesangst und hielt sein Eigenthum nicht mehr für sicher. Sonntags wurde ein Pakett Regierungsblätter mit der Eisenbahn eingeschmuggelt, wodurch die Proklamation des Großherzogs und die den reuigen Soldaten zugesicherte Amnestie etwas mehr bekannt wurde. Gleich hatten die Spürhunde wieder ein Opfer ihrer Rache bezeichnet, und dies war Post-Expeditor Fetzer. Zwei Polen verfügten sich zu ihm auf das Bureau, erklärten ihn mit vorgehaltener Pistole als ihren Gefangenen, und führten ihn auch in den Thurm, wo er einige Stunden in Todesangst schmachtete, bis ihn Mördes auf Verwendung von Dietz wieder frei ließ, mit der Erklärung, er, als Erpeditor, habe nur auszugeben gehabt, was man ihm zugestellt. Inzwischen bearbeiteten Vogt, Simon, Raveaux, der alte Sünder Jtzstein, und Sigel abwechselnd die Soldaten und suchten sie noch einmal zum Stehen zu bringen, erklärten die verheißene Amnestie für eine preußische List, sprengten aus, jeder zehnte Mann werde, wenn sie sich ergeben, erschossen, die Uebrigen als Kriegsgefangene in preußische Festungen abgeführt, und so gelang es ihnen, wieder einige Tausend dieser Unglücklichen ihre Plane zu gewinnen. Die Volkswehr aus der Umgegend mußte wieder herbei. Exekutionstruppen schleppten eine Menge Flüchtiger und Versprengter heran, das Willich'ische Korps war wieder äußerst geschäftig, und so zogen sie in großer Masse Dienstag Morgens mit allem Geschütz gegen Zähringen, wo sie Schanzen aufwerfen wollten. Die Bewohner der Stadt wurden durch die Schelle aufgefordert, den Truppen Nahrungsmittel in das Lager zu schicken. Da verlautete unter den Truppen, die Herren der Regierung gedächten ihre Entfernung aus der Statt zu benützen und mit den Kassen durchzugehen. Schnell machten sich erstere auf, und kehrten zur Stadt zurück. Der Dienstag Nachmittag und die darauf folgende Nacht waren das Schrecklichste, was wir erlebten. Nahe an 6000 Menschen, Soldaten und Wehrmänner, wogten vom Karlsplatz durch die große Straße. Ein Augenzeuge erzählte uns, es sei eine wahre babylonische Verwirrung gewesen; denn da habe man polnisch, ungarisch, italienisch, französisch und deutsch durcheinander sprechen hören. Eine andere Masse bewachte das Palais und das Regierungsgebäude, wo die Kassen waren. (Auf Vermeldungen der Stadt ward dem Spital, dem Münster und der Universität das gestohlene Geld wieder zurückgegeben.) Man sprach neuerdings vom Verbarrikatiren der Stadt; es wurde durch die Schelle verkündet, die Bewohner möchten Nachts ihre Häuser nicht verschließen, damit die Truppen gut verpflegt werden könnten, — mit verblümten Ausdrücken, damit sie plündern können.  Zur Verschönerung der Szene stand Mitten in der großen Straße ein Wagen, aus dem die schwarze Fahne, der „Rächer Robert Blum's" aufgepflanzt war, und in dem Waffen aller Art aufgeschichtet lagen. In die Kaufläden strömten aller Arten bärtige Banditengesichter und verlangten, was ihnen gefiel, ohne zu bezahlen. Plötzlich erscholl wie auf Gottes Geheiß, die Nachricht, die Preußen seien schon herwärts Emmendingen! Nun ging's über Hals und Kopf der Eisenbahn zu, und von 7 Uhr bis Mitternacht bewegten sich Züge von 30 bis 40 Waggons, vollgepfropft, schreiend, wie es nur in der Hölle gehört werden kann, dem armen Oberlande zu. Ein kleiner Theil wandle sich nach der Höllensteige, wohin auch Mittwoch Morgens die Kanoniere mit 38, einige sagen mit 42 Geschützen folgten. Mittwoch Morgens bemächtigten sich die Schergen der provisorischen Regierung auch noch der Kasse, welche die Bürger bewachten, und in der sich 82,000 fl. befunden haben sollen. Ein Theil der polnisch-deutschen Legion wandte sich nach dieser Richtung und machte sich während der Nacht die Freude, die Karthause und das gräflich Kageneck'sche Gut in Stegen zu plündern. In letzterem sollen sie die Thüren erbrochen, die Kommoden umgestürzt und Alles ohne Ausnahme auf ihre Wagen geschüttet haben. Ein anderer Theil dieser wilden Horde durchstreifte die Dörfer längs dem Kaiserstuhle, und trieb da sein schönes Handwerk, so daß die Leute die Sturmglocke zogen, und am Mittwoch 40 Bürgermeister in die Stadt eilten, und um Schutz flehten. Es waren nemlich 4—500 Dragoner, etwa 300 Mann Infanterie, und die Mannschaft einer Batterie von 8 Kanonen zurückgeblieben, welche erklärt hatten, keinen Antheil an einem ferneren Kampfe zu nehmen. Diese gingen nun in verschiedenen Abtheilungen in die nahen Ortschaften ab, um die geängstigten Leute zu schützen.